Der ehemalige Labour-Abgeordnete John Mann, heute Lord Mann of Holbeck Moor, fordert in einem Bericht die Übernahme der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Association (IHRA) in Schulen, Universitäten und allen öffentlichen Institutionen.
Die Definition der IHRA ist ein ahistorisches und undemokratisches Konstrukt, das politischen Antizionismus und Widerstand gegen die Verfolgung der Palästinenser durch den israelischen Staat als judenfeindlichen Hass darstellen soll. Zu diesem Zweck wird Israel auf äußerst gefährliche Weise mit allen jüdischstämmigen Menschen gleichgesetzt. Es ist das zentrale Element einer Kampagne, die den Vorwurf des „linken Antisemitismus“ benutzt, um die wachsende sozialistische Stimmung in der Arbeiterklasse und unter jungen Menschen einzuschüchtern.
Mann hat bei diesen Bestrebungen von Anfang an eine führende Rolle gespielt und die Verleumdungskampagne gegen den ehemaligen Labour-Parteichef Jeremy Corbyn und seine Anhänger als Antisemiten angeführt. Er begann diese Kampagne mit einer Auseinandersetzung mit dem führenden Corbyn-Anhänger Ken Livingstone im Jahr 2016, in der er ihn einen „Nazi-Apologeten“ nannte. Livingstone wurde daraufhin aus der Labour Party ausgeschlossen.
Im Jahr 2018 forderten Mann und andere Blair-Anhänger bei einer rechten Kundgebung vor dem Parlament: „Corbyn muss weg“ und riefen „Jeremy Corbyn ist ein Rassist“.
Im Jahr 2019 wurde er von der konservativen Premierministerin Theresa May in den Adelsstand erhoben und von ihrem Nachfolger Boris Johnson zum „Antisemitismus-Zar“ der Regierung gemacht.
Er hat den derzeitigen Parteichef Sir Keir Starmer bei seiner Hexenjagd auf Parteilinke und deren Ausschluss aus der Labour Party unterstützt und ihn dazu ermutigt, „der Realität ins Gesicht zu blicken, dass sich die meisten britischen Juden als Zionisten definieren. Es ist ihre Identität, wer sie sind... Er muss den Begriff Zionismus von einem Schimpfwort zu einem Ausdruck der Zuneigung machen und diejenigen aus der Partei verbannen, die das Recht des jüdischen Volkes verunglimpfen, ihre eigene Identität selbst zu bestimmen.“
Unterdrückung von Antizionismus unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Antisemitismus
Mann hat seinen neuen Bericht „Anti-Jewish Hatred: Tackling Antisemitism in the UK 2023 – Renewing the Commitment“ (Judenhass: Antisemitismusbekämpfung im Vereinigten Königreich 2023 – Für die Erneuerung unserer Entschlossenheit) in seiner Eigenschaft als „Unabhängiger Berater der Regierung Seiner Majestät zum Thema Antisemitismus“ verfasst. Darin wird die am weitesten entwickelte Front der Kampagne gegen „linken Antisemitismus“ außerhalb der Labour Party, nämlich an den Universitäten, vorangetrieben.
Mann schreibt zustimmend: „200 Universitäten, Hochschulen und andere Anbieter von Hochschulbildung“ hätten im November 2021 die Definition der IHRA „übernommen“. Weitere würden folgen, allerdings gebe es „noch viel mehr zu tun“.
Das bedeutet, dass der Widerstand gegen Israel, sein Apartheidregime und seine Verstöße gegen das Völkerrecht noch strenger verfolgt werden soll. Mann erklärt: „Unter Studierenden und Akademikern ist der Antisemitismus größtenteils unter dem Deckmantel des Antizionismus oder der Kritik an der israelischen Regierung gewachsen. Die Atmosphäre kann besonders toxisch werden, wenn es im Nahen Osten zu Konflikten kommt.“
Mann bekräftigt die Identifizierung aller Juden mit israelischem Nationalismus und erklärt dreist: „Die Union of Jewish Students (UJS) und ihre Jewish Societies sind die repräsentative Stimme für jüdische Studierende an den Universitäten.“
Die UJS arbeitet eng mit der israelischen Botschaft zusammen, und ihre Satzung nennt als eines ihrer Ziele, „jüdische Studierende zu einem dauerhaften Bekenntnis zu ihrer jüdischen Identität, Israel und der Gemeinde zu inspirieren“. Sie spielte eine führende Rolle bei den Hetzkampagnen gegen die Präsidentin der National Union of Students, Shaima Dallali, und Professor David Miller von der Universität Bristol.
