Die Linkspartei reagiert auf den Wahlerfolg der rechtsextremen AfD und auf ihre eigenen Verluste bei den Landtagswahlen vom März mit einem weiteren Rechtsruck. Während ein Flügel um Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine die fremdenfeindlichen Parolen der AfD übernimmt, plädieren andere, wie Gregor Gysi und die Parteivorsitzende Katja Kipping, für breite Regierungsbündnisse bis hin zur CDU.
Die Linke setzt damit den politischen Kurs fort, der für das Anwachsen der Rechtsextremen verantwortlich ist. Deren Aufstieg ist ein Ergebnis der Rechtsentwicklung aller etablierten Parteien, einschließlich der Linkspartei. Die Einschränkung des Asylrechts durch die Bundesregierung, die verschärfte Abschiebepraxis sämtlicher Landesregierungen und die antiislamische Hetze der Medien wirken wie kostenlose Wahlwerbung für die AfD. Gleichzeitig hat das enge Zusammenrücken der etablierten Parteien beim Streichen von Sozialleistungen, dem Abbau von Arbeitsplätzen und anderen Sparmaßnahmen die AfD in die Lage versetzt, sich als Opposition gegen das politische Establishment zu gebärden.
Dass die Linke nun auf den Aufstieg der AfD mit einem weiteren Rechtsruck antwortet, ergibt sich aus dem bürgerlichen Charakters dieser Partei. Ungeachtet ihres Namens und gelegentlicher radikaler Phrasen verteidigt sie uneingeschränkt die Macht- und Eigentumsverhältnisse, auf denen der Kapitalismus beruht. Was sie an der AfD beunruhigt, ist weniger deren rechtes Programm, mit dem sie in weiten Teilen übereinstimmt, als das Aufbrechen der Mechanismen, die in der Vergangenheit den Klassenkampf dämpften und die kapitalistische Herrschaft stützten.
Bei den Landtagswahlen im März wuchs nicht nur die AfD, vor allem die SPD brach regelrecht zusammen. In zwei Bundesländern – Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt – kam sie nur mit Mühe über 10 Prozent und landete hinter der AfD. Die SPD hatte seit der Gründung der Bundesrepublik eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung der kapitalistischen Ordnung gespielt. Sie nutzte ihren Einfluss unter Arbeitern und ihre enge Beziehung zu den Gewerkschaften, um den Klassenkampf zu unterdrücken. 1999 legte Oskar Lafontaine den Vorsitz der SPD nieder, weil er der Ansicht war, sie könne diese Aufgabe aufgrund der rechten Politik von Gerhard Schröder nicht mehr erfüllen.
Die Linke, deren Führung Lafontaine dann übernahm, verfolgte das Ziel, der SPD durch gemeinsame Regierungsbündnisse, wieder eine Mehrheit zu verschaffen. In einigen ostdeutschen Bundesländern gelang ihr das, in Thüringen unter Einbeziehung der Grünen, aber auf Bundesebene ist dieses Ziel nun in weite Ferne gerückt. Während die SPD kollabiert, orientieren sich die Grünen auf die CDU. Die Linke reagiert darauf, indem sie sich der CDU ebenfalls an den Hals wirft oder gleich die Parolen der AfD übernimmt.
Eine Grenze für diese Rechtsentwicklung gibt es nicht. Das zeigt die Erfahrung in Griechenland, wo die Schwesterpartei der Linken, Syriza, unmittelbar nach ihrem Wahlerfolg Anfang letzten Jahres eine Regierungsbündnis mit den Unabhängigen Griechen (Anel) schloss, die ebenso rechts sind wie die AfD. Seither hat die Regierung von Alexis Tsipras ein brutales Sparprogramm nach dem anderen durchgepeitscht und für die EU die Rolle des Grenz- und Gefängniswärters für Flüchtlinge übernommen. Was Die Linke nicht daran hindert, weiterhin eng mit Syriza zusammenzuarbeiten.
Marx21 und SAV
Die Krise der Linkspartei hat die pseudolinken Gruppierungen auf den Plan gerufen, die in ihren Reihen oder in ihrem Umfeld arbeiten. Sie haben die Aufgabe übernommen, ihren Rechtsruck zu rechtfertigen und zu verteidigen. Das Hausorgan der Linkspartei, Neues Deutschland, hat ihnen dafür seine Seiten zur Verfügung gestellt. In einem „Dossier“ mit dem irreführenden Titel „Strategien gegen die Rechtsentwicklung“ kommen sie – neben den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, dem ND-Herausgeber Tom Strohschneider und vielen anderen Parteigrößen – ausführlich zu Wort.
