Am letzten Samstag kündigte der polnische Regierungschef Donald Tusk den Bau umfassender militärischer Befestigungsanlagen entlang der belarussischen Grenze an. Auch die Grenzen zur russischen Enklave Kaliningrad und zur Ukraine sollen einbezogen werden.
Für das „Schutzschild Ost“ (East Shield) genannte Projekt sollen innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre 10 Milliarden Zloty, also umgerechnet etwa 2,3 Milliarden Euro ausgegeben werden, um einen 400 km langen Verteidigungsgürtel entlang der Staatsgrenze zu bauen. Mit den Bauarbeiten sei bereits begonnen worden.
Bereits vorher hatte Tusks Regierung angekündigt, schärfer gegen Flüchtlinge vorzugehen. Die von der Vorgängerregierung 2021 errichteten Grenzanlagen sollen ausgebaut werden. Der bisherige, zehn Meter hohe Stahlzaun mit Kameras und Patrouillen richtet sich vor allem gegen Flüchtlinge, die über die belarussische Grenze nach Polen kommen. Das ganze politische Establishment diffamiert sie als Waffen in einem „hybriden Krieg“, der gegen Polen geführt werde.
Tusks jüngster Vorstoß geht jedoch weit über die Abschottung gegen Flüchtlinge hinaus. Er plant den Bau umfangreicher Befestigungs- und Bunkeranlagen, wie man sie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr gesehen hat.
Tusk erklärte: „Wir starten ein Großprojekt zum Bau einer sicheren Grenze, einschließlich eines Befestigungssystems sowie landschaftsplanerischer und ökologischer Entscheidungen, die es einem potenziellen Feind unmöglich machen werden, diese Grenze zu passieren.“
Das Projekt erinnert an den Ostwall der Nazis. So nannten sie ein ähnliches Bauvorhaben, das nicht nur aus Tunneln und Bunkeranlagen bestand, sondern die ganze Landschaft mit Hügeln und Gräben umgestaltete, um militärisch vorteilhafte Verhältnisse zu schaffen.
Tusk nutzte den Jahrestag der Schlacht von Monte Cassino im Mai 1944, um das Projekt anzukündigen. Zahlreiche polnische Soldaten, die damals in der sogenannten „Anders Armee“ auf Seite der Alliierten kämpften, hatten in der verlustreichen Schlacht ihr Leben verloren. Während einer militärischen Parade in Krakau lobte Tusk nun ihren Heldenmut.
Doch während die polnischen Soldaten damals gegen das faschistische Italien und gegen Nazi-Deutschland kämpften, paktiert Tusk heute in der Ukraine mit faschistischen Elementen, die Nazi-Kollaborateure verehren. An der EU-Außengrenze missachtet er in faschistischer Weise die Menschenrechte von Flüchtlingen.
Bereits einen Tag zuvor hatte Tusk beim Besuch eines Grenzschutzbataillons deutlich gemacht, dass es „bei der Grenzsicherung keine Ausgabengrenzen geben wird”. Man arbeite außerdem an einer Gesetzesänderungen, „die unseren Soldaten und Offizieren bei ihren Aktivitäten hier volle Rechtssicherheit geben werden“ – sie also bei der Misshandlung von Flüchtlingen vor Strafe schützt.
Tusk wird von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen dafür kritisiert, dass er die flüchtlingsfeindliche Politik der rechtsextremen PiS nahtlos fortsetzt. Tatsächlich verschärft er diese sogar und riegelt die Grenze noch hermetischer ab.
Noch sind keine Details zu dem Milliarden-Projekt bekannt, aber zahlreiche Kommentare machen deutlich, dass es bei diesem Ostwall – die Gazetta Wyborcza sprich von der Tusk-Linie – nicht nur um Straßensperren, Panzerabwehrgräben und permanente Feuerstellungen geht.
