Rechtsradikale Corona-Leugner versenden Drohbriefe an Berliner Schulen

Insgesamt 34 Berliner Schulen in neun Bezirken der Stadt erhielten in den vergangenen Tagen Drohbriefe von Corona-Leugnern. In den Briefen, die offenkundig aus dem rechtsextremen Milieu stammen, wird Lehrkräften Gewalt angedroht, sollten sie im Herbst Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie an Schulen umsetzen.

In den Briefen werden Lehrkräfte als „Corona-Nazis“ beschimpft, und es wird u.a. damit gedroht, ihnen „die Nase zu brechen“ oder sie „aufzuschlitzen“, wie die Bildungsverwaltung des Senats aus den Briefen zitierte.

Seit 27. September sind diesbezüglich 43 Strafanzeigen bei der Polizei eingegangen, auch die Bildungsverwaltung erstattete eine Anzeige gegen Unbekannt. Mittlerweile hat auch der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen.

Die Regierungsparteien in der Hauptstadt beeilten sich, die Drohbriefe zu verurteilen. „Es ist absolut inakzeptabel, dass unseren Berliner Lehrerinnen und Lehrern Gewalt angedroht wird,“ erklärte Staatssekretär Alexander Slotty (SPD). „Solchen Einschüchterungsversuchen müssen wir uns alle solidarisch entgegenstellen“, heißt es in einer Erklärung von Marcel Hopp (SPD), Marianne Burkert-Eulitz und Louis Krüger (beide Grüne), sowie Franziska Brychcy von der Linkspartei.

Die Drohbriefe sind abstoßend und kriminell. Die Verfasser aus dem Lager der Corona-Leugner und Impfgegner stehen in der Regel rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen nahe, und die Androhung von Gewalt muss ernst genommen werden. Bereits seit längerer Zeit geraten Lehrer und Beschäftigte von Kitas in den Fokus dieser Kreise.

Schon im Januar dieses Jahres berichteten Berliner Schulen aus den Bezirken Lichtenberg und Treptow-Köpenick von Schreiben, deren Absender offenbar Bezüge zur sogenannten „Reichsbürger“-Szene hatten. Es ist dabei bezeichnend, dass die Senatsverwaltung weitere Informationen zu den Schreiben und deren konkreten Umfang auch auf Nachfrage nicht näher erläuterte.

Dabei gibt es seit längerem eine Welle von massiven Drohschreiben per Brief oder E-Mail an Schulen. Eine repräsentative Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE unter Lehrkräften ergab, dass 22 Prozent von ihnen bereits Beleidigungen oder Bedrohungen in Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen ausgesetzt waren. 25 Prozent berichteten von Anfeindungen und Drohungen in Chats oder per E-Mail.

Obwohl es in Berlin immer wieder Berichte von Anfeindungen gegen Lehrkräfte gab, wurden diese Vorfälle gezielt heruntergespielt. Dabei spielte vor allem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine zentrale Rolle. So erklärte die GEW Anfang des Jahres lapidar, sie sehe das Thema der rechtsextremen Drohungen nicht als flächendeckendes Problem in Berlin.

Das von offizieller Seite derart leichtfertig mit Drohungen der rechten Szene umgegangen wird, ist kein Versehen. Zum einen sitzen die rechtsextremen Strukturen selbst tief im Staatsapparat. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz mindestens einhundert Agenten beschäftigt, die mit jeweils bis zu fünf oder sechs Identitäten rechtsextreme Hetze im Netz betreiben und Straftaten begehen.

Zum anderen haben die Regierungsparteien auf Bundes- und Länderebene in der Pandemie selbst de facto das Programm der extremen Rechten übernommen und alle Schutzmaßnahmen aufgehoben. Damit haben sie jene Kräfte gestärkt und ermutigt, die nun in Drohbriefen Lehrkräfte mit dem Tod drohen.

Mit den Änderungen im Infektionsschutzgesetz im August wurden faktisch die letzten Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie beseitigt und der Durchseuchung an den Schulen Tür und Tor geöffnet.

Die Folgen sind schon jetzt, zu Beginn der Herbstwelle, deutlich zu sehen. Vor kurzem meldete das Robert Koch-Institut (RKI) offiziell den 150.000sten Corona-Toten in Deutschland. Doch die Regierungen in Bund und Ländern sind entschlossen, die Profite-vor-Leben-Politik unbeirrt fortzusetzen.

Die Bildungsminister verständigten sich jüngst bei ihren Beratungen in der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin darauf, dass es keine Schulschließungen mehr geben wird. Die KMK-Präsidentin und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) betonte, wie in allen anderen Lebensbereichen gelte jetzt auch an den Schulen die Devise „Leben mit dem Virus“. Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) erklärte ebenfalls ausdrücklich, man müsse dafür sorgen, „dass die Schulen nie wieder geschlossen werden“.

Angesichts der bekannten Gefahren der sich anbahnenden Infektionswelle, spielen die Regierungen bewusst mit dem Leben und der Gesundheit von etwa 11 Millionen Schülern. Hinzu kommt die wachsende Gefahr für Lehrkräfte. Aus einer aktuellen Studie der Krankenkasse AOK geht hervor, dass Berufe der Kinderbetreuung und -erziehung mit 28.315 Erkrankten je 100.000 Teilnehmern am häufigsten von einer Covid-19-Infektion betroffen sind. Hier sind auch die Fälle von Long-Covid am höchsten.

Der rot-rot-grüne Senat in Berlin ist ein besonders aggressiver Verfechter der Durchseuchungspolitik. Auch an den Berliner Schulen gibt es nicht einmal mehr eine Masken- oder Testpflicht. Laut Bildungsverwaltung werden diese Maßnahmen nur möglicherweise dann wieder aufgenommen, „wenn dies zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastruktur erforderlich ist“. Eine Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4 ist dabei generell ausgeschlossen.

Zum Fehlen jeglicher Schutzmaßnahmen kommt die marode Infrastruktur der Schulen, die durch den aktuellen Sparkurs der Landesregierung noch verschlimmert wird. An einer Vielzahl von Schulen ist es nicht möglich, zu lüften oder sich die Hände zu waschen. Auch Luftfilter in den Klassenräumen sind so gut wie nicht vorhanden.

Dabei nehmen, wie bereits seit Langem prognostiziert, die Infektionszahlen rasant zu. Das RKI gab am Dienstag die 7-Tage-Inzidenz mit 787,5 an. Am vergangenen Freitag lag sie noch bei 577,5. Dabei sind sich alle Experten einig, dass – infolge der Abschaffung von Testmöglichkeiten – die Angaben bestenfalls Schätzungen der tatsächlichen Infektionszahlen zulassen. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

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