Die Socialist Equality Party verurteilt entschieden die Militärintervention der australischen Regierung unter John Howard im kleinen Nachbarstaat Osttimor. Die Entsendung von schwer bewaffneten Truppen, Panzerfahrzeugen, Kriegsschiffen und Kampfhubschraubern ist ein unverhüllter Akt neokolonialer Bedrohung und Aggression, durch den die wirtschaftlichen und strategischen Interessen des australischen Imperialismus im asiatisch-pazifischen Raum gesichert werden sollen.
Die 1.300 Soldaten haben bereits Dili, die Hauptstadt Osttimors, besetzt und die gespaltenen Sicherheitskräfte des Landes abgelöst. Das australische Militär wendet Methoden an, die es im besetzten Irak entwickelte, und hat de facto das Kriegsrecht verhängt. Die Soldaten verfügen über umfangreiche Befugnisse, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen ohne Prozess vorzunehmen, ohne dass sie der Regierung und den Behörden Osttimors Rechenschaft schuldig sind.
Die australische Regierung macht keinen Hehl aus der Tatsache, dass sie Ministerpräsident Mari Alkatiri durch jemanden ersetzt haben will, der sich den australischen Interessen gegenüber aufgeschlossener zeigt. Der australische Premierminister Howard hat öffentlich erklärt, dass Osttimor "nicht gut regiert worden ist". Ein Leitartikel in der Murdoch-Zeitung Australian vom 30. Mai dämonisierte Alkatiri als unpopulären, arroganten und korrupten Marxisten, gab ihm die Schuld an den bürgerkriegsähnlichen Kämpfen und der Gewalt im Lande und rief offen dazu auf, einen neuen Ministerpräsidenten ins Amt zu bringen.
Obwohl die australischen Truppen offiziell von der Alkatiri-Regierung "eingeladen" wurden, weigert sich Howard im Namen einer verlogenen "Neutralität", diese gegen die bewaffneten Rebellen zu verteidigen. Hinter den Kulissen unterstützt Australien stillschweigend die Bestrebungen des osttimoresischen Präsidenten Xanana Gusmao, durch die Ausrufung des "Belagerungszustands" Alkatiri ins Abseits zu drängen und eine vollständige Kontrolle über die Sicherheitskräfte zu erlangen. Aus australischer Sicht lautet die Frage nicht, ob sondern wann Alkatiri abgelöst wird.
Alkatiri ist ganz sicher kein Marxist. Er vertritt ebenso wenig die Erwartungen und Interessen der normalen Bevölkerung Osttimors wie irgendeiner seiner Rivalen aus der kleinen herrschenden Elite in Dili, die seit Erklärung der formellen Unabhängigkeit im Jahre 2002 regiert. Aber in den Augen der australischen Regierung besteht Alkatiris Todsünde darin, dass er nicht sofort den Forderungen Canberras in Hinblick auf die gewaltigen Öl- und Gasvorkommen in der Timorsee nachgegeben hat. Gleichzeitig hat er nach wirtschaftlicher und politischer Unterstützung in anderen Lagern Ausschau gehalten und sich dabei insbesondere an die alte Kolonialmacht Portugal gewandt.
Die Militärintervention der Howard-Regierung hat nichts mit Hilfe oder Unterstützung für die osttimoresische Bevölkerung zu tun. Von Beginn an ging es um die australischen Vorbehalte gegen das Vordringen europäischer und asiatischer Mächte in Osttimor, insbesondere seit die Präsenz der Vereinten Nationen (UN) auf der Insel reduziert wird. Die politischen Spannungen verschärften sich merklich im März, als Alkatiri knapp 600 Soldaten entließ, die für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen gestreikt hatten. Am 28. April eröffneten regierungstreue Polizisten das Feuer auf "aufständische" Soldaten und arbeitslose Jugendliche in Dili, wobei mindestens sechs Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt wurden.
