Berliner Senat bereitet sozialen und kulturellen Kahlschlag vor

Die letzten Jahre waren in Deutschland von drastischen Sparmaßnahmen geprägt, um die militärische Aufrüstung zu finanzieren. Das Ende der Ampel-Koalition auf Bundesebene wird diese Entwicklung weiter verschärfen. Die Berliner Landesregierung von CDU und SPD nimmt sie mit ihren Haushaltskürzungen bereits vorweg.

Senatoren im Berliner Abgeordnetenhaus [Photo by Sandro Halank / CC BY-SA 4.0]

Allein im nächsten Jahr will der Berliner Senat drei Milliarden Euro einsparen. Für die Jahre 2026 und 2027 sind Kürzungen von mindestens weiteren 1,8 Milliarden Euro geplant. Dazu haben sich CDU und SPD auf eine finanzpolitische Nullrunde geeinigt, alle Etatposten sollen auf dem Niveau von 2025 eingefroren werden. Aktuell umfasst der gesamte Haushalt rund 40 Milliarden Euro.

Im September wurden die Senatsverwaltungen angewiesen, für 2025 vorerst keine festen Mittelzusagen mehr zu machen. Dazu wurde ein „Rundschreiben zur Sicherung der Haushaltswirtschaft 2025“ an sämtliche Verwaltungen versendet, wie Finanzsenator Stefan Evers (CDU) erklärte. Dabei sollten „keine falschen Erwartungen beispielsweise bei Zuwendungs- und Zuschussempfängern für das kommende Jahr geweckt werden“, so die Finanzverwaltung weiter.

Bereits die Vorgängerregierungen, die 22 Jahre lang von der SPD geführt wurden und denen lange Zeit auch Die Linke und die Grünen angehörten, hatten massive Kürzungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales durchgeführt und Berlin zur Hauptstadt der Armut gemacht.

Wie drastisch die jetzt geplanten Kürzungen sind, macht die Aussage einer Sprecherin der Finanzverwaltung deutlich, die erklärte: „Wir müssen die Staatsausgaben nach der Ausgabenexplosion in den letzten fünf Jahren auf ein normales, nachhaltiges Niveau zurückführen.“

Schon für das laufende Jahr hatte die Landesregierung erhebliche Kürzungen beschlossen. Jedes Ressort musste das Budget um rund zwei Prozent kürzen, wodurch rund 550 Millionen Euro eingespart wurden.

Im Abgeordnetenhaus ist nicht ohne Grund die Rede von „der schwersten Haushaltskrise seit dem Bankenskandal“. 2001 wurden die Milliardenverluste der Bankgesellschaft Berlin durch den damaligen Wowereit-Senat aus SPD und Linkspartei/PDS mit brutalen Sparmaßnahmen auf die Bevölkerung abgewälzt. Heute stehen unter verschärften Bedingungen noch viel weitergehende Kürzungen auf der Tagesordnung.

Die konkreten Kürzungen werden aktuell vom Senat hinter verschlossenen Türen festgelegt und sollen erst Ende November öffentlich gemacht werden. Daher wurde bisher nur wenig bekannt. Sicher ist aber, dass beinahe alle Bereiche von den Kürzungen betroffen sind.

Massive Einsparungen soll es im Bereich der Bildung und Erziehung geben. Schon jetzt dürfen Berliner Schulen keine Klassenfahrten mehr buchen. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) begründete dies mit der Stabilisierung des Haushalts. Hier sollen sowohl die Kosten für die beteiligten Lehrkräfte eingespart werden, als auch Zuschüsse für arme Familien. Anspruch auf diese Zuschüsse hatten zuletzt rund 30 Prozent der Schüler. Auch weitere Kosten für Dienstreisen u.ä. für Lehrkräfte sollen gestrichen werden.

Weitere Einsparungen sind bei der Sanierung von Schulen und Kitas vorgesehen, die flächendeckend in einem maroden Zustand sind. Auch Neubauten könnten kleiner ausfallen als geplant. Pressemeldungen zufolge könnte auch der zusätzliche Bau dringend benötigter Kitas gestrichen werden.

