Grüne unterstützen historisches Rüstungsprogramm von Union und SPD

Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge (vorne rechts) am 13. März 2025 im Bundestag [AP Photo/Ebrahim Noroozi]

Die Grünen stehen bereit, das gigantische Aufrüstungsprogramm von Union und SPD mit ihren Stimmen noch im alten Bundestag zu verabschieden. Das verkündeten die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Katharina Dröge und Britta Hasselmann, in einem Pressestatement am gestrigen Freitag.

Am gleichen Tag lehnte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mehrere Eilanträge ab, die sich gegen die für Dienstag geplante Sondersitzung im Bundestag gerichtet hatten, in der das hunderte Milliarden schwere Rüstungspaket abgestimmt werden soll.

Die Verabschiedung der größten deutschen Aufrüstungsoffensive seit Hitler und den Nazis gilt damit als wahrscheinlich. Im alten Bundestag verfügen die Unionsparteien CDU/CSU und SPD zusammen mit den Grünen noch über eine Zweidrittelmehrheit, die notwendig ist, um das massive Aufrüstungs- und Kriegspaket auf den Weg zu bringen.

Union und SPD wollen alle Verteidigungsausgaben, die über der Höhe von 1 Prozent des BIP liegen, von der Schuldenbremse ausnehmen. Die Militärausgaben können damit ohne jede Begrenzung angehoben werden. Ganz unmittelbar im Gespräch sind 500 Milliarden Euro. Hinzu kommt ein sogenanntes „Sondervermögen Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen“ in Höhe von weiteren 500 Milliarden, das im Kern ebenfalls der Kriegsvorbereitung dient.

Die Grünen, die als die Partei der wohlhabenden und kriegslüsternen Mittelschichten zu 100 Prozent die Interessen des Staats und des deutschen Imperialismus vertreten, hatten von Anfang an ihre prinzipielle Zustimmung zu den Plänen von Union und SPD signalisiert. Neben einigen Lippenbekenntnissen zum Klimaschutz wollten sie vor allem sicherstellen, dass die Gelder des Sondervermögens tatsächlich ganz direkt und ausschließlich in die innere und äußere Aufrüstung, kriegsrelevante Infrastruktur und die weitere Unterstützung der Ukraine fließen und nicht etwa für „Wahlgeschenke“ der Koalitionäre ausgegeben werden.

Das haben sie offenbar erreicht. In einem offiziellen Tweet der Grünen, der die „Einigung mit Union und SPD“ feiert, heißt es unter anderem: „Wir investieren in Sicherheit. Das betrifft die Bundeswehr, aber auch die innere Sicherheit, z.B. Nachrichtendienste, Cyberabwehr und Zivilschutz. Dazu unterstützen wir die Ukraine sofort mit 3 Milliarden Euro“.

Auch der designierte nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und die SPD-Führung priesen die Einigung und machten deutlich, worum es geht: die Entfesselung des deutschen Imperialismus. „Es ist die klare Botschaft an unsere Partner und Freunde, aber auch an die Gegner, an die Feinde unserer Freiheit: Wir sind verteidigungsfähig und wir sind auch jetzt in vollem Umfang verteidigungsbereit“, bejubelte Merz die Einigung und frohlockte: „Deutschland ist zurück“.

Ähnlich äußerte sich der SPD-Vorsitzende und Fraktionsführer Lars Klingbeil: „Wir wollen unser Land von finanziellen Fesseln befreien“, verkündete er in einem knappen Pressestatement. Durch die Verabschiedung des Paktes könne genau dies gelingen. Deutschland würde ein „historisches Signal“ senden – an Europa, die Ukraine, aber auch an US-Präsident Donald Trump und den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Das Aufrüstungsprogramm „zielt darauf ab, Deutschland nach zwei verlorenen Weltkriegen und schrecklichen Verbrechen im 20. Jahrhundert wieder zu einer aggressiven Militärmacht hochzurüsten“, warnt die Sozialistische Gleichheitspartei in einem aktuellen Statement. Und weiter: „Die Konsequenzen dieses Programms bedeuten Krieg, Diktatur und letztlich atomare Vernichtung. Darüber kann die offizielle Propaganda nicht hinwegtäuschen.“

Die erste Bundestagsdebatte zum Aufrüstungspaket am Donnerstag gab einen Eindruck davon, was auf die Arbeiterklasse zukommt. Abgeordnete von Union, AfD, SPD, Grünen und FDP befanden sich in einem regelrechten Kriegstaumel und überboten sich in Rufen nach deutscher Aufrüstung und Führung. Klingbeil rief dazu auf, „Europas Schicksal jetzt stärker in europäische Hände zu nehmen“ und dabei komme „auf Deutschland eine Führungsrolle zu“. Es sei „höchste Zeit, dass wir Fesseln in diesem Land lösen“. Deutschland müsse „vorangehen für ein starkes, für ein einiges Europa, und dafür legen wir hier die Grundlagen.“

Ganz unmittelbar geht es dem SPD-Führer dabei um die Eskalation des Nato-Kriegs gegen die Atommacht Russland. „Wenn die Ukraine fällt, dann gerät auch der Frieden in der Europäischen Union in Gefahr“, warnte er. Man wisse „doch, was Putins Ziele sind“ und dürfe „keine Zeit verlieren“. Die „Unterstützung für die Ukraine“ sei „keine Geste“ gewesen, „die nur von rein menschlichen Motiven getrieben war.“ Es sei immer „auch um unsere ureigensten Interessen“ gegangen.

