Perspektive

Verfassungsschutz führt IYSSE als verfassungsfeindliche Organisation

Stoppt die Verfolgung von Kriegsgegnern durch den Verfassungsschutz

Mit dem israelischen Völkermord in Gaza, den die Bundesregierung uneingeschränkt unterstützt, hat die Unterdrückung von Kriegsgegnern in Deutschland neue Dimensionen angenommen. Linke Kulturzentren werden geschlossen, Demonstrationen verboten und friedliche Studierende brutal angegriffen.

Im Verfassungsschutzbericht 2023, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, treibt der Inlandsgeheimdienst diese Kampagne weiter voran und schafft die Grundlage für die Kriminalisierung jeder kritischen Stimme gegen die Kriegspolitik. Zugleich erhält der Geheimdienst immer weitere Befugnisse, direkt gegen politische Gegner vorzugehen.

Der Verfassungsschutz hat zahlreiche linke Organisationen neu in den Bericht aufgenommen. So wird die internationalen Kampagne BDS, die einen wirtschaftlichen Boykott, den Abzug von Investitionskapital sowie das Verhängen von Sanktionen gegen den Staat Israel fordert, als neuer Verdachtsfall im Bereich auslandsbezogener Extremismus geführt. Begründung: Die Gruppe, die sich gegen den Völkermord ausspricht, verstoße „gegen den Gedanken der Völkerverständigung“! Selbst die Klima-Gruppe „Ende Gelände“ wird erstmals als linksextremistischer Verdachtsfall eingestuft.

Die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), die Jugend- und Studierendenorganisation der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), wird sogar direkt als gesichert linksextremistisch und verfassungsfeindlich in den Bericht aufgenommen, ohne dass der Geheimdienst dies inhaltlich in irgendeiner Weise begründen würde. Er hält lediglich fest, dass die IYSSE „an mehreren deutschen Universitäten unter anderem in Studierendenparlamenten vertreten“ ist und dass sie die „ideologische und strategische Ausrichtung der SGP“ teile.

Die IYSSE arbeitet tatsächlich in Studierendenparlamenten und ihr Einfluss wächst. Am Tag der Veröffentlichung des Berichts erreichte sie bei den Wahlen zum StuPa der Berliner Humboldt-Universität 7,7 Prozent der Stimmen und damit mehr als etwa die Studierendenorganisationen der CDU oder der FDP. Die 7,7 Prozent der Wählenden werden vom Verfassungsschutz kurzerhand zu Verfassungsfeinden und Linksextremisten erklärt.

Der Grund dafür ist, dass die IYSSE der Kriegspolitik der Regierung entgegengetreten ist. Schon seit zehn Jahren kämpfen sie dagegen, dass ihre Universität in ein Zentrum für rechte und militaristische Ideologie verwandelt wird. Sie haben den Kampf gegen den Nato-Krieg in der Ukraine, den Völkermord in Gaza und die Gewalt gegen kritische Studierende in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs gestellt und in Flugblättern und auf Veranstaltungen erklärt, dass eine sozialistische Perspektive notwendig ist, um die Katastrophe eines Weltkriegs zu verhindern. Deshalb wurden sie von hunderten Studierenden gewählt.

Eben das soll verboten werden. Die Herrschenden sind sich sehr bewusst darüber, dass ihre Kriegspolitik auf breite Ablehnung in der arbeitenden Bevölkerung stößt, und greifen deshalb immer offener zu den Methoden der Diktatur. Schon 2018 hatte der Verfassungsschutz erstmals die Sozialistische Gleichheitspartei in seinen Bericht aufgenommen und als linksextremistisch diffamiert, weil sie „gegen vermeintlichen Nationalismus, Imperialismus und Militarismus“ kämpfe. Später erklärte das Bundesinnenministerium, die SGP sei extremistisch, weil sie für eine „demokratische, egalitäre und sozialistische Gesellschaft“ streite.

Im diesjährigen Bericht heißt es, die SGP sei verfassungsfeindlich, weil sie von einem mit dem „Grundgesetz nicht zu vereinbarenden marxistischen Klassendenken“ ausgehe. Nicht die schreiende soziale Ungleichheit unterminiert demnach die Demokratie, sondern das Aussprechen dieser Klassengegensätze!

Nachdem sich das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Berlin dieser skandalösen Argumentation angeschlossen hatten, legte die SGP im Juni 2022 Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. In ihrer Erklärung dazu warnte die Partei vor der Entwicklung einer Diktatur, sollte sich der Verfassungsschutz durchsetzen. „Jeder Streik von Arbeitern, jeder Protest gegen die Aufrüstung und jede Demonstration gegen rechts könnten als verfassungsfeindlich verboten werden.“

Dieser Prozess ist nun schon weit fortgeschritten. In den vergangenen Monaten wurde das Demonstrationsrecht durch zahllose Verbote und Auflagen faktisch abgeschafft, wurden etlichen Kultureinrichtungen Räume und Finanzmittel entzogen und friedliche Demonstranten von der Polizei brutal misshandelt. All das erfolgte im Rahmen der Propagandakampagne gegen angeblichen Antisemitismus, die jede Kritik an der völkermörderischen Politik der Bundesregierung für antisemitisch erklärt. Diese Kampagne wird vom Verfassungsschutzbericht flankiert und weiter vorangetrieben.

