BVG-Personalratswahl: Wie der Kampf gegen die Vorherrschaft von Verdi geführt werden muss

Das Ergebnis der vergangenen Personalratswahl macht deutlich, wie groß und verbreitet die Opposition gegen Verdi bei den Berliner Verkehrsbetrieben ist. Zum ersten Mal verlor Verdi in Berlin unter uns Bus-Fahrern die Mehrheit in der Personalvertretung.

Stellwand der Liste Aktionskomitee zu den Personalratswahlen der BVG im Betriebshof Müllerstraße

Und das, obwohl die Verdi-Tarifkommission die für Januar anstehenden Tarifverhandlungen für ein übles Wahlkampfmanöver nutzte. Kurz vor der PR-Wahl gab die Tarifkommission überraschend eine relativ hohe Forderung bekannt (Entgelterhöhung von 750 € pro Monat, plus Fahrdienst-/Wechselschichtzulage von 300 €, plus Schichtzulage von 200 € plus 13. Monatsgehalt als Weihnachtszuwendung). Trotzdem musste die Gewerkschaft deutliche Stimmenverluste hinnehmen. Die Frage, wie der Kampf gegen Verdi weitergeführt werden muss, gewinnt jetzt große Bedeutung.

Im Wahlaufruf der „Liste Aktionskomitee“ hatten wir geschrieben: „Wir stehen vor großen Auseinandersetzungen. Das BVG-Management und der Berliner Senat planen im Rahmen der weiteren Privatisierung massive Sozialangriffe.“ Genau das findet jetzt statt.

Unmittelbar nach der PR-Wahl gab der Senat seine Sparpläne für den Haushalt im kommenden Jahr bekannt. Die Kürzungen haben ein Gesamtvolumen von über 3 Milliarden Euro und betreffen alle Bereiche, außer Polizei und innere Sicherheit sowie Bundeswehr und Militäreinrichtungen. Allein beim Budget für den Bereich Mobilität, Verkehr und Umwelt sollen rund 660 Millionen Euro eingespart werden, was fast 20 Prozent des gesamten Etats ausmacht.

Bei der BVG werden drastische Sparmaßnahmen vorbereitet. Obwohl Verdi im Aufsichtsrat und Wirtschaftsausschuss sitzt und an allen Planungen teilnimmt, werden genaue Informationen zurückgehalten, um Proteste zu verhindern. In Medienberichten heißt es nur, „alle Bereiche“ der BVG seien betroffen. Gespart werde nicht nur (besonders heftig) bei den Investitionen, sondern auch 100 Millionen beim laufenden Betrieb. Das sind Kürzungen von über zehn Prozent.

Wie sich das auf die Arbeitsbedingungen auswirkt, kann sich jeder vorstellen. Schon jetzt werden Fahrzeuge in schlechtem, teils unsicherem Zustand eingesetzt. Ausfälle steigern den Arbeitsdruck weiter. Auch die Streichung der Zuschüsse für die Anschaffung von Elektrobussen wird sich auf die Arbeitsbedingungen auswirken, weil eine Kredit-Finanzierung Zusatzkosten und weiteren Spardruck zur Folge hat.

Die kommenden Tarifverhandlungen finden unter völlig neuen Bedingungen statt. Senat, BVG und Kommunale Arbeitgeberverbände (KAV) planen einen massiven Sozialabbau und stützen sich auf Verdi, um ihn gegen die Belegschaft durchzusetzen.

Deshalb muss unsere Opposition gegen Verdi, die in der PR-Wahl deutlich sichtbar wurde, in eine bewusste Rebellion verwandelt werden, um die Verdi-Diktatur zu durchbrechen und den kommenden Tarifkampf selbst in die Hand zu nehmen.

Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass Verdi zum ersten Mal die Mehrheit in der Personalvertretung unter uns Bus-Fahrern verloren hat, ist ein sehr wichtiger Schritt. Aber damit ist das Ziel noch bei weitem nicht erreicht. Der Kampf hat erst begonnen.

Denn erstens hat Verdi immer noch die Mehrheit im Gesamtpersonalrat (GPR), und zweitens dominiert Verdi als Hausgewerkschaft weiter die Tarifverhandlungen. Ihre Funktionäre im Aufsichtsrat und Wirtschaftsausschuss setzen ihre intensive Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung und dem Senat fort.

