Zum Global Wealth Report 2023

Das Inflationsjahr 2023 war eine Bereicherungsorgie für Superreiche

Multimillionäre auf der ganzen Welt haben vom Inflationsjahr 2023 profitiert. Allein die deutschen Superreichen mehrten ihr Vermögen um 10 Prozent auf mehr als 2,1 Billionen Euro. Mit diesem Geld könnte man Tausende neuer Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Wohnsiedlungen etc. finanzieren, das gesamte Schienen- und Straßennetz Deutschlands modernisieren und den Welthunger beenden.

Champagner-Kühler (Foto: Harald Bischoff, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Der weltweite Reichtum, den die internationale Arbeiterklasse produziert, konzentriert sich in den Händen von 73.000 Superreichen, den sogenannten „Ultra High Net Worth Individuals“, wie die Finanzmarktanalysten sie nennen.

Diesen „Individuals“ stehen hunderte Millionen Arbeiter gegenüber, die kaum noch wissen, wie sie die ständig steigenden Kosten für Grundnahrungsmittel, Energie und Miete jede Woche oder jeden Monat aufbringen sollen.

Die Analysten des neuesten globalen Reichtumsberichts 2023, des Global Wealth Report 2023 von der Boston Consulting Group (BCG), feiern in einem Pressebericht aus Zürich: „Nach einem schwachen Jahr 2022 ist das weltweite Nettovermögen im vergangenen Jahr wieder deutlich gestiegen.“

Der Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine, der immense monetäre, wirtschaftliche und menschliche Reserven verschlingt, sowie das Abschlachten der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen haben die Gewinnmarge der Superreichen nicht im geringsten beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil!

Das Nettovermögen der herrschenden Klassen in allen Nationalstaaten stieg 2023 um mehr als vier Prozent auf über 400 Billionen Euro, wie der Global Wealth Report offenbart. Das globale Finanzvermögen (Bargeld, Kontoguthaben, Schuldverschreibungen, Aktien und Investmentfonds sowie Pensionen) stieg um sieben Prozent auf 231 Billionen Euro. Am größten war der Zuwachs in Nordamerika (+ 8,7 Billionen Euro), Westeuropa (+1,8 Billionen Euro) und Asien-Pazifik exklusiv Japan (+2,5 Billionen Euro). Die globalen Sachwertvermögen (Immobilien, Edelmetalle und andere physische Anlagen) stiegen um zwei Prozent auf 220 Billionen Euro.

Der BCG-Bericht soll den kapitalistischen Finanzaristokraten und Oligarchen „in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten, wie zuletzt während des Konflikts in der Ukraine (…), klare Trends bei den grenzüberschreitenden Vermögensströmen, den so genannten Cross Border Assets“ aufzeigen. So lobte Michael Kahlich, BCG-Partner in Zürich und Co-Autor der Studie, das letzte Jahr sei „wieder ein deutlich besseres Jahr an den internationalen Finanzmärkten. Vor allem Anlegerinnen und Anleger in Nordamerika und Westeuropa haben davon profitiert.“

Als führende Finanzkraft habe das nordamerikanische Finanzkapital wieder am stärksten sowohl absolut als auch prozentual seinen Reichtum vermehrt. Mit 100 Billionen Euro stehe es weiterhin deutlich an der Spitze des globalen Rankings der Finanzvermögen.

Letztes Jahr stieg das Finanzkapital Nordamerikas um knapp neun Prozent bzw. 8,4 Billionen Euro. Im Vergleich zu seinem deutschen Rivalen auf dem Weltmarkt, so der Bericht, entspräche die „Erhöhung des Finanzvermögens in den USA im vergangenen Jahr mehr als der Hälfte des gesamten Nettovermögens in Deutschland“.

In den USA leben die meisten Superreichen, nämlich 26.000, an deren Vermögensspitze der unter Arbeitern weltweit berüchtigte Elon Musk (mit 251 Milliarden US-Dollar) steht, gefolgt von Jeff Bezos (mit 216 Milliarden Euro) und Mark Zuckerberg (mit 189 Milliarden US-Dollar). Mit 8.300 Superreichen belegt China im weltweiten Vergleich Platz 2. In Deutschland leben mittlerweile 3.300 Superreiche (ein Zuwachs zu 2022 um 300 Personen), womit Deutschland im weltweiten Ranking Platz 3 belegt – und das bei einer wesentlich geringeren Bevölkerung.

Vertiefte Recherchen des Netzwerks Steuergerechtigkeit konnten über 237 Milliardäre mit Namen ausmachen, obwohl es in Deutschland keine amtlichen Vermögensstatistiken gibt und die Vermögenswerte deshalb nur geschätzt werden können.

An erster Stelle listet das Netzwerk Steuergerechtigkeit auf einer ZDF-Sonderseite die Familie Boehringer und von Baumbach (Unternehmen Boehringer Ingelheim) auf, deren Vermögen vermutlich zwischen 50 und 100 Milliarden Euro liegt. An zweiter Stelle steht die Familie Quandt und Klatten (BMW) mit geschätzten 40,5 Milliarden Euro, gefolgt von der Familie Schwarz (Gruppe Schwarz, Lidl) mit 39,5 Milliarden Euro, Familie Merck mit 32 Milliarden Euro, Familie Kühne (Kühne & Nagel) mit 28,5 Milliarden Euro, Familie Albrecht und Heister (Aldi Süd) mit 26,5 Milliarden Euro, Familie Porsche (VW/Porsche) mit 23,8 Milliarden Euro, Familie Albrecht (Aldi Nord) mit 18,5 Milliarden Euro, Familie Henkel mit 15,2 Milliarden Euro und Familie Otto mit 13,7 Milliarden Euro, um nur die ersten zehn superreichen „Familien“ auf der Liste des Netzwerks zu benennen.