Deutlicher könnte Klingbeil nicht machen, dass es dem deutschen Imperialismus in seinem „Drang nach Osten“ wie in der Vergangenheit nicht etwa um die Verteidigung von „Freiheit“ und „Demokratie“ geht, sondern um räuberische wirtschaftliche und geostrategische Interessen.

Die Debatte machte vor allem auch eines deutlich: wie in den 1930er Jahren gehen Großmachtpolitik, Aufrüstung und Krieg einher mit der Abschaffung jeder Demokratie. In seiner Rede forderte Merz: „Deutschland muss unabhängig von Wahlterminen und unabhängig von der Zusammensetzung des Deutschen Bundestages entscheidungsfähig sein. Deutschland muss verteidigungsfähig werden, und Deutschland muss zurück auf die internationale Bühne als ein handlungsfähiger Partner in Europa, in der NATO und in der Welt.“

Er wisse, „dass diese Entscheidung nicht von allen Menschen in unserem Land geteilt wird und ganz offensichtlich auch nicht hier im Hause“, erklärte Merz weiter. „Nicht allein im Osten, sondern in ganz Deutschland“ gebe „es zunehmend Zweifel und Fragen nach der politischen Balance in unseren Entscheidungen.“ Und dennoch müssten sie durchgesetzt werden! Die ganze Welt schaue „in diesen Tagen und Wochen auf Deutschland. Wir haben in der Europäischen Union und in der Welt eine Aufgabe, die weit über die Grenzen unseres eigenen Landes und das Wohlbefinden unserer eigenen Bevölkerung hinausgeht.“

Das ist der offene Ruf nach Weltmacht und Diktatur auf Kosten der Arbeiter. Die Aufrüstungs- und Großmachtpläne müssen unabhängig von Wahlen und der Zusammensetzung des Parlaments gegen jeden Widerstand durchgesetzt werden. Der ehemalige Blackrock-Banker Merz spricht dabei nicht einfach für sich und die CDU, er artikuliert den Standpunkt des deutschen Imperialismus und der deutschen Finanzoligarchie. Ähnlich wie die herrschende Klasse in den USA unter Führung des Faschisten Trump ist sie gewillt, ihre Interessen mit äußerster Brutalität nach innen und außen durchzusetzen und alle verbliebenen sozialen und demokratischen Rechte zu zerstören.

Unabhängig davon, was die Parteiführer offiziell sagen, ist klar, dass die enormen Summen bei den Arbeitern wieder in Form von Lohnkürzungen, Massenentlassungen und der Zerstörung des Sozialstaats eingetrieben werden. Bereits in ihrem Sondierungspapier haben Union und SPD angekündigt, dass sie „im Rahmen der Haushaltsberatungen auch Einsparungen vornehmen und darüber hinaus schrittweise auf eine ziel- und wirkungsorientierte Haushaltsführung umstellen“.

Unter den Bundestagsparteien gibt es lediglich taktische Meinungsverschiedenheiten darüber, wie und zu welchen Bedingungen die Rüstungsoffensive umgesetzt werden soll. Die faschistische AfD, die als Partei des deutschen Militarismus in Reinkultur, vollständig mit der Kriegsmobilisierung übereinstimmt und sogar die nukleare Bewaffnung Deutschland fordert, will die Aufrüstung direkt über Haushaltskürzungen finanzieren und „überflüssige Ausgaben rigoros zusammenstreichen“ (Fraktionschefin Alice Weidel).

Die Linke, die bereits am Wahlabend deutlich gemacht, dass sie für Gespräche bereitsteht, sollten Merz’ Bemühungen scheitern, noch im alten Bundestag eine Mehrheit zu organisieren, appellieren nun an die Grünen, dem Paket doch nicht zuzustimmen. „Noch ist es nicht zu spät“, erklärte die Parteivorsitzende Ines Schwerdtner gegenüber den Funke-Zeitungen. Sonst werde ein zentraler Fehler der Ampelregierung wiederholt, „nämlich Klimaschutz und Aufrüstung ohne sozialen Ausgleich“. Mit anderen Worten: die Kriegskredite sollten von einigen leeren sozialen Versprechen begleitet werden, um die Opposition in der Bevölkerung gegen den Kriegswahnsinn besser kontrollieren zu können.

Genau diese entwickelt sich und braucht nun eine bewusste politische Führung. „Es ist Zeit, politisch aktiv zu werden und das Programm der SGP und der Vierten Internationale zu studieren und sich ihr anzuschließen“, schreibt die SGP in ihrem Statement. „Der Aufbau einer vereinten Bewegung der europäischen und internationalen Arbeiterklasse, die sich auf ein sozialistisches und revolutionäres Programm stützt, ist der einzige Weg, den sich entwickelnden Weltkrieg zu stoppen.“