Andy Durgan und En Lucha: Historische Verfälschungen zur Rechtfertigung des politischen Betrugs an den spanischen Arbeitern

Am 21. Juli 2012 veröffentlichte der britische Socialist Worker einen Artikel von Andy Durgan mit dem Titel „Die Bergarbeiter von Asturien und ihre lange kämpferische Geschichte.“ [1]

Durgan ist Mitglied von En Lucha [dt. Im Kampf], der spanischen Schwesterorganisation der britischen Socialist Workers Party. Der Artikel gibt vor, eine Untersuchung des asturischen Bergarbeiterstreiks zu sein, der Anfang des Jahres [2012] gegen die Einstellung der Bergbausubventionen durch die Partido Popular (PP) geführt wurde. Die militante Auseinandersetzung, an der sich etwa 8.000 Arbeiter nebst ihren Familien beteiligten, bestand in einem 20-tägigen Fußmarsch nach Madrid, der am 10. Juli in einer Massenkundgebung endete.

Durgan führt aus, dass die asturischen Bergarbeiter traditionell eine Vorreiterrolle in den Kämpfen der spanischen Arbeiterklasse spielten und dass viele Arbeiter und Jugendliche in ihnen die Speerspitze im Kampf gegen die massiven Sparmaßnahmen erblicken, die von der PP-Regierung eingeführt werden. Zugleich aber verschleiert er die heimtückische politische Rolle der eigenen Gewerkschaftsführer der Bergarbeiter – bloßgelegt durch die Tatsache, dass der Konflikt kurz darauf verraten worden ist.

Er schreibt: „Seit der demokratischen Transición haben die Bergarbeiter verzweifelt darum gekämpft, ihre Industrie und ihre Lebensgrundlagen zu erhalten. Ihre Siege wurden ihnen durch konstantes Schrumpfen der Minen und den Rückgang der Staatsunterstützung vergällt.“

Er erinnert an die führende Rolle der Bergarbeiter im Kampf gegen den Franco-Faschismus und setzt fort: „Zu den Kampfmethoden zählten Minenbesetzungen, Barrikaden sowie ausgeklügelter Gebrauch von Feuerwerkskörpern und Katapulten, mit denen die Polizei zurückgeschlagen wurde. Die Taktik erinnert an die Kämpfe der Jahre 1934 und 1962.“

Durgan folgert: “Zweifellos beflügelt der Bergarbeiterkampf all jene, die gegen die Sparmaßnahmen und Kürzungen kämpfen. Wenn die Regierung glaubte, sie könnte eine relativ kleine Gruppe von Arbeitern einfach beiseite wischen, so hat sie sich getäuscht. Stattdessen wurden die Bergarbeiter zu einem Symbol für Millionen, die empört sind über die Angriffe auf ihren Lebensstandard und ihre Arbeitsbedingungen. Die Bergarbeiter sind ein Symbol, das die zerstreuten Reihen des Widerstandes zusammenführen könnte.“

Auf welche Siege bezieht Durgan sich? Die 48.000 infolge korporatistischer Deals verlorenen Arbeitsstellen der Bergarbeiter seit 1958, welche die Gewerkschaftsbürokraten der Unión General de Trabajadores (UGT) und der Arbeiterkommissionen (Comisiones Obreras – CCOO) aushandelten, stellen schwerlich einen Sieg dar. Die Verschlankung der Zahl der asturischen Bergarbeiter auf heute knapp 8.000 ist keine Empfehlung für Politik und Führung der Gewerkschaften.

Der mutige Kampf der Bergarbeiter, die es auch mit der Polizei aufnahmen, hinderte die Gewerkschaftsführer nicht daran, sie von den anderen Teilen der Arbeiter und Jugendlichen zu isolieren. Diese Kämpfe spielten sich außerhalb der großen städtischen Zentren ab und wurden von den Gewerkschaften genutzt, um sich als Gegner der Regierung aufzuspielen. Dabei sind gerade sie diejenigen, die es der Regierung erleichtern, ihre weitgehenden Sparkmaßnahmen durchzusetzen.

Anders als 1934 und 1962 ist in Spanien kein faschistisches Regime an der Macht, sondern eine krisengeschüttelte Rechtsregierung. Dennoch wurden die Bergarbeiter nur wenige Tage nach Beendigung ihres Marsches aufgefordert, zurück an die Arbeit zu gehen und der Streik wurde nach insgesamt 67 Tagen beendet.

Die “Inspiration” aus den Erfahrungen der asturischen Bergarbeiter, die all jene ergreift, “die gegen die Sparmaßnahmen und Kürzungen kämpfen“ sollte eine Warnung davor sein, die Führung ihres Kampfes an Gewerkschaften und Parteien abzutreten, die auf einer nationalistischen und pro-kapitalistischen Perspektive gründen. Die Arbeiter haben kein „Symbol“ nötig, sondern eine marxistische revolutionäre Strategie mit entsprechendem Programm und dazugehöriger Taktik.

Durgan steht diesem Ansatz feindlich gegenüber. Seine Glorifizierung des Streiks ist eines der Mittel, das die Ex-Linken anwenden, um die Arbeiter den Stalinisten und verschiedenen kleinbürgerlichen Tendenzen willfährig zu machen, die sich um die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Partido Socialista Obrero Español – PSOE) und die Gewerkschaftsbürokratie zusammengeschart haben.

In den vergangenen siebzehn Monaten sind bis zu acht Millionen Arbeiter und Jugendliche durch Spaniens Städte marschiert, um den „Sozialterrorismus“ zu verurteilen, mit dem die Troika (Europäische Union, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfond) gegen sie zu Felde zieht. Die Troika erhält dabei Unterstützung sowohl von der PP als auch der PSOE.

Weil die Ablehnung der offiziellen bürgerlichen Politik und der Gewerkschaften weit verbreitet ist, haben diese Demonstrationen ihren Ursprung in sozialen Netzwerken solcher Organisationen wie Echte Demokratie Jetzt! (Democracia Real Ya!) und Jugend ohne Zukunft (Juventud Sin Futuro). Durgan sieht sich deshalb zu politischen Verrenkungen genötigt: Er will beweisen, dass die Gewerkschaften wiederbelebt und dazu gebracht werden können, für die Interessen der Arbeiter einzutreten.