Vor allem aber – und das ist das Wichtigste – hat keine der Oppositionslisten eine Perspektive, wie die Machenschaften von BVG-Management, KAV, Senat und Verdi durchbrochen werden können. Dazu müssten sie ein grundlegend anderes politisches Programm vertreten, das sich gegen die Unterordnung der Arbeiter unter die kapitalistische Profitlogik richtet.

Das zeigte sich bereits am 19. November auf der konstituierenden Sitzung des neuen GPR. Dort wurde Janine Köhler, die bisherige Vorsitzende, wiedergewählt. Sie ist schon seit 24 Jahren Verdi-Personalrätin und sitzt seit zwölf Jahren im GPR.

Seit vier Jahren ist Köhler stellvertretende GPR-Vorsitzende. Vor wenigen Wochen rückte sie nach dem altersbedingten Ausscheiden von Lothar Stephan an die Spitze nach. Köhler sitzt seit vielen Jahren im BVG-Aufsichtsrat und war an allen Entscheidungen zur schrittweisen Privatisierung, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Senkung der Löhne beteiligt.

In einem Gespräch mit der Berliner Zeitung sprach sie sich ausdrücklich gegen einen Kampf mit der Unternehmensleitung aus. Ihr Ziel sei Zusammenarbeit, nicht Konflikt. Wörtlich sagte sie: „Wir müssen die Themen gemeinsam angehen – mit der Leitung des Unternehmens. Unsere Aufgabe ist es, sie auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber zu besprechen, konstruktive Vorschläge zu erarbeiten und Lösungen zu finden. Das geht nicht, wenn wir uns in einem Konflikt mit dem Arbeitgeber befinden.“

Obwohl Köhler in den unübersichtlichen Machenschaften (aus rechtlichen Gründen vermeiden wir die Bezeichnung „mafiöse Strukturen“) von BVG, Verdi, KAV und Senat eine Schlüsselrolle spielt, wagte es in der konstituierenden Sitzung keiner der großen Verdi-Kritiker bei „Kraft durch Basis“, „Klare Kante“ oder „Offene Liste“, ihr entgegenzutreten.

Es war bekannt, dass Verdi im 29-köpfigen GPR mit 16 Stimmen nur eine dünne Mehrheit hat und dass es im Verdi-Lager Konflikte gibt. Aber niemand kandidierte gegen Köhler, weder einzeln noch in Absprache mehrerer Listen. Kein kritisches Wort wurde geäußert, und es gab, soweit sich das aus Berichten erkennen lässt, keine Gegenstimmen, höchstens ein paar zaghafte Enthaltungen von „Kraft durch Basis“. So etwas nennt man Feigheit vor dem Gegner und Betrug an den Wählern.

Schon auf dieser ersten Sitzung des GPR wurde deutlich, dass keine der Oppositionslisten eine Alternative zu Verdi darstellt. Das ist eine wichtige Erfahrung, die sich auf kommenden GPR-Sitzungen wiederholen und auch in der PR-Arbeit der einzelnen Bereiche zeigen wird. Der Grund dafür ist nicht persönlich, sondern politisch. Alle Oppositionslisten vertreten, trotz teils heftiger Kritik, dasselbe Programm wie Verdi. Das heißt, sie alle akzeptieren die kapitalistischen Rahmenbedingungen, ordnen sich der Profitorientierung unter und verbreiten die Illusion, dass bessere Verhandlungen zu besseren Ergebnissen führen.

Diese Haltung unterschätzt die wirkliche Rolle von Verdi völlig. Es geht nicht nur um schlechte Verhandlungsführer und korrupte Bürokraten. Verdi ist Teil des BVG-Managements und arbeitet eng mit den Senatsparteien zusammen, um durch verschärfte Ausbeutung und niedrigere Reallöhne die Profite zu steigern. Zu diesem Zweck setzt die Gewerkschaft ihren bürokratischen Apparat, ihre Betriebsräte und ihre Vertrauensleute ein, um jeden ernsthaften Widerstand von uns Beschäftigten zu unterdrücken oder durch fruchtlose Schein-Proteste ins Leere laufen zu lassen.

Verdi und die anderen Gewerkschaften haben sich nicht nur in Agenturen des Managements verwandelt, weil ihre Funktionäre persönlich korrupt sind. Vielmehr hat diese Verwandlung tiefe objektive Ursachen. Die globalisierte Wirtschaft gerät immer schärfer in Konflikt mit dem Nationalstaatensystem, das die Gewerkschaften vehement verteidigen. Je heftiger die Kapitalisten mit Handelskrieg und Krieg auf die Krise reagieren, umso enger schließen sich die Gewerkschaftsfunktionäre mit dem „eigenen“ Staat und den „eigenen“ Konzernen zusammen und setzen in deren Interesse Lohnsenkung und Sozialabbau durch.