Neben den Strömungen Marx 21 und Sozialistische Alternative (SAV), die seit langem innerhalb der Linkspartei arbeiten, beteiligt sich auch die Gruppe RIO (Revolutionäre Internationalistische Organisation), die zumindest formal noch außerhalb der Linkspartei steht, an der „Debatte“. Alle drei Gruppen treten im Namen eines „breiten Bündnisses gegen rechts“ dafür ein, noch enger als bisher mit der SPD, den Grünen, der CDU und sogar der CSU zusammenzuarbeiten. Auch die Gewerkschaften, die Kirchen und andere verlässliche Stützen der kapitalistischen Herrschaft wollen sie in ihr „breites Bündnis“ einbinden.
Die WSWS hat schon lange aufgezeigt, dass diese pseudolinken Gruppen den Klassenkampf, den Marxismus und den Sozialismus ablehnen und „populistische Parolen und demokratische Phrasen benutzen, um die sozioökonomischen Interessen privilegierter und wohlhabender Schichten der Mittelklasse zu fördern“. Das bestätigt sich nun erneut.
Ihre „breiten Bündnisse“ mit Personen und Organisationen, die für rücksichtslose Angriffe auf die Arbeiterklasse verantwortlich sind, richten sich nicht gegen die AfD, sondern gegen eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse, die die kapitalistische Gesellschaft in Frage stellt. Sie fürchten, dass die Wut auf die Rechten, die Empörung über soziale Ungleichheit, über Flüchtlingshetze und Kriegsvorbereitungen der Kontrolle der SPD, der Linkspartei und der Gewerkschaftsbürokratie entgleiten und eine sozialistische Richtung einschlagen.
Vor allem für Marx21 können die „breiten Bündnisse“ nicht breit genug sein. Der von ihr mitinitiierte Aufruf „Aufstehen gegen Rassismus“ wird inzwischen nicht nur von der Führung der Linkspartei, sondern auch von der Spitze der Grünen, führenden Mitgliedern der SPD und Gewerkschaftsfunktionären unterstützt. Zu den Unterzeichnerinnen gehören SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und SPD-Familienministerin Manuela Schwesig.
Marx21 bezeichnet dies als „Aktionseinheit“ und greift alle heftig an, die „die Beteiligung der SPD an einer solchen Aktionseinheit mit dem Hinweis auf die zentrale Rolle ihrer Führung sowohl bei der Durchsetzung neoliberaler Politik als auch beim Schüren von Rassismus“ kritisieren. Wer sich dieser „breiten Aktionseinheit gegen die AfD“ widersetze, laufe Gefahr, „traurige Wiedergänger der Vertreter der ‚Sozialfaschismustheorie‘ der stalinisierten KPD zu werden“. [1]
Marx21 erklärt nicht, wie die AfD gemeinsam mit einer SPD-Politikerin bekämpft werden soll, die als Mitglied der Bundesregierung volle Verantwortung für deren menschenverachtende Flüchtlingspolitik trägt. Aber es ist offensichtlich, dass es der Gruppe darum geht, die SPD gegen Kritik zu schützen und ihr ein „antirassistisches“ Feigenblatt umzuhängen.
Selbst die CSU und deren Chef Horst Seehofer will Marx21 in ihr „breites Bündnis“ einbeziehen. Denn, so die Begründung, Seehofer „organisiert keine rassistische Massenbewegung auf der Straße, die zum Sprungbrett für die Formierung einer neuen faschistischen Rechten werden kann“. [2] Sollte die NPD oder eine andere neofaschistische Partei in zukünftigen Wahlen wieder Auftrieb bekommen, wäre Marx21 wohl auch bereit, ein „breites Bündnis“ mit der AfD gegen die NPD zu schmieden.
