Clarios-Arbeiter kehren zur Arbeit zurück, wütend über den Ausverkauf ihres Streiks durch die UAW

Mehr als 500 Clarios-Arbeiter in Holland (Ohio) kehrten am späten Sonntag und Montag zum ersten Mal seit dem Ende ihres 40-tägigen Streiks in der Autobatterie-Fabrik in der Region Toledo zur Arbeit zurück. Ihr mächtiger Streik wurde beendet, nachdem die UAW Ortsgruppe Local 12 und die UAW Zentrale einen mit Zugeständnissen gespickten Vertrag durchgesetzt hatten, den die Arbeiter zuvor bereits zweimal entschieden abgelehnt hatten.

Streikende Clarios-Arbeiter am ersten Streiktag, dem 8. Mai 2023

Clarios-Arbeiter, die mit der WSWS sprachen, beschrieben die Zustände, als sie am Montag zur Arbeit zurückkehrten. Ein Arbeiter, der sich ausführlich mit der WSWS unterhielt, erklärte: „Als wir zurückkamen, stand der Werksleiter am Tor, begrüßte uns, gab uns ein ‚High Five‘ und verteilte Kaffee und Donuts. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: dass das Unternehmen sich an uns rächt oder dass es Nettigkeit vorspielt, während es uns diesen miesen Vertrag aufdrückt. Viele von uns werden 12 Stunden am Tag arbeiten, ohne Überstundenzuschlag. Ich sage immer, wenn sie damit durchkämen, würden sie uns gar nichts bezahlen. Das Einzige, was sie interessiert, ist der Gewinn unterm Strich.“

Während des Streiks hatte Clarios Streikbrecher und Managementpersonal eingesetzt und die Produktion in andere Werke in den USA und Mexiko verlagert, um Aufträge für GM, Ford, Stellantis und andere Automobilhersteller zu bearbeiten. Obwohl dies unter Arbeitern an der Basis auf breiten Widerstand stieß, gab die UAW-Zentrale unter der Führung des neuen Präsidenten Shawn Fain den Autoherstellern grünes Licht für die Verwendung von Batterien, die durch Streikbruch hergestellt wurden.

Die Arbeiter von Clarios stellten sich mutig gegen den größten Autobatteriehersteller der Welt, doch ihr Kampf wurde von der UAW-Bürokratie sabotiert. Trotz ihrer Rhetorik über die „neue, demokratische UAW“ griff die Bürokratie unter Fain zu denselben schmutzigen Tricks wie ihre Vorgänger, um einen konzernfreundlichen Vertrag durchzusetzen. Dazu gehörte, dass die Arbeiter mit 500 Dollar Streikgeld pro Woche ausgehungert wurden, dass irreführende „Highlights“ anstelle des vollständigen Vertrags veröffentlicht wurden und dass die Arbeiter gezwungen wurden, dreimal über denselben Vertrag abzustimmen, bis er angenommen wurde.

In einer live übertragenen Veranstaltung am Freitag behauptete Fain fälschlicherweise, dass die Clarios-Arbeiter und andere UAW-Mitglieder bei Constellium und der University of Washington – deren Streiks ebenfalls von der UAW-Bürokratie niedergeschlagen wurden – „massive Lohnzugewinne“ erzielt hätten. Tatsächlich beinhaltet der neue Dreijahresvertrag bei Clarios eine unverschämte Lohnerhöhung von 3 Prozent pro Jahr und erlaubt dem Unternehmen die Einführung eines neuen 2-2-3-Schichtplans mit 12-Stunden-Arbeitstagen und ohne Überstundenzuschläge.

„Als wir am Montag um 6 Uhr morgens ins Werk kamen, war der Ort eine Katastrophe“, so der Clarios-Arbeiter weiter. „Dort, wo die Streikbrecher in der Lager- und Versandabteilung gearbeitet hatten, türmte sich der Müll, und niemand hatte aufgeräumt. Sie sagten, die Vorarbeiter hätten ‚ein bisschen aufgeräumt, wenn sie Zeit gehabt hätten‘.“

„Uns wurde gesagt, dass die Streikbrecher keinen Zugang zu unseren Arbeitsanzügen gehabt hätten. Das war eine Lüge. Sie sind eingebrochen und haben unsere Stiefel und unser Werkzeug gestohlen. Alle Streikbrecher sind verschwunden, mit Ausnahme der UAW-Mitglieder, die die Streikpostenkette übertreten haben. Sie haben immer noch alle ihre Betriebszugehörigkeit und UAW-Rechte und mussten keine Konsequenzen für das Übertreten der Streikpostenkette tragen. Das ist Schwachsinn, wenn ihr mich fragt.“