Diesen ungeheuren Vermögen steht die rasante Verarmung der arbeitenden Bevölkerung gegenüber. Die Armutsquote liegt in Deutschland mittlerweile bei mehr als 20 Prozent. Insbesondere Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und ein großer Teil der Senioren sind von Armut betroffen. Auch die Kinderarmut steht auf einem Rekordwert: Jedes 5. Kind in Deutschland ist von Kinderarmut betroffen, was bedeutet, dass knapp drei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Armut leben.

Während Anfang der 1990er Jahre laut ZDF „das durchschnittliche Vermögen der reichsten zehn Prozent [der Bevölkerung] 50 Mal höher als das der ärmeren Hälfte“ war, „ist es inzwischen das 100-fache“.

Vor über zwanzig Jahren legte die arbeiterfeindliche Politik der rot-grünen Schröder/Fischer-Koalition (1998 bis 2005) mit ihren Hartz-IV-Gesetzen (dem heutigen Bürgergeld) und ihrer flächendeckenden Installation des Niedriglohnsektors die Grundlage für die breite Verarmung der Arbeiterklasse und die Bereicherungsorgie der Finanzelite. Ähnlich wurde das schon Mitte der 1980er Jahre in Großbritannien durch Margaret Thatcher und in den USA durch Ronald Reagan durchgesetzt. In Deutschland trug die Ausbreitung der Billiglohnarbeit zum Aufstieg der deutschen Wirtschaft zur führenden Wirtschaftsmacht Europas bei.

Bezeichnenderweise führte die Schröder-Regierung die 1997 von der CDU/CSU–Regierung unter Helmut Kohl abgeschaffte Vermögenssteuer nicht wieder ein. Stattdessen wurde der Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent gesenkt. Tatsächlich führen reichste Finanzoligarchen heute noch gerade mal ein Prozent Steuern ab, wie Jochen Breyer in seiner Recherche für das ZDF „in der Welt der Superreichen“ herausfand.

Mittlerweile besitzt die untere Hälfte der Bevölkerung nur noch 1,3 Prozent des Gesamtvermögens. Die obersten 10 Prozent besitzen hingegen zwei Drittel des Gesamtvermögens. Unter diesen 10 Prozent konzentriert das oberste Hundertstel der reichen Elite 35,3 Prozent des Gesamtvermögens und unter ihnen die Superreichen (0,1 Prozent der Bevölkerung) insgesamt 23 Prozent des Gesamtvermögens Deutschlands in ihren Händen.

Laut dem BCG-Report fällt die Vermögensverteilung in Deutschland „überdurchschnittlich ungleich“ aus. Und der Spiegel warnt in seinem aktuellen Artikel zu dem Thema, dass diese extreme Konzentration des Reichtums in den Händen weniger die „überdurchschnittlich hohe Ungleichheit verstärken“ werde.

Die Aufrechterhaltung dieser „überdurchschnittlich hohen Ungleichheit“ ist mit demokratischen Mitteln nicht möglich. Schon seit Beginn der 2020er Jahre fanden weltweit zunehmend Streiks und Klassenkämpfe gegen schlechte Löhne, Arbeitshetze, schlechte Arbeitsbedingungen und die Ansteckungsgefahr in der Corona-Pandemie statt.

Heute ist die europäische und weltweite Arbeiterklasse darüber hinaus mit der wachsenden Atomkriegsgefahr in Europa konfrontiert, die von den Nato-Mächten und allen voran Deutschland und den USA gegen Russland forciert wird. Gleichzeitig geht mit den Kriegsvorbereitungen gegen den Iran und China auch die Eskalation des Genozid in Gaza einher. Die millionenfachen Kosten für die militärischen Raubzüge der imperialistischen Mächte soll die arbeitende Bevölkerung tragen, die schon jetzt mit schlechten Löhnen, Arbeitsplatzverlust und Sozialabbau zu kämpfen hat.

Der obszöne Reichtum der Finanzaristokratie und die tiefe Verarmung immer breiterer Teile der Bevölkerung führen zwangsläufig zur Verschärfung der Klassenkonfrontation. Aus diesem Grund, um den Klassenkampf zu unterdrücken, baut die herrschende Klasse einerseits auf die Aufrüstung der Polizeiapparate und das rechtsradikale Lager, andererseits auf den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und die ihm angeschlossenen gewerkschaftlichen Apparate und ihre pseudolinken Lakaien.

Angesichts der unfassbaren Zahlen sind in den Medien jüngst wieder Forderungen nach einer gerechteren Besteuerung von Millionärs- und Milliardärsvermögen laut geworden. Aber sie zielen nicht auf den Kern der sozialen Ungleichheit, sondern sollen diese nur leicht mildern. Selbst solche zahmen Forderungen sind indes angesichts der Interessen der Finanzaristokratie, die nicht die geringste Beschneidung ihrer Profite duldet, nicht durchsetzbar, umso weniger, als der imperialistische Kampf um die Neuaufteilung der Welt aus ihrer Sicht die Unterordnung sämtlicher gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche unter die Kriegspolitik erfordert.

Notwendig ist daher nicht eine „gerechtere“ Besteuerung der Superreichen, sondern ihre Enteignung und die Unterwerfung der Banken und Konzerne unter die gesellschaftliche Kontrolle der Arbeiterklasse, gestützt auf ein sozialistisches Programm.

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