Der Kriegsparteitag der Grünen

Der Bundesparteitag der Grünen, der von Freitag bis Sonntag in Wiesbaden tagte, verfolgte ein einziges Ziel: Die Grünen wollen unbedingt in die nächste Regierung, um Deutschland zur führenden Macht Europas aufzurüsten, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten fortzusetzen und die wachsende Opposition dagegen zu ersticken.

Die Partei reagiert auf den Wahlsieg Donald Trumps in den USA und das Scheitern der Ampel-Koalition in Berlin mit einem weiteren Ruck nach rechts. Sie ruft nach mehr militärischer und innerer Aufrüstung und nach einer deutschen Führungsrolle in einem starken Europa, das weltweit für seine imperialistischen Interessen kämpft.

„Spätestens die Wiederwahl von Donald Trump setzt Verteidigungsfähigkeit und die Bereitschaft, mehr in die Souveränität Europas zu investieren, an die Spitze der politischen Prioritäten für die kommenden Jahre,“ heißt es im Antrag „Verantwortung in dieser Zeit“, den der Bundesvorstand vorgeschlagen und der Parteitag verabschiedet hat.

„Die Zeitenwende im Militärischen … sowie bei der inneren Sicherheit“ müsse „fortgeführt und verstärkt werden“. Nur ein starkes Europa werde in der Welt gehört und könne seine Interessen durchsetzen. Man werde „in den kommenden Jahren die Handlungsfähigkeit im europäischen Bündnis gegenüber unseren globalen Partnern und Bedrohungen noch deutlich wichtiger nehmen müssen als bisher“.

Der Dringlichkeitsantrag „Die Ukraine stärken, den Frieden gewinnen“, den der Parteitag mit großer Mehrheit annahm, zieht aus der Wiederwahl Donald Trumps den Schluss, dass Deutschland „umgehend mehr Verantwortung für die existenziellen Fragen von Frieden und Sicherheit in Europa übernehmen“ müsse. Er wirft den bisherigen Koalitionspartnern SPD und FDP vor, ihre „fehlende Bereitschaft für weitergehende militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine“ belaste Stabilität und Sicherheit, und greift sie damit von rechts an.

Der Antrag macht sich für einen militärischen Sieg über Russland und für einen Regimewechsel in Moskau stark und lehnt jeglichen Kompromiss bei Friedensverhandlungen ab. „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, Putin muss scheitern,“ heißt es darin. Kurzfristig müssten daher die militärische und diplomatische Unterstützung der Ukraine weiter verstärkt und die Sanktionen gegen Russland verschärft werden. Mittel- und langfristig müssten Russlands militärischer Sieg verhindert und „unsere eigene politische und militärische Handlungsfähigkeit durch klare Signale der Entschlossenheit“ gewahrt werden.

Der Antrag spricht dabei unverblümt aus, dass es im Krieg gegen Russland um deutsche imperialistische Interessen geht: „Es liegt im strategischen und sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands und der EU, die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine entschlossen zu verteidigen.“

Auch der Genozid in Gaza hat die volle Unterstützung der Grünen. Außenministerin Annalena Baerbock hatte sich vor einem Monat, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Überfalls, uneingeschränkt hinter die Ermordung zehntausender palästinensischer Frauen und Kinder durch die israelische Armee gestellt.

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„Selbstverteidigung bedeutet natürlich, dass man Terroristen nicht nur angreift, sondern zerstört,“ verkündete Baerbock im Bundestag. „Deswegen habe ich so klar und deutlich gemacht: Wenn Hamas-Terroristen sich hinter Menschen, hinter Schulen verschanzen, dann ducken wir uns davor nicht weg. Dann können auch zivile Orte ihren Schutzstatus verlieren; weil Terroristen diesen missbrauchen. Dazu steht Deutschland, das bedeutet für uns Sicherheit Israels.“

Nun hat der Parteitag Baerbock gemeinsam mit Wirtschaftsminister Robert Habeck zum „Spitzenduo“ ernannt, das die Partei in den Bundestagswahlkampf führen soll. Habeck selbst wurde am Schluss des Parteitags mit 96,5 Prozent der Stimmen zum Kanzlerkandidaten oder, wie es im Grünen-Sprech heißt, zum „Kandidaten für die Menschen in Deutschland“ gekürt.

Tatsächlich ist er ein Kandidat des Militarismus. In der Kriegsfrage tritt er noch aggressiver auf als der amtierende Kanzler Olaf Scholz (SPD). In einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio im Anschluss an den Parteitag sagte Habeck zur Frage, ob er Scholz‘ Entscheidung, keine Taurus-Marschflugkörper an Kiew zu liefern, revidieren würde: „Die Antwort auf diese Frage ist: Ja.“ Bereits zuvor hatte er ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr gefordert.

Um nach der Wahl vom 23. Februar für jede denkbare Koalition mit der Union, der SPD und der FDP bereit zu sein, hat der Parteitag programmatischen Ballast abgeworfen und die Partei auf bedingungslose Gefolgschaft hinter Robert Habeck eingeschworen. Wer die Website der Partei öffnet, wird nicht mehr aufgefordert, die Grünen zu unterstützen. Stattdessen heißt es: „Komm ins Team Robert“ und „Roberts Wahlkampf, sei dabei“.