Der Arbeiter fuhr fort: „In meiner Jugend dachte ich, dass ein UAW-Job das Beste überhaupt sei, dass man eine Rente bekäme und bequem in Rente gehen könnte. Ich war stolz darauf, ein UAW-Arbeiter bei Johnson Controls zu sein [das das Werk in Holland (Ohio) betrieb, bevor Johnson Controls seine Batteriesparte 2015 ausgliederte]. Man hat hart gearbeitet, aber man wusste, dass man Teil von etwas Größerem war. Jetzt kann ich es nicht mehr ertragen, ein Clarios-Arbeiter zu sein, es gibt so viele Sorgen. Dieses Unternehmen lebt von unserem Blut, Schweiß und unseren Tränen und behandelt uns wie Sklaven.“

„Die Kollegen nehmen auch Wetten darüber ab, wie viele Arbeiter kündigen werden, nachdem sie ihre Zustimmungsprämien [zum Tarifvertrag] erhalten haben. Das Unternehmen will die besser bezahlten Arbeiter loswerden und uns durch schlecht bezahlte Arbeiter ersetzen. Früher haben wir ihnen jeden Tag 120-150 Prozent Arbeitseinsatz gegeben. Jetzt haben sie Glück, wenn sie 80 Prozent von uns bekommen. Wir sind keine Roboter, wir sind Menschen mit Rechnungen und Familien.“

„Sie haben bereits die Batterien für den Ersatzteilmarkt von Ford verloren und könnten auch die Batterien für die Erstausrüstung verlieren. GM baut auch seine eigenen Batterien. Wenn etwas passiert und Clarios versucht, dieses Werk zu schließen, würde niemand das Gelände übernehmen, weil es so stark mit Blei und anderen giftigen Chemikalien verseucht ist. Wenn das schon im Boden passiert, kann man sich dann vorstellen, was in unseren Körpern vor sich geht?“

Mit Blick auf die Folgen für die Gesundheit und das Leben der Arbeiter erklärte er: „In den mehr als zehn Jahren, die ich hier arbeite, habe ich so viele Menschen sterben sehen. Meistens kurz nach oder kurz bevor sie in Rente gehen. Wir arbeiten mit Blei, Säure, Asbest und anderen tödlichen Chemikalien, 12 Stunden am Tag. Aber laut dem Unternehmen dürfen wir keinen angemessenen Lebensunterhalt verdienen, obwohl uns diese Arbeit buchstäblich umbringt.“

„Ich zolle meinen Kolleginnen und Kollegen bei Ford, Jeep und in den anderen Werken Respekt. Sie sind genauso fleißig wie wir, aber sie haben noch nie in einer Batteriefabrik gearbeitet. Wir tragen PPE-Atemschutzmasken, duschen und ziehen uns jeden Tag nach der Arbeit um, weil wir Blei mit nach Hause bringen und unsere Familien gefährden könnten. Wir haben keine Klimaanlagen. Wir arbeiten unter furchtbaren Bedingungen und werden dafür nicht bezahlt.“

„Alle UAW-Mitglieder sollten sofort streiken“

Der Arbeiter sprach sich für einen gemeinsamen Kampf aller Automobilarbeiter in den USA und der Arbeiter auf internationaler Ebene aus. „Die Arbeiter der ‚Big Three‘-Autohersteller bereiten sich auf einen Streik im Sommer vor. Wir werden ihnen den Rücken freihalten. Eigentlich sollten alle UAW-Mitglieder sofort in den Streik treten. Die geldgierigen Konzerne sind die Wurzel allen Übels. In einem System, in dem es nur um den Profit geht, werden die Arbeiter niemals menschlich behandelt werden. Arbeiter auf der ganzen Welt sollten die Arbeit niederlegen. Was würden die Unternehmen ohne uns tun? Ehrlich gesagt, sollte es verboten sein, Milliardär zu sein. Sie sollten nur einen bestimmten Betrag verdienen dürfen und der Rest sollte an die Arbeiter gehen. Clarios hat im letzten Jahr 9 Milliarden Dollar Umsatz gemacht und behauptet, dass sie ihren Mitarbeitern auf der ganzen Welt keinen angemessenen Lohn zahlen können.“

