Der am Freitag verabschiedete Bundeshaushalt 2021 macht deutlich, was die Prioritäten der herrschenden Klasse sind: nicht die Gesundheit und das Leben der arbeitenden Bevölkerung, sondern die Interessen des deutschen Imperialismus nach innen und außen. Während die Etats für Gesundheit, Bildung und Soziales im Vergleich zu diesem Jahr massiv zusammengestrichen wurden, steigen die Ausgaben für das Militär und den Sicherheitsapparat weiter an.
So wird der Verteidigungsetat im nächsten Jahr um weitere 1,3 Milliarden Euro auf nunmehr 46,93 Milliarden Euro erhöht. Seit 2014 (32,4 Milliarden) ist er damit um fast 15 Milliarden Euro gestiegen. Tatsächlich liegt er sogar noch höher. Bereits für dieses Jahr hatte die Bundesregierung der Nato Verteidigungsausgaben in Höhe von über 50 Milliarden Euro gemeldet, da zahlreiche militärische Ausgaben in anderen Haushaltsposten versteckt sind. Auch die Gelder für das CDU-geführte Bundesministerium des Inneren werden auf 18,46 Milliarden Euro erhöht. Das sind fast drei Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr (15,67 Milliarden Euro).
Die zusätzlichen Milliarden für die Sicherheitskräfte und das Militär sind dabei nur der Auftakt einer massiven Rüstungsoffensive. Bereits im Konjunkturpaket, das die Große Koalition Anfang Mai verabschiedet hat, waren zehn Milliarden für „neue Rüstungsprojekte mit hohem deutschen Wertschöpfungsanteil“ vorgesehen. Im neuen Wehretat entfallen 7,72 Milliarden auf militärische Beschaffungen, die in den nächsten Jahren weitere Milliarden verschlingen werden: allein für 2021 sind 350 Millionen Euro für die Beschaffung des Großraumtransportflugzeugs A 400 M vorgesehen, 442 Millionen Euro für den Schützenpanzer Puma, 998 Millionen Euro für die Anschaffung neuer Kampfjets vom Typ Eurofighter und 379 Millionen Euro für den Bau des Mehrzweckkampfschiffs 180.
Während Milliarden in Militarismus und Krieg fließen, wird in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales der Rotstift angesetzt. Der Etat für Bildung und Forschung soll im kommenden Jahr um 70 Millionen Euro auf 20,24 Milliarden Euro (20,31 Milliarden im Jahr 2020) sinken. Noch weitaus heftiger fallen die Kürzungen in den beiden anderen Ressorts aus. So wird der Etat für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales um 5,7 Milliarden (!) auf 164,92 Milliarden Euro (170,62 Milliarden/2020) sinken und der Etat des Gesundheitsministeriums um 5,95 Milliarden (!) auf 35,3 Milliarden Euro (41,25 Milliarden/2020).
Die im März verabschiedeten sogenannten Corona-Rettungspakete und der Nachtragshaushalt 2020 waren immer vor allem Milliardengeschenke für die Großunternehmen und Banken. Nun werden selbst die minimen Mehrausgaben wieder zurückgenommen, die für die Pandemiebekämpfung vorgesehen waren. Darüber hinaus werden mit dem neuen Haushalt noch umfassendere Sozialangriffe vorbereitet. „Wir müssen uns auch immer wieder vergegenwärtigen, was öffentliche Schulden bedeuten“, mahnte Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Regierungserklärung zum Haushalt. „Es bedeutet natürlich die Belastung künftiger Haushalte, es bedeutet die Notwendigkeit, das zurückzuzahlen, und es bedeutet Einschränkungen für künftige Ausgaben und für künftige Generationen.“
Die gesamte Bundestagsdebatte unterstrich, dass die herrschende Klasse die Pandemie vor allem als Chance sieht, ihre Politik des Militarismus, der inneren Aufrüstung und des Sozialkahlschlags voranzutreiben.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) pries den Haushalt als „sichtbares Zeichen, unserer Truppe im Inland und im Ausland Dankeschön zu sagen, ihr aber nicht nur warme Worte zu geben, sondern auch als Haushaltsgesetzgeber deutlich zu machen: Die Bundeswehr ist uns wichtig, wir stehen zu ihr, wir nehmen auch das Geld, das wir für sie brauchen, in die Hand.“ Damit meint sie die Vorbereitung neuer Kriege und Verbrechen. Sie nutzte den Hauptteil ihrer Rede, um „ganz kurz [zu] schildern, warum wir die Bewaffnung der Drohnen brauchen.“ Wie die Amerikaner müsse auch die Bundeswehr in der Lage sein, feindliche Stellungen aus der Luft „auszuschalten“.
