Gestern fand in Bloomington (Illinois) eine Trauerfeier statt. Steven Dierkes, ein 39-jähriger Arbeiter, der am 2. Juni bei einem schrecklichen Arbeitsunfall in der Caterpillar-Gießerei in Mapleton ums Leben kam, wurde zur letzten Ruhe gebettet.
Dierkes arbeitete im Hauptschmelzbereich, als er entweder ausglitt oder durch den Fußboden in einen Schmelztiegel stürzte, der geschmolzene Metalle mit einer Temperatur von mehr als 1.400 Grad Celsius enthielt. Der junge Arbeiter starb augenblicklich an „völliger Verbrennung“, berichtete Jamie Harwood, der Gerichtsmediziner von Peoria County. Er fügte hinzu, dass sein Team mehrere Stunden benötigte, um „die Metallfragmente voneinander zu trennen und seine Überreste zu bergen“, nachdem die glühenden Metalle abgekühlt waren.
Dierkes hatte erst wenige Tage zuvor seine Arbeit bei Caterpillar aufgenommen. Ein Nachruf beschreibt ihn als „hart arbeitenden Teddybär mit schwieligen Händen und einem zarten Herzen“, der „seine beste Freundin und Lebensgefährtin Jessica Sutter und die Töchter Rilie Myrl (12), Remie Jo (5) und Tamzlinn Jean (TJ, 4) hinterlässt“.
Die Tragödie wird bei seiner Familie und seinen Kollegen eine lebenslange Narbe hinterlassen. Die Geschäftsleitung von Caterpillar gab eine oberflächliche Erklärung ab, wonach sie „zutiefst betrübt über den Tod eines Mitarbeiters“ sei, bevor sie die Produktion von Motorblöcken in der Gießerei wieder aufnehmen ließ.
Der Tod von Dierkes erinnert an die Bedingungen, mit denen Arbeiter vor anderthalb Jahrhunderten in den Stahlwerken von Carnegie in Pittsburgh konfrontiert waren. In den 1880er Jahren war die Einäscherung von Stahlarbeitern ein derart häufiges Vorkommnis, dass die Unternehmen in diesen Fällen einen „Todesbarren“ aus den Kesseln gossen, in die sie fielen. Er entsprach dem Gewicht des Mannes, damit die Hinterbliebenen etwas zum Beisetzen hatten.
Auch wenn noch mehr Informationen ans Licht kommen müssen, ist eines sicher: Der „Unfall“ war völlig vermeidbar, und Steven Dierkes hätte nicht sterben müssen. Er ist ein weiterer Arbeiter, der auf dem Altar des Profits geopfert wird.
Es war innerhalb von sechs Monaten bereits der zweite Todesfall in der Mapleton-Gießerei. Im Dezember 2021 stürzte der 50-jährige Elektroinstallateur Scott Adams durch ein Loch im Boden, das Berichten zufolge nicht ordnungsgemäß abgedeckt war, in den Tod.
Caterpillar ist wiederholt von der US-amerikanischen Arbeitssicherheitsbehörde OSHA wegen schwerwiegender Sicherheitsverstöße in der Mapleton-Gießerei verwarnt worden. Obwohl die Verstöße zu Fingeramputationen, Knochenbrüchen und anderen schwerwiegenden Verletzungen führten, verhängte die OSHA in den letzten fünf Jahren nur einige wenige Bußgelder in Höhe von insgesamt weniger als 70.000 Dollar aufgrund von Handgelenksverletzungen. Das ist weniger als die tägliche Vergütung von CEO James Umpleby III, der im Jahr 2021 24,3 Millionen Dollar erhielt. Allein im ersten Quartal 2022 schüttete Caterpillar 1,4 Milliarden Dollar für Aktienrückkäufe und Dividenden aus.