Eine Schlüsselrolle beim Anheizen der Konflikte innerhalb der osttimoresischen Sicherheitskräfte spielte eine zwielichtige Gestalt namens Major Alfredo Reinado, ein ehemaliger Exilant, der in Australien die Militärakademie besucht hatte und als "Rebellenführer" hervortrat. Als die Zusammenstöße zwischen regierungstreuen und "aufständischen" Truppen zunahmen, nutzte die Howard-Regierung mit Unterstützung der Bush-Regierung den Konflikt, um am 12. Mai zwei Kriegsschiffe und Truppen in die Timorsee zu entsenden. Die Alkatiri-Regierung wurde darüber noch nicht einmal informiert.
Das Ziel der australischen Regierung bestand darin, einer Intervention anderer Mächte zuvorzukommen - insbesondere Portugal erwog, paramilitärische Polizeitruppen zur Unterstützung der osttimoresischen Regierung zu entsenden. Gleichzeitig sollte auch Druck auf den Parteitag der regierenden Fretilin ausgeübt werden, der vom 17.-19. Mai stattfand, damit sich die Mehrheit der Delegierten gegen die Alkatiri-Führung stellte.
Als die Parteiführung nicht abgesetzt wurde, ging die australische Regierung zu einer anderen Gangart über. Am 24. Mai stimmte Alkatiri unter dem Druck Australiens sowie Gusmaos und Außenministers Jose Ramos Horta schließlich zu, Australien, Neuseeland, Malaysia und Portugal formell um die Entsendung von Truppen zu ersuchen.
Ohne den endgültigen Abschluss einer Vereinbarung über Umfang und Bedingungen des Einsatzes abzuwarten, gab Howard am 25. Mai die Anweisung, die Militärmission schnellstmöglich durchzuführen. Innerhalb weniger Tage waren das gesamte australische Truppenkontingent sowie Vorauskommandos aus Malaysia und Neuseeland in Osttimor gelandet. Kriegsschiffe ankerten im Hafen von Dili und Black-Hawk-Kampfhubschrauber patrouillierten über der Stadt.
Betrügerische "Unabhängigkeit"
Die militärische Besetzung Osttimors zeigt, wie absurd die überschwänglichen, eigennützigen Behauptungen im Jahre 1999 waren, dass mit der "Unabhängigkeit" der Halbinsel nach der Loslösung von Indonesien einen neue Periode des Friedens, des Wohlstandes und der Demokratie für die Bewohner Osttimors anbrechen würde. Im Zeitalter der globalisierten Produktion konnte der Zwergstaat niemals "unabhängig" von den verschiedenen globalen und regionalen Mächten sowie den Großkonzernen und internationalen Finanzinstitutionen wie Weltbank und IWF sein.
Nachdem die Suharto-Diktatur 1975 in die ehemalige portugiesische Kolonie eingefallen war, führten die Osttimoresen einen mutigen Kampf gegen die indonesischen Unterdrücker, in dem etwa 200.000 Menschen ihr Leben ließen. Doch die Perspektive der "Unabhängigkeit", für die osttimoresische Führer wie Gusmao eintraten und die von kleinbürgerlichen Radikalen in Australien und international unterstützt wurde, erwies sich als politische Sackgasse. Sie blockierte einen gemeinsamen Kampf der arbeitenden Bevölkerung in Osttimor und Indonesien gegen die Militärjunta in Jakarta und spielte 1999 direkt Australien und Portugal in die Hände, die ihren jeweiligen Einfluss in der Region stärken wollten.
Alle australischen Regierungen verschiedener politischer Couleur unterstützten die Übernahme durch Suharto im Jahr 1975, und als Australien 1978 die Kontrolle über die Öl- und Gasvorkommen in der Timorsee erhielt, war es das erste Land, dass die indonesische Annexion Osttimors offiziell anerkannte. Selbst nach dem Sturz des Suharto-Regimes 1998 unterstützte die Howard-Regierung noch die Bemühungen Jakartas, ein Referendum in Osttimor zu verhindern.