Geplant sind ein komplexes Netzwerk aus Straßen und Brücken für Truppenbewegungen, Kasernen und Flughangars für die permanente Stationierung von Truppen und dazugehörige Infrastrukturmaßnahmen, von der Wasserversorgung bis zur Kommunikation. Unzweifelhaft werden darin auch die Erfahrungen der zahlreichen Nato-Großmanöver einfließen. Allein mit „Steadfast Defender“ wurde die Verlegung Zehntausender Soldaten an die russische Grenze geübt.
General a.D. Waldemar Skrzypczak, der 2013 unter Tusk Regierungsmitglied war, erklärte im Interview mit Wyborcza, es seien Festungsformationen und speziell ausgebildete Militäreinheiten erforderlich, die dort dauerhaft stationiert werden. Sie müssten neu rekrutiert werden und das Terrain genau kennen. Im Wechselspiel von Artillerie, Pioniertruppen und Flugabwehrkräften müssten sie genau wissen, was zu tun sei.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die 10 Milliarden Zloty reichen seiner Meinung nach daher nur für den Anfang. Das derart umfangreiche Anlangen weitere Betriebs- und Wartungskosten in Milliardenhöhe nach sich zögen, liege auf der Hand.
Skrzypczak, der bereits in der stalinistischen Volksrepublik Generalstabsanwärter war, kritisiert die Politik der abgewählten PiS-Partei ebenso wie die Tusk-Regierung von rechts. Er warf ihr zahlreiche Versäumnisse vor und sagte, ihr Patriotismus beschränke sich nur auf Zeremonien.
In Umfragen zeige sich, dass die Polen das Land lieber verlassen als verteidigen würden, klagte der einstige General. Deshalb fordere er eine stärkere Einbeziehung von Veteranen der Kriege im Irak und Afghanistan in den Alltag. Der Respekt ihnen gegenüber müsse ständig präsent sein, sie sollten in Talkshows und Schulen auftreten.
Allein schon das zeigt, dass es der herrschenden Klasse Polens nicht um „Verteidigung“ geht. Wer die „Heldentaten“ in den neokolonialen Eroberungskriegen im Irak und Afghanistan als Vorbild hinstellt, plant offensichtlich dasselbe in Osteuropa. Befestigungsanlagen können, wie der Ost- und der Westwall Deutschlands gezeigt haben, nicht nur zur Verteidigung, sondern auch zur Offensive dienen.
Tusk spricht von einer „Vorkriegszeit“, in der man sich auf einen Krieg mit Russland vorbereiten müsse. Der Bau des „Schutzschilds Ost“ dient offensichtlich diesem Zweck. Die Nato ist dabei, die militärische Konfrontation mit Russland massiv zu eskalieren. Sie ist dabei, Kiew grünes Licht für den Angriff auf Ziele innerhalb Russlands zu geben, und bereitet die Entsendung eigener Truppen in die Ukraine vor.
Auch Vertreter der alten und neuen polnischen Regierung haben wiederholt eine direkte militärische Intervention in den Ukrainekrieg als Option bezeichnet. Tusk-Regierung und PiS-Opposition sind sich in den Grundzügen ihrer Kriegspolitik völlig einig. Die Regierung unterscheidet sich von der PiS nur durch eine engere militärische Kooperation mit der Europäischen Union und Deutschland. So hat Tusk den Beitritt zur von Deutschland geführten European Sky Shield (ESSI) Initiative angekündigt.
Er gab auch bekannt, dass die Europäische Investitionsbank ein 300-Millionen-Darlehen für die ersten beiden polnischen Überwachungssatelliten genehmigt habe. Zusammen mit zwei Bodenstationen sollen die Satelliten bis 2028 einsatzbereit sein. Angesichts des militärischen Desasters des Selensky-Regimes beschleunigt die Tusk-Regierung jetzt offensichtlich ihre Pläne. Die Tusk Linie soll bereits 2027 verfügbar sein.