Das „Sicherheitspaket“ der Ampel: ein weiterer Schritt zum Polizeistaat

Die Scholz-Regierung ist dabei, einen Polizeistaat gegen die Arbeiterklasse aufzubauen. Das zeigt das neue „Sicherheitspaket“ von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Das Paket unterhöhlt das Asylrecht weiter, verschärft das Waffenrecht und räumt der Bundespolizei und dem Verfassungsschutz mehr Vollmachten ein.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihr polnischer Amtskollege Tomasz Siemoniak an der martialisch abgeschirmten polnischen Grenze zu Weißrussland [Photo by gov.pl / CC BY 3.0]

Das Paket, das aus zwei neuen Gesetzen besteht („Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“, „Verbesserung der Terrorismusbekämpfung“) wurde am 18. Oktober im Bundestag mit den Stimmen der Ampelparteien angenommen. Ministerin Faeser kommentierte, es sei „die richtige Antwort auf die aktuellen Bedrohungen durch islamistischen Terrorismus, durch Antisemitismus, durch Rechts- und Linksextremismus“.

Allerdings wurde das Paket noch am selben Tag vom Bundesrat teilweise wieder gestoppt, der die Erlaubnis eines biometrischen Datenabgleichs für Sicherheitsbehörden beanstandete. Gleichzeitig machten die Ministerpräsidenten der CDU/CSU deutlich, dass ihnen das Paket nicht weit genug geht, und der CDU-Innenminister Nordrhein-Westfalens, Herbert Reul, forderte im Deutschlandfunk noch mehr Spielraum für Polizei und Verfassungsschutz.

Große Teile des Pakets, die das Asylrecht und das Waffenrecht betreffen, sind indessen Ende Oktober schon in Kraft getreten.

Angriffe auf Geflüchtete

Insbesondere die Angriffe auf das Asylrecht zielen darauf ab, die Arbeiterklasse zu spalten und einzuschüchtern. Sie erweitern das „große Rückführungspaket“, welches das Scholz-Kabinett schon im Juni beschlossen hat. Der Willkür wird Tür und Tor geöffnet, denn Abschiebegründe sind künftig auch Straftaten mit „fremdenfeindlichem oder menschenverachtendem“ Beweggrund, darunter auch „Antisemitismus, Rassismus, Sexismus oder Queerfeindlichkeit“.

Die bereits deutlich angestiegenen Abschiebezahlen sollen noch einmal stark steigen. Fast 10.000 Menschen sind im ersten Halbjahr 2024 abgeschoben worden. Nun steht die Regierung auch in Verhandlungen mit der Türkei über wöchentliche massenhafte Abschiebeflüge. Seit August finden auch Abschiebungen nach Afghanistan statt, und Ministerin Faeser verspricht: „An Syrien arbeiten wir gerade.“

Das Asyl- und Aufenthaltsrecht wird immer stärker eingeschränkt. Zum Beispiel will man den so genannten „Dublin-Fällen“, also Menschen, die schon in einem anderen EU-Land registriert sind, innerhalb von zwei Wochen alle Leistungen entziehen. Außerdem soll die Doppelbestrafung verurteilter Straftäter durch Abschiebung noch rigoroser durchgesetzt werden. Auch soll künftig gelten, dass Asylberechtigte, die kurz ihr Heimatland besuchen, jeglichen Schutzstatus verlieren.

Gegen die aggressive Politikerhetze ist es zu einer Welle von Protestschreiben und bei den Grünen auch zu vielen Parteiaustritten gekommen. Laut Pro Asyl sind die Bestimmungen „offensichtlich grundgesetz- und europarechtswidrig“. Es sei „aber nicht auszuschließen, dass einige Behörden anfangen zu versuchen, den Willen des Gesetzgebers 1:1 in die Tat umzusetzen“ und dass weiterhin „Betroffene keine ausreichende Unterstützung für Klagen haben“. Infolgedessen könnte es „tatsächlich zu einer in Deutschland bislang unbekannten Obdachlosigkeit von schutzsuchenden Menschen“ kommen, warnt Pro Asyl.

Eine Erklärung gegen die neuen Gesetze trägt tausende Unterschriften, darunter von Organisationen wie Amnesty International, Pro Asyl, Der Paritätische, Deutsches Kinderhilfswerk, Internationaler Bund (IB), IPPNW, Kindernothilfe, Save the Children, Terre des Hommes etc. In der Erklärung heißt es:

Nach Deutschland geflüchtete Menschen sind Teil unserer Gesellschaft: Sie arbeiten und engagieren sich hier, ziehen ihre Kinder hier groß und gehören hierher. Fehlverhalten einzelner darf niemals dazu führen, dass pauschal bestimmte Gruppen von Menschen stigmatisiert, rassifiziert und als nicht zugehörig markiert werden. Wir lassen uns nicht spalten.

Waffenrecht und Polizei

Um die „innere Sicherheit“ zu stärken, wird auch das Waffenrecht verschärft. Nicht nur soll künftig die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern besser überprüft werden. Das Messerverbot wird ausgeweitet und soll künftig sowohl bei Volksfesten und anderen öffentlichen Veranstaltungen als auch im öffentlichen Personennahverkehr, an den Bahnhöfen und an allen „kriminalitätsbelasteten Orten“ gelten.