In Beiträgen in sozialen Medien und Zuschriften an die World Socialist Web Site beschrieben Caterpillar-Arbeiter die Bedingungen, die zum Tod von Dierkes führten. „Sicherheit hat keine Priorität, nur der Profit“, schreibt etwa ein CAT-Mitarbeiter. Ein anderer sagt: „Ich habe diesen Job vier oder fünf Jahre hintereinander gemacht, an dem Schmelzer, in den er gefallen ist. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich daran gedacht habe, wie schrecklich es wäre, zu stolpern und hineinzufallen. Diese Schmelzöfen fassen 110.000 Pfund Eisen. Was für eine schreckliche Art fortzugehen.“ Dierkes war „erst seit 5 Tagen dort“, schrieb ein anderer Arbeiter und fügte hinzu, dass er ohne ausreichende Ausbildung niemals auf dem Eisenboden hätte arbeiten dürfen.
Ein ehemaliger Wachmann des Werks in East Peoria wies das Mantra des Unternehmens, dass „niemand auf dem Gelände von Caterpillar stirbt“, mit Verachtung zurück. Er sagte, er sei Zeuge geworden, wie angestellte Feuerwehrleute den leblosen Körper eines von einer Hydraulikpresse getöteten Arbeiters so lange wiederbelebten – bis er vom Gelände gebracht wurde. „Das ist gängige Praxis des Unternehmens, um Verantwortung von sich zu weisen und zu behaupten, der Tod sei nicht auf dem Grundstück eingetreten.“
Dierkes war nur einer von tausenden Arbeitern, die jedes Jahr in Amerikas Industrie-Schlachthaus getötet und versehrt werden. Über die meisten Todesfälle wird in den Lokalnachrichten nicht berichtet, geschweige denn in nationalen Medien.
Allein in den letzten Tagen wurden auf der Facebook-Seite United Support and Memorial Workplace Fatalities folgende Todesopfer aufgelistet:
- Der 36-jährige Bauarbeiter Ronald L. Bryant Jr. wurde am Mittwoch in Hamilton (Ohio) in der Nähe von Cincinnati von einem Baufahrzeug erfasst und getötet.
- Zwei nicht identifizierte Arbeiter des Kraftwerks von Big Rivers Electric Corporation in Henderson County (Kentucky) starben am Dienstag nach einem Sturz in ein abgeriegeltes Abflusssystem.
- Reaver Boone Vaughn (61) starb am 8. Juni in der Aluminiumproduktionsanlage von Granges America in Salisbury, North Carolina, bei einem Unfall mit einem Gabelstapler.
Und so weiter und so fort...
Nach Angaben des US Bureau of Labor Statistics gab es im Jahr 2020, den letzten verfügbaren Zahlen, 4.764 tödliche Arbeitsunfälle. Weitere 50.000 Todesfälle und 119.000 Erkrankungen treten laut OSHA jedes Jahr aufgrund von Krebs und anderen tödlichen Krankheiten im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Chemikalien am Arbeitsplatz auf.
Die US-Regierung rühmt sich, dass die Zahl der tödlichen Unfälle am Arbeitsplatz im Jahr 2020 um 10,7 Prozent gesunken ist, gegenüber 5.333 im Jahr 2019. Diese statistische Veränderung kann jedoch vollständig auf die starke wirtschaftliche Verlangsamung im ersten Jahr der Pandemie zurückgeführt werden, als Millionen Arbeiter zu Hause blieben.
In den Zahlen für 2020 und 2021 sind jene hunderttausende Arbeiter nicht enthalten, die völlig vermeidbarerweise an Covid gestorben sind, weil sie als „systemrelevant“ eingestuft wurden oder weil die vorübergehenden Lockdowns vorschnell beendet wurden. Nachdem die herrschende Klasse die Banken gerettet hatte, beeilte sie sich, die Autofabriken, Fleischverarbeitungsbetriebe, Ölraffinerien, öffentlichen Nahverkehrssysteme, Schulen und andere Arbeitsplätze wieder zu öffnen. Diese Arbeitsplätze wurden zu zentralen Ausbreitungsherden der tödlichen Krankheit. Mehr als eine Million Menschen starben in den Vereinigten Staaten.
