Frontalangriff auf Arbeiter bei Ford und VW

Die Tinte unter den Tarifverträgen für die vier Millionen Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie ist noch nicht trocken, da beginnt der massive Angriff auf Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen.

Das Volkswagenwerk in Wolfsburg [Photo by Vanellus photo / CC BY-SA 3.0]

Am Mittwoch hat der Autohersteller Ford den Abbau weiterer 4000 Arbeitsplätze in Europa, davon 2900 am Stammsitz in Köln, bekanntgegeben. Am selben Tag verkündeten die IG Metall und der Betriebsrat von VW, dass sie dem Konzern Einsparungen bei den Löhnen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angeboten haben.

Die Angriffe bei Ford und VW sind nur die Spitze des Eisbergs. Seit Monaten reißen die Meldungen über Entlassungen und Pleiten in der Auto- und Zulieferindustrie nicht ab. Gestern hat auch Mercedes angekündigt, in den kommenden Jahren die Kosten um mehrere Milliarden jährlich senken zu wollen.

Arbeiterinnen und Arbeiter müssen das als ernste Warnung verstehen. Die Zeiten mit halbwegs sicheren Arbeitsplätzen, auskömmlichen Löhnen und akzeptablen Arbeitsbedingungen sind endgültig vorbei.

Einer Studie des VDA zufolge werden 2035 186.000 Personen weniger in der deutschen Autoindustrie beschäftigt sein als 2019, wenn sich der Trend der letzten vier Jahre fortsetzt, in denen bereits 46.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden. Aber der Trend setzt sich nicht fort, er beschleunigt sich rasant.

Mit der Rückkehr von Donald Trump in Weiße Haus nimmt der Kampf um Profite, Märkte und Rohstoffe neue Dimensionen an. Dieser Kampf wird auf dem Rücken der Arbeiterklasse ausgetragen.

Trump stellt eine Regierung von rechtsextremen Oligarchen zusammen. Tesla-Chef Elon Musk, der reichste Mann der Welt, übernimmt persönlich die Aufgabe, alles kurz und klein zu schlagen, was keinen Profit abwirft – von der Bildung über Renten und Sozialleistungen bis zur Gesundheitsversorgung. Nur für die Aufrüstung von Militär und Polizei sind unbeschränkte Summen da.

Musks Vorbild ist der faschistische argentinische Präsident Javier Milei, der Mann mit der Kettensäge, der seit seiner Amtsübernahme vor einem Jahr die Staatsausgaben um 30 Prozent gekürzt und die Armutsquote über 50 Prozent gesteigert hat.

Die Konzerne und Regierungen in Europa eifern Trump nach. Sie greifen die Arbeiterklasse an und kämpfen um Märkte und Profite. Wie vor 90 Jahren treibt der Kapitalismus auf Diktatur und einen Weltkrieg zu, der die menschliche Zivilisation vernichten wird, wenn der Amoklauf der Herrschenden nicht rechtzeitig von der Arbeiterklasse gestoppt wird. Die Nato steht schon jetzt im Krieg mit Russland. Sie setzt jeden Tag schlagkräftigere Waffen ein, auch wenn sie damit einen Atomkrieg riskiert.

Der Frontalangriff auf die Arbeiter bei Ford und VW steht in diesem Zusammenhang. Krieg und Profit vertragen sich nicht mit sozialem Ausgleich und Demokratie. Als Deutschland das letzte Mal Krieg gegen Russland führte, schuftete ein Millionenheer von Zwangsarbeitern in deutschen Fabriken.

Wenn die Arbeiter sich jetzt nicht aus den Fängen der Gewerkschaften befreien, sich unabhängig organisieren und den Kampf aufnehmen, droht eine Katastrophe wie in den 1930er Jahren.