Dagegen wehren sich bereits Vereine von Jägern und Sportschützen mit dem Argument, dass gerade Menschen, die im Begriff sind, terroristische Taten wie in Mannheim oder Solingen zu verüben, sich wohl kaum um derartige Ordnungswidrigkeiten scheren werden.

Allerdings erfordert die Durchsetzung von Messerverboten deutlich mehr Polizisten, denen außerdem mehr Vollmachten zugestanden werden müssen: Zum Beispiel muss ihnen dann erlaubt sein, verdachtsunabhängige Kontrollen durchzusetzen. Genau das ist jedoch die Absicht der Regierung, die mehr und mehr dazu übergeht, demokratische Grundrechte wie das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit Füßen zu treten.

Immer häufiger wurde in den letzten Monaten Polizei eingesetzt, um friedliche Kundgebungen zu unterdrücken, z.B. von Umweltaktivisten der Letzten Generation oder von Menschen, die gegen das israelische Massaker an den Palästinensern protestieren.

Welche Konsequenzen dies hat, zeigt sich in einer Statistik, die die Nachrichtenagentur dpa vor kurzem veröffentlicht hat. Sie hat in diesem Jahr die Polizeiberichte ausgewertet und kommt zum Schluss, dass Polizeibeamte bisher im Jahr 2024 schon 17 Menschen erschossen haben. Dies sind deutlich mehr als in derselben Zeit in all den Jahren davor. Dabei haben Polizeischüsse sehr oft Menschen getötet, „die sich in einer psychischen Ausnahmesituation befanden oder wegen psychischer Erkrankungen schon in Behandlung waren“.

Aufgeheizte Atmosphäre

In der Öffentlichkeit sind von Medien und Parteien fast nur Stimmen zu vernehmen, die die Regierung unterstützen oder sie auffordern, noch schärfere Gesetze zu erlassen.

So kritisiert zum Beispiel Sahra Wagenknecht die Bundesinnenministerin von rechts. Die BSW-Vorsitzende schreibt: „Jahrelang hat Innenministerin Faeser den Kampf gegen die unkontrollierte Migration ausgebremst (…) Ihr Versagen baden Bürger, Kommunen und Polizei tagtäglich aus.“ Die Bahnhöfe seien in den Abendstunden „insbesondere für Frauen zu No-Go-Areas geworden“.

In den Mainstreammedien (nicht nur in der Bild-Zeitung) erscheinen fast täglich Berichte über „ausländische Straftäter“, „Integrationsverweigerer“ und über das „Versagen des Asylsystems“ etc.

In dieser aufgeheizten Atmosphäre kommt es immer häufiger zu wirklich brutalen Abschiebungen, worauf Beobachter von Diakonie und Caritas am Frankfurter Flughafen aufmerksam machen. Ohne das Nötigste, „in Hausschuhen und Flipflops“, oft auch gefesselt, würden die Menschen zu den Flügen gebracht. Meist hätten die Betroffenen keinerlei Möglichkeit, vorher zu packen oder Geld vom Konto abzuheben.

Ein schlimmes Beispiel ist die Abschiebung der 18-jährigen Aysu am 12. September aus Hessen, wo sie eine Ausbildung zur Pflegehelferin hätte antreten können. Für ihre Pflegefamilie völlig überraschend wurde sie nach Aserbaidschan abgeschoben, wo sie keine Familie und auch sonst niemanden hat.

Während das tägliche Leben der Bevölkerung bezüglich Arbeit, Familie und Finanzen immer unsicherer wird, spielt das „Sicherheitspaket“ der Ampel-Regierung dem wachsenden Faschismus und der AfD in die Hände, deren Programm der „Remigration“ es faktisch übernimmt.

Das kann nur im Zusammenhang mit den aktuellen Angriffen auf Löhne und Arbeitsplätze verstanden werden. Bei der Bahn, im öffentlichen Dienst, in der Autoindustrie (ganz aktuell bei VW) kommt es zu Stellenstreichungen, Werkschließungen, Privatisierungen und Lohnkürzungen, und die Kosten der Kriegspolitik verschärfen noch die Lage. Das provoziert explosive Klassenkämpfe. Das ist der Grund, warum die Regierung fast panisch nach mehr „Sicherheit“ strebt – nicht für die arbeitende Bevölkerung, sondern für die herrschende Klasse und den kapitalistischen Staat.

Wozu die bürgerlichen Politiker in der Lage sind, zeigen sie in ihrer Außenpolitik: Alle etablierten Parteien, sowohl von der Ampel als auch der Opposition, unterstützen den Völkermord Israels im Gaza. In der Ukraine bewaffnen sie das Selenskyj-Regime, das sich offen auf Faschisten stützt.

Was Faeser unter „Sicherheit“ versteht, hat sie gerade in dieser Woche in Polen unter Beweis gestellt: An der Seite des polnischen Innenministers hat sie die Grenze zu Weißrussland besucht, die von meterhohen Grenzzäunen, Stacheldraht, einem elektronischen Überwachungssystem und einer martialisch bewaffneten Security abgeschirmt wird, und hat dort vorgeschlagen, künftig auch Frontex-Kräfte zur Verstärkung einzusetzen.

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