Am 15. August protestierte die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) in einer Erklärung gegen ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz.
Der Ende Juli veröffentlichte „Verfassungsschutzbericht 2017“ stuft jede sozialistische Kritik am Kapitalismus und seinen gesellschaftlichen Folgen als „linksextrem“ und „verfassungsfeindlich“ ein. Die SGP wird als „linksextremistische Partei“ und als „Beobachtungsobjekt“ aufgeführt, obwohl ihr der Verfassungsschutz weder Gesetzesverstöße noch gewaltsame Aktivitäten vorwirft und ihr ausdrücklich bestätigt, dass sie ihre Ziele mit legalen Mitteln – „durch die Teilnahme an Wahlen“ und „Vortragsveranstaltungen“ – verfolgt.
Die rechtsextreme AfD und ihr faschistisches Umfeld werden dagegen im Verfassungsschutzbericht mit keiner Silbe erwähnt. Der Nazi-Verharmloser Björn Höcke, der neurechte Ideologe Götz Kubitschek, die rassistische Pegida-Bewegung und die rechtsextremen Publikationen Junge Freiheit und Compact kommen darin nicht vor, die AfD lediglich als Opfer angeblicher „Linksextremisten“.
Mittlerweile sind zahlreiche Einzelheiten bekannt geworden, die belegen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und sein Präsident Hans-Georg Maaßen eng mit der AfD zusammenarbeiten. Laut Angaben des Bundesinnenministeriums hat Maaßen seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren rund 200 Gespräche mit Politikern aller Bundestagsparteien, darunter auch der AfD, geführt. Fast alle waren vertraulich und fanden auf Initiative Maaßens statt.
Im Juli berichtete die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber in ihrem Buch „Inside AfD“ über Gespräche Maaßens mit Frauke Petry, als diese Bundesspecherin der AfD war. Maaßen hatte sich 2015 zweimal mit Petry getroffen, als die AfD noch gar nicht im Bundestag saß. Laut Schreiber gab ihr Maaßen Ratschläge, wie sie eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz vermeiden könne – was Maaßen bestreitet.
Inzwischen hat Schreiber eidesstattlich versichert, Petry habe ihr mehrfach gesagt, „dass die AfD Glück habe, mit Hans-Georg Maaßen jemanden als Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz zu haben, der der Partei wohlgesonnen sei und daher eine Beobachtung vermeiden wolle“.
Auch Petrys Nachfolger an der AfD-Spitze, Alexander Gauland, hat ein Treffen mit Maaßen bestätigt. Dabei soll es um den „Verdacht“ gegangen sein, dass es einen „russischen Einflussagenten“ in der AfD-Bundestagsfraktion gebe. Maaßen habe ihm versichert, „dass da nichts dran ist“, berichtete Gauland später.
Selbst die Süddeutsche Zeitung schreibt inzwischen vom „Verdacht einer Nähe Maaßens zu der mitunter radikal rechts auftretenden AfD“. Im Frühjahr 2018 sei „bekannt geworden, dass mehrere Landesämter für Verfassungsschutz die AfD wegen ihrer Kontakte zur offen verfassungsfeindlichen Szene beobachten wollten“. Doch Maaßen habe sich, wie schon zuvor, gegen eine Beobachtung der AfD ausgesprochen.
AfD-Chef Gauland ist denn auch voll des Lobes für Maaßen. Die Süddeutsche zitiert ihn mit den Worten: „Ich schätze Herrn Maaßen als objektiven Spitzenbeamten.“
Letzte Woche berichtete die taz über ein weiteres Treffen mit einem führenden AfD-Funktionär. Maaßen hatte im Juni dieses Jahres den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner zu einem einstündigen Gespräch in seinem Bundestagsbüro aufgesucht. Brandner ist Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestags. Er verdankt sein Amt dem Bundestags-Vizepräsidenten Thomas Oppermann (SPD), der ihn zur geheimen Wahl vorgeschlagen hatte.
Brandner berichtete der taz, er habe mit Maaßen über die Arbeit des Rechtsausschusses und den aktuellen Verfassungsschutzbericht gesprochen. Details wollte er nicht nennen, weil man Vertraulichkeit vereinbart habe. Auch das BfV wollte das Treffen nicht kommentieren. „Das BfV äußert sich zu vertraulichen Gesprächen im parlamentarischen Raum grundsätzlich nicht“, sagte eine Sprecherin.