Weil die Angriffe bei Ford und VW ein Ergebnis der internationalen Krise des kapitalistischen Systems sind, können sie nicht im nationalen Rahmen abgewehrt werden. Der Kampf dagegen erfordert ein internationales, sozialistisches Programm. Notwendig ist die internationale Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen Krieg, Diktatur und soziale Verwüstung und deren Ursache, den Kapitalismus.

Das lehnen die Gewerkschaften kategorisch ab. Sie stehen im Kampf um Profite und Märkte auf Seite der Konzerne und organisieren die Angriffe auf die Belegschaften. Das zeigt sich nirgends so deutlich wie derzeit bei Ford und VW.

Ford

Solange die IG Metall die Stilllegung des Ford-Werks in Saarlouis organisierte, stellte sie die Belegschaft in Köln mit dem Versprechen ruhig, die Investition von zwei Milliarden in das Kölner Werk und die Umstellung auf reine E-Auto-Produktion sichere ihre Zukunft.

Nun, da das Werk in Saarlouis weitgehend stillgelegt ist, ist Köln an der Reihe. Letzte Woche hatte Ford bereits Kurzarbeit bis zum Jahresende eingeführt, nun sollen bis 2027 allein in Köln 2900 Arbeitsplätze wegfallen. Das wäre jeder vierte der 11.500 Arbeitsplätze, die von einst 20.000 verblieben sind. Weitere 800 Arbeitsplätze sollen in England, 300 vor allem in Spanien vernichtet werden.

Ford-Geschäftsführer Marcus Wasserberg sagte, das Unternehmen müsse „schwierige, aber entschlossene Maßnahmen zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit“ in Europa umsetzen. Betriebsratschef Benjamin Gruschka wird die Verantwortung für diese „entschlossenen Maßnahmen“ übernehmen.

Seine Ankündigung „erbitterten Widerstands“ ist eine Farce. Er hatte in den letzten Jahren zusammen mit dem dortigen Betriebsratschef Markus Thal dafür gesorgt, dass das Werk in Saarlouis gegen den „erbitterten Widerstand“ der Belegschaft abgewickelt wurde. Von den einst 7000 Arbeitsplätzen im Werk und den 2000 im angrenzenden Zulieferpark werden, wenn überhaupt, maximal 1000 bis 2032 übrigbleiben.

Unter anderem haben IGM und Betriebsrat die Belegschaft in Saarlouis im sogenannten „Bieterwettbewerb“ gegen ihre Kollegen im spanischen Almussafes ausgespielt. Almussafes gewann den Wettbewerb, doch nun wird auch das dortige Werk in Raten stillgelegt. Von den 9300 Menschen, die dort vor dem Bieterwettbewerb beschäftigt waren, sind nur rund 3000 übriggeblieben. Nun sollen weitere 300 Stellen wegfallen. Die Gefahr, dass sich Ford vollständig aus Europa zurückzieht, ist größer als je zuvor.

Volkswagen

Volkswagen hat vor wenigen Wochen den Abbau von 30.000 Stellen und die Schließung dreier Werke angekündigt und eine Senkung der Löhne um bis zu 20 Prozent gefordert. Auch hier drohten IG Metall und Betriebsrat mit „heftigem Widerstand“ und organsierten Trillerpfeifen-Proteste, um die Belegschaften abzukühlen.

Am Mittwoch haben IG Metall und Betriebsrat ihren eigenen „Zukunftsplan“ vorgestellt. Sie bieten dem Vorstand an, die Löhne und Gehälter um 1,5 Milliarden Euro zu senken. Das ist fast so viel, wie dieser gefordert hat.

Die 120.000 VW-Beschäftigten sollen in den nächsten 25 Monaten keinen Cent zusätzlichen Lohn erhalten und auf die ihnen zustehenden Boni verzichten. Bei Absatzflauten sollen sie kürzer arbeiten, ohne dass das Einkommen noch weiter gesenkt wird. Denn die Differenz soll aus einem „Zukunftsfonds“ bezahlt werden, den die Arbeiter selbst finanzieren. Die IG Metall will nämlich eine nominelle Lohnerhöhung in Höhe des miserablen Tarifabschlusses der Metall- und Elektroindustrie vereinbaren, die aber nicht ausbezahlt wird, sondern in den Zukunftsfonds fließt.

