Audi streicht 7500 Stellen

Letzte Woche kündigte Audi den Abbau von 7500 Arbeitsplätzen und ein mittelfristiges Sparprogramm von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr an. Die IG Metall spricht von einem „Erfolg“ der so genannten „Zukunftsvereinbarung“ und arbeitet bereits an der konkreten Umsetzung der Sparvorgaben.

Die Stellen sollen bis 2029 am Hauptsitz Ingolstadt und in Neckarsulm in Verwaltung, Vertrieb und Entwicklung wegfallen.

Arbeiter von Audi protestieren am 16. September 2024 in der Innenstadt von Brüssel gegen die Schließung des belgischen Werks [AP Photo/Sylvain Plazy]

Die deutschlandweit 55.000 Beschäftigten der Volkswagen-Tochter sorgen sich um die Zukunft ihrer Familien. Ein Audi-Arbeiter im Werk Neckarsulm sagte dem Südwest Rundfunk, heute sei „kein Freudentag“, nachdem er vom Sparpaket und Arbeitsplatzabbau erfahren hatte.

Audi-Gesamtbetriebsratschef Jörg Schlagbauer, der sich keinerlei Sorgen um seine Zukunft machen muss, sieht das anders. Die Vernichtung von 7500 Arbeitsplätzen sei vertretbar, sagte er gegenüber der Wirtschaftswoche. Er sprach gar von einem Erfolg für die IG Metall, da die Geschäftsführung ursprünglich den Abbau von 12.000 Arbeitsplätzen vorgeschlagen hatte.

Monatelang hatten die IG Metall und ihr Betriebsrat hinter verschlossenen Türen mit dem Audi-Management den jetzt angekündigten Plan ausgearbeitet. Ähnlich wie bei VW, wo die IG Metall den Abbau von 35.000 Stellen und Lohnsenkungen vereinbart hat, werden auch bei Audi neben dem Stellenabbau die Löhne gekürzt. IGM und Management gaben an, dass die Erfolgsbeteiligung für die Beschäftigten gesenkt werde. Im Jahr 2024 erhielt jeder Beschäftigte 8.840 Euro, die nun auf 5.310 Euro reduziert werden. Dies dürfte der Beginn einer Reihe von Angriffen auf die Belegschaft in der Zukunft sein.

Denn angesichts eines sich verschärfenden Konkurrenzkampfs soll die Gewinnmarge, die zuletzt deutlich unter fünf Prozent lag, nach Abschluss der jetzigen „Zukunftsvereinbarung“ spätestens 2029 wieder zweistellig sein. Welche dazu notwendigen weiteren Hiobsbotschaften außer dem jetzigen Stellenabbau und der Kürzung der Gewinnbeteiligung auf die Beschäftigten warten, ist noch geheim.

Das Audi-Media-Center informiert, dass auf „Basis der Eckpunkte im nächsten Schritt die Maßnahmen und die Ausgestaltung in den Geschäftsbereichen detailliert und der konkrete Mix der Personalinstrumente festgelegt sowie anschließend konsequent umgesetzt“ werden.

Der Gewinn war im letzten Jahr um rund ein Drittel gesunken. Das lag aber insbesondere an den Kosten der Schließung des belgischen Audi-Werks. Dort stellte Audi trotz massiver Proteste der Belegschaft im Februar die Produktion ein und schloss das 1949 gegründete Werk, wodurch 3000 Arbeitsplätze und hunderte weitere in der Zulieferindustrie vernichtet wurden.

Zudem verkaufte die Audi-Gruppe, zu der auch noch die Tochtergesellschaften Bentley, Lamborghini und Ducati gehören, 2024 weniger Fahrzeuge als im Vorjahr. Die Verkaufszahlen der von 87.000 Beschäftigten an 21 Standorten in 12 Ländern produzierten Autos und Motorräder im Ober- und Luxussegment sanken teilweise stark, von über 1,9 Millionen auf unter 1,7 Millionen.