Die “widersprüchliche Rolle der Gewerkschaften ist viel klarer“, schreibt er. „Viele der radikalen Linken in der Indignados-Bewegung in Spanien betrachten die Gewerkschaften als Teil des Systems.

Die Führungen der Hauptgewerkschaften, der sozialistischen UGT und der früheren kommunistischen CCOO (Comisiones Obreras – Arbeiterbevollmächtigte), sind ebenso gemäßigt und verräterisch wie andere Gewerkschaftsbürokratien auch.

Indessen vertreten die Bergarbeiter einen der am stärksten gewerkschaftlich organisierten Bereiche der Arbeiter in Spanien, in welchem die meisten Mitglieder von UGT oder CCOO sind. Ebenso wie in Griechenland wurden die Gewerkschaftsführer gezwungen zu kämpfen.“

Die einzige Sorge dieses Ex-Linken ist, dass die Gewerkschaftsbürokratie die Kontrolle über die Protestbewegung der Massen verlieren könnte. Im Gegensatz zu Durgans Behauptung gibt es in Europa keinen einzigen Ort, wo „die Gewerkschaftsführer gezwungen“ wurden „zu kämpfen“.

Das Problem besteht nicht nur in der Verkommenheit der Führung. Diese Verkommenheit hat – und dies ist das Entscheidende – ihre Wurzeln darin, dass die materielle Grundlage für gewerkschaftlichen Reformismus (der sich auf die Regulierung der Nationalökonomie stützt) durch die Entwicklung einer integrierten Weltwirtschaft zerstört wurde, in der China, Indien und Osteuropa Maßstäbe für Löhne und Arbeitsbedingungen setzen. Dies hatte einen Wandel in der Beziehung zwischen der Arbeiterklasse und ihren alten Organisationen zur Folge. Überall agieren jetzt die Gewerkschaften als Vollstrecker von Kürzungen und Sparmaßnahmen. Proteste von symbolischem Charakter werden von ihnen nur organisiert, um ihre Kollaboration mit Regierungen und Konzernführungen zu verschleiern.

Um seine Darstellung zu rechtfertigen, peppt Durgan seinen Artikel mit historischen Bezugnahmen auf die Kämpfe der asturischen Bergarbeiter auf. „Ebenso wie 1934 und 1962 ist die Solidarität ausschlaggebend,“ schreibt er. „Ein Sieg der Bergarbeiter wäre ein enormer Rückschlag für die Regierung und für die Welle von Sparmaßnahmen, die über Europa zieht.“

Vorsätzlich verschleiert Durgan die historischen Erfahrungen der spanischen Arbeiterklasse, die sie mit ihren Führern in der Vergangenheit gemacht hat. Das Entscheidende hier ist, dass er Leo Trotzkis Anstrengungen der 1930er Jahre zum Aufbau einer revolutionären Partei in Spanien überhaupt nicht erwähnt. Indem er Trotzkis in einer früheren Epoche geführten Kampf für eine politische Alternative zu den verräterischen Irreführern der Arbeiterklasse verschweigt, zielt er darauf ab, zu den pessimistischsten Schlussfolgerungen hinsichtlich der heutigen Kämpfe zu verleiten.

Aus Durgans Darstellung erfährt man nicht, dass im Jahr 1934 die weltweite Arbeiterbewegung bereits katastrophale Erfahrungen mit dem Verrat der Sozialdemokratie und des Stalinismus gemacht hatte.

In der Sowjetunion usurpierte eine Bürokratie mit Stalin an ihrer Spitze die Macht von der Arbeiterklasse. Ihre Perspektive des Aufbaus des „Sozialismus in einem Land“ reflektierte Interessen und Anschauung einer sich zunehmend konsolidierenden selbstbewussten parasitären Kaste, die keine Geduld mehr für den Kampf um die sozialistische Weltrevolution aufbrachte und im Wesentlichen nur noch daran interessiert war, ihre Privilegien zu sichern. Die politische Richtung der Komintern wurde von den Anstrengungen bestimmt, die Interessen des internationalen Proletariats den Erfordernissen der Kremlbürokratie unterzuordnen.

Dies beinhaltete zahlreiche Zickzackmanöver in der offiziellen Politik. Als Stalin sich 1928 in Russland gegen die reichen Bauern wandte, die Kulaken, die er ursprünglich gefördert hatte, zwang er der Komintern die Politik der Dritten Periode auf. Die Folge war, dass die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) die deutschen Sozialdemokraten (SPD) des „Sozialfaschismus“ bezichtigte. Mit dieser ultralinken, sektiererischen Politik wurde die Arbeiterklasse gespalten und politisch der Weg für den Sieg der Nazis bereitet.

Konfrontiert mit einer sich verschärfenden Weltwirtschaftskrise und bedroht durch faschistische Regime in Deutschland und Italien, schwenkte die sowjetische Bürokratie scharf nach rechts – sie wandte nun eine Politik der Zusammenarbeit mit den imperialistischen Mächten an und wies die kommunistischen Parteien aller Länder an, Volksfrontbündnissen beizutreten, um den liberalen Flügel der eigenen Bourgeoisie zu unterstützen.

Mit ganzer Kraft versuchte Trotzki, die Arbeiterklasse gegen diese Politik zu wappnen. Um innerhalb der sowjetischen kommunistischen Partei und dem durch die Revolution von 1917 errichteten Arbeiterstaat gegen die wachsende Bürokratie und die sie begleitenden nationalen Tendenzen kämpfen zu können, organisierte er 1923 die Linke Opposition.

Der Bruch der aufstrebenden und von Stalin geführten Bürokratie mit dem Programm der sozialistischen Weltrevolution, welches das Leitmotiv der Oktoberrevolution war, fand seinen Ausdruck im Jahr 1924, als die Politik des „Sozialismus in einem Land“ verkündet wurde.