Canberra machte erst einen Rückzug, als sich abzeichnete, dass Portugal mit Rückendeckung der Europäischen Union die Unterstützung der UN für ein Referendum sichergestellt hatte. Dies eröffnete die reale Möglichkeit, dass ein "unabhängiges" Osttimor unter portugiesischer Patronage die australischen Öl- und Gasrechte nicht anerkennen würde, die im Vertrag über den Timorgraben mit Jakarta festgelegt worden waren. Mit Hilfe der Clinton-Regierung in Washington begann die Howard-Regierung daraufhin den größten Auslandseinsatz des australischen Militärs seit dem Vietnamkrieg.
Die Intervention im September 1999 war Teil einer neuen Ära des Militarismus, die durch wachsende Rivalitäten zwischen den imperialistischen Mächten nach dem Ende des Kalten Krieges gekennzeichnet war und durch den ersten Golfkrieg der USA gegen den Irak 1990/91 eingeläutet wurde. Howard ließ sich vom NATO-Krieg gegen Serbien inspirieren, der wenige Monate vor der australischen Intervention in Osttimor begonnen hatte. In diesem Konflikt hatten US-Präsident Clinton, der britische Premierminister Blair und die deutsche Regierung unter Schröder die Verletzung der nationalen Souveränität des ehemaligen Jugoslawien mit einem "moralischen Imperialismus" gerechtfertigt.
Die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten beeinflussten die öffentliche Meinung mit unverfrorenen Lügen über Massenmorde und die Vertreibung der Kosovoalbaner, um Unterstützung für einen räuberischen Krieg zu mobilisieren, der die Provinz Kosovo von Serbien abtrennen sollte. In Osttimor nutzte die Howard-Regierung, unterstützt von der Clinton-Regierung und der UN, die Gewalt indonesischer Milizen nach dem Unabhängigkeitsreferendum, um unter dem Vorwand, die Bevölkerung Osttimors zu "beschützen", Truppen zu entsenden.
Dass Howard als Osttimors "Befreier" posieren konnte, lag maßgeblich an der begeisterten Unterstützung der Medien und des gesamten politischen Establishments in Australien, wobei auch die Labor Party und die Grünen keine Ausnahme bildeten. Ähnlich wie im NATO-Krieg gegen Jugoslawien waren die ehemaligen kleinbürgerlichen Radikalen, insbesondere die Democratic Socialist Party und ihre Zeitschrift Green Left Weekly, die lautstärksten Befürworter einer australischen Militärintervention in Osttimor. Sie organisierten unter dem Motto "Schickt Truppen" Demonstrationen, um die Howard-Regierung zu etwas zu "drängen", was längst beschlossene Sache war.
Die Intervention führte auch den völligen politischen Bankrott des von der Fretilin geführten Nationalrats des Timoresischen Widerstandes (CNRT) vor Augen. Seine Perspektive bestand nicht in einem Kampf gegen den Imperialismus, stattdessen wollte er die Großmächte dazu bewegen, einen "unabhängigen" kapitalistischen Staat zu schaffen, an dessen Spitze dann der CNRT und die Fretilin stünden. Auf dem Höhepunkt der Gewalt indonesischer Milizen im Jahre 1999 befahl Gusmao seinen Falintil-Guerillakämpfern, keine Gegenangriffe zu führen, und erlaubte somit, dass das Morden ungehindert anhielt. Die CNRT-Führer hofften, die Bilder eines offnen Bürgerkriegs würden die Westmächte abstoßen, während die Bilder vom Mord an wehrlosen Menschen und der Zerstörung ihrer Dörfer und Städte den Westen zu einer Intervention auf ihrer Seite bewegen würden.
Die UN sanktionierte die von Australien angeführte militärische Besetzung des Landes und richtete eine Übergangsregierung für Osttimor ein (UNTAET), die nach Art eines kolonialen Protektorats mit der Machtbefugnis ausgestattet war, alle Aspekte der osttimoresischen Angelegenheiten zu regeln. Der UN-Verwalter Sergio Vieira de Mello überwachte die inszenierten Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung, die von der Fretilin gewonnen wurden, und eine groteske Präsidentschaftswahl, bei der Gusmao und ein symbolischer Oppositionskandidat gegeneinander antraten. Als im Jahre 2002 offiziell die Unabhängigkeitserklärung erfolgte, gab die Fretilin rasch bekannt, dass das Verfassungsgremium auch die Regierung stellen würde. Weitere Wahlen wurden auf das Jahr 2007 vertagt.