Mann erwähnt die Verfolgung Millers, um die University and College Union, die das Universitätspersonal vertritt, auf Linie zu bringen, und droht: „Unter jüdischen Organisationen besteht der Eindruck, dass die University and College Union (UCU) sich alles andere als unterstützend dabei erwiesen hat, die Arbeitsdefinition der IHRA zu übernehmen, ebenso wenig wie im Fall David Miller.“
Mann verlangt, neben den Universitäten sollten „alle öffentlichen Einrichtungen... die Antisemitismus-Definition der IHRA verwenden“.
Positiv hebt er hervor, dass der Crown Prosecution Service (CPS) „in einem Newsletter im Jahr 2017 die Antisemitismus-Definition der IHRA allen CPS Area Hate Crime Coordinators empfohlen hat“. Der CPS und der Community Securities Trust (CST, in dessen Vorstand Mann sitzt) „haben zusammengearbeitet, um Richtlinien für Staatsanwälte zu entwickeln“, und die Regierung „hat alle kommunalen Behördenleiter angeschrieben und ihnen empfohlen, ihre [die Definition der IHRA] zu übernehmen.“
Mann erklärt stolz: „Die Definition wird mittlerweile von den Regierungen des Vereinigten Königreiches, Schottlands, Wales, mehr als 250 kommunalen Behörden und anderen Arbeitgebern der Zivilgesellschaft benutzt.“
Über den Bürgermeister von Greater Manchester, Andy Burnham von der Labour Party, heißt es, der Bericht „stimmt der Empfehlung des Bürgermeisters zu, dass landesweit Anstrengungen unternommen werden sollten, andere öffentliche Institutionen davon zu überzeugen, das Gleiche zu tun.“ Er befürchtet, „einige kommunale Behörden und öffentliche Institutionen zollen der Definition nur Lippenbekenntnisse“.
In einem neuen und unheilvollen Schritt fordert Mann, dieses Diktat auch auf die Bildungseinrichtungen für unter 18-Jährige auszuweiten.
Sein Bericht beruft sich auf Zahlen einer Umfrage unter Sekundarschulen vom Juli 2022, laut der sich „antisemitische Vorfälle in Schulen in den letzten fünf Jahren fast verdreifacht haben“.
Er zitiert den Sonderbeauftragten für Post-Holocaust-Fragen Lord Eric Pickles, der in einer Eingabe an das Amt erklärte, dass „die Übernahme der Antisemitismus-Definition der IHRA ein guter Ausgangspunkt“ in dieser Frage sei, „weil wir die Definition benutzen können, um Lehrern und anderen Personen verstehen zu helfen, dass Antisemitismus viele Formen annehmen kann“.
Pickles ist Vorsitzender der Lobbygruppe Conservative Friends of Israel.
Mann hat im Auftrag der Tory-Regierung und der Labour-Opposition die Rahmenbedingungen für die Kriminalisierung und Unterdrückung von Antizionismus in der ganzen Gesellschaft abgesteckt und damit eine von Millionen Menschen vertretene politische Position geächtet. Lehrer und Beschäftigte kommunaler Behörden würden bei jeder Äußerung dieser Ansichten kontrolliert, Lehrer müssten zudem die gleiche Rolle bei ihren Schülern spielen, wie es an Universitäten bereits praktiziert wird.
Fälschungen im Dienste einer Hexenjagd
Die Studie, auf die sich Mann beruft, hat ungewollt entlarvt, wie ungeheuerlich diese Fälschung ist. Die Schulumfrage vom Juli 2022 wurde von der rechten Denkfabrik Henry Jackson Society (HJS) durchgeführt, einem glühenden Verfechter der IHRA. Ihre Ergebnisse und Schlussfolgerungen machen deutlich, dass sich die HJS große Mühe gegeben hat, eine explosionsartige Zunahme von „linkem Antisemitismus“ zu entdecken, sie nicht gefunden hat, aber dennoch die vorbereitete Schlussfolgerung zog.
