Die Grünen befürworten den Einsatz deutscher Bodentruppen in Syrien. Das sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, am Montag der Süddeutschen Zeitung. Sie begründete ihre Forderung nach einem Militäreinsatz mit den Kämpfen um die kurdische Stadt Kobane, die von den Dschihadisten des „Islamischen Staat“ belagert wird.
„Deutschland muss initiativ werden bei den Vereinten Nationen. Es muss ein robustes Mandat geben. Isis ist nur militärisch zu bekämpfen“, erklärte die ehemalige Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Erteilten die Vereinten Nationen ein Mandat, müsse Deutschland „gegebenenfalls bereit sein, sich mit der Bundeswehr an einem Einsatz zu beteiligen“.
Die Völkergemeinschaft dürfe sich nicht länger „wegducken“, betonte Göring-Eckardt. „Wir brauchen eine gemeinsame Strategie. Wenn dabei herauskommt, dass am Boden agiert werden muss, würden wir das unterstützen.“
Mit der Forderung nach dem Einsatz von Bodentruppen gehen die Grünen weit über die bisherige Politik der Bundesregierung hinaus. Diese hat mit der Bewaffnung und Ausbildung kurdischer Peschmerga im Irak zwar deutlich gemacht, dass sie sich am Krieg im Nahen Osten aktiv beteiligen will, die Entsendung deutscher Bodentruppen nach Syrien aber bisher abgelehnt.
Die Bundesregierung habe beschlossen, „dass wir unter den gegebenen Voraussetzungen keine Bodentruppen nach Syrien entsenden werden“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Rande eines Besuchs in Saudi-Arabien. Auch die Amerikaner und die anderen europäischen Staaten hätten in gleicher Weise entschieden.
Steinmeier ist sich bewusst, dass ein militärisches Eingreifen in Syrien in einem Desaster enden kann, wenn es politisch nicht gründlich vorbereitet wird.
Im gegenwärtigen Konflikt stoßen gleich mehrere verfeindete Parteien aufeinander – die Dschihadisten des „Islamischen Staats“, die lange Zeit von der Türkei, Katar, Saudi-Arabien und den USA unterstützt wurden; die syrischen Kurden, deren Führung eng mit der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in der Türkei zusammenarbeitet; die türkische Regierung, die eine Stärkung der syrischen Kurden und der PKK verhindern und das Assad-Regime in Damaskus stürzen will; zahlreiche weitere Regionalmächte wie Israel, Iran und Saudi-Arabien; und schließlich die USA und die europäischen Großmächte, die die rohstoffreiche Region unter ihre Kontrolle bringen wollen.
Die Grünen lassen sich durch die Risiken nicht von einem militärischen Vorpreschen abhalten. Die „humanitäre“ Begründung, es gelte ein Massaker an den Kurden von Kubane zu verhindern, dient ihnen dabei lediglich als fadenscheiniger Vorwand für das Verfolgen imperialistischer Interessen.
Ähnlich hatten die Grünen schon 2011 argumentiert, als sie die Bundesregierung angriffen, weil sie sich nicht am Krieg gegen Libyen beteiligte. Damals erklärten sie ein militärisches Eingreifen für notwendig, um die libysche Bevölkerung „vor schwersten Menschenrechtsverletzungen“ zu schützen. Tatsächlich diente der Krieg dazu, das Gaddafi-Regime zu stürzen und direkten Zugang zum libyschen Öl zu erhalten. Heute terrorisieren marodierende islamistische Banden das Land und verletzten täglich die Menschenrechte. Doch das hält die Grünen nicht davon ab, mit denselben Lügen einen weiteren Krieg zu rechtfertigen.
Im Gegensatz zu Göring-Eckardt spricht der langjährige Vordenker der Grünen Joschka Fischer offen aus, worum es der Partei in Wirklichkeit geht. In seinem neuen Buch „Scheitert Europa?“, das heute ausgeliefert wird, setzt sich der ehemalige deutsche Außenminister unverblümt für eine deutsche Großmachtpolitik ein.
In einem Vorabdruck, den Die Zeit in ihrer jüngsten Ausgabe veröffentlicht hat, wirft Fischer dem russischen Präsidenten Putin vor, er versuche „nicht weniger als eine Wiederherstellung des Weltmachtstatus Russlands“. Um dieses Ziel zu erreichen, bemühe er sich nicht nur um „den erneuten Anschluss der nach 1991 verloren gegangenen Gebiete“, sondern auch um „den direkten Zugang Russlands zu Europa und die Wiederherstellung seines Einflusses dort als Großmacht“. Es sei „nur eine Frage der Zeit, bis die russische Politik mit ihrer Eurasischen Union in Richtung Balkan ausgreifen wird“, warnt er.
Während Fischer jeden Beweis für diese Behauptungen schuldig bleibt, rechtfertigt er damit die Bestrebungen Berlins, mithilfe der Europäischen Union selbst wieder nach der Weltmacht zu greifen. Er fordert eine „grundsätzliche Neuaufstellung Europas und des Westens“ sowie „eine Neuauflage einer Politik des Containment gegenüber Russland“.
Die EU sei „nicht nur ein gemeinsamer Markt, eine Wirtschaftsgemeinschaft“, sondern „ein machtpolitischer Akteur“, verkündet Fischer. Trotz ökonomischer Bedenken plädiert er für die Aufnahme der Ukraine in die EU. Die Erweiterungspolitik der EU, schreibt er, sei „eben nicht nur ein lästiges Anhängsel, das die Ruhe EU-Euopas stört und zudem teuer ist“, sondern „ihre entscheidende Machtprojektion nach außen in ihre geopolitische Nachbarschaft“.
In den Rahmen dieser „Machprojektion nach außen“ stellt Fischer auch die deutsche Politik im Nahe Osten. Nach seinen Kriegen in Afghanistan und Irak ziehe sich „Amerika, moralisch und finanziell erschöpft, auf sich selbst zurück“, behauptet er wider besseres Wissen. Europa müsse daher „zukünftig mehr und nicht weniger Verantwortung für seine eigene Sicherheit, vor allem in seiner geopolitischen Nachbarschaft“, übernehmen. „Die Zeit der sicherheitspolitischen Trittbrettfahrerei“ gehe zu Ende.
Fischer gibt sich keiner Illusion hin, dass es gelingen werde, alle 28 Mitglieder der EU hinter der imperialistischen Außenpolitik Deutschlands zu vereinen. Er plädiert deshalb dafür, dass ein „Kern“ oder eine “Vorhut“ die Initiative ergreift und andere EU-Mitglieder über zwischenstaatliche Verträge dazu gewinnt. Was er damit meint, ist ein imperialistisches Europa unter deutscher Führung.
Auf ihrer Website behaupten die Grünen immer noch, ihre Politik sei davon „geprägt“, dass sie „aus der Friedensbewegung entstanden“ seien. Tatsächlich gibt es keine andere deutsche Partei, die derart unverblümt für Krieg und Militäreinsätze eintritt, wie die Grünen. Sie sprechen für jene Teile der Mittelschicht, die auf Kosten der Arbeiterklasse zu Wohlstand gelangt sind und ihr Schicksal untrennbar mit dem deutschen Imperialismus verknüpfen. Der ehemalige Straßenkämpfer Joschka Fischer, der heute in einer Villa im Berliner Nobelviertel Dahlem lebt, ist die Verkörperung dieses sozialen Typus.