Martin Hohmann, der 2004 wegen einer antisemitischen Rede aus der CDU ausgeschlossen worden war und heute für als AfD-Stellvertreter im Verteidigungsausschuss des Bundestags sitzt, forderte die Große Koalition in einer faschistischen Tirade auf, die Aufrüstungs- und Kriegspläne noch aggressiver umzusetzen. Die rechtsterroristischen Netzwerke und Praktiken im Kommando Spezialkräfte (KSK) verteidigte er mit den Worten: „Natürlich gibt es in einem solchen Verband eine besondere Art von Kommunikation, von Ritualen und einen zuweilen rauen Humor. Da fliegen auch schon mal Schweineköpfe auf einer Party.“ Letztlich seien „diese Kämpfer“ aber „bereit, jederzeit für Deutschland und deutsche Interessen in den Einsatz zu gehen und ihr Leben für andere einzusetzen.“
An Kramp-Karrenbauer richtete er den Appell: „Frau Ministerin, lassen Sie sich von der Hysterie der allgemeinen Kampagne gegen rechts bitte nicht infizieren! Verunsichern Sie diese Männer nicht!“
Tatsächlich setzt die Große Koalition die Politik der rechtsextremen Partei längst in die Tat um und schützt die rechtsextremen Netzwerke in Armee und Polizei. Die von Kramp-Karrenbauer geplante Umstrukturierung des KSK war von Anfang an darauf ausgerichtet, die rechtsextreme Elitetruppe schlagkräftiger zu organisieren, um die Interessen des deutschen Imperialismus nach außen zu verfolgen und die wachsende soziale Opposition im Innern zu unterdrücken.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Im Kern unterstützen auch die nominell linken Oppositionsparteien diesen Kurs. Ihre Redner trommelten ebenfalls für eine Stärkung der deutschen Außen- und Kriegspolitik und die Aufrüstung der Polizei.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen Tobias Lindner erklärte: „Wir brauchen eine bodengebundene Luftverteidigung; wir haben im Moment eine, die modernisierungsbedürftig ist.“ Zudem habe die Bundeswehr schwere Transporthubschrauber, „die über 40 Jahre alt sind – es werden dringend neue benötigt“, Flottendienstboote, „die wir zeitnah ersetzen müssen“ und jede Menge „altes Material, das aus dem Leim fliegt“ und „durch neues, funktionierendes Material“ ersetzt werden muss. Man müsse „sich wirklich fragen, ob diese Koalition und wo diese Koalition die richtigen Prioritäten setzt“.
Der Sprecher der Linkspartei Michael Leutert äußerte sich ähnlich. „Wir haben ein fundamentales Problem; denn die deutsche Außenpolitik ist einfach nicht mehr sichtbar“, erklärte er. Außenminister Heiko Maas (SPD) habe „es als Leiter des Auswärtigen Amtes in letzter Zeit versäumt, Deutschland strategisch so zu positionieren, dass die Bundesrepublik handlungsfähig bleibt.“ Die Welt befinde sich „seit Jahren in einem rasanten und dramatischen Wandel, mit all den Auswirkungen, die bekannt sind: Machtverschiebungen, Wegbrechen von internationalen Gewissheiten.“ Umso wichtiger wäre es, „einen strategischen Handlungsrahmen“ zu definieren, „der natürlich unsere Interessen im Blick hat“.
Victor Perli, der für die Linke im Haushaltsausschuss sitzt, prahlte in seiner Rede damit, wie er sich dort für die Aufrüstung der Polizei stark gemacht hat. Mit dem notorisch rechten Innenminister Horst Seehofer (CSU) habe er darüber „eine harte Debatte im Ausschuss“ gehabt. „Aber es gibt ein Happy End: Dank des Einsatzes der Linken freuen sich jetzt 2.000 Bundespolizisten über Winterstiefel. Das ist doch einmal eine schöne Nachricht.“