Heuchlerisch nutzt die Howard-Regierung die derzeitigen Fraktionskämpfe aus, während sie selbst für die politische und soziale Krise in Osttimor verantwortlich ist. Die australische Militärintervention brachte die derzeitige Clique politischer Führer an die Macht. Howard stimmte in den Jubelchor ein, der bei der Unabhängigkeitszeremonie 2002 die "erste Nation des neuen Jahrtausends und die jüngste Demokratie der Welt" feierte. Trotz all der großen Worte über das erhoffte Wohlergehen der Osttimoresen hat Canberra in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr als ein paar Groschen an Hilfsgeldern für das Land übrig gehabt, das immer noch zu den ärmsten der Welt zählt.
Die Hauptsorge der Howard-Regierung bestand darin, sich den Löwenanteil an den Öl- und Gasvorkommen in der Timorsee zu sichern. Nach internationalem Grenzrecht, das Australien nicht anerkennt, hat Osttimor Anspruch auf einen Großteil der Ressourcen in diesen Gewässern. Noch vor der offiziellen Unabhängigkeitsfeier holte Australien den designierten Ministerpräsidenten Alkatiri nach Canberra, um ihn zur Unterschrift unter einen Grenzvertrag zu bewegen, der den größten Teil der auf dem Meeresgrund lagernden Ressourcen von Osttimor an Australien abtritt. Australien zögerte die nachfolgenden Verhandlungen absichtlich hinaus, wobei es darauf setzte, dass sich das mittellose Osttimor keinen Aufschub erlauben konnte.
Im letzten Jahr erreichte Canberra schließlich durch Druck auf Dili, dass die endgültige Festlegung der Seegrenzen um 50 bis 60 Jahre hinausgeschoben wird, und dass Osttimor in einen Vertrag über die Aufteilung der Öl- und Gasvorräte einwilligte, der es stark benachteiligt.
Die bekannten Öl- und Gasreserven in der Timorsee werden auf einen Wert von mindestens 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zwei Drittel dieser Reserven liegen näher an Osttimor als an Australien und sollten daher nach internationalem Recht Dili zustehen. Nach dem letztlich geschlossenen Vertrag werden die Einnahmen aus dem größten Feld ("Greater Sunrise") gleichmäßig zwischen beiden Ländern aufgeteilt, obwohl Osttimor eigentlich 80 Prozent zustehen sollten. Noch während sich die Verhandlungen hinzogen, steckte Canberra eine Milliarde Dollar an Tantiemen und Steuern für sechs Jahre aus dem Laminaria-Corallina-Feld in die eigene Tasche, während Dili leer ausging, obwohl dieses Gebiet - nach internationalem Recht - vollständig in osttimoresischen Gewässern liegt.
Es ist kaum überraschend, dass in Osttimor akute soziale Spannungen herrschen. Sie wurden von skrupellosen Scharfmachern genutzt, um Zusammenstöße zwischen den Bewohnern aus dem "Osten" und "Westen" herbeizuführen. Da nennenswerte Hilfsgelder nicht eintreffen und das Land um die Öl- und Gaseinnahmen betrogen wurde, verfügt die osttimoresische Regierung über jährliche Einkünfte in Höhe von lediglich 50 Millionen US-Dollar - eine Summe, die in keiner Weise ausreicht, um die gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Probleme anzugehen, mit denen die Bevölkerung konfrontiert ist. Die Banden von arbeitslosen Jugendlichen auf den Straßen von Dili, die plündern gehen und Blutrache an ihren Rivalen üben, sind das Ergebnis der Politik, die nicht nur Gusmao, Horta und Alkatiri sondern auch Howard und seine Minister zu verantworten haben.