Marco Schubert, Vorstand für Vertrieb und Marketing von Audi, begründete den Rückgang mit dem Auslaufen einiger Modelle und stufte deshalb das Jahr 2024 als Übergangsjahr ein: „Wir haben starke Modelle im Anlauf, die allerdings erst sukzessive in den Märkten volumenwirksam werden.“

Die deutsche Automobilindustrie als Ganze sieht sich in China mit einer rasant wachsenden Konkurrenz der chinesischen Hersteller konfrontiert, die technologisch fortschrittliche und preiswerte Elektroautos auf einem der lukrativsten Märkte der Welt produzieren.

Das gilt auch für den Audi-Konzern, der im letzten Jahr knapp 650.000 Fahrzeuge in China auslieferte, rund 80.000 weniger als im Jahr zuvor. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Verbrenner-Fahrzeuge Von seinen Elektroautos verkaufte der Konzern im Jahr 2024 weltweit nur 164.000.

Auf dem amerikanischen Markt ist Audi – genauso wie Porsche – von den US-Strafzöllen vergleichsweise stärker betroffen als andere deutsche Hersteller. Beide produzieren derzeit nicht in den USA und beliefern den Markt ausschließlich mit Importen. Audi lieferte im vergangenen Jahr rund 57.000 Fahrzeuge aus Deutschland, 31.000 aus der Slowakei und fast 8.000 aus dem inzwischen geschlossenen Werk in Belgien in die USA.

Als Ergebnis dieser Entwicklungen ging der Umsatz von knapp 70 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf 64,5 Milliarden Euro in 2024 zurück. Da auch der Gewinn einbrach, sank die Rendite von 9 auf 6 Prozent. Der Aufruhr unter den Anlegern war enorm. Der jetzt verkündete Stellenabbau und das Sparprogramm sollen nun die Profitgier der Investoren stillen.

Finanzvorstand Jürgen Rittersberger versicherte, der Audi Konzern werde liefern. Das Geschäftsjahr 2025 werde mit einem Umsatz zwischen 67,5 und 72,5 Milliarden Euro das Ergebnis von 2024 übertreffen. Die operative Marge soll innerhalb eines Jahres wieder auf 7 bis 9 Prozent steigen. „Wir haben aber noch einen harten Weg vor uns“, mahnte Rittersberger. „Um unsere Renditeziele nachhaltig zu erreichen, treiben wir die Transformation des Unternehmens weiterhin konsequent voran.“

Das soll die so genannte „Zukunftsvereinbarung“ sicherstellen. Audi-Vorstandsvorsitzender Gernot Döllner erklärte bei der Bekanntgabe stolz: „Die Zukunftsvereinbarung ist die Basis, um die personelle Transformation weiter konsequent umzusetzen.“ In Zeiten des Umbruchs zögen „Unternehmensleitung und Betriebsrat an einem Strang“.

Der Terminus „Zukunftsvereinbarung“ oder „Zukunftsvertrag“ ist eine Betrugsmasche, die die IG Metall regelmäßig einsetzt, um Arbeitsplatzsicherheit vorzutäuschen und ihren Würgegriff über die Beschäftigten aufrechtzuerhalten. Unter diesem Deckmantel, der immer Revisionsklauseln und andere versteckte Maßnahmen einschließt, arbeitet die IG Metall mit der Geschäftsleitung zusammen, um verschiedene Methoden des Arbeitsplatzabbaus und Sparprogramme zu entwickeln und umzusetzen.

Im Dezember verherrlichte die IG Metall die „Zukunftsvereinbarung“ über den Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen und 20 Prozent Reallohnverlust bei der Konzernmutter Volkswagen als „Weihnachtswunder von Hannover“. Wochen später mussten die Beschäftigten feststellen, dass es sich in Wirklichkeit bei der Vereinbarung um einen Freibrief für die Geschäftsleitung für unbegrenzten Stellenabbau und Werksschließungen in der Zukunft handelte.

Anfang März sagte der Automobilexperte Constantin Gall von der Beratergesellschaft EY (Ernst & Young) in einer Pressemitteilung: „Die deutsche Automobilindustrie steckt in einer massiven und umfassenden Krise. Wir werden daher in diesem Jahr erleben, dass die Autohersteller massiv Kosten senken, um ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Dies wird unweigerlich zu einem erheblichen Abbau von Arbeitsplätzen führen.“

Bei der Umsetzung des Stellenabbaus und der Sparprogramme können sich die Autokonzerne voll und ganz auf die Gewerkschaften verlassen. Nach stets demselben Muster kündigen zuerst die Konzerne Job- und Sozialkahlschlag an, woraufhin die IGM-Betriebsräte lautstark mit Widerstand drohen, um anschließend genau das durchzusetzen, was die Konzerne anfangs verlangten – oder wie im Fall von VW sogar noch mehr.

