Die Gruppierung Marx 21, die fester Bestandteil der Linkspartei ist, zählt seit langem zu den aggressivsten Unterstützern der imperialistischen Offensive gegen Syrien. Nach den jüngsten Militärschlägen gegen Damaskus verstärkt sie ihre Kampagne für ein umfassenderes militärisches Eingreifen in dem Land.
Der Artikel „Syrien: Der Feind meines Feindes bleibt mein Feind“, der seit mehreren Tagen prominent auf der Website von Marx 21 prangt, zeigt beispielhaft, welche reaktionäre Rolle diese pseudolinke Organisationen bei der imperialistischen Vergewaltigung Syriens spielt. Unter dem zynischen Deckmantel des Kampfs für „Frieden, Freiheit und die Achtung der Menschenrechte“ versucht sich Marx 21 als Gegnerin aller „Kriegsparteien“ darzustellen. Tatsächlich fungiert sie als Propagandainstrument für den Imperialismus.
Der gesamte Artikel richtet sich gegen Vertreter der Linkspartei, die die Kriegsoffensive gegen Syrien aus Sicht von Marx 21 nicht vehement genug unterstützen. „Leider“ äußerten sich „auch Abgeordnete der Linken immer wieder verständnisvoll für die Regierung und den Krieg des Diktators Baschar al-Assad“ und nähmen ihn „indirekt in Schutz“, klagt Marx 21-Autor Hans Krause. Zum Beispiel mit der Behauptung, „die Berichte der ‘Syrian American Medical Society’ oder der Weißhelme über die Opfer eines möglichen Giftgasangriffs in Duma seien ‘kaum etwas wert’, weil sie ‘US-finanzierte Organisationen’ seien.“
Diese Argumentation unterscheidet sich kaum von der Kriegshetze der bürgerlichen Presse. Obwohl immer mehr Indizien zeigen, dass die Weißhelme den Giftgasangriff in Duma inszeniert haben, um ihren imperialistischen Sponsoren einen Vorwand für neue Luftangriffe zu liefern, versucht Marx 21 jede Kritik an der offiziellen Propaganda zu unterdrücken. Zwar sei „es richtig, den Giftgasangriff in Duma nicht als Wahrheit hinzunehmen, nur weil die amerikanische Regierung ihn behauptet“.„Falsch“ sei „es jedoch, die Berichte darüber als unglaubwürdig abzutun“.
Die World Socialist Web Site hat bereits in einem früheren Artikel den zynischen Versuch der Linkspartei kommentiert, sich als Gegnerin des Syrienkriegs darzustellen. In Wirklichkeit deckt sich ihre Position weitgehend mit jener der Bundesregierung, wobei sie darauf drängt, die imperialistischen Interessen Deutschlands selbstbewusster und unabhängiger von den USA zu verfolgen. Das ist auch die Haltung von Marx 21, sie unterstützt aber jenen Flügel der herrschenden Klasse, der gleichzeitig auf einen härteren Kurs gegen Russland drängt.
Es entspricht dieser Linie, dass Krause die jüngsten Luftangriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens auf Syrien nicht grundsätzlich ablehnt, sondern im Wesentlichen von rechts kritisiert. „Selbst die von der deutschen Regierung finanzierte Stiftung Wissenschaft und Politik glaubt nicht, dass der Raketenangriff der NATO-Staaten in Syrien irgendetwas positives bewirkt hat“, stellt er zu Beginn seines Artikels fest. Trotzdem halte „Kanzlerin Merkel ihn für ‘erfolgreich und angemessen’“.
Der gesamte Artikel lässt keinen Zweifel daran, dass Marx 21 einen von den imperialistischen Mächten herbeigeführten Regimewechsel in Damaskus befürwortet. Er richtet seinen Hass vor allem gegen Moskau und Damaskus, obwohl die USA und ihre europäischen Verbündeten die rohstoffreiche und strategisch wichtige Region seit nunmehr 15 Jahren mit Krieg überziehen.
„Weder Russland noch Syrien sind demokratische, geschweige denn sozialistische Staaten, welche Maßstäbe auch immer man anlegt“, schärft Krause seinen Lesern ein. „Beide Regierungen fälschen seit Jahrzehnten Wahlen und verhaften und ermorden Oppositionelle, in Syrien auch schon lange vor dem Krieg“. Assad sei „kein kleineres Übel“, nur weil er „seine Herrschaft nicht religiös begründet“.
Weder das Vorgehen der Assad-Regierung noch das des Kreml, der in Syrien die Interessen der russischen Oligarchie verteidigt, kann von Marxisten und klassenbewussten Arbeitern unterstützt werden. Dennoch handelt es sich in beiden Fällen um eine vorwiegend defensive Reaktion auf einen völkerrechtswidrigen Aggressionskrieg. Die imperialistischen Mächte intervenieren seit nunmehr sieben Jahren in Syrien, um den gesamten Nahen und Mittleren Osten zu rekolonialisieren, eine weitere russlandfreundliche Regierung zu stürzen und gegen den Iran und letztlich auch gegen Russland selbst vorzugehen.
Marxisten sind im Krieg zwischen imperialistischen Mächten und unterdrückten Ländern nicht neutral – nicht weil sie die Regierungen der letzteren unterstützen, sondern trotz dieser Regierungen. Der Kampf gegen das Assad-Regime, das einen Flügel der syrischen Bourgeoisie vertritt, und der Aufbau einer demokratischen und gleichen Gesellschaft in Syrien ist die Aufgabe einer unabhängigen, revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse.