Australien als regionale Hegemonialmacht
Vieles deutet bereits darauf hin, dass die Howard-Regierung sich darauf vorbereitet, die derzeitige Militärintervention in eine langfristige neokoloniale Besetzung Osttimors zu verwandeln. Die australischen Medien spekulieren, dass die Truppen bis zu den Wahlen im kommenden Jahr bleiben werden. Außenminister Alexander Downer sagte am 29. Mai gegenüber dem Radiosender ABC, ohne die australische Militärintervention "läuft Osttimor Gefahr, als Staat zu scheitern".
Im Zuge der Invasion des Jahres 1999 machte Howard die berüchtigte Aussage, dass Australien als "Hilfssheriff" der Vereinigten Staaten im asiatisch-pazifischen Raum agieren würde. Nach einem Aufschrei von Seiten anderer regionaler Mächte distanzierte er sich zwar von seiner Äußerung, nicht aber von der zugrunde liegenden Strategie: Als zweit- oder drittrangige Macht kann Australien nur mit Rückendeckung der Vereinigten Staaten seine Rivalen in der Region in Schach halten und seine Interessen gegenüber der Konkurrenz durchsetzen. Die Unterstützung Canberras für den angeblichen "Krieg gegen den Terrorismus" der Bush-Regierung und die australische Beteiligung an der illegalen Besetzung des Iraks unter US-Führung im Jahre 2003 dienen direkt dem Ziel, weiterhin amerikanische Hilfe für die eigenen neokolonialen Abenteuer zu erhalten, die näher vor der australischen Haustür liegen.
Nur wenige Monate nach der Invasion im Irak bezichtigte Howard die Salomoninseln, einen "gescheiterten Staat" darzustellen. Behauptungen wurden in die Welt gesetzt, die Inselgruppe sei eine Zufluchtstätte für international gesuchte Verbrecher, Drogenhändler und Terroristen, und schließlich begann Australien seine eigene "präventive" Operation. Im Juli 2003 landete eine Taskforce von Soldaten, Polizisten und politischen Vertretern in Honiara. Die Regionale Unterstützungsmission für die Salomoninseln (RAMSI) übernahm die Kontrolle über alle wichtigen Einrichtungen in dem kleinen Pazifikstaat und soll diese mindestens über ein Jahrzehnt hinweg ausüben. Erst wenige Wochen vor der jüngsten Invasion in Osttimor hatte die Howard-Regierung weitere 300 Soldaten und Polizisten zur Stützung von RAMSI auf die Salomoninseln entsandt. Gleichzeitig wächst auf der Inselgruppe die Opposition und Feindseligkeit gegenüber den australischen Besatzern.
Zwar soll weiterhin die Illusion aufrechterhalten werden, Australien "respektiere" die nationale Souveränität Osttimors, doch Howard hat bereits angedeutet, dass eine Operation nach Vorbild von RAMSI im Gange ist. Als er am 28. Mai vom Fernsehsender ABC auf die Möglichkeit einer ähnlich langen Präsenz in Dili angesprochen wurde, lautete seine Antwort: "Ich schließe nichts aus."
Die australischen Interventionen auf den Salomoninseln und in Osttimor sind ein Zeichen für wachsende Konflikte unter den imperialistischen Mächten in der Region. Howards Reaktion auf die zunehmenden wirtschaftlichen und strategischen Herausforderungen in der Weltgegend, die er selbst als "unseren Hinterhof" bezeichnet, besteht darin, Militärstützpunkte im gesamten so genannten "instabilen Bogen" nördlich von Australien zu errichten. In seiner Rede zur Osttimor-Intervention vor dem australischen Parlament am 25. Mai betonte der Premierminister, dass "Australien ein vitales nationales Interesse daran hat, die Stabilität in unserer Region zu fördern und aufrechtzuerhalten".