Laut der HJS wurden 3.335 Freedom-of-Information-Anfragen an Sekundarschulen im ganzen Land geschickt, auf die 1.314 Antworten eingingen. Darin wurden 1.077 antisemitische Vorfälle im Fünf-Jahres-Zeitraum von 2017/18 bis 2021/22 identifiziert.
Einige Schulen gaben bei jedem Vorfall das Jahr an, andere fassten die Zahlen zusammen. Auf der Grundlage der Fälle, in denen das Jahr angegeben ist, listet die HJS 60 Fälle im Schuljahr 2017–18 auf, 79 im Schuljahr 2018–19, 127 im Schuljahr 2020–21 und 164 im Schuljahr 2021–22. Daraus zieht sie den Schluss, dass in diesem Zeitraum ein Anstieg um 173,33 Prozent zu verzeichnen sei. Dies wird jedoch durch die Tatsache entkräftet, dass in der Mehrheit der Fälle, nämlich in 588 Fällen, kein Datum genannt wird.
Bezeichnenderweise heißt es in dem Bericht: „Einige Schulen teilen freiwillig Einzelheiten zu den Fällen mit. Diese Fallbeschreibungen wurden in Vorfälle kategorisiert, die sich auf den Nationalsozialismus und/oder den Holocaust, Israel und Palästina, Verschwörungstheorien über Juden und nicht identifizierbare Fälle bezogen. Eine überwältigende Mehrheit von 58 Prozent bezogen sich auf den Holocaust oder den Nationalsozialismus, 1,5 Prozent auf Israel/ Palästina und 1,5 Prozent auf Verschwörungstheorien über Juden.“
Der HJS ist es offensichtlich peinlich, dass es nur eine so kleine Minderheit von Israel/Palästina-Fällen und so viele offensichtlich rechte Vorfälle „in Zusammenhang mit dem Holocaust oder dem Nationalsozialismus“ gibt. Deshalb diagnostiziert sie einen „möglichen Mangel an genauer Erfassung, vielleicht aufgrund eines fehlenden klaren Verständnisses unter Lehrern, wie sich Antisemitismus manifestieren kann. Dies erfordert weitere Untersuchungen.“
Sie fordert, dass diese Untersuchungen unter Bedingungen durchgeführt werden, unter denen Kritik am Staat Israel und seiner ethnisch-nationalistischen Politik als antijüdisches Hassverbrechen neu definiert wurden: „Die Übernahme der Antisemitismus-Definition der IHRA an Schulen und verbesserte Sensibilisierungsschulung und -bewertung von Schulen, die als besonders gefährdet gelten, wird dabei helfen, die Genauigkeit der Berichterstattung über Vorfälle zu verbessern.“
Die HJS versucht, dies mit dem Verweis auf einen „Anstieg der Vorfälle in den Jahren 2020-21“ zu untermauern, den sie mit „Eskalationen des Konflikts zwischen Israel und Palästina“ in Verbindung bringt. Damit meint sie den elftägigen Angriff Israels auf den Gazastreifen, bei dem 256 Palästinenser getötet wurden, darunter 66 Kinder.
Wie bereits erwähnt, wird die Behauptung über einen starken Anstieg angesichts der großen Zahl von Fällen ohne Datum kaum bekräftigt. Und sofern es überhaupt einen Anstieg im Zusammenhang mit dem israelischen Angriff auf Palästina gab, auf den Einzelpersonen mit Feindseligkeit gegenüber Juden reagierten, dann handelte es sich nicht um eine linke Reaktion auf der Grundlage sozialer Klassenkategorien, sondern um eine ethnisch-nationalistische – der zu einem beträchtlichen Teil durch Behauptungen wie der von Mann bestärkt wurde, Zionismus sei Teil der „Identität“ der britischen Juden, „wer sie sind“.
Nichts davon rechtfertigt die Schlussfolgerung, dass „genauere“ Aufzeichnungen die Ergebnisse grundlegend verändern würden. Doch genau darauf beharrte die Verfasserin des Berichts, Charlotte Littlewood, gegenüber den Medien bei dessen Veröffentlichung:
„Sofern Fallbeschreibungen gegeben wurden, betrafen sie fast ausschließlich Vorfälle, die mit dem Holocaust und dem Nationalsozialismus zusammenhingen. Dies und die uneinheitliche Berichterstattung lassen mich befürchten, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist und dass das Verständnis der Beschäftigten für die modernen Erscheinungsformen des Antisemitismus und die reale Gefahr, der die jüdische Minderheit ausgesetzt ist, gefährlich gering ist.“
Antisemitismus und das Anwachsen der extremen Rechten
Hier zeigt sich das Wesen der Kampagne gegen „linken Antisemitismus“. Es geht ihr nicht um den Schutz von Juden, sondern um Angriffe auf Linke, vor allem linke Juden. Das Wiederaufleben von Antisemitismus, der von der faschistischen Rechten geschürt wird, wird dabei in gefährlicher Weise vertuscht.