Nach diesem Drehbuch verlief auch das jetzige Abkommen bei Audi. Noch während der Verhandlungen beschwor Jörg Schlagbauer, der als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats auch Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist, den angeblichen Kampfgeist der IG Metall.

Der „Liste der Grausamkeiten“, die der Konzern anfangs vorlegte, werde man entschlossen entgegentreten und sich auf „alle Eventualitäten“ vorbereiten, polterte er: „Wenn das Unternehmen hier nicht zeitnah einlenkt, gibt es Rambazamba, notfalls auch in der Friedenspflicht.“ Wenige Tage nach diesem betrügerischen Auftritt unterzeichnete Schlagbauer die jetzige Zukunftsvereinbarung und lobte, dass bis 2033 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen seien. Den Arbeitsplatzabbau werden Audi und die IG Metall auf anderen Wegen durchsetzen.

„Mit der Absenkung und der strukturellen Neuordnung der Gewinnbeteiligung leistet die Audi-Belegschaft einen wichtigen Beitrag, um die vier Ringe insgesamt wieder wetterfest und zukunftssicher zu machen“, behauptete Schlagbauer zusätzlich. „Die Audi-Belegschaft investiert über Jahre hinweg viele, viele Millionen Euro in die eigene Zukunft.“

Falsch. Die Belegschaft investiert in die Renditenerhöhung, das heißt, in die Taschen der Aktionäre.

Die Konzernspitze honoriert das. Um die Dominanz der IG Metall über die Beschäftigten zu sichern, hat sich die Audi-Geschäftsführung bereit erklärt, ab 2026 einen zusätzlichen Bonus für IG-Metall-Mitglieder zu zahlen. So versuchen Gewerkschaft und Arbeitgeber die Belegschaften zur Mitgliedschaft zu zwingen. Die IG Metall, mit aktuell nur noch knapp 2 Millionen Mitgliedern die größte Gewerkschaft, hat in den letzten 20 Jahren rund 280.000 Mitglieder verloren.

Zunehmend wenden sich Arbeiter von den DGB-Gewerkschaften ab. Kaum ein Arbeiter verteidigt vor den Werkstoren die IG Metall, wenn er sich unbeobachtet fühlt.

Viele kritisieren, dass die IG Metall in den Konzernen Arbeitsplatzabbau umsetzt und nun auch noch die Kriegspolitik der kommenden Bundesregierung unterstützt. Das wurde deutlich am „Aktionstag“ der IG Metall am 15. März. Was als „Weckruf für sichere Arbeit“ deklariert war, entpuppte sich als nationalistische Hetze führender Gewerkschafter zur Unterstützung des Kriegskurses.

Dieser Aktionstag hat die Gewerkschaftsbürokratie unmissverständlich als integralen Bestandteil des Staatsapparates und seiner Aufrüstungspolitik gezeigt. Die massive Aufrüstung und Vorbereitung auf Krieg werden den Angriff auf Arbeitsplätze und auf soziale Errungenschaften in nie dagewesener Weise verschärfen. Um die Arbeitsplätze zu verteidigen, müssen sich die Arbeiter daher auch gegen die Kriegspolitik stellen.

Die wachsende Opposition der Arbeiter gegen Arbeitsplatzabbau und Aufrüstung muss zum politischen Bruch mit den Gewerkschaftsapparaten führen. Notwendig sind unabhängige Aktionskomitees, in denen sich Beschäftigte über Standorte, Branchen und Ländergrenzen hinweg zusammenschließen, um wirklich gegen die Angriffe der Konzerne zu kämpfen. Wir rufen Arbeiter von Audi und allen anderen Herstellern und Zulieferern auf, dazu mit uns Kontakt aufzunehmen. Schreibt uns eine Whatsapp und registriert euch direkt über das untenstehende Formular.

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