Der Arbeiter ging dann auf die verräterische Rolle der UAW-Bürokratie während des Clarios-Streiks ein. „Wenn jemand hier säße und behauptete, die UAW unterstütze ihre Mitglieder, dann hätte er erleben sollen, was wir in diesem Streik geleistet haben. Ich war sehr stolz auf meine Clarios-Kolleginnen und Kollegen, die sich dem Unternehmen entgegenstellten. Aber die UAW-Zentrale hat uns vor die Wölfe geworfen. Ich habe ein Problem damit, dass der neue Präsident Shawn Fain und die UAW-Funktionäre den Großen Drei gesagt haben, sie könnten in unserem Werk von Streikbrechern hergestellte Batterien verwenden. Diese Funktionäre müssen in ihre Schranken verwiesen werden. Wir können nicht zulassen, dass die UAW-Funktionäre die GM-, Ford- und Stellantis-Arbeiter vor die Wölfe werfen, wie sie es mit uns getan haben. Die Arbeiter müssen darauf vorbereitet sein und dafür sorgen, dass so etwas nicht passiert.“

„Ich möchte den Arbeitern der Big Three, die im September vor ihrem eigenen Tarifvertragskampf stehen, einige Ratschläge geben. Ich würde ihnen raten, kein Wort zu glauben, das aus dem Mund der UAW-Funktionäre kommt. Sie haben uns gezwungen, eine Lohnerhöhung von 3 Prozent zu akzeptieren, was nach all den Lohnkürzungen, die wir hinnehmen mussten, ein Schlag ins Gesicht war.“

„Die Gewerkschaft brüstete sich damit, dass sie die Zeit zwischen dem Erreichen höherer Lohnstufen von sieben auf vier Jahre verkürzt hat. Aber die Arbeiter sollten in zwei Jahren oder weniger den höchsten Lohn bekommen. Ich habe vor mehr als 10 Jahren mit 15-16 Dollar pro Stunde angefangen. Jetzt fangen sie bei 13 Dollar an. Was kommt als Nächstes – 11 Dollar pro Stunde? McDonald’s zahlt 16 Dollar. Warum sollte man hier seine Gesundheit und seinen Körper aufs Spiel setzen?“

„Sie haben uns denselben Vertrag dreimal vorgelegt, bis er angenommen wurde. Alles, was sie taten, war, eine kleine Formulierung zu ändern. Jetzt sind wir für drei Jahre an diesen Vertrag gebunden. Sie sagen uns, wir könnten den Vertrag nicht brechen, obwohl sie ihn ständig brechen. Genau das haben sie getan, als sie uns zweimal den Lohn gekürzt haben, indem sie die Quoten erhöht haben, die wir erreichen müssen, um eine Erhöhung unseres Stundenlohns zu erhalten. Einige von uns hatten mal 35 Dollar pro Stunde verdient und sie haben uns auf 24 Dollar gekürzt, dann auf 18,06 Dollar pro Stunde. Aber die Gewerkschaft sagte, wir könnten nicht streiken, selbst wenn die Arbeiter bis zu 15 Dollar pro Stunde verlieren würden.“

„Während der Informationsveranstaltungen sagten die UAW-Vertreter, dass Clarios im Falle einer erneuten Ablehnung den Betrieb für 30 Tage schließen, uns alle entlassen und dann jeden wieder einstellen würde, der zur Arbeit käme. Die Arbeiter dürfen sich von denen keine Pistole an den Kopf halten lassen. Wenn die UAW-Vertreter eure Arbeitsplätze bedrohen, dürft ihr nicht darauf hereinfallen. Steht auf und kämpft gegen die Unternehmen und die Gewerkschaft.“

„In den mehr als 10 Jahren, in denen ich für Johnson Controls und Clarios gearbeitet habe, habe ich nie erlebt, dass die Gewerkschaft auch nur das Geringste zum Schutz der Arbeiter getan hätte. Man wendet sich an die Gewerkschaft, weil man denkt, sie könne einem helfen, und bekommt nur zu hören: ‚Nein, ich kann Ihnen nicht helfen.‘ Die Gewerkschaft besteht aus Ja-Sagern für die Unternehmen.“

„Mein Rat an die Autoarbeiter: Schließt euch außerhalb der UAW zusammen. Redet miteinander und organisiert euch. Lasst euch nicht von den UAW-Funktionären herumschubsen. Tut euch selbst zusammen und verlasst euch nicht auf die Vertrauensleute, den Betriebsratsvorsitzenden oder andere UAW-Funktionäre.“

„Wenn ihr euch gegen eure eigene Gewerkschaft stellen müsst, dann müsst ihr das tun. Während des Streiks haben Arbeiter ein Aktionskomitee gebildet, das für unsere Forderungen kämpfte. Wir müssen in allen Betrieben solche Aktionskomitees bilden, damit wir uns selbst vertreten und für uns kämpfen können.“

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