Der Sturz des Assad-Regimes durch die westlichen imperialistischen Mächte und deren Stellvertreter würde das Land dagegen in ein imperialistisches Protektorat verwandeln und ein weiteres reaktionäreres Regime an die Macht bringen – das haben zuletzt die Erfahrungen in Afghanistan, Irak und Libyen unterstrichen. Genau das hat Krause jedoch im Sinn, wenn er fordert, „beim Aufbau einer neuen Antikriegsbewegung in Deutschland keinen Kriegstreiber dieser Welt [zu] verharmlosen und Morde weder [zu] verschweigen noch schön[zu]reden, weder aus Washington, Moskau, Damaskus oder einem anderen Ort“.
Der Slogan „Weder Washington noch Moskau“, den Krause hier wieder ausgräbt, hat eine lange Geschichte. Mit ihm rechtfertigte die antitrotzkistische Strömung des „Staatskapitalismus“, aus der Marx 21 hervorgegangen ist, bereits in den 1950er Jahren ihre Orientierung auf den Imperialismus. Damals weigerte sie sich, im Koreakrieg China und die Sowjetunion gegen die amerikanische Invasion Koreas zu verteidigen. Heute dient er den Staatskapitalisten dazu, die Installation eines pro-westlichen und potentiell islamistischen Regimes in Damaskus zu rechtfertigen.
„Schon vor langer Zeit“ hätten „linke Organisationen und Parteien immer wieder den Fehler gemacht, die Regierung eines Staates zu unterstützen, nur weil sie mit der ‘eigenen’ Regierung verfeindet war“, schreibt Krause. Aber „linke Außenpolitik als Gegenmodell zur NATO-treuen Regierung sollte nicht darin bestehen, eine andere imperialistische Regierung in deren Kampf um Rohstoffe, Märkte und militärische Aufmarschgebiete zu unterstützen“ – wobei er nicht nur den Kreml, sondern auch die syrische Regierung von Baschar al-Assad zu den „imperialistischen Regierungen“ zählt.
Mit seinem Artikel liefert Krause der herrschenden Klasse die passenden Argumente, um die wachsende Opposition gegen Krieg zu denunzieren: Wer gegen die Bemühungen der imperialistischen Mächte auftritt, den gesamten Nahen und Mittleren Osten zu rekolonialisieren, unterstützt automatisch Assad und das Putin-Regime.
Die Unterstützung von Marx 21 für den deutschen Imperialismus beschränkt sich nicht auf Propaganda. Die pseudolinke Gruppe spielt eine wichtige Rolle bei der Rückkehr Berlins zu einer aggressiven Außenpolitik und ist tief in die Institutionen des deutschen Imperialismus integriert. Ihr führendes Mitglied Christine Buchholz sitzt als verteidigungspolitische Sprecherin der Linken seit nunmehr neun Jahren im Verteidigungsausschuss des Bundestags und begleitet die Verteidigungsministerin Ursula von Leyen (CDU) regelmäßig bei Truppenbesuchen im Ausland.
In dieser Funktion haben Marx 21 und die Linkspartei in den letzten Jahren die pro-imperialistische syrische Opposition organisiert und immer wieder für eine militärische Intervention in Syrien geworben. Zusammen mit Vertretern von CDU, SPD und Grünen hatten führende Vertreter der Linkspartei bereits im Jahr 2012 einen Aufruf mit dem Titel „Syrien: Freiheit braucht Beistand“ unterzeichnet, der zur „humanitären Intervention“ in dem Land aufrief. Die Erklärung war von der Gruppe Adopt a Revolution (AaR) initiiert worden, mit der vor allem Marx 21 bis heute zusammenarbeitet. Erst am 26. Februar war Buchholz auf einer AaR-Kundgebung vor der russischen Botschaft in Berlin aufgetreten.
In Syrien selbst arbeitet Marx 21 mit Kräften zusammen, die ganz offen als Bodentruppen für die imperialistischen Mächte agieren. Auf dem im Mai stattfindenden „MARX IS MUSS“ Kongress spricht unter anderem Ghayath Naisse, der Generalsekretär der „Strömung der syrischen revolutionären Linken“ (SRLC - Syrian Revolutionary Left Current). Die SRLC ist Bestandteil der „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF - Syrian Democratic Forces), die aus kurdisch-nationalistischen Milizen, Teilen der Freien Syrischen Armee und sunnitisch-islamistischen Milizen besteht, die allesamt mit den britischen, französischen und US-amerikanischen Truppen in der Region operieren.
Wenn Krause am Ende des Artikels fordert, „die Solidarität“ der Linkspartei müsse „all jenen Menschen, Gruppen und Organisationen gelten“, die für „das Überleben der Menschen“ eintreten, meint er die pro-imperialistischen Organisationen und Milizen der SDF. Selbst die Behauptung von Marx 21, „weder Washington noch Moskau noch Damaskus“ zu unterstützen, entpuppt sich so als Lüge. Seine Orientierung auf Washington zeigt sich auch darin, dass er ausschließlich die russische und syrische Regierung anprangert und mit keinem einzigen Wort auf die massiven Verbrechen des US-Imperialismus in Syrien und der gesamten Region eingeht.
Die Sozialistische Gleichheitspartei setzt der imperialistischen Offensive gegen Syrien den Aufbau einer unabhängigen, internationalen Antikriegsbewegung entgegen, die sich auf Arbeiterklasse stützt und für ein sozialistisches Programm kämpft. Das erfordert einen unversöhnlichen politischen Kampf gegen pseudolinke Tendenzen wie Marx21, die sich als „links“ oder gar „marxistisch“ ausgeben und in Wirklichkeit die imperialistische Kriegstreiberei unterstützen.