Tatsächlich geht es in dem einzigen Fall, in dem die HJS zusätzliche Details liefert, um einen Neonazi-Terroristen: „Nur eine Schule berichtet, dass sie einen Fall dem CST gemeldet hat. Erwähnenswert ist, dass an dieser Schule zuvor ein Schüler, weil er einen Anschlag auf eine Synagoge geplant hatte, wegen einer terroristischen Straftat verurteilt worden war.“
Es werden zwar keine Namen genannt, allerdings ist hier fast mit Sicherheit von einem Fall im Januar 2020 die Rede. Damals wurde ein 17-Jähriger in Durham wegen Terrorismus in sechs Anklagepunkten zu sechs Jahren und acht Monaten verurteilt, weil er Brandanschläge auf Synagogen verüben wollte. Der Jugendliche hatte sich von dem Manifest des faschistischen Terroristen Anders Breivik inspirieren lassen und verfasste ein eigenes Manifest, das unter anderem Pläne für einen „Krieg gegen das [jüdische] System in Durham, Sieg Heil“ enthielt. Er war in den Foren Iron March und Fascist Forge aktiv und bezeichnete sich selbst als Bewunderer von Adolf Hitler.
Man könnte noch weitere Beispiele für junge Neonazis anführen, die wegen Terrordelikten angeklagt werden. Die Anti-Terror-Behörden haben den Rechtsextremismus als die am schnellsten wachsende terroristische Bedrohung im Vereinigten Königreich identifiziert.
Mann ist in seinem Bericht gezwungen, einzuräumen, dass es diese Bedrohung gibt. Unter der Unterüberschrift „Rechter Antisemitismus“ schreibt er: „Die extreme Rechte, in Form von Neonazi- und anderen rassistischen Gruppen, die in Europa und den Vereinigten Staaten ein höchst besorgniserregendes Maß an Unterstützung genießen, behauptet, dass die Juden neben Muslimen und Latinos die Mitverschwörer des ‚Bevölkerungsaustauschs‘ seien, wonach Immigration zur Schwächung der weißen christlichen Bevölkerungen benutzt werden soll. Diese Theorie war nachweislich ein Faktor hinter den tödlichen Anschlägen in Christchurch, El Paso und Pittsburgh.“
Er erklärt außerdem: „Die extreme Rechte hat die Corona-Pandemie benutzt, um antisemitische Narrative zu verbreiten – etwa, dass das Virus ein jüdischer Schwindel sei oder dass die Impfstoffe von Juden erfunden wurden, um die Bevölkerung zu vergiften.“
Dies wird jedoch heruntergespielt durch den Verweis auf das Board of Deputies of British Jews (BoD) – einer weiteren führenden Organisation in der Kampagne gegen Corbyn und seine Anhänger – und dessen „positive Feststellung“, dass es „tendenziell einen ,allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Konsens gegen erkennbaren Antisemitismus der extremen Rechten gibt. Deshalb empfindet sich die jüdische Gemeinde in dieser Hinsicht oft unterstützt‘.“
Zweifellos herrscht in der Bevölkerung große Ablehnung gegenüber der extremen Rechten. Die Gefahr geht jedoch von deren Förderung und ihrem Schutz durch kapitalistische Regierungen und Parteien auf der ganzen Welt aus.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump führt noch immer die Republikanische Partei an, die Präsident Biden als „Kollegen“ bezeichnet.
Marine Le Pen vom Rassemblement National hat es zweimal in die Stichwahl der französischen Präsidentschaftswahlen geschafft, wobei die Partei ihres Rivalen Emmanuel Macron, Renaissance, einen Großteil ihrer politischen Ziele übernommen hat. Der Alternative für Deutschland (AfD) wurde auf nationaler Ebene ein politisches Gewicht verliehen, das weit über ihren Stimmanteil hinausgeht, während in den Spezialeinheiten der Bundeswehr faschistische Putschpläne geschmiedet werden.