Die Ereignisse in Spanien, wo Trotzki bemüht war, eine Sektion der Linken Opposition zu gründen, sollten sich im Kampf gegen die Degeneration und den anschließenden Zusammenbruch der Komintern unter Stalin als ausschlaggebend erweisen.

Durgan erwähnt in seinem Artikel nicht eine dieser politischen Begebenheiten. Stattdessen legt er bei der Betrachtung des asturischen Bergarbeiterstreiks die Scheuklappen des kleinbürgerlichen Provinzialismus und Nationalismus an.

Der Kampf der asturischen Bergarbeiter 1934 war nicht bloß ein Gewerkschaftskampf, wie Durgan weismachen will, sondern Bestandteil einer revolutionären Erhebung des spanischen Proletariats. Indem er mit seinem Artikel im Jahr 1934 einsetzt, umgeht er bequem die kritischen politischen Entwicklungen, die für diesen Zeitabschnitt entscheidend waren, und er entledigt sich damit der beunruhigenden Fragen nach Programm und Geschichte der politischen Tendenzen, die die Arbeiterbewegung Spaniens dominierten und letztendlich in die Niederlage führten.

Hierzu zählt auch der Verrat der PSOE. Im April 1931 hatten republikanische Kandidaten eine große Mehrheit in den Kommunalwahlen errungen, was König Alfonso XIII. ins Exil zwang. Aus Sorge vor einer Aufstandsbewegung nahm Manuel Azaña Díaz von der republikanischen Reformistischen Partei (Partido Reformista) den Posten des Premierministers an und bildete im Dezember eine Koalition mit der PSOE.

Die Einbindung der PSOE in die Regierung war bedeutsam. Eine neue Verfassung wurde vereinbart und im Dezember in Kraft gesetzt, doch ihrer Intention nach blieben Privateigentum und bürgerlicher Staat unangetastet.

Die Koalitionsregierung brachte nur kleine Reformen auf den Weg. Sie lehnte es ab, sich mit der Landfrage zu beschäftigen, Löhne zu erhöhen oder Arbeitsbedingungen zu verbessern, ernsthaft die Macht der Kirche einzuschränken, die verhasste Guardia Civil aufzulösen oder die Steuern für die Reichen zu erhöhen. Gleichzeitig ging sie resolut gegen inoffizielle Streiks vor und ließ den rechten Flügel, der sich umzugruppieren begann, unbehelligt.

Als die Klassenantagonismen sich zuspitzten, stürzte die Azaña-Regierung und eine Koalition des rechten Flügels, angeführt von Alejandro Lerroux von der Radikalrepublikanischen Partei (Partido Republicano Radical), trat im November 1933 an ihre Stelle. Angewiesen auf die Spanische Konföderation der Autonomen Rechten (Confederación Española de Derechas Autónomas—CEDA) begann sie damit, Azañas begrenzte Sozialreformen wieder zurückzunehmen, die ehemalige Macht der katholischen Kirche wiedereinzusetzen und Vorkehrungen für den Bürgerkrieg zu treffen.

Durgan schweigt über den Verrat der PSOE und die Konsequenzen. Trotzki erklärte: „Um zu verhindern, dass die Arbeiter und Bauern die Revolution bis zu ihrer Vollendung weiterführen, teilte sich die Sozialistische Partei [PSOE], ebenso wie die russischen Sozialrevolutionäre und die Menschewiki, die Macht mit der republikanischen Bourgeoisie. In den zwei Jahren, in denen die Sozialisten an der Macht waren, halfen sie der Bourgeoisie aus ihrer Verlegenheit, indem sie den Massen einige Krümel nationaler, sozialer und agrarischer Reformen hinwarfen. Gegen die revolutionärsten Schichten des Volkes hingegen wandten sie Repressionen an.

Das Resultat war ein zweifaches: Der Anarcho-Syndikalismus, der in der Hitze der Revolution wie Wachs an der Sonne geschmolzen wäre, wenn die Arbeiterpartei einen richtigen Kurs verfolgt hätte, wurde gestärkt und band die militanten Schichten des Proletariats an sich. Am entgegengesetzten Pol gelang es indessen der katholischen Sozialdemagogie, die Unzufriedenheit der Massen mit der bürgerlich-sozialistischen Regierung erfolgreich auszunutzen.“[2]

Um der Lerroux-Regierung Widerstand zu leisten und der Möglichkeit vorzubeugen, dass die CEDA Regierungsmacht übernimmt, wurden im Dezember 1933 Arbeiterallianzen gebildet. Die Spanische Sozialistische Partei (PSOE), die ihre Politik des „parlamentarischen Wegs zum Sozialismus“ gegen den „Weg des Aufstands“ ausgewechselt hatte, wurde zur wichtigsten Partei innerhalb der Arbeiterallianz.

Als Lerroux den Forderungen der CEDA nachgab und am 1. Oktober 1934 drei Ministerposten an sie übertrug, ließ die PSOE indessen ihre revolutionäre Rhetorik wieder fallen und rief einen „friedlichen Generalstreik“ für den 6. Oktober aus. Sodann tat sie alles Erdenkliche, um den Druck, der durch diese Aktion auf die Regierung fiel, minimal zu halten. Niemals unternahm sie den Versuch, eine Miliz zu organisieren oder einen Aufstand zu planen. Als die Arbeiter schließlich in Madrid ohne die PSOE auf die Straße gingen, überließ die sozialdemokratische Partei sie ihrem Schicksal. Die Arbeiterklasse von Asturien war die einzige, die den Aufstand wagte.

Durgan verharmlost die Rolle der PSOE und erfindet eine fiktive „Einheit“ innerhalb der Arbeiterallianzen. Er schreibt: „Die Bergarbeiter standen im Mittelpunkt dieser Bewegung. Dies verdankten sie ihren Kampftraditionen, einer Krise in der Bergbauindustrie und der Einheit der Arbeiterorganisationen in den Arbeiterallianzen.

