Mit Hilfe der IG Metall setzen Konzerne derzeit längst geplante Massenentlassungen und Standortschließungen durch. In Hessen betrifft dies neben VW Baunatal und Opel/Stellantis in besonderem Maße die Autozulieferer Schaeffler und Continental. Grünes Licht hat ihnen der jüngste Abschluss der IG Metall in der Metall- und Elektroindustrie signalisiert, der zwei Jahre Friedenspflicht garantiert.
Continental will seine Standorte in Schwalbach am Taunus und in Wetzlar bis Ende 2025 schließen. Ein Teil der dort Beschäftigten soll nach Frankfurt oder Babenhausen wechseln, wobei auch am Frankfurter Standort 630 Arbeitsplätze zerstört werden. Auch in Babenhausen sollen 110 Stellen wegfallen. Insgesamt streicht Continental in der Region erneut 1200 von noch 8000 Stellen, und 1100 Mitarbeiter sollen zum Umzug gezwungen werden. Weltweit will Continental 7150 Stellen streichen, um die Personalkosten jährlich um 400 Millionen Euro zu reduzieren.
Auch der Schaeffler-Konzern, ein wichtiger Hersteller von Antriebstechnik, hat in Schwalbach am Taunus den Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt. Erst im Oktober 2024 übernahm Schaeffler die Vitesco Technologies Group AG, den von Continental abgespaltenen Autozulieferer. Nur drei Wochen später hat Schaeffler den Abbau von 139 Stellen bei Vitesco in Schwalbach angekündigt. Europaweit will der Konzern 3700 Arbeitsplätze abbauen, 2800 davon in Deutschland. Das Unternehmen, das weltweit 120.000 Mitarbeiter beschäftigt, will „die Synergien nutzen“ und fünf Jahre lang „das Einsparpotential auf 290 Millionen Euro pro Jahr anheben“ – sprich: Beschäftigte entlassen.
Die Wut und Kampfbereitschaft unter den betroffenen Belegschaften sind groß. Ein schwacher Widerschein davon zeigt sich gelegentlich in der Lokalpresse. „Alle unsere Zukunftspläne sind auf den Kopf gestellt“, sagt zum Beispiel ein junger Wetzlarer Conti-Arbeiter der Hessenschau. „Wir haben erst letztes Jahr geheiratet, haben jetzt ein Kind und wollten uns ein Haus bauen. Das alles ist jetzt in der Schwebe.“
Einen „Schlag ins Gesicht“ nannte es ein anderer. „Traurig, dass das hier zu Ende geht“, sagte ein Angestellter. Die Beschäftigten in Verwaltung, Forschung und Entwicklung sind besonders stark betroffen.
An den Protesten und Warnstreiks der letzten Wochen und Monaten haben die Belegschaften sich praktisch geschlossen beteiligt. An ihrem Kampfeswillen kann es gar keinen Zweifel geben. Allerdings weigert sich die IG Metall, den notwendigen Kampf zu führen. Das hat sie zuletzt mit ihrem Tarifabschluss deutlich gemacht: Mindestens bis zu den vorgezogenen Neuwahlen wird die IG Metall versuchen, jeden Arbeitskampf zu verhindern.
Zudem sitzt die IGM-Vorsitzende Christiane Brenner, die hinter dem Vertrag steht, seit Jahren als stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat von Continental. Allein dafür kassiert sie jährlich mehr als eine Viertelmillion (270.000 Euro). Schon vor dreieinhalb Jahren, als Continental über 10.000 Arbeitsplätze zerstörte und beispielsweise ihr großes Aachener Werk plattmachte, ließ die IG Metall jeglichen Widerstand ins Leere laufen.
Viele erinnern sich noch an die Auseinandersetzung bei Continental in Karben und anderen hessischen Zweigstellen. Jede musste für sich alleine kämpfen. Zu keinem Zeitpunkt organisierte die IG Metall einen ernsthaften Arbeitskampf an allen Standorten. Stattdessen besiegelte sie an einem Standort nach dem anderen die Schließung. Auch Karben wird im nächsten Jahr endgültig abgewickelt.