In einem Kommentar mit dem Titel "Eine Zurschaustellung der Macht", der am 31. Mai im Australian erschien, erklärte Chefredakteur Paul Kelly ohne Umschweife, dass Australien nicht nur in Osttimor, sondern in der gesamten Region die Rolle der Hegemonialmacht ausüben müsse. Kelly kümmerte sich nicht um Howards Bemühen, den Anschein der "Neutralität" zu wahren, und erklärte offen, Canberra bestimme schon lange die politischen Geschäfte in Osttimor und habe in anderen Ländern eine ähnliche Rolle zu spielen.
"In diesem Sinne operiert Australien als Regionalmacht oder potenzielle Hegemonialmacht, die Sicherheit und politische Resultate schafft. Diese Sprache ist vielen Menschen unangenehm. Und doch ist dies die Wirklichkeit. Es ist neues, unbekanntes Territorium für Australien. Wir entwickeln uns zur Regionalmacht und entdecken die Risiken und Dividenden beim Ausüben dieser Macht. Wir haben in Osttimor die Gesamtverantwortung für die Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung übernommen, und der interne Machtkampf in dem Land wird vor dem Hintergrund unseres unausgesprochenen Drucks ausgefochten", schrieb er.
Kellys Kommentar ist Teil einer größeren Diskussion in herrschenden Kreisen, weitere Militärinterventionen im ganzen asiatisch-pazifischen Raum durchzuführen. Paul Dibb, ein ehemaliger hochrangiger Militärvertreter, schrieb im Australian am 16. Mai: "Die Aussichten für Osttimor, die Salomoninseln, Papua Neuguinea, Vanuatu und Fidschi sind alles andere als beruhigend, ganz zu schweigen von der sich abzeichnenden Instabilität in der indonesischen Provinz Papua. Wir haben schon lange erkannt, dass niemand außer uns unsere Interessen in diesem Teil der Welt wahrnimmt. Wie John Howard bemerkte, liegt es in unserer Verantwortung, die Führung zu übernehmen und andere Leute - darunter unser amerikanischer Verbündeter - erwarten von uns, dass wir eben dies tun."
Dieser Ausbruch des australischen Militarismus geht mit großen Gefahren einher, nicht nur für die Menschen in Osttimor, auf den Salomoninseln und im Rest der Region sondern auch für die arbeitende Bevölkerung in Australien, die unvermeidlich die Kosten dieser militärischen Abenteuer tragen muss. Die Entsendung australischer Truppenkontingente nach Nahost, Zentralasien und in den Pazifik wird von einem beispiellosen Angriff auf langjährige demokratische und freiheitliche Rechte begleitet. Die Errichtung von kolonialen Vorposten im ganzen asiatisch-pazifischen Raum geht einher mit der Verwandlung Australiens in einen Polizeistaat, durch den vor allem im Innern jede Opposition gegen die Regierungspolitik unterdrückt werden soll. Die arbeitende Bevölkerung in Australien und auf der ganzen Welt muss gegen die räuberischen Pläne der Howard-Regierung Stellung beziehen und den sofortigen und bedingungslosen Abzug aller ausländischen Truppen und Polizeieinheiten aus Osttimor und von den Salomoninseln fordern.
Die Arbeiterklasse, Landbevölkerung und Jugend in Osttimor muss politische Schlussfolgerungen aus ihren Erfahrungen der vergangenen sieben Jahre ziehen. Unter der Herrschaft der Großmächte und des globalen Kapitals hat die "Unabhängigkeit" nur verschärftes soziales Elend und Angriffe auf demokratische Grundrechte gebracht. Die Spalterlogik des Separatismus zeigt sich in den Brüderkämpfen, die in den Straßen von Dili ausgebrochen sind. Die einzige fortschrittliche Lösung ist ein politischer Kampf zur Vereinigung der arbeitenden Bevölkerung von Osttimor mit ihren Kollegen im benachbarten Indonesien, Australien und weltweit auf der Basis eines sozialistischen Programms. Die schreckliche Armut, unter der weltweit so viele Menschen leiden, kann nur bekämpft werden, indem die Herrschaft von globalem Kapital und Imperialismus beendet und die Ressourcen im Interesse der Menschheit neu verteilt werden.