Solche Allianzen wurden in ganz Spanien gegründet. Doch nur in Asturien umfassten sie sowohl die mächtige anarchistische Gewerkschaft, die CNT, als auch die kommunistischen und revolutionären Sozialisten.

Die Rebellion wurde zwei Wochen später von der Armee General Francisco Francos niedergeschlagen, der anschließend als „Schlächter von Asturien“ zu Bekanntheit gelangte.

Die Bergarbeiter wurden schließlich von übermächtigen Kräften besiegt,” fasst Durgan zusammen.

Das ist unwahr. Die Arbeiterklasse konnte mit der Armee fertig werden. Das Problem bestand darin, dass eine revolutionäre Partei fehlte und deshalb der Verrat der PSOE für die spanischen Arbeiter bedeutete, auf eine anarcho-syndikalistische Führung und deren Kampfformen zurückzufallen.

Durgan breitet seine Schwingen über die Anarcho-Syndikalisten aus und verwischt ihre Rolle bei der politischen Vorbereitung zur brutalen Unterdrückung der Rebellion. Es existierte, schreibt er, in Asturien „ein revolutionäres Komitee auf der Grundlage von Delegierten der Gewerkschaften und Arbeiterparteien“, das „die Region zu einer Sozialistischen Republik erklärte.“

Was Durgan “Sozialistische Republik” nennt, war ein bürgerliches Regime unter Führung der von der UGT kontrollierten asturischen Arbeiterallianz, das die Anarcho-Syndikalisten unterstützten. Die Weigerung der letztgenannten, die Macht zu ergreifen, erlaubte es der PSOE und der UGT, die Rebellion zu isolieren und ihre Niederlage zu besiegeln.

In Asturien traten die “Kommunisten”, wie Durgan die Stalinisten bezeichnet, den Arbeiterallianzen erst nach zweimaliger Ablehnung der Einladung bei. Während der stalinistischen „Dritten Periode“ lehnten sie mit der Begründung ab, diese seien randvoll mit „Sozialfaschisten“, „Anarchofaschisten“ und „Trotzkisten-Faschisten“. Erst nachdem Moskau die „Volksfront“-Periode eingeleitet hatte, trat die stalinistische Kommunistische Partei Spaniens (PCE) den Arbeiterallianzen bei, und zwar mit dem Ziel, sich dem rechten Flügel der PSOE anzunähern.

Die kriminelle Rolle, welche die Komintern in Deutschland spielte, sowie ihre Weigerung, dazu eine politische Analyse zu liefern, überzeugten Trotzki, dass es nicht mehr möglich war, sie zu reformieren. Die Verteidigung des Programms der sozialistischen Weltrevolution – zu dieser Gewissheit war Trotzki gelangt – konnte nur noch in Opposition zum Stalinismus, mittels des Aufbaus einer neuen, der Vierten Internationale, gelingen.

Auch diese entscheidende Erfahrung erwähnt Durgan nicht. Nahtlos geht er von den spanischen Ereignissen 1934 zu denen von 1936 über, als ob Trotzkis Kampf bedeutungslos gewesen wäre. Vergebens wartet man auf ein Wort von ihm zu der Rolle, welche die von den Stalinisten unterstützte Volksfront, zusammengesetzt aus der liberalen Bourgeoisie im Bündnis mit der PCE, der PSOE und den Zentristen von der Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit (POUM), gespielt hat.

Durgan schreibt: “Die Bergarbeiter hielten zwei Wochen in den Bergtälern und der Provinzhauptstadt Oviedo gegen die Armee aus,“ bevor sie besiegt und „fürchterlicher Repression“ durch Francos Truppen ausgesetzt wurden – „mit tausenden Ermordeten und vielen weiteren Verhafteten und Gefolterten.“

Er vermerkt die inspirierende Rolle, die sie während des 1936 ausgebrochenen Bürgerkrieges spielten, bis sie erneut „ im Oktober 1937 von den faschistischen Einheiten überwältigt“ wurden.

Nicht an einer Stelle findet sich eine politische Analyse der Niederlagen der Bergarbeiter und der spanischen Arbeiterklasse, die sich aus der konterrevolutionären Rolle der Volksfront ergaben. Die Koalition der linken und republikanischen Parteien, die am 16. Februar 1936 als Wahlsieger hervorgingen, hatte den Auftrag, den Klassenkampf innerhalb von Grenzen zu halten, die die Existenz des Kapitalismus nicht infrage stellten. Während sie die CEDA-Koalition verurteilte, die Freilassung politischer Gefangener und die Wiedereinführung der Reformen forderte, lehnte sie zugleich die Nationalisierung von Land und Privateigentum ab.

Nur Stunden nach den Wahlen vom 16. Februar unternahmen Franco und andere Generäle erfolglos einen Putschversuch. Azaña weigerte sich, sie ihrer Posten zu entheben und versetzte sie einfach an andere Stellen.

Während die Arbeiterparteien nicht darauf vorbereitet waren, gegen die Bourgeoisie tätig zu werden, bereitete die Bourgeoisie Maßnahmen gegen die Arbeiterklasse vor. Nur Monate später, im Juli, leitete Franco einen Staatsstreich ein und der dreijährige Bürgerkrieg brach aus.

Durgan erwähnt nicht einmal die Existenz der POUM. Dies kann nicht einmal als historische Unkenntnis seinerseits abgetan werden. Es ist nicht das erste Mal, dass die World Socialist Web Site auf seine Arbeit zurückkommen musste. Im Jahr 2008 zitierte Ann Talbot in einer Besprechung seines Buches The Spanish Civil War einen Artikel über die POUM, den Durgan 1990 für Revolutionary History verfasst hatte.[3]

Talbot erläutert, dass Durgan “damals Kritik an Trotzki übte und sowohl seine Analyse der Weltsituation als auch des Verlaufs der spanischen Revolution ablehnte, doch er stellte sich nicht direkt auf die Seite der Volksfront, wie er es im vorliegenden Buch tut, indem er sich die Theorie der Modernisierung aneignet.“[4]

“Trotzki wird bloß zweimal beiläufig erwähnt“, bemerkt Talbot. In einer der Erwähnungen wird er für zu „schroffes“ Benehmen gegenüber Andres Nin, dem Führer der POUM, gerügt.

