Ab heute bis Donnerstag finden bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) die Wahlen zum Personalrat statt. Anders als bei früheren Wahlen tritt dieses Mal die „Liste Aktionskomitee“ (in Bo-Nord) an. Sie ruft dazu auf, die diktatorische Kontrolle, die Verdi bei den Verkehrsbetrieben ausübt, zu durchbrechen und unabhängige Aktionskomitees in allen Betriebshöfen und Abteilungen aufzubauen.
In ihrem Wahlaufruf heißt es: „Wir kandidieren bei diesen PR-Wahlen, um neue Kampf-Strukturen aufzubauen, die es uns Arbeiterinnen und Arbeitern ermöglichen, direkt in die betrieblichen Auseinandersetzungen einzugreifen.“
Der Busfahrer Andy Niklaus, der schon seit 1991 bei der BVG arbeitet, betonte gegenüber der WSWS: „Unser Ziel ist es, die große Stärke und Macht zu entwickeln, die wir als Beschäftigte haben. Wir wollen das Selbstbewusstsein stärken, dass wir es sind, die die Stadt und das Land in Bewegung halten.“ Er erklärte überzeugend: „Wir Arbeiter sind keine Bittsteller und Bettler, wir haben Rechte! Und diese Rechte stehen höher als die Profitinteressen der Investoren, Spekulanten und Superreichen.“
Niklaus hat in den vergangenen Wochen viele Gespräche mit seinen Kolleginnen und Kollegen geführt, um deutlich zu machen, warum der Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees so wichtig und dringend sei. Es genüge nicht, gegen Verdi zu protestieren, es sei notwendig neue demokratische Strukturen des Widerstands aufzubauen, um die Verdi-Dominanz zu überwinden. Durch unabhängige Aktionskomitees sei es möglich den „Verdi-Klüngel“ auszuhebeln, Verbindung zu Verkehrsarbeitern in anderen Städten und anderen Ländern aufzubauen, die mit sehr ähnlichen Problemen konfrontiert sind, und gemeinsame Kampfmaßnahmen vorzubereiten.
Die jüngsten politischen Ereignisse – die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten und als Reaktion darauf der Bruch der Ampel-Koalition – hätten die Bedeutung und Dringlichkeit noch bedeutend erhöht, „dass wir als Arbeiter aktiv werden und die bürokratische Zwangsjacke des Gewerkschaftsapparats durchbrechen“, so Niklaus.
Die Stimmabgabe für die „Liste Aktionskomitee“ und die Mitarbeit im Aktionskomitee ist gerade deshalb so wichtig, weil das BVG-Management und der Berliner Senat im Rahmen der weiteren Privatisierung massive Sozialangriffe planen. Verdi sitzt im Aufsichtsrat und in allen Führungsgremien, gibt aber keine Einzelheiten über geplante Sparmaßnahmen bekannt.
Im vergangenen Monat sickerten Pläne der Berliner Landesregierung aus CDU und SPD durch, wonach „Mittelkürzungen für den ÖPNV“ in größerem Umfang geplant seien. Was genau geplant wird und welche Auswirkungen es hat, bleibt geheim.
Eigentlich gibt es zwischen dem Land Berlin und der BVG einen Verkehrsvertrag mit einer Laufzeit bis 2035, der festlegt, in welchem Umfang der Senat den Öffentlichen Personennahverkehr finanziell unterstützt. Allerdings wird dieser Vertrag alle fünf Jahre einer Überprüfung durch den Senat und die Verkehrsbetriebe unterzogen, und die steht unmittelbar bevor.
Schon jetzt verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen bei der BVG immer mehr. Unerträgliche Schichten, ständig steigende Arbeitshetze und Niedriglöhne führen dazu, dass viele Mitarbeiter nach einem besseren Arbeitsplatz Ausschau halten. Gleichzeitig bleiben hunderte Arbeitsplätze für Fahr- und Technikpersonal unbesetzt, weil sich niemand den Stress zum Niedriglohn und die miesen Arbeitsbedingungen antun will.
Dazu kommen die Auswirkungen der Privatisierung, die ständig vorangetrieben wird. Private Dienstleister, wie das Unternehmen Schröder-Reisen aus Ulm, das sich in Berlin breit macht und auch einen Teil der Flix-Busse übernommen hat, versuchen, sich immer mehr BVG-Buslinien unter den Nagel zu reißen. Ihr Ziel ist klar: radikaler Sozialabbau, Lohnsenkung und Profitsteigerung.