Auch der Vorstand und das Management sollen durch einen teilweisen Verzicht auf ihre Boni und die Aktionäre über geringere Dividenden „ihren Beitrag“ leisten. Das ist ein durchsichtiges Manöver. VW-Chef Oliver Blume, der im letzten Jahr 10 Millionen Euro „verdiente“, und die Aktionäre, die Anfang des Jahres noch 4,5 Milliarden Euro Dividende kassierten, können das anders als normale Beschäftigte verschmerzen.

IGM und Betriebsrat werden nicht bei den Lohnsenkungen stehen bleiben. Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo hat Stellenstreichungen und Arbeitsplatzabbau ausdrücklich zugestimmt. „Es ist nicht so, dass wir uns Personalabbau oder Prozessänderungen verschließen“, sagte sie auf der Pressekonferenz. Der Betriebsrat werde auch „anerkennen, dass die eine oder andere Tätigkeit in Zukunft nicht bei Volkswagen direkt gemacht werden kann. Das ist nicht der Punkt.“

Der Punkt ist, dass Betriebsrat und IGM bereit sind, die Angriffe von VW gegen die Belegschaft durchzusetzen und jeden Widerstand dagegen zu ersticken. Die vielbeschworene „Sozialpartnerschaft“ ist in Wirklichkeit eine Verschwörung gegen die Belegschaft.

Die Beschäftigten von Ford, VW und anderen Konzernen können der Konfrontation mit der IG Metall nicht länger ausweichen, wenn sie der Abwicklung ihrer Arbeitsplätze nicht machtlos zusehen wollen. Es gibt für die Gewerkschafts-Apparatschiks keine rote Linie. Sie werden jeden Angriff durchführen, den die Konzerne verlangen.

In Saarlouis haben sie die Beschäftigten über Abfindungen, Frühverrentung, Transfergesellschaften usw. mit einem Almosen abgespeist. Nun sind die Arbeitsplätze weg und die folgenden Generationen haben keine Zukunft.

Das Ford-Aktionskomitee, das auf Initiative der WSWS gebildete wurde, hat sich der Verschwörung von Betriebsrat, Gewerkschaft und Konzernspitze von Anfang an entgegengestellt. Es hat darauf bestanden, dass eine neue politische Orientierung notwendig ist, um sich der Erpressung durch Management und Betriebsrat zu widersetzen; eine Perspektive, die von den gemeinsamen Interessen aller Arbeiter ausgeht und sich der Logik des kapitalistischen Profitsystems widersetzt, das die Gewerkschaftsfunktionäre mit Zähnen und Klauen verteidigen.

Diese lassen sich nicht von unten zu einem Kurswechsel „drängen“, wie dies einige pseudolinke Organisationen behaupten. Sie reagieren auf jeden Druck von unten mit Repression. Denn sie kassieren sechsstelligen Gehälter dafür, dass sie den „Betriebsfrieden“ sicherstellen. Das Ziel muss sein, die Bürokratie aus den Betrieben zu werfen, nicht sie zu reformieren.

Das gleiche gilt für kapitalistische Gesellschaft als Ganze. Sie stürzt die Welt in eine Katastrophe und muss durch eine sozialistische Gesellschaft ersetzt werden, in der die Bedürfnisse aller, und nicht die Profite der Oligarchen, Vorrang haben. Der Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees und der Kampf gegen Arbeitsplatzabbau müssen mit dem Aufbau einer sozialistischen Bewegung einhergehen, die für die Enteignung der Konzerne und großen Vermögen kämpft und sich der Kriegsgefahr entgegenstellt.

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