Trotzki führte einen langwierigen theoretischen und politischen Kampf gegen die zentristischen Positionen der POUM und ihres Führers Nin. Nin war ehemals Mitglied der Kommunistischen Partei, brach 1930 mit der Komintern und sollte Führer der jungen spanischen Linken Opposition werden.

Trotzki hatte großen Respekt vor Nin, doch dieser lehnte es ab, obwohl er mit den Stalinisten gebrochen hatte, für die Vierte Internationale einzutreten. Stattdessen verschmolz er die Kommunistische Linke Spaniens mit der von Joaquin Maurin geführten Arbeiter- und Bauernpartei, die im Bündnis mit der rechten Opposition in Russland unter Nikolai Bucharin stand, zur POUM.

Im Zentrum von Trotzkis Kampf mit Nin stand die Notwendigkeit, in Spanien eine revolutionäre Partei aufzubauen, die eng mit einer internationalen Organisation unter ihrer Disziplin zusammenarbeitete. Der Aufbau einer nationalen Organisation, wobei politische Differenzen opportunistisch zerredet wurden, stand dem entgegen.

Obwohl er die Volksfront kritisierte, übernahm Nin einen Ministerposten in der katalanischen Regierung und legitimierte damit ihre paralysierende Rolle. Trotzki erklärte, dass es die POUM war, die eine entscheidende Rolle bei der Niederlage der Revolution spielte:

“Links von all den anderen Parteien in Spanien stand die POUM, welche zweifellos revolutionäre proletarische Elemente umfasste, die vorher nicht fest mit dem Anarchismus verbunden gewesen waren. Aber gerade diese Partei spielte in der Entwicklung der spanischen Revolution eine verhängnisvolle Rolle. Sie konnte keine Massenpartei werden, denn dazu wäre es notwendig gewesen, erst einmal die alten Parteien zu zerbrechen, und das hätte nur durch einen unversöhnlichen Kampf, durch erbarmungsloses Anprangern ihres bürgerlichen Charakters erreicht werden können.

Zwar kritisierte die POUM die alten Parteien, unterwarf sie sich ihnen aber gleichzeitig in allen Grundfragen. Sie beteiligte sich am „Volks“-Wahlblock, trat einer Regierung bei, die Arbeiterkomitees liquidierte, kämpfte für die Wiederherstellung dieser Regierungskoalition, kapitulierte immer wieder vor der anarchistischen Führung, betrieb in diesem Zusammenhang eine falsche Gewerkschaftspolitik und nahm eine schwankende und nichtrevolutionäre Haltung gegenüber dem Mai-Aufstand von 1937 ein.

Vom Standpunkt des Determinismus im Allgemeinen kann man natürlich erkennen, dass die Politik der POUM keine zufällige war. Jedes Ding auf dieser Welt hat seine Ursache. Jedoch die Reihe von Gründen, die den Zentrismus der POUM erzeugten, sind auf keinen Fall eine bloße Widerspiegelung des Zustandes des spanischen oder katalanischen Proletariats. Zwei Reihen Ursachen bewegten sich in einem Winkel aufeinander zu, und in einem bestimmten Moment kollidierten sie.“[5]

Es ist unfassbar, aber Durgan verliert nicht ein Wort über die GPU, Stalins mordende Geheimpolizei, und ihre Auswirkungen auf die spanische Arbeiterbewegung.

Die GPU führte eine Mordkampagne gegen jeden, der Stalins politischer Linie Widerstand leistete. Dies richtete sich einerseits speziell gegen die Trotzkisten, die die Arbeiter aufriefen, ihren Kampf auf Grundlage eines internationalen revolutionären Programms zu führen und sich gegen die Politik der Klassenzusammenarbeit positionierten, und anderseits gegen Francos faschistische Schergen. Auch Nin, zuvor gefoltert, wurde Opfer der feigen Morde der GPU. Diesen Mord beging Stalins Geheimpolizei zur Zeit des ersten Moskauer Schauprozesses im Jahr 1936, bei dem Trotzki in Abwesenheit als Hauptangeklagter zum Tode verurteilt wurde.

Durgans Artikel ist unausgesprochen von dem demoralisierten kleinbürgerlichen Klassenstandpunkt durchzogen, dass es unmöglich sei, den Kampf gegen Kapitalismus und Faschismus auf Grundlage eines sozialistischen Programms zu führen, weil man am Ende doch besiegt würde. Gewiss, beginnt man den Kampf, wie er es tut, nämlich im Glauben, dass der Kapitalismus allmächtig und nicht zerrissen von explosiven Widersprüchen ist, dann kassiert man eine sichere Niederlage. Durgan macht sich die Feigheit und Servilität der sozialdemokratischen, stalinistischen und zentristischen Führer der Volksfront zunutze, um die objektive revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse verleugnen zu können.

Trotzki schrieb kraftvoll über die Verantwortung der Führung:

“Die historische Verfälschung besteht darin, die Verantwortung für die spanische Niederlage den arbeitenden Massen aufzuladen und nicht den Parteien, die die revolutionäre Bewegung der Massen gelähmt oder einfach zerbrochen haben. Die Anwälte der POUM leugnen einfach die Verantwortung der Führer, um sich damit vor ihrer eigenen Verantwortung drücken zu können. Diese Philosophie der Ohnmacht, die versucht, Niederlagen als notwendige Glieder in der Kette überirdischer Entwicklungen hinzunehmen, ist total unfähig, Fragen nach solch konkreten Faktoren wie Programmen, Parteien, Persönlichkeiten, die die Organisatoren der Niederlage waren, überhaupt aufzuwerfen, und weigert sich, dies zu tun. Diese Philosophie des Fatalismus und der Schwäche ist dem Marxismus als der Theorie der revolutionären Aktion diametral entgegengesetzt.“[6]

Durgans Anstrengungen, die Rolle zu vertuschen, die die Arbeiterführer gespielt hatten, werden ebenso offenkundig bei seiner Einschätzung des asturischen Bergarbeiterstreiks von 1962. Wieder einmal fehlt die Erwähnung der Weltereignisse zwischen 1940 und 1962 und wie sie sich in Spanien ausdrückten.