Daraus müssen Arbeiter die Schlussfolgerung ziehen: Sie benötigen ihre eigenen, unabhängigen Aktionskomitees, um die Spaltung in Standorte, Konzerne und Branchen zu überwinden und alle Beschäftigten, egal ob Stamm- oder Leiharbeiter, zusammenzuschließen. Das Ziel muss letztlich darin bestehen, die Kontrolle über derart wichtige, globale Produktionsbetriebe selbst zu übernehmen, sie in den Dienst der Gesellschaft zu stellen und ihre heutigen Eigentümer zu enteignen.
Diese Eigentümer und ihre Manager führen einen rücksichtslosen Klassenkampf. Die Sozialpartnerschaft hat sich in eine Einwegstraße verwandelt: Die Gewerkschaft sorgt über ihre Netzwerke im Betrieb dafür, jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Die Angriffe auf Arbeitsplätze und Löhne sind Teil einer globalen kapitalistischen Offensive in einer neuen Welle von Handelskrieg und Krieg.
Die Wirtschaftskapitäne und Aktionäre gehören einer Schicht von Superreichen an. Das trifft vor allem auf Maria-Elisabeth Schaeffler und ihren Sohn Georg Schaeffler zu, die mit einem Vermögen von über 7,7 Milliarden Euro auf der Liste der 500 reichsten Deutschen an 27. Stelle stehen. Die Schaeffler-Familie ist auch Hauptaktionärin der Continental AG und hat zuletzt dessen abgespaltene Automotive-Sparte Vitesco aufgekauft.
Den Vorständen beider Konzerne wurden Boni in Millionenhöhe ausgezahlt, und im Juli haben die Continental-Aktionäre beschlossen, rund 440 Millionen Euro als Dividenden auszugeben. Allein 46 Prozent dieser Summe – mehr als 200 Millionen Euro – landen erneut auf dem Konto der Schaeffler-Familie.
Sowohl Continental wie Schaeffler verdanken die Ursprünge ihres Vermögens Verbrechen in der Zeit des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs. Hier zur Erinnerung einige historische Fakten:
- Bei Continental wurden sofort nach Hitlers Machtübernahme 1933 sämtliche Führungskräfte zum Eintritt in die NSDAP verpflichtet. Vorstand, Aufsichtsrat und Betriebsrat wurden von jüdischen Mitgliedern und Regimegegnern gesäubert. Der Konzern bezeichnete sich als „christliches und rein deutsches Unternehmen“.
- Der Krieg brachte einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung, da die Produktion – Flugzeugreifen, Treibstofftanks und verschiedenste Truppenausstattung – ganz auf die Bedürfnisse der Wehrmacht ausgerichtet wurde. Continental war „kriegswichtiger Betrieb“ und „Nationalsozialistischer Musterbetrieb“.
- Besonders profitabel war die Ausbeutung von zehntausenden Zwangsarbeitern, zu denen sowohl Kriegsgefangene, „Zivilarbeiter aus besetzten Gebieten“ als auch KZ-Häftlinge gehörten. Continental schreckte nicht einmal davor zurück, Gummisohlen von Häftlingen des KZs Sachsenhausen auf Verschleiß testen zu lassen, was bedeutete, dass diese Menschen auf der „Schuhprüfstrecke“ zu Tode gehetzt wurden.
Auch der Ursprung des Schaeffler-Vermögens geht auf die Nazi-Zeit zurück. Die Firma, die offiziell 1940 in Herzogenaurach aus der Taufe gehoben wurde, hatte in Wirklichkeit einen jüdischen Vorgänger: die „Davistan Krimmer-, Plüsch- und Teppichfabriken AG“ der Familie Frank, die in den 1930er Jahren aus Deutschland fliehen musste. Auch dieser Betrieb, der rasch in „Wilhelm Schaeffler AG“ umgetauft wurde, produzierte im Krieg Rüstungsgüter für die Wehrmacht und profitierte von der Nähe seiner Eigentümer, den direkten Vorfahren der heutigen Besitzer, zum NS-Regime.
Auch heute ist der Kampf zur Verteidigung von Arbeitsplätzen und Löhnen wieder untrennbar mit dem Kampf gegen Krieg und militärische Aufrüstung verbunden. Er muss international und auf einer sozialistischen Grundlage geführt werden. In diesem Kampf steht die IG Metall auf der anderen Seite. Deshalb rufen wir alle Continental- und Schaeffler-Beschäftigten auf: Beteiligt euch an der Gründung von Aktionskomitees!
Meldet euch per Whatsapp-Nachricht unter +491633378340 oder füllt das Formular aus.