So bezeichnet der Bericht den Ausbruch von palästinensischen Kämpfern aus dem Freiluftgefängnis Gaza vom 7. Oktober als „beispielloses Massaker an israelischen Männern, Frauen und Kindern“, während er den nachgewiesenen Völkermord an den Palästinensern durch die israelische Armee als „darauffolgende israelische Militäroffensive gegen terroristische Strukturen“ verklärt. Wer sich dieser verlogenen Rechtfertigung eines Genozids nicht anschließt, wird kurzerhand der „antiisraelischen und antisemitischen Hetze“ bezichtigt. Dies sei das verbindende Element zwischen Rechts- und Linksextremismus, so der Bericht.

Wer erklärt, dass „sich die Palästinenserinnen und Palästinenser dem ‚Imperialismus‘ westlicher Staaten widersetzen [müssten], da sie unterdrückt und ihrer historischen, politischen und materiellen Rechte beraubt worden seien“, wird ohne Umschweife zum Linksextremisten erklärt.

Auch wenn selbst der Verfassungsschutz zugeben muss, dass in linken Gruppierungen offener Antisemitismus „weitgehend ausgeschlossen“ sei, behauptet er einfach, dass die „Ablehnung des Zionismus als jüdische Nationalbewegung und [...] des daraus hervorgegangenen Staats Israel“ als „antisemitisch“ gewertet werden könne. Damit erklärt der deutsche Geheimdienst 79 Jahre nach der Auflösung der Gestapo tausende jüdische Menschen, die sich gegen das zionistische Projekt aussprechen, zu Antisemiten.

Jeder, der dieses Vorgehen des Staatsapparats in Frage stellt, kommt gleich mit auf die Liste. Es reicht schon, die diktatorischen Maßnahmen gegen Kriegsgegner zu kritisieren, um vom Geheimdienst als Linksextremist tituliert zu werden. Wer etwa „rechtmäßiges staatliches Handeln als ‚repressiv‘ oder ‚Polizeigewalt‘ diffamiert“, dem gehe es „um die Delegitimierung des demokratischen Staates und seiner Institutionen“. Nach dieser Logik wurden auch die Widerstandskämpfer im Dritten Reich „rechtmäßig“ verurteilt.

Besonders alarmiert reagiert der Verfassungsschutz auf die wachsende Opposition unter Jugendlichen gegen den Nato-Krieg in der Ukraine und den Genozid in Gaza. Diese Themen würden „regelmäßig für den Versuch missbraucht, das bei Jugendlichen vorhandene humanitäre Engagement in einen kommunistisch interpretierten Widerstand gegen vermeintlichen ‚Militarismus‘, ‚Imperialismus‘, ‚Kolonialismus‘ und ‚Kapitalismus‘ umzuleiten.“

Das ist unmissverständlich. Inmitten eines brutalen Völkermords, für den die Bundesregierung mitverantwortlich ist, fürchtet der Geheimdienst, dass sich das „humanitäre Engagement“ der Jugendlichen – d.h. ihre Ablehnung des Krieges – zu einer bewussten Opposition gegen die deutsche Kriegspolitik und die herrschende Klasse weiterentwickelt.

Dabei erhält der Verfassungsschutz immer weitere Befugnisse. Die Nennung im Bericht dient nicht mehr einfach der Information, sondern ist die Grundlage für direkte Repression gegen die Betroffenen.

Im November verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, demzufolge der Verfassungsschutz seine „Erkenntnisse“ an Strafverfolgungs- und andere Behörden weiterleiten kann, wenn eine „konkretisierte Gefahr für besonders gewichtige Rechtsgüter vorliegt. Zu diesen Rechtsgütern gehört aber schon der „Gedanke der Völkerverständigung und des friedlichen Zusammenlebens der Völker“.

Ist dieser Gedanke (!) gefährdet, was der Verfassungsschutz schon jedem Kritiker des Nato-Kriegs oder des Genozids in Gaza vorwirft, werden die Daten anderen staatlichen Stellen übermittelt. Das Gesetz legt sogar fest, dass der Verfassungsschutz diese Daten unter bestimmten Umständen an nicht-staatliche Stellen, etwa Vermieter oder Schulen, weitergeben darf. Das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdienst, das angesichts der Erfahrungen mit der Gestapo ins Grundgesetz geschrieben wurde, ist damit vollends aufgehoben.

Der Berliner Senat aus CDU und SPD plant, jegliche staatliche Förderung etwa im kulturellen Bereich an die Verfassungstreue der Institution zu binden. Wer im Verfassungsschutzbericht auftaucht, soll keinerlei Förderung mehr erhalten. Schon jetzt können Mitglieder von als extremistisch eingestuften Organisationen aus dem Staatsdienst entlassen werden.