Durgan unterstellt, dass Francos Sieg und die Errichtung der faschistischen Diktatur im April 1939 das Ende des Klassenkampfes in Spanien bedeutet hätten.

“Nach Francos Sieg wurden alle Gewerkschaften und Arbeiterorganisationen verboten. Die im Krieg entfesselte Repression dauerte bis Ende der 1940er Jahre,“ fasst er zusammen.

Bequemerweise heißt das für ihn, dass er sich nicht mit der Rolle beschäftigen muss, welche die Sozialdemokratie und der Stalinismus in Spanien während des Zweiten Weltkrieges spielten.

Am Ende des Krieges hoben die sich im Exil befinden republikanischen Parteien und die PSOE eine Nationale Allianz Demokratischer Kräfte aus der Taufe – sie erwarteten nach dem Zusammenbruch der Achsenmächte einen Einmarsch der Alliierten in das Land und die Wiedererrichtung eines bürgerlichen demokratischen Systems.

Die Stalinisten begannen auf derselben Perspektive 1944 einen Guerillakrieg, der etwa 15.000 ihrer Mitglieder das Leben kostete. Damit war jedoch nicht beabsichtigt, die Arbeiterklasse als unabhängige politische Kraft zum Sturz des Kapitalismus und von Francos faschistischem Regime zu mobilisieren, sondern Druck auf die alliierten imperialistischen Mächte auszuüben.

Die PCE-Führung, die einige Jahre zuvor für die Niederlage der spanischen Revolution, die sie einen „Unabhängigkeitskrieg gegen deutsche und italienische Interventionen“ genannt und die Anarchisten und die Nichteinmischungspolitik Großbritanniens und Frankreichs verantwortlich gemacht hatte, war jetzt „überzeugt, dass durch die Errichtung von Kampfzentren im Lande und das Schüren von Panik innerhalb der herrschenden Klassen eine Situation geschaffen werden könne, in der die Alliierten uns helfen würden.“[7]

Das Überleben des Kapitalismus in Europa im Endstadium des Krieges hing vor allem von der Kollaboration der Sozialdemokraten und besonders der Stalinisten ab, die der Arbeiterklasse die Beschlüsse von Jalta und Potsdam, unterzeichnet vom amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, dem britischen Premierminister Winston Churchill und Stalin, aufzwangen und somit eine revolutionäre Abrechnung mit dem Imperialismus verhinderten.

Im Gegenzug für die Kontrolle über die sogenannten “Pufferstaaten” in Osteuropa verpflichtete sich die Kremlbürokratie, den Widerstand der Arbeiterklasse mittels der kommunistischen Parteien zu unterdrücken, wie es in Frankreich und Italien geschah, und den Kapitalisten die Macht zurückzugeben.

Die imperialistischen Mächte beließen Spanien als ländliche Wirtschaft unter Francos Kontrolle. Dies war einerseits gedacht als eine Abstrafung der spanischen Arbeiterklasse dafür, dass sie im vergangenen Jahrzehnt einer sozialistischen Revolution so nahe kam. Andererseits war es der Furcht geschuldet, die Arbeiter könnten erneut eine Revolution beginnen. Vordergründig wurde Francos Regime auf der internationalen Bühne die kalte Schulter gezeigt. Aber es wurde vom US-Imperialismus weiterhin mit militärischer Ausrüstung versorgt. Seit Anbruch des Kalten Krieges betrachteten die imperialistischen Mächte den spanischen Diktator als Bollwerk gegen den Kommunismus und pflegten einmal mehr eine Politik der „Nichteinmischung“, oder genauer, stillschweigender Unterstützung.

Als im Jahr 1953 die Nato (North Atlantic Treaty Organisation) gegründet wurde, riet Stalin der PCE, ihren Guerillakrieg aufzugeben und stattdessen in faschistische und katholische Organisationen einzutreten, um zu versuchen, sie auf dem Wege bürgerlicher Demokratie zu beeinflussen. Die Sowjetunion war lediglich bestrebt, Franco zu neutralisieren. Sie verhinderte, dass Spanien der Nato und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG – der Vorläuferin der Europäischen Union) beitrat und damit Teil eines umfangreicheren wirtschaftlichen und militärischen Bündnisses wurde, das den Ostblock bedrohte.

Hinsichtlich der revolutionären Erhebung von 1962 schreibt Durgan lediglich, dass Spanien in den vierzehn vorhergehenden Jahren „ein beispielloses Wachstum erlebte und sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich transformiert wurde.

Wirtschaftliches Wachstum bedeutete, dass Arbeiter in Städte und Industrie strömten. Relativ unbeschadet von den Schrecken des Bürgerkrieges war eine neue Arbeiterklasse aufgetaucht.

„Über die 1960er Jahre hinweg wiederholten sich Zusammenstöße und Streiks, da diese neue Arbeiterklasse einerseits danach strebte, ihre Bedingungen zu verbessern und andererseits – zunehmend – die Demokratie einzuführen.“

Durgans wesentliche Verfälschung besteht in seiner Behauptung, alles, was in Spanien vor sich ging, sei ein Kampf um Demokratie gewesen. Tatsächlich entwickelte sich in diesen Jahren die längste Periode revolutionärer Kämpfe in Europa seit den 1930er Jahren. Zwischen 1968 und 1975 hatte der Kapitalismus in einer Reihe von Ländern, darunter in Spanien, nur dank der politischen Entwaffnung der Arbeiterklasse überlebt, für die ihre eigenen alten Organisationen gesorgt hatten. Dienstbeflissen spielten bei dieser Entwaffnung auch kleinbürgerliche Tendenzen, wie die Vorgängerin von SWP-En Lucha eine Nebenolle, indem sie sich dem Aufbau revolutionärer Alternativen zu den Arbeiterbürokratien entgegenstellten.