Zwar ist das Unternehmen Schröder-Reisen vertraglich verpflichtet, die Sicherheitsstandards und die Sozialleistung der BVG einzuhalten, doch ob und wie das überprüft wird, ist nicht bekannt. Kollegen berichten, dass Arbeitskräfte aus Polen, anderen Ländern Osteuropas und weltweit angeheuert werden und nach kurzer Anlernzeit und ohne ausreichende Sprachkenntnisse als Fahrer eingesetzt werden.
Verdi unternimmt nichts gegen die Privatisierung und ihre Auswirkungen. Genauso wenig hat sie unternommen, als für die Altbeschäftigten die Löhne um 16 und für die Neueingestellten sogar um 30 Prozent gesenkt wurden. In Wahrheit unterstützt die Gewerkschaft, die sich als Co-Manager bezeichnet, die Lohnspaltung, um Druck auf die Beschäftigen auszuüben und einen gemeinsamen Kampf zu verhindern.
Andy Niklaus und die Liste Aktionskomitee betonen, dass die Kriegspolitik der Bundesregierung, die von allen Parlamentsparteien und von den Gewerkschaften unterstützt wird, direkte Auswirkung auf die Situation in den Betrieben und die Arbeitsbedingungen hat. In ihrem Wahlaufruf heißt es: „Um die horrende Aufrüstung zu finanzieren, werden alle Bereiche der Daseinsvorsorge kaputtgespart. Jeder Bereich des gesellschaftlichen Lebens soll der Kriegspolitik untergeordnet werden.“
Als Niklaus im Frühjahr dazu aufrief, die Studenten an der Humboldt Universität und ihren Protest gegen den Bombenterror in Gaza zu unterstützen, wurde er sofort vom Dienst suspendiert. Doch Niklaus ließ sich nicht einschüchtern. Er schlug diesen Angriff auf die Meinungsfreiheit erfolgreich zurück und betonte, dass der Kampf gegen Privatisierung und Lohnraub direkt mit dem Kampf gegen Krieg und Aufrüstung verbunden werden muss.
Dieselbe Unternehmensleitung, die Kriegsgegnern unter den Beschäftigen einen Maulkorb verpassen wollte, trat wenige Monate später als Kriegspropagandistin auf.
Ende Oktober veröffentlichte der Tagesspiegel einen Bericht und ein Video, in dem ein BVG-Mitarbeiter als leuchtendes Beispiel dargestellt wird, weil er sich am Wochenende militärisch ausbilden lässt. Im Begleittext heißt es: „Philipp J. arbeitet eigentlich bei der BVG, am Wochenende lässt er sich zum Reserve-Sodaten ausbilden. Die Grundausbildung für Ungediente wurde 2019 als Pilotprojekt gestartet. In Berlin läuft in diesem Jahr der erste Durchgang.“
Philipp J. wird mit den Worten zitiert: „So was wie 1945 möchte ich eigentlich nicht erleben.“ Was er damit meint, angesichts der Tatsache, dass Russland und die Rote Armee im Frühjahr 1945 die Schlacht um Berlin gewannen und die Nazi-Truppen besiegten, wurde nicht genannt.
Die Liste Aktionskomitee lehnt dieser Militärpropaganda strikt ab. Am Ende ihres Wahlaufrufs heißt es:
Der Logik des Kriegs und des internationalen Konkurrenzkampfes müssen wir die Solidarität der Arbeiter auf der ganzen Welt entgegenstellen.
Wir sind Internationalisten, weil wir wissen, dass Arbeiter überall mit denselben Problemen zu kämpfen haben und die berechtigten Forderungen nur gemeinsam durchsetzen können. Wir verteidigen nicht nur unsere migrantischen Kolleginnen und Kollegen, sondern auch Flüchtlinge und Asylsuchende. Wir sind schon jetzt mit Aktionskomitees von Busfahrern in London, München und vielen anderen Städten in Kontakt und haben uns in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees zusammengeschlossen. Wir reden nicht nur von internationaler Solidarität, wir organisieren sie!
Also: Wählt die Liste Aktionskomitee!
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