Während der Geheimdienst so brutal gegen linke Kriegsgegner vorgeht, denen ganz im Sinne der Gesinnungsjustiz der Nazis keine Straftaten, sondern nur sozialistische Überzeugungen zur Last gelegt werden, hält er seine schützende Hand über die kriminellen und terroristischen Strukturen des Rechtsextremismus.

Selbst die geschönten Zahlen des Geheimdienstes gehen von einem massiven Anstieg der Körperverletzungen durch Rechtsextremisten aus: von 879 2022 auf 1016 im Jahr 2023. Dabei sind die 149 Gewaltverbrechen durch die rechtsextreme Reichsbürgerszene noch gar nicht berücksichtigt, weil sie vom Verfassungsschutz aus den rechten Straftaten herausgerechnet werden.

Während jeder Kriegsgegner mit den genannten Repressionen rechnen muss, wird die faschistische AfD weiterhin nur als „Verdachtsfall“ geführt und somit nicht geheimdienstlich überwacht. Die umfassenden rechtsterroristischen Netzwerke in Polizei, Geheimdiensten und Bundeswehr, die in den letzten Jahren durch Journalisten aufgedeckt wurden, finden im gesamten Verfassungsschutzbericht keinerlei Erwähnung. Mehrere Seiten widmet der Bericht hingegen „linksextremen“ Jugendlichen, die rechtsextreme Terroristen angegriffen oder geoutet haben.

Die enge Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit dem Nationalsozialistischen Untergrund und anderen rechtsextremen Terrororganisationen ist detailliert dokumentiert. Hans-Georg Maaßen, der die Behörde bis 2018 leitete und dafür sorgte, dass die SGP zum Beobachtungsobjekt wurde, vertritt ganz offen rechtsextreme und antisemitische Positionen. Der jetzige Präsident Thomas Haldenwang arbeitete jahrelang als Maaßens Vize und setzt dessen Kurs unvermindert fort.

Die Allianz des Staatsapparats mit der extremen Rechten gegen Kriegsgegner und Linke ist ein internationales Phänomen, das direkt mit der aggressiven Kriegspolitik der Nato-Mächte verbunden ist. Die deutsche, die amerikanische und die anderen Nato-Regierungen setzen zusammen mit dem rechtsextremen Netanjahu-Regime einen Völkermord ins Werk, um ihre geostrategischen Interessen in der Region durchzusetzen. In der Ukraine arbeiten die gleichen Mächte mit Antisemiten und Nazi-Verehrern wie dem Asow-Regiment zusammen, um Russland militärisch zu besiegen.

Dabei geht das Marionetten-Regime von Wolodymyr Selenskyj mithilfe rechtsextremer Schlägerbanden gegen die wachsende Ablehnung des Kriegs in der Bevölkerung vor. Der Kriegsgegner und Sozialist Bogdan Syrotjuk, der mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale zusammenarbeitet, wurde im April dieses Jahres unter absurden Beschuldigungen in ein Hochsicherheitsgefängnis gesperrt. Ein ernstzunehmender rechtlicher Beistand wird ihm verwehrt.

Nun will die deutsche Regierung die gleichen Verhältnisse im eigenen Land schaffen. Hinter dieser Politik stehen nicht nur die Ampel-Koalitionäre SPD, Grüne und FDP, sondern sämtliche Parteien im Bundestag. Die CDU forderte die Bundesregierung auf, endlich entsprechend dem Bericht zu handeln, und auch die Linkspartei fordert, es müssten „Taten folgen“, etwa müsse „Antisemitismus“ geächtet werden. Auf Landesebene sind beide Parteien für ähnliche Berichte verantwortlich.

Auch die Gerichte haben sich der Hatz auf Kriegsgegner angeschlossen. Nachdem sich das Oberverwaltungsgericht Berlin der Kriminalisierung der SGP angeschlossen hat, weigert sich das Bundesverfassungsgericht seit nunmehr über zwei Jahren, die Beschwerde der Partei zu bearbeiten. Dem Verfassungsschutz wird so ein Freibrief gegeben, weiter gegen Kriegsgegner vorzugehen.

Die SGP wird das nicht zulassen und dieser rechten Verschwörung nun noch entschiedener entgegentreten! Der von braunen Netzwerken durchzogene Verfassungsschutz muss aufgelöst, die Überwachung und Unterdrückung sämtlicher linker und antimilitaristischer Gruppen sofort beendet werden!

Wir appellieren an alle, die demokratische Rechte verteidigen und der rechten Gefahr entgegentreten wollen, die Verfassungsbeschwerde der SGP zu unterstützen. Werdet jetzt aktiv! Nur eine breite Mobilisierung kann die fundamentalen Angriffe auf demokratische Rechte und die Wiederbelebung der Sozialistengesetze und des Willensstrafrechts der Nazis Einhalt gebieten. Unterzeichnet unsere Petition auf change.org, registriert euch als aktiver Unterstützer und verbreitet diesen Artikel unter euren Bekannten und Freunden.

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