Die Entwicklung einer internationalisierten Weltwirtschaft hatte in der Tat massiven Druck auf die quasi autarke halbisolierte spanische Ökonomie ausgeübt und zwang die Bourgeoisie, sich für Überseeinvestitionen zu öffnen. Mit der Madrider Vereinbarung von 1953 garantierten die Vereinigten Staaten Spanien Hilfe im Wert von einer Milliarde Dollar im Austausch für die Erlaubnis, Stützpunkte auf spanischem Territorium zu errichten. Dessen ungeachtet stand das Land im Jahr 1957 vor dem Bankrott. Eine neue Mannschaft von Staatsbürokraten, angeführt von Laureano López Rodó, handelte mit dem Internationalen Währungsfond ein Notfallsparprogramm aus. Die Beschränkungen des freien Marktes wurden niedergerissen, ohne dass demokratische Rechte als Vorbedingungen verlangt worden wären.

Das Franco-Regime befand sich in einer Dauerkrise und sah sich wachsender Opposition ausgesetzt. Das Regime fuhr einen Zickzackkurs, bei welchem brutale Unterdrückung der Studenten- und Arbeiterunruhen mittels Polizei, Guardia Civil und Terrortrupps der Geheimdienste sich mit Zugeständnissen wie Mindestlohn und größeren Lohnerhöhungen ablösten.

Angelockt durch das repressive Arbeitsregime flossen ausländische Unterstützung und Kapitalinvestitionen ins Land, in deren Folge die spanische Wirtschaft zu wachsen begann. Daneben gab es die Überweisungen von über 500.000 spanischen Arbeitern, die gezwungen waren, im Ausland Arbeit zu suchen sowie eine gewaltige Zunahme des Tourismus aus Nordeuropa, ausgelöst durch billiger gewordene Flugkosten. Diese wachsenden Widersprüche führten einmal mehr zum Ausbruch von Klassenkämpfen, wie sie sich in der großen Streikwelle zeigten, die im Jahr 1962 das Land überzog.

Durgan ersetzt die Analyse dieses Klassenkampfes durch eine, in der er eine „Modernisierung“ Spaniens unterstellt. Damit enthebt er sich des Blickes auf die konterrevolutionäre Politik, welche die Arbeiterführer, besonders die stalinistischen Kräfte, betrieben, um das Funktionieren des spanischen Kapitalismus und das Überleben des faschistischen Franco-Regimes zu gewährleisten.

Alsdann geht Durgan zur Beschreibung der Streikentwicklung und seiner Organisierung über. An ihm waren 60.000 Arbeiter beteiligt, und dies trotz der Tatsache, dass „Streiken in Francos Spanien gleichbedeutend war mit einer militärischen Rebellion und schwer bestraft wurde. (…) Trotzdem konnten die Streikenden sich wirkungsvoll organisieren. Der Streik erfasste 24 Provinzen für mehr als acht Wochen“, stellt er fest.

“Die spanische Demokratiebewegung ergab sich teilweise aus diesen asturischen Bergarbeiterstreiks. Die Streikwelle verlieh der Bewegung Stärke, Schwung und die Hoffnung, dass der Faschismus in Spanien geschlagen werden konnte.“

So war es nicht. Obwohl begrenzte Fortschritte in Form von Lohnerhöhungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen erzielt wurden, wurde dieser Generalstreik politisch der national beschränkten Perspektive der Stalinisten und der Gewerkschaftsbürokratie untergeordnet.

Als offensichtlich wurde, dass diese Krise des Franco-Regimes bereits sein Todeskampf war, wandte sich die Rettung heischende herrschende Elite wieder einmal an die PCE. Seit 1956, dem Jahr, in dem Nikita Chruschtschow, Parteichef der KPdSU, seine Geheimrede hielt, in der er Stalin verurteilte, hatte die PCE eine Politik der „nationalen Aussöhnung“ verfolgt.

Die PCE vertrat den Standpunkt, dass die in das Regime eingebundenen Gewerkschaften (Syndikate) sich zu demokratisch gewählten Organisationen entwickeln und demokratischen Wandel herbeiführen könnten.

Santiago Carrillo, der Generalsekretär der PCE, gestand ein, dass die Partei bewusst darauf hin gearbeitet hatte, die im Untergrund wirkenden Arbeiterräte der CCOO, die entstanden, nachdem die Syndikate seit 1962 zusammengebrochen waren, in eine reformistische Richtung und zurück in die faschistischen Gewerkschaften zu bringen. Carrillo sah seinen eigenen größten Erfolg gekommen, als die staatlichen Gewerkschaften das Minimalprogramm der PCE zu ihrem eigenen machten, was eine gleitende Lohnskala und gleichen Lohn für gleiche Arbeit beinhaltete.

Im Jahr 1966 feierten die PCE-Führer, die immer noch illegal arbeiteten, einen überwältigenden Sieg in den Syndikats-Wahlen. Doch das Regime ging gegen die PCE vor, annullierte die Wahlen und illegalisierte die Arbeiterräte.

Carrillo behauptete, dass es eine “objektive Konvergenz” zwischen der Arbeiterklasse und dem „modernen“ Sektor des spanischen Kapitalismus gegeben habe, die ein bürgerliches parlamentarisches System und demokratische Freiheiten notwendig machte. Er postulierte: „Erst nachdem diese Freiheiten gewonnen worden sind, wird es möglich werden, über die Perspektiven des Sozialismus zu sprechen.“[8]

In dem Zeitraum, den Durgan so schroff und unkritisch behandelt, formulierten Carrillo und die PCE die Perspektive, die zum Rückgrat der Demobilisierung der Arbeiterklasse während der sogenannten „demokratischen Transición“ werden sollte.

