Eurowings-Piloten im 24-Stunden-Streik

Am gestrigen Donnerstag haben die Piloten der Lufthansatochter Eurowings einen 24-Stunden-Streik durchgeführt. Ein großer Teil der etwa 500 für den 6. Oktober geplanten Flüge der Airline musste am Boden bleiben. Mehr als 30.000 Passagiere waren betroffen.

Weit mehr als 300 Flüge mussten gestrichen werden: Nach Angaben der einzelnen Flughäfen wurden am Eurowings-Hauptstandort Düsseldorf 118 Flüge gestrichen, in Köln/Bonn 61, in Hamburg 72 und in Stuttgart 64 Flüge. Eurowings hatte behauptet, „die Hälfte“ der geplanten Flüge durchzuführen. Für einen Teil der Langstrecken konnte die Airline wohl Maschinen der nicht-bestreikten österreichischen Tochter Eurowings Europe und von Partnergesellschaften einsetzen.

Im August hatte eine Urabstimmung unter den Eurowings-Piloten bei einer 90-prozentigen Teilnahme ein Ergebnis von 97,7 Prozent für Kampfmaßnahmen ergeben.

Die Piloten kämpfen in erster Linie gegen die skandalöse und gefährliche Dauerbelastung infolge von Personalmangel. „Die Arbeitsbelastung ist erheblich gestiegen“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), die zum Streik aufgerufen hat. „Der Arbeitgeber schöpft regelmäßig die Einsatzzeit der Kolleginnen und Kollegen bis zum zulässigen Maximum aus.“ Einen entsprechenden Manteltarifvertrag mit kürzeren Einsatzzeiten und zusätzlichen Freitagen lehnt Eurowings seit Monaten ab.

Darüber hinaus benötigen die Piloten einen angemessenen finanziellen Ausgleich für die Einbußen in der Inflation. Zu Recht erwarten sie auch den Ausgleich für Verluste, die sie während der Corona-Pandemie durch Kurzarbeit und Lohnverzicht erlitten haben. Damals haben die Flughafengewerkschaften, auch die Vereinigung Cockpit, dem Aussetzen von Tariflöhnen, dem Verzicht auf Lohnbestandteile und einem massiven Stellenabbau zugestimmt. Die Lufthansa-Tochter Germanwings wurde abgewickelt. Unter Druck stellten allein die Pilotinnen und Piloten dem Lufthansa-Konzern etwa 800 Millionen Euro zur Verfügung.

Obwohl der „Kranich“ längst wieder schwarze Zahlen schreibt, hat der Konzern die in der Pandemie erpressten Summen nicht zurückbezahlt, und die Piloten arbeiten weiterhin unter starkem Druck. Das erklärt ihre Unzufriedenheit und hohe Streikbereitschaft. Sie kommt derzeit mit einer anwachsenden Welle von Arbeitskämpfen in der gesamten Luftfahrt zusammen.

Am Rhein Main Airport, europaweit und auf der ganzen Welt kommt es seit einigen Wochen immer wieder zu Streiks im Luftverkehr. Um nur einige wenige Beispiele zu nennen: Im Juli legte das Lufthansa-Bodenpersonal die Arbeit nieder, während die Ryanair-Crews europaweit, vor allem in Spanien, mehrere 24-Stunden-Streiks durchführten. Am 2. September streikten 5.000 Lufthansa- und LH-Cargo-Piloten. In Hannover traten am selben Tag die Swissport Cargo-Beschäftigten in Streik. Kurz darauf wirkte sich ein Fluglotsenstreik in Frankreich auf ganz Europa aus. Gerade jetzt streiken Fluglotsen in 18 afrikanischen Ländern, darunter Kamerun, Mali, Burkina Faso und der Elfenbeinküste.

Würden die Piloten, Kabinencrews, Bodenarbeiter und Techniker an den Flughäfen ihre Kämpfe koordinieren, könnten sie zweifellos eine große gesellschaftliche Macht ausüben. Umso mehr, als auch Eisenbahner, Hafenarbeiter, Busfahrer, Lehrkräfte und Pflegepersonal wütend und streikbereit sind, von den Auto-, Metall- und Elektroarbeitern ganz zu schweigen. Sieben Millionen Beschäftigte befinden sich allein in Deutschland in diesem Herbst und Winter gleichzeitig im Lohnkampf.

Auf der ganzen Welt entwickelt sich eine Welle von Streiks und Protesten der Arbeiterklasse gegen Ungleichheit und Ausbeutung. Nach drei Jahren Pandemie nehmen immer mehr Arbeiter den Kampf gegen Inflation, Hunger und einen drohenden dritten Weltkrieg auf.

Doch in allen Kämpfen sind die Beschäftigten damit konfrontiert, dass die Gewerkschaften die Kämpfe zurückhalten, isolieren und ausverkaufen, weil sie eine völlig nationalistische und pro-kapitalistische Politik vertreten. Das trifft nicht nur auf DGB-Gewerkschaften wie Verdi und IG Metall, sondern auch auf die am Flughafen reichlich vertretenen Spartengewerkschaften, auf UFO, IGL und die Vereinigung Cockpit (VC) zu.

VC ist sogar ein Musterbeispiel dafür: Die Pilotengewerkschaft tut alles in ihrer Macht Stehende, um einen gemeinsamen Kampf, der die Dinge wirklich ändern könnte, zu verhindern. Sie steht auf der Gegenseite, auf der Seite der deutschen Wirtschaft, der Regierung und des Lufthansa-Konzern, den sie im globalen Handelskrieg unterstützt. Um die Interessen des Konzerns und seiner Aktionäre nicht zu schädigen, lässt sie keinen gemeinsamen Arbeitskampf zu. VC trennt nicht nur den Kampf der Piloten von demjenigen der Flugbegleiter und der Bodenarbeiter, sondern weigert sich sogar, den Arbeitskampf von Lufthansa- und Eurowings-Piloten gemeinsam zu führen.

Einen bereits beschlossenen, zweiten Streik der LH-Piloten hat VC im September sehr kurzfristig wieder abgesagt, obwohl damals die hohe Streikbereitschaft auch unter den Eurowings-Piloten im selben Konzern schon bekannt war. Stattdessen stimmte sie einem schlechten Deal mit dem Vorstand zu, der keines der Probleme der Piloten löste. Dasselbe ist jetzt für die Eurowings-Piloten und die Beschäftigten der anderen LH-Töchter zu erwarten. Dass VC die Interessen der Lufthansa-Aktionäre über diejenigen der Beschäftigten stellt, hat die Gewerkschaft bereits in der Pandemie mit ihrer Zustimmung zu Lohnverzicht und Stellenabbau bewiesen.

Wenn die Piloten Erfolg haben wollen, müssen sie sich aus der Zwangsjacke der Gewerkschaften befreien und Aktionskomitees aufbauen, die von VC unabhängig agieren und sich international vernetzen. Die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale haben zu diesem Zweck die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) ins Leben gerufen.

Nehmt Kontakt zu ihr auf und registriert euch für den Aufbau von Aktionskomitees!

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