Besonders betroffen sind die zwölf Berliner Musikschulen. Hier wird die eigentlich gesetzlich vorgeschriebene Festanstellung von 1800 Lehrkräften seit Monaten verzögert. Finanzsenator Evers hat erklärt, die Gelder würden nur bereitgestellt, wenn sie durch eine Reduzierung des Angebots der Musikschulen finanziert werden. Als Folge würden etwa 25 bis 30 Prozent der Musikschüler ihren Unterrichtsplatz verlieren. Betroffen wären rund 18.000 Schüler.

In den Bereichen Gesundheit und Soziales werden ebenfalls heftige Einschnitte erwartet. Etwa 40 Träger von Gesundheitseinrichtungen und ähnliche freie Träger wandten sich bereits mit einem Positionspapier an den Senat, da sie berechtigterweise um die weitere Finanzierung und damit ihr Überleben fürchten.

Der Großteil von ihnen übernimmt im Auftrag des Landes wichtige Angebote wie Seelsorge, Hospizarbeit, Unterstützung bei chronischen Erkrankungen oder die Versorgung von nicht krankenversicherten Menschen. Dabei sind sie in der Regel zu einhundert Prozent auf die Finanzierung des Landes angewiesen.

Seit vielen Jahren und Jahrzehnten sind diese Angebote bereits hoffnungslos unterfinanziert und können nicht selten nur durch das Engagement der Beschäftigten aufrechterhalten werden. Doch durch die nun geplanten Sparmaßnahmen droht hier ein regelrechter Kahlschlag.

„Bereits aktuell reichen die öffentlichen Gelder für die gesundheitliche Versorgung von obdach- und wohnungslosen Menschen sowie Menschen ohne Krankenversicherung in Berlin nicht aus,“ betonte auch Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin, und warnte davor, die soziale Infrastruktur der Stadt zu zerstören.

Heftige Kürzungen planen CDU und SPD im Kulturbereich. Kultursenator Joe Chialo (CDU) verweigerte bisher jede Stellungnahme dazu, wie viel am Ende wo gespart werden soll. Insgesamt belaufen sich die angestrebten Kürzungen auf ein Volumen von rund 120 Millionen Euro.

Schon jetzt gibt es heftige Proteste gegen die geplanten Kürzungen. In einem offenen Brief an den Berliner Senat warnen die Unterzeichner vor den Folgen drastischer Kürzungen. Opern-, Konzert- und Theatereinrichtungen müssten in diesem Fall ihren Spielbetrieb einschränken und Arbeitsplätze abbauen, manche wahrscheinlich schließen. Zu den namhaften Unterzeichnern gehören unter anderem der Dirigent Daniel Barenboim, der Schauspieler Lars Eidinger und der Theaterregisseur Frank Castorf.

Das ein Szenario der Schließung renommierter Häuser nicht abwegig ist, bestätigte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bereits im Sommer dieses Jahres. Im Zusammenhang mit einem möglichen Verkauf der Komischen Oper erklärte Wegner, man habe eine Situation im Landeshaushalt, die „keine Denkverbote zulässt“. Aktuell wird die seit Jahren dringende Sanierung des Gebäudes mit Verweis auf die angeblich notwendigen Einsparungen weiter verschoben.

Weitere Kürzungen werden auch beim Klimaschutz erwartet, obwohl es hier bereits kaum mehr nennenswerte Ausgaben gibt. Bereits Anfang des Jahres wurde auf Betreiben der Finanzverwaltung das sogenannte Klima-Sondervermögen eingestampft, das zuvor großspurig angekündigt worden war. Und nun sollen auch Maßnahmen wie das geplante Anbringen von Solaranlagen in landeseigenen Gebäuden dem Rotstift zum Opfer fallen.

Dieser soziale Kahlschlag lässt sich nur gegen den Widerstand der Bevölkerung durchsetzen. Deshalb gilt es als sicher, dass es keine Einsparungen bei der Polizei und den Geheimdienst- und Sicherheitsapparaten geben wird. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat sich deutlich gegen jede Einsparung in diesem Bereich ausgesprochen und wir dabei vom gesamten Senat unterstützt.

Loading