Aufbau von Aktionskomitees in allen Betriebshöfen und Abteilungen

Jetzt wird klar, welche Bedeutung unser Wahlaufruf hat. Wir haben den Kampf gegen Verdi direkt mit dem Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees verbunden und erklärt, dass eine veränderte Zusammensetzung der Personalräte das Problem nicht löst. Wir haben geschrieben, notwendig sei der „Aufbau neuer Kampfstrukturen, die es uns als Arbeiterinnen und Arbeitern ermöglichen, direkt in die betrieblichen Auseinandersetzungen einzugreifen“.

Der Kampf gegen die miserablen Arbeitsbedingungen und der kommende Tarifkampf müssen in ihrem politischen Zusammenhang verstanden werden. Die geplanten sozialen Angriffe sind eng verbunden mit der Kriegspolitik. Wir hatten schon im Wahlaufruf geschrieben: „Der öffentliche Dienst und die staatlichen Unternehmen werden zugunsten der Kriegspolitik kaputtgespart.“

Das findet jetzt statt, nicht nur bei der BVG, sondern auch in der Industrie. Seit Monaten reißen die Meldungen über Entlassungen und Pleiten in der Auto- und Zulieferindustrie nicht ab. Volkswagen will 30.000 Arbeitsplätze abbauen, die Zulieferer ZF, Bosch und Schaeffler weitere Zehntausende. Ford hat erst vor wenigen Tagen den Abbau weiterer 4000 Arbeitsplätze, davon 2900 am Stammsitz in Köln, angekündigt. Und Thyssenkrupp will 11.000 Arbeitsplätze in der Stahlindustrie vernichten.

Die IG Metall unterstützt das alles. Sie und der Betriebsrat von VW haben dem Konzern bereits Einsparungen bei den Löhnen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angeboten.

Dieser Frontalangriff auf alle Arbeiter ist Teil grundlegender politischer Veränderungen. Mit der Rückkehr von Donald Trump in Weiße Haus nimmt der Kampf um Profite, Märkte und Rohstoffe neue Dimensionen an. Dieser Kampf wird auf dem Rücken der Arbeiterklasse ausgetragen.

Trump stellt eine Regierung von rechtsextremen Oligarchen zusammen. Tesla-Chef Elon Musk, der reichste Mann der Welt, übernimmt persönlich die Aufgabe, 2 Billionen Dollar staatliche Ausgaben einzusparen und alles kurz und klein zu schlagen, was keinen Profit abwirft – von der Bildung über Renten und Sozialleistungen bis zur Gesundheitsversorgung. Nur für die Aufrüstung von Militär und Polizei sind unbeschränkte Summen da.

Die Konzerne und Regierungen in Europa eifern Trump nach. Sie greifen die Arbeiterklasse an und kämpfen um Märkte und Profite. Wie vor 90 Jahren treibt der Kapitalismus auf Diktatur und einen Weltkrieg zu, der die menschliche Zivilisation vernichten wird, wenn der Amoklauf der Herrschenden nicht rechtzeitig von der Arbeiterklasse gestoppt wird. Die Nato steht schon jetzt im Krieg mit Russland. Sie setzt jeden Tag schlagkräftigere Waffen ein, auch wenn sie damit einen Atomkrieg riskiert.

Der Frontalangriff auf die Arbeiter bei Ford und VW, bei Thyssenkrupp und auch bei der BVG steht in diesem Zusammenhang. Krieg und Profit vertragen sich nicht mit sozialem Ausgleich und Demokratie. Überall spielen Verdi, IG Metall und alle anderen Gewerkschaften die Schlüsselrolle, um die Angriffe durchzusetzen.

Im Wahlaufruf hatten wir geschrieben: „Wenn wir uns nicht wie Lämmer auf die Schlachtbank führen lassen wollen, müssen wir uns gegen diese Politik zur Wehr setzen und den Kampf für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen mit dem Kampf gegen militärische Aufrüstung und Krieg verbinden.“

Auf dem nächsten Treffen des Aktionskomitees wollen wir darüber diskutieren, wie wir das konkret umsetzen. Schaut für die nächsten Termine und Links zu den Treffen auf diese Seite.

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