Auch die SAV wirbt für „breite Bündnisse“, warnt aber vor „politischer Beliebigkeit“. Sie fürchtet, dass sich solche Bündnisse zu schnell diskreditieren, wenn sie „die Verantwortlichen für Austeritätspolitik, Sozialkürzungen, Wohnungsmangel und staatlichen Rassismus einbeziehen“. [3] Weniger prominente Vertreter dieser Parteien sind ihr dagegen willkommen: „Unsere Kritik an Bündnisofferten für bürgerliche Parteien richtet sich keineswegs gegen die Beteiligung von einzelnen Mitgliedern oder auch ganzen Gliederungen von SPD und Grünen an solchen Aktionsbündnissen“. [4]
RIO
RIO hat die Aufgabe übernommen, diese rechte Politik mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten von Leo Trotzki zu rechtfertigen. Der ND-Beitrag von RIO-Mitglied Wladek Flakin steht unter dem Titel „Was würde Trotzki sagen?“ und wird von einem Portrait Trotzkis geschmückt. Er gipfelt in der Forderung nach „einer möglichst breiten Aktionsfront, in der ausnahmslos jede*r willkommen ist“. [5] Das „ausnahmslos“ meint Flakin wörtlich. Ausdrücklich nennt er den Vizekanzler und SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel sowie Familienministerin Schwesig als Partner für „gemeinsame Aktionen“ gegen die AfD.
Flakins Versuch, ein Bündnis mit Gabriel, Schwesig und „ausnahmslos jedem“ unter Berufung auf Trotzki zu rechtfertigen, ist der Gipfel der Geschichtsfälschung. Wer nur annähernd mit Trotzkis Biografie vertraut ist, weiß, dass er sein ganzes politisches Leben der Aufgabe widmete, eine unabhängige revolutionäre Bewegung der Arbeiterklasse aufzubauen. Der Kampf gegen die politische Unterordnung der Arbeiterklasse unter bürgerliche und kleinbürgerliche Strömungen durchzieht sein gesamtes politisches Wirken, seit er sich als Schüler der russischen Sozialdemokratie anschloss bis zur Gründung der Vierten Internationale kurz vor seiner Ermordung.
Die unversöhnliche Opposition gegen die provisorische Regierung der Menschwiki und Sozialrevolutionäre machte Trotzki 1917 zum engsten Mitstreiter Lenins in der Oktoberrevolution. Die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse war auch eine Schlüsselfrage im Kampf gegen die stalinistische Degeneration der Kommunistischen Internationale und deren verheerende Folgen – gegen die Unterordnung der britischen Kommunistischen Partei unter die Führung der Gewerkschaften 1926, der chinesischen Kommunistischen Partei unter die bürgerliche Guomindang 1927 und der französischen und spanischen Kommunistischen Partei unter die Volksfront in den 1930er Jahren.
Auch Trotzkis Kampf gegen den Aufstieg des Faschismus in Deutschland, auf den sich Flakin beruft, stand unter diesem Zeichen. Trotzki verstand sehr gut, dass sich hinter der linksradikalen Rhetorik der KPD unter Thälmann und Stalin passiver Fatalismus und Defätismus versteckte. Die KPD beschimpfte die Sozialdemokraten als „Sozialfaschisten“ und „Zwillingsbrüder der Nazis“ und ließ sich zu solchen Schandtaten wie der Unterstützung eines Nazi-Referendums gegen die preußische SPD-Regierung herab, während sie sich weigerte, die gesamte Arbeiterklasse gegen die faschistische Gefahr zu mobilisieren.
In einer Situation, in der die NSDAP rasch wuchs und es nur noch eine Frage von Monaten war, bis sie nach der Macht greifen und die Arbeiterbewegung gewaltsam zerschlagen würde, trat Trotzki für eine Einheitsfront der beiden großen Arbeiterparteien KPD und SPD gegen die Nazis ein. Die Forderung nach einer „Einheitsfront von unten“, wie sie die KPD von Zeit zu Zeit demagogisch erhob, lehnte er ab, weil damals sowohl die SPD wie die KPD Hunderttausende Mitglieder und Millionen Wähler aus der Arbeiterklasse hinter sich führten. „Die überwiegende Mehrheit der sozialdemokratischen Arbeiter will gegen die Faschisten kämpfen, aber – vorwiegend noch – nicht anders als gemeinsam mit ihrer Organisation“, schrieb Trotzki. „Diese Etappe lässt sich nicht überspringen.“ [6]
Trotzki bestand jedoch darauf, die Einheitsfront auf praktische Fragen der Verteidigung und der Abwehr der faschistischen Gefahr zu beschränken. Eine Vermischung der politischen Programme oder gar den Verzicht auf gegenseitige politische Kritik lehnte er ab. Die Einheitsfront war eine Taktik, die dazu diente, die Arbeiterklasse in der Abwehr der faschistischen Gefahr zu vereinen, den Fatalismus der Kommunistischen Partei zu überwinden, deren Führung „den Sieg des Faschismus für unvermeidlich“ hielt, und die sozialdemokratischen Arbeiter vom Einfluss ihrer Führer zu lösen, die „letzten Endes den Faschismus dem Kommunismus vorziehen“, wie Trotzki schrieb.