Im Mittelpunkt stand die ruptura democratica – ein „demokratischer Bruch“ mit der Diktatur mittels eines Generalstreiks. Seit den frühen fünfziger Jahren und während der gesamten Zeit seines Exils in Frankreich hatte Carrillo seine Perspektive eines friedlichen nationalen Streiks ausgearbeitet. Diese Perspektive wurde nun Bestandteil der ruptura. 1973 konstatierte die PCE:

“Der Schritt von der Diktatur zur Demokratie muss durch eine echte politische Revolution erfolgen. Durch unseren Kampf, durch den Kampf, den die Kräfte, die Demokratie vorziehen, ausdrücken, schlagen wir vor, dass es unsere Aufgabe ist, einer politischen Revolution durczuführen. (…) Die Vorschläge der PCE werden den Schritt von der faschistischen Diktatur zur Demokratie ermöglichen (…) mit geringstmöglicher Gewalt und unter Ausschluss der Gefahr eines neuen Bürgerkrieges. (…) Die Kommunisten haben wiederholt gesagt, dass ein nationaler Streik die Diktatur beenden kann.

Das Konzept eines nationalen Streiks geht weiter als das eines Generalstreiks. (…) Der nationale Streik besteht nicht darin, die Arme zu verschränken und den anarchistischen Traum vom Generalstreik nachzuahmen. Es geht nicht darum, einfach die Arbeit einzustellen, die Arbeiter von der Arbeit und die Einwohner aus den Wohnvierteln holen, in Massen auf der Straße zu erscheinen (…) Es geht nicht einfach darum, das Land zum Stillstand zu bringen, sondern darum, uns selbst auf der Straße stark zu machen, (…) Kampf- und Machtorgane auf allen möglichen Ebenen zu errichten, um den Druck gegen den Kern der diktatorischen Macht zu erhöhen, bis sie gestürzt ist.“[9]

Wenn man das linke Wortgeklingel beiseite lässt, war dies ein Appell an die sogenannten „demokratischen“ Kräfte in Spanien, einschließlich derer um das Franco-Regime, ausgenommen lediglich dessen inneren „Kern“. Nachdem Franco am 20. November 1975 in seinem Bett verstorben war, beeilte sich Carrillo, das Gerede von der Massenmobilisierung über Bord zu werfen und präsentierte eine neue Strategie, die ruptura pactada – ein Bruch mit Franco, aber nicht durch Massenaktion, sondern im Parlament ausgehandelt, auf Augenhöhe mit den Eliten. Innerhalb der politischen Landschaft, die nach Francos Tod entstand, ging die PCE eine Verbindung mit der Plataforma Democrática ein, dem sozialdemokratisch beeinflussten Oppositionsbündnis.

Dies war der erste Schritt zu einer Verständigung mit allen anderen kapitalistischen Parteien in Spanien. Die PCE, die in diesem Zeitraum eine führende Rolle bei der Entwicklung des Eurokommunismus spielen sollte, war die entscheidende Kraft bei der Unterdrückung der revolutionären Kämpfe der spanischen Arbeiterklasse und einmal mehr Lebensretter des Kapitalismus.

Die aktuellen Entwicklungen des Klassenkampfes und die sich verschärfende Klassenpolarisierung nötigen Durgan zu Verfälschungen dieser fundamentalen historischen Erfahrungen. Angesichts der aufs Neue bevorstehenden Revolution lässt Durgan jede intellektuelle und historische Glaubwürdigkeit fahren, die er jemals besessen haben mag, und betätigt sich als stalinistischer Fälscher.

Würde er auch nur ein Wörtchen über die POUM verlieren, oder den Namen Trotzkis, die GPU oder Stalins Verbrechen erwähnen, dann fiele er den Bestrebungen von En Lucha und der SWP in den Rücken, die den Stalinisten und ihrer Orientierung auf den kleinbürgerlichen politischen Morast im Umkreis der verfaulenden Arbeiterbürokratie Avancen machen.

Indem er jede Bezugnahme auf Trotzkis historischen Kampf zur Ausbildung eines marxistischen Kaders im Spanien der Jahre 1931-1939 vermeidet, spricht Durgan für eine kleinbürgerliche Tendenz, die tiefste Feindschaft gegen den Marxismus und gegen den Kampf hegt, der die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse durchsetzen will. Die Geschichte beweist, dass es eine Alternative zur katastrophalen Sackgasse gab, in welche die spanischen Arbeiter in der Vergangenheit geführt worden sind. Diese Alternative wird heute vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale repräsentiert.

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Anmerkungen:

1) Andy Durgan: “The miners of Asturias and their long history of struggle”, Socialist Worker Nr. 2312 (21. Juli 2012) http://www.socialistworker.co.uk/art.php?id=29104

2) Leon Trotsky: Whither France? [Wohin geht Frankreich?] (1934), New Park Publications, 1974, S. 31-32 [aus dem Englischen].

3) Andy Durgan: “The Spanish Trotskyists and the Foundation of the POUM” [Die spanischen Trotzkisten und die Gründung der POUM], Revolutionary History, Vol. 4, Nos.1-2. (1990) [Englisch]

4) Ann Talbot: The Spanish Civil War by Andy Durgan: Britain’s SWP lends credence to Stalinist line on Spanish Civil War” [Der Spanische Bürgerkrieg von Andy Durgan. Die britische SWP verleiht der stalinistischen Politik im spanischen Bürgerkrieg Glaubwürdigkeit] (16. September 2008) [Englisch]

5) Leo Trotzki: Klasse, Partei und Führung. Warum wurde das spanische Proletariat besiegt? (1940), in: Ders.: Revolution und Bürgerkrieg in Spanien 1931-39, Band 2, Frankfurt am Main 1976, S. 345 [Orthographie angepasst]

6) Ebd., S. 346

7) Santiago Carrillo, Dialogue on Spain, Lawrence and Wishart (1974), S. 92

8) ebd. S 169

9) Aus Proyecto de Manifiesto—Programa del PCE, 1973. In PCE en sus Documentos 1920-1977, ediciones hoac, Madrid, 1977, zitiert von Patrick Baker, The Spanish Transition to democracy—A Missed opportunity to the left?”, Socialist History Society Occasional paper Nr. 11 (2000), http://www.socialisthistorysociety.co.uk/BAKER01.HTM

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