In Israel ist Benjamin Netanjahu, der den antisemitischen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban hofiert, mit Hilfe der rechtsextremen faschistischen Kräfte von Ben Gvirs Religiöser Zionistischer Bewegung an die Macht zurückgekehrt.
Am unverhohlensten haben die imperialistischen Regierungen und Medien in den letzten Monaten faschistische Gruppen wie das Asow-Regiment, dessen Erbe auf die Nazi-Kollaborateure im Zweiten Weltkrieg zurückgeht, als Kämpfer für die Demokratie in der Ukraine verherrlicht.
Die „positive Note“ des BoD soll es leichter machen, diese reale Gefahr auf eine Stufe mit dem erfundenen Phänomen des „linken Antisemitismus“ zu stellen. Der Abschnitt „linker Antisemitismus“, der an erster Stelle des Berichts steht, wiederholt die alten Verleumdungen gegen Corbyn. Außerdem enthält er die empörende Behauptung: „Lange verbreitete Verschwörungstheorien darüber, die Juden würden das globale Finanzsystem und die Medien kontrollieren, um die arbeitende Bevölkerung zu unterdrücken, sind zwar keineswegs ausschließlich im linken Spektrum zu finden, dort aber sehr stark verbreitet.“
Das ist nicht nur eine Lüge, sondern auch die grundlegende rechte Lüge des modernen Antisemitismus. Die Geschichte dieser Lüge beweist, dass zwischen Antisemitismus und faschistischem Anti-Sozialismus eine enge Beziehung herrscht.
„Jüdischer Marxismus“: Die Geschichte des Antisemitismus und der Kampf für den Sozialismus
1903 wurde im zaristischen Russland die berüchtigte Fälschung „Die Protokolle der Weisen von Zion“ veröffentlicht. Diese „belegten“ eine angebliche jüdische Verschwörung mit dem Ziel, durch die Kontrolle der Banken, Medien, Kultur und Regierungen sowie das Schüren von Revolutionen gegen den „christlichen Kapitalismus“ die Weltherrschaft zu erringen.
Der Text wurde von der russischen Regierung stark verbreitet, um die jüdische Bevölkerung zum Sündenbock für den katastrophalen Ausgang des Russisch-Japanischen Kriegs zu machen und später, um die russische Revolution von 1905 anzugreifen und die Arbeiterklasse zu spalten. Unter der anti-bolschewistischen Weißen Bewegung im Bürgerkrieg, der auf die Russische Revolution folgte, erlebten die „Protokolle“ eine neue Blütezeit, um die russische Revolution als jüdisches Komplott zu verunglimpfen.
Weiße Emigranten brachten den Text nach Amerika, wo er von dem US-Industriellen Henry Ford verbreitet wurde, und nach Europa, wo er in die Nazi-Bewegung in Deutschland Eingang fand, die schließlich einen Vernichtungskrieg gegen den „jüdischen Bolschewismus“ und den „jüdischen Marxismus“ führte.
Dieser Schmutz wird heute wieder hervorgeholt, egal ob in Form von Verschwörungstheorien wie QAnon, dem „Bevölkerungsaustausch“, dem „Great Reset“ oder der Verharmlosung der Verbrechen von Nazi-Deutschland. Teile der herrschenden Klasse setzen wieder auf den Faschismus als Waffe gegen die Arbeiterklasse, die sich rasch nach links bewegt.
Die Kampagne, existierenden Antisemitismus zu einer Waffe gegen die politische Linke umzudeuten, begünstigt diese Bemühungen. Beide werden von der gleichen Angst vor der wachsenden sozialistischen und antiimperialistischen Stimmung angetrieben.
Die Socialist Equality Party und die International Youth and Students for Social Equality haben diese reaktionäre Hetzkampagne von Anfang an abgelehnt und vor ihren fatalen Folgen gewarnt. Der Kampf gegen Antisemitismus, die extreme Rechte und alle Formen von Nationalismus, einschließlich des Zionismus, erfordert einen Kampf mit dem Ziel, die Arbeiter und Jugendlichen wieder mit der Geschichte der marxistischen Bewegung zu verbinden und sie in einer internationalen sozialistischen Bewegung zu mobilisieren.
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