„Die Front muss jetzt gegen den Faschismus gerichtet werden“, betonte Trotzki. „Und diese für das ganze Proletariat gemeinsame Front des direkten Kampfs gegen den Faschismus muss man für den von der Flanke geführten, darum aber nicht minder wirksamen Kampf gegen die Sozialdemokratie ausnützen“.
Die Weigerung der KPD, für eine Einheitsfront einzutreten, ermöglichte schließlich Hitlers Sieg.
Flakins Versuch, die schäbigen politischen Manöver der Linkspartei mit Trotzkis Einheitsfrontpolitik zu rechtfertigen, entlarvt ihn als zynischen Schwindler. „Die Einheitsfrontpolitik“, schreibt er, ist „der richtige Ansatz, wie Revolutionär*innen heute im Kampf gegen rechts mit der traditionellen, rechten Sozialdemokratie (SPD) und der neuen, linkeren Sozialdemokratie (Linke) umgehen können.“
Während Trotzki dafür kämpfte, die Arbeiter vom lähmenden Einfluss der Sozialdemokratie zu lösen, bemüht sich Flakin, die bürokratischen Apparate der SPD, der Linken und der Gewerkschaften zu stärken, die kaum mehr Einfluss unter Arbeitern haben und von den meisten mit Abscheu und Hass betrachtet werden. Er ist sich bewusst, dass „die SPD von heute nicht mit der SPD von damals zu vergleichen“ ist und dass „die Linkspartei noch viel weniger mit der KPD gemeinsam“ hat. Trotzdem missbraucht er Trotzki, um für ein Bündnis mit rechten bürgerlichen Parteien zu werben.
Anders als in den 1930er Jahren besteht das Problem heute nicht darin, dass die Führer von Massenparteien Arbeiter verraten, die ihnen vertrauen. Die heutige SPD und Die Linke sind keine „bürgerlichen Arbeiterparteien“ – Parteien, die zwar ein bürgerliches Programm vertreten, sich aber mehrheitlich auf Arbeiter stützen. Sie sind rein bürgerliche Parteien, deren Mitgliedschaft hauptsächlich aus der Mittelklasse und dem Bürgertum stammt.
Dasselbe gilt für die Gewerkschaften. Sie sind keine reformistischen Organisationen mehr, die wenigstens in Tagesfragen die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, sondern eine Art Betriebspolizei, die im Interesse der Unternehmen den Arbeitsplatz- und Lohnabbau organisieren und soziale Kämpfe unterdrücken. Die jahrzehntelange Vorherrschaft dieser rechten, bürokratischer Apparate über die Arbeiterbewegung hat ein politisches Vakuum geschaffen, das die AfD und andere rechte Parteien ausnutzen.
Unter diesen Umständen kann nur eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse der rechten Gefahr wirkungsvoll entgegentreten. Sie muss international und sozialistisch sein und den Kampf gegen rechts mit dem Kampf gegen Krieg, Diktatur, Sozialabbau und den Kapitalismus verbinden. Eine solche Bewegung würde den rechten Demagogen rasch den Boden entziehen und zum Brennpunkt für die verbreitete soziale Unzufriedenheit werden. Sie kann nur in einer unversöhnlichen politischen und ideologischen Offensive gegen die Sozialdemokratie, Die Linken und ihre pseudolinken Verteidiger aufgebaut werden.
Dagegen wendet sich Flakin. Er will stattdessen eine „Aktionseinheit“ mit Gabriel, Schwesig, „dem Teufel und auch seiner Großmutter“ – wie er unter Berufung auf ein völlig aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat von Trotzki wörtlich schreibt. Flakin verrät nicht, welche gemeinsamen „antifaschistische Aktionen“ er mit Gabriel durchführen will – dem deutschen Wirtschaftsminister, der den ägyptischen Diktator al-Sisi bewundert, den Militarismus fördert und mit Pegida diskutiert.
Die von RIO, Marx 21 und der SAV propagierten „breiten Bündnisse“, „Einheits- oder Aktionsfronten“ mit allen möglichen bürgerlichen Kräften sind eine Falle für die Arbeiterklasse und das sicherste Mittel, den Aufstieg der Rechtsextremen zu beschleunigen.