Die Treffen zwischen Maaßen und hochrangigen AfD-Mitgliedern zeigen, dass die Entscheidung, die SGP anzugreifen, Bestandteil einer rechten Verschwörung im Staatsapparat ist, die sich direkt auf rechtsextreme Kräfte stützt. Der Verfassungsschutz untersteht Innenminister Horst Seehofer (CSU), der auch das Vorwort zum Verfassungsschutzbericht geschrieben hat.
Seehofer plädiert darin für den Aufbau eines Polizei- und Geheimdienststaats, in dem „die Verfassungsschutzbehörden der Länder und des Bundes mit wirksamen Befugnissen“ ausgestattet sind. „Bereiche unterschiedlicher Sicherheit und blinde Flecken“ könne sich Deutschland „nicht erlauben“.
Die Große Koalition hat den Kurs der AfD, insbesondere in der Flüchtlingspolitik, vollständig übernommen. Die Partei, die bei der Bundestagswahl nur 12,6 Prozent der Stimmen erhielt und in großen Teilen der Bevölkerung verhasst ist, bestimmt weitgehend den Inhalt der offiziellen Politik, die immer mehr den Charakter einer permanenten Verschwörung aller Bundestagsparteien annimmt.
Maßen führt nicht nur vertrauliche Gespräche mit der AfD, sondern auch mit den sogenannten Oppositionsparteien. Wie die letzte Ausgabe der Zeit berichtet, trifft sich Maaßen „regelmäßig mit führenden Linken und Grünen wie Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht oder Katrin Göring-Eckardt. Manchmal finden diese Gespräche in Restaurants unter vier Augen statt, oft bezahlt vom Verfassungsschutz, manchmal lädt Maaßen Parlamentarier nach Köln in seine Behörde ein“.
Der Verfassungsschutz steht dabei wie kaum eine andere Institution für die rechte Kontinuität der deutschen Eliten. Beschäftigte er bereits zur Zeit seiner Gründung in den 1950er Jahren viele ehemalige Mitarbeiter der Gestapo, wurden die braunen Traditionen in den letzten Jahren immer offener sichtbar.
Maaßen hatte die Leitung des Verfassungsschutzes im Sommer 2012 übernommen, als sich dieser in einer tiefen Krise befand. Ein Dreivierteljahr zuvor war die rechte Terrorzelle NSU aufgeflogen, in deren Umfeld zahlreiche V-Leute des Verfassungsschutzes tätig waren. Im BfV wurden daraufhin zahlreiche Akten geschreddert. Maaßens Vorgänger Heinz Fromm musste deshalb zurücktreten.
Nun hat Maaßen das BfV zu einem politischen Instrument gemacht, dass eng mit der rechtsextremen AfD paktiert, während es die SGP überwacht.
Was dies bedeutet, ist bekannt. Die „Entscheidung über die Beobachtung einer Partei“ sei „notwendig eine politische Entscheidung – mit politischen Folgen“, schreibt die Zeit. „Nicht nur weil der Verfassungsschutz dann Mitglieder, Mandatsträger und Landesverbände überwachen darf, in Härtefällen auch Telefongespräche belauschen, Chats mitschneiden und Verdächtige observieren kann. Sondern vor allem weil die Beobachtung eine Partei stigmatisiert.“
Das Vorgehen des Verfassungsschutzes richtet sich „gegen jeden, der gegen soziale Ungleichheit, Militarismus und Unterdrückung kämpft und für eine sozialistische Perspektive eintritt“, heißt es in der Erklärung der SGP. Die herrschende Klasse reagiert auf die zunehmende Radikalisierung der Arbeiterklasse und der Jugend, „indem sie zu den autoritären Herrschaftsmethoden der 1930er Jahre zurückkehrt, gegen Sozialisten vorgeht und die Politik der extremen Rechten übernimmt. Kaum erschüttert eine Krise die bürgerliche Gesellschaft, kommt hinter der demokratischen Tünche des deutschen Beamten, Politikers und Bourgeois wieder die braune Farbe hervor.“
Es ist höchste Zeit, der rechten Verschwörung im Staatsapparat entgegenzutreten und die Angriffe des Verfassungsschutzes und der Großen Koalition zu stoppen. Die SGP wendet sich an alle, die gegen Militarismus und Krieg, soziale Ungleichheit und den Aufbau eines Polizeistaats kämpfen wollen. Verbreitet unsere Erklärung gegen den Verfassungsschutz, nehmt mit uns Kontakt auf und schließt euch aktiv dem Kampf für eine sozialistische Alternative an.