Die neue Führung, die vom Parteitag gewählt wurde, besteht aus loyalen Gefolgsleuten Habecks.

Franziska Brantner, gemeinsam mit Felix Banaszak neue Parteivorsitzende, war bisher Staatssekretärin in Habecks Wirtschaftsministerium und gilt als dessen engste Vertraute. Sie hat die Aufgabe, Habeck in der Partei den Rücken freizuhalten, damit er ungehindert agieren kann. Brantner versteht sich als Vertreterin der Wirtschaft. Ihr Wahlspruch lautet: „Wir brauchen Investitionen, Investitionen und nochmals mehr Investitionen.“

Banaszak steht als Mitglied des Wirtschafts- und Handelsausschusses des Bundestags ebenfalls in enger Verbindung zum Wirtschaftsministerium. Der neue Parteivize Sven Giegold, in seiner Jugend Gründungsmitglied von Attac Deutschland, war zuletzt wie Brantner Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Und Wahlkampfmanager Andreas Audretsch war bisher als Vize der Grünenfraktion für das Thema Wirtschaft zuständig.

Die Lippenbekenntnisse zum Umweltschutz, zum sozialen Ausgleich, zu Humanität und Demokratie, an denen es auch auf diesem Parteitag nicht mangelte, waren unter diesen Umständen mehr noch als bisher nichtssagende, bedeutungslose Floskeln. Besonders die Parteijugend, die um ihre politischen Karrieren fürchtet, bemühte sich, dem Parteitag ein linkes Makeup aufzutragen – ohne Erfolg.

Der Niedergang der Grünen in den Umfragen von 25 Prozent im Sommer 2022 auf jetzt noch etwas mehr als 10 Prozent ist vor allem auf die Abwendung jüngerer Wähler zurückzuführen, die auf eine bessere Umweltpolitik gehofft hatten und durch den Militarismus der Grünen abgestoßen wurden. Ende September war der zehnköpfige Bundesvorstand der Grünen Jugend geschlossen zurückgetreten und hatte seinen Austritt aus der Partei erklärt. Ihre Nachfolger, die der Partei und ihrem Kurs treu ergeben sind, haben auf dem Parteitag versucht, diese Blamage durch „linke“ Anträge auszubügeln. Doch sie wurden alle abgeschmettert oder bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

So lehnte der Parteitag einen Antrag der Grünen Jugend, „Gerechtigkeit statt Spardiktat“, der die Abschaffung der Schuldenbremse fordert, um in sozialen Ausgleich, Wohnungsbau und Bildung zu investieren, mit Zweidrittelmehrheit ab.

In der Flüchtlingspolitik stellte sich der Parteitag ausdrücklich hinter das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), das Europa in eine undurchdringliche Festung verwandelt. Ein Antrag, der wenigstens die Abschiebung von Flüchtlingen nach Syrien und Afghanistan verhindern wollte, wurde so verwässert, dass dies nun möglich ist.

Auch den Antrag auf eine Vermögenssteuer von mindestens 1 Prozent auf Vermögen über 2 Millionen Euro lehnte der Parteitag ab. Stattdessen ist jetzt nur noch von einer Steuer „auf sehr hohe Vermögen oberhalb eines Freibetrags von mehreren Millionen Euro“ die Rede. Und jeder weiß, dass Habeck und Co. diese Forderung ignorieren werden.

Die Verwandlung der Grünen, deren Wurzeln auf die Studentenproteste von 1968 zurückgehen, in eine führende Partei des deutschen Imperialismus hat tiefe soziale Ursachen. Die Partei stützt sich auf wohlhabende städtische Mittelschichten, die, konzentriert auf ihr eigenes Wohlergehen und Identitätsfragen, jeden Bezug zur Lebensrealität breiter Bevölkerungsschichten verloren haben und mit Arroganz und Feindschaft auf deren wachsende Unzufriedenheit reagieren. Wie die amerikanischen Demokraten, die Militarismus und eine Politik im Interesse der Wall Street mit Identitätspolitik verknüpfen, treiben sie Unzufriedene in die Arme der extremen Rechten. Es gibt – vor allem in verarmte Gegenden Ostdeutschlands – keine andere Partei, die so verhasst ist wie die Grünen.

Der erneute Rechtsruck der Grünen unterstreicht, dass es bei der Bundestagswahl am 23. Februar keine etablierte Partei gibt, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend vertritt oder auch nur ein kleineres Übel wäre.

In den Fragen von Krieg, Militarismus, Staatsaufrüstung und Sozialabbau unterscheiden sich SPD, Grüne, Union und FDP nur in Nuancen. Die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht stehen dem Ukrainekrieg zwar kritisch gegenüber, aber nur weil sie der Ansicht sind, dass Deutschland unabhängiger von den USA agieren sollte. Beide sind für eine starke Bundeswehr und spalten die Arbeiterklasse mit ihrer Flüchtlingshetze.

Es gibt nur einen Weg, Krieg, soziale Ungleichheit, Umweltzerstörung und alle Übel der kapitalistischen Gesellschaft zu bekämpfen: den Aufbau einer unabhängigen Bewegung der internationalen Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms. Um für diese Perspektive zu kämpfen, nimmt die Sozialistische Gleichheitspartei an der Bundestagswahl teil.

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