Das ist der Kapitalismus. Der Tod von Dierkes und so vielen anderen ist ein schrecklicher Verlust für Angehörige, Familien, Kinder, Mitarbeiter und Freunde. Für das Profitsystem ist der Arbeiter eine Ware, die durch einen anderen ersetzt werden kann, um die gleiche Aufgabe zu erfüllen. Und die Mühlen des kapitalistischen Produktionssystems mahlen weiter...
Auch wenn er in Amerika eine besonders brutale Form annimmt, ist der Kapitalismus ein weltweites Ausbeutungssystem. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) sterben jedes Jahr weltweit etwa 2,3 Millionen Frauen und Männer durch Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten – das sind mehr als 6.000 Tote pro Tag.
Letzte Woche wurden mehr als 50 Arbeiter bei einer Explosion in einem Hafencontainerdepot in Bangladesch getötet. Das Land war auch Schauplatz einer Katastrophe im Jahr 2013, bei der 1.200 Arbeiterinnen und Arbeiter beim Einsturz eines Bekleidungsfabrikkomplexes außerhalb von Dhaka ums Leben kamen.
Staatliche Behörden oder die Gewerkschaften bieten Arbeitern keinen Schutz. Der Klassencharakter des Staates zeigt sich eindrücklich in seiner Haltung zu den Bedingungen am Arbeitsplatz. Geringfügige Bußgelder, die von den Unternehmen als reguläre „Geschäftskosten“ verbucht werden, sind unter Demokraten und Republikanern die Norm. Das Leben eines Arbeiters wird in Dollar und Cent bewertet und reicht nie aus, um das Endergebnis zu beeinflussen.
Die Gewerkschaften sind der letzte Ort, an den sich Arbeiter wenden würden, um ihre Beschwerden zu äußern, auch über Sicherheitsverstöße. Die Funktionäre aus der oberen Mittelschicht sind in eine ständige Verschwörung mit dem Management eingebunden, um die Ausbeutung zu erhöhen.
Die korrupten Bürokraten der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) haben in den 1990er und frühen 2000er Jahren eine Reihe erbitterter Streiks gegen Caterpillar verraten. Mit ihrem Segen und ihrer Komplizenschaft hat das Unternehmen Errungenschaften zunichte gemacht, die über Generationen hinweg erkämpft wurden.
Arbeiter sind jedoch nicht einfach eine ausgebeutete Masse. Die herrschende Klasse sät Wind, und sie wird den Sturm ernten. In den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt formiert sich eine mächtige Gegenoffensive gegen die Unterordnung des Lebens unter den Profit – im Gesundheitswesen, im Bildungswesen, in der verarbeitenden Industrie, in der Logistik und in anderen Bereichen.
Das industrielle Massensterben kann und wird durch die unabhängige Aktion der Arbeiter selbst gestoppt werden. Das bedeutet, dass an jedem Arbeitsplatz Aktionskomitees für Arbeitssicherheit gebildet werden müssen, um gegen Kostensenkungsmaßnahmen, erschöpfende Arbeitszeiten und -belastungen sowie Entlassungen vorzugehen, die das Leben von Arbeitern gefährden. Diese Komitees müssen dafür eintreten, dass Arbeiter die Kontrolle über die Produktionsgeschwindigkeit und über sämtlich Aspekte von Gesundheit und Sicherheit – einschließlich des Schutzes vor Covid-19 – erhalten.
Um multinationale Giganten wie Caterpillar zu bekämpfen, müssen diese Komitees ihre Kämpfe über nationale Grenzen hinweg koordinieren, indem sie die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File-Komitees, IWA-RFC) aufbauen.
Auf ein System, das das menschliche Leben dem privaten Profit unterordnet, muss und wird die Arbeiterklasse mit der Entwicklung einer politischen Bewegung für den Sozialismus antworten, d. h. für die Neuordnung der Gesellschaft entlang menschlicher Bedürfnisse. Nur durch den Kampf für Sozialismus ist es möglich, den Ausbeutungsbedingungen ein Ende zu setzen, die zum Tod von Steven Dierkes und so vielen anderen Arbeitern geführt haben.