Der Ursprung von RIO
Die deutsche Gruppe RIO ist selbst jüngeren Ursprungs, beruft sich aber auf eine lange Tradition, rechte Politik mit linkem Jargon und falschen Bezügen auf Trotzki zu rechtfertigen. Historisch stützt sie sich auf zwei Strömungen, die beide vor Jahrzehnten mit der Vierten Internationale brachen und sich darauf spezialisierten, Antikommunismus und Nationalismus mit pseudolinken Phrasen zu bemänteln.
Die erste Strömung ist die des „Staatskapitalismus“. Sie geht auf den Briten Tony Cliff zurück, der Ende der 1940er Jahre mit dem Trotzkismus brach und die Sowjetunion als „staatskapitalistisch“ bezeichnete. Das war keine abstrakte Frage der Terminologie. Die Vierte Internationale verteidigte die Sowjetunion trotz ihrer stalinistischen Degeneration gegen imperialistische Angriffe, weil die durch die Oktoberrevolution geschaffenen Eigentumsverhältnisse einen Fortschritt darstellten. Sie definierte die Sowjetunion als „degenerierten Arbeiterstaat“.
Cliffs Theorie des „Staatskapitalismus“ bedeutete eine Anpassung an den Imperialismus unter den Bedingungen des beginnenden Kalten Kriegs. Sie war eine durch linke Phrasen verdeckte Form des Antikommunismus. Das zeigte sich spätestens 1950, als die „Staatskapitalisten“ sich weigerten, im Koreakrieg China und die Sowjetunion gegen die amerikanische Invasion Koreas zu verteidigen.
Die „Staatskapitalisten“ durchliefen im Laufe der Jahre zahlreiche Spaltungen. Bei opportunistischen Gruppen, deren Politik darauf beruht, sich an die politischen Schwenks verschiedener Flügel der Bourgeoisie anzupassen, ist dies unvermeidlich. An der grundlegenden Ausrichtung ihrer Politik änderte dies jedoch nichts. RIO ist – wie auch Marx21 – ein Spaltprodukt dieser staatskapitalistischen Tendenz. Zu ihren Vorläufern zählt auch die Gruppe Arbeitermacht (GAM), die ihre Ablehnung des Trotzkismus in die Forderung nach einer „Fünften Internationale“ kleidete.
Die zweite Strömung, auf die sich RIO stützt, ist der Morenismus. 2011 schloss sich RIO der Trotzkistischen-Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI) an, in der der argentinische Partido de los Trabajadores Socialistas (PTS) den Ton angibt. Die PTS war 1988 als eine von mehreren Nachfolgeparteien von Nahuel Morenos Movimiento Al Socialismo (MAS) entstanden.
Moreno hatte sich in der Nachkriegsperiode ähnlich wie Cliff in einen vehementen Gegner der Vierten Internationale verwandelt. Er passte sich an den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Nationalismus Lateinamerikas an und unterstützte abwechselnd dessen Protagonisten – von Juan Peron in Argentinien bis zu Fidel Castro in Kuba. Seinem Wesen nach war der Morenismus bürgerlicher Nationalismus, eingehüllt in eine pseudomarxistische Sprache.
Auf diese rechte Tradition, die die Arbeiterklasse mehrmals mit verheerenden Niederlagen bezahlte, stützt sich Flakin, wenn er nun versucht, die rechten Manöver der Linkspartei unter Berufung auf Leo Trotzki zu verteidigen. Arbeiter und Jugendliche, die wirklich gegen die AfD kämpfen wollen, müssen lernen, zwischen dieser pseudolinken Demagogie und einer wirklich sozialistischen Politik zu unterscheiden.
Anmerkungen
[1] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1006070.den-keil-ansetzen.html
[2] https://www.marx21.de/afd-strategien-gegen-die-rechte-gefahr/
[4] http://www.neues-deutschland.de/artikel/1007468.mit-rotgruen-gegen-rassisten.html
[5] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1008551.was-wuerde-trotzki-tun.html
[6] Dieses und die folgenden Zitate stammen aus Trotzkis Artikel Wie wird der Nationalsozialismus geschlagen? (Porträt des Nationalsozialismus. Essen 1999, S. 61) aus dem Jahr 1932, aus dem auch Flakin – völlig aus dem Zusammenhang gerissen – zitiert.