Dana-Arbeiter in starker Position, die Autoindustrie lahmzulegen

Der Kampf der Arbeiter des Autozulieferers Dana Inc. gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne und eine 84-Stunden-Woche tritt in eine entscheidende Phase ein.

Mit 90 Prozent der Stimmen haben die Arbeiter einen auf fünf Jahre angelegten Tarifvertrag abgelehnt. Seither lassen die Gewerkschaften United Auto Workers (UAW) und United Steelworkers (USW) sie auch 35 Tage nach dem Auslaufen des alten Tarifvertrags weiterarbeiten. Die Gewerkschaftsfunktionäre ignorieren auch die Urabstimmung, bei der sich die überwältigende Mehrheit der Arbeiter für Streik ausgesprochen hat. Stattdessen lassen sie die 3.500 Arbeiter weiterhin Profite für ein Unternehmen erzeugen, das alle ihre Forderungen nach angemessenen Löhnen und Arbeitsbedingungen zurückgewiesen hat.

Zweifellos haben die Funktionäre der UAW und der USW den Bossen bei Dana und ihren Kunden – Ford, GM, Stellantis, Caterpillar und John Deere – versichert, dass es keinen Streik geben werde. Wie sie wissen, würde jede Unterbrechung der Lieferung von Radachsen, Gelenkwellen und anderen wichtigen Teilen schnell die Produktion in den Montagehallen zum Erliegen bringen.

Stattdessen zwingen die gewerkschaftlichen Unterhändler die Dana-Arbeiter, unter unmenschlichen Bedingungen weiterzuschuften. UAW -Vizepräsidentin Cindy Estrada (Jahresgehalt 2020: 220.506 Dollar) und der USW-Direktor in Distrikt 7, Mike Millsap (Jahresgehalt 2020: 153.498 Dollar), die aus dem sicheren Home-Office ihrer Luxusappartements heraus agieren, muten den Arbeitern das Risiko von Unfällen durch unsichere Bedingungen, ständige Unfälle und Corona-Infektionen zu. Sie halten die Arbeiter im Ungewissen, belügen sie über „künftige Verhandlungen“ und verlängern den alten Tarifvertrag auf unbestimmte Zeit.

Die UAW und die USW versuchen, den Arbeitern einzureden, sie seien machtlos und müssten jede Forderung des Unternehmens akzeptieren. In Wirklichkeit ist es jedoch genau andersherum. Die Dana-Arbeiter waren nie in einer besseren Position, gegen das Unternehmen zu kämpfen und ihre Forderungen durchzusetzen.

Just-in-Time-Lieferung

In den 1980ern führten die Autokonzerne das „Just-in-Time“-System und „schlanke Produktionsprozesse“ ein, um Kosten zu senken, Zehntausende von Arbeitsplätzen abzubauen und den größtmöglichen Profit aus den Arbeitern der Auto- und Zuliefererindustrie herauszuquetschen. Statt die nötigen Teile einzulagern und dafür Arbeiter einzustellen, werden die Komponenten in kleinen Mengen unablässig ans Band geliefert und innerhalb von Minuten nach der Ankunft in den Montagehallen verbaut.

Das System erfordert eine zuverlässige Lieferkette mit ununterbrochener Produktion. Unablässige Arbeitshetze und immer größere Ausbeutung sind die Folge, und die Sklaventreiber der UAW und der USW überwachen den Prozess. Die Einführung von Zweistufenlöhnen und befristeten Arbeitsverhältnissen, die Aushöhlung von Gesundheits- und Sicherheitsstandards und die Abschaffung des Achtstundentags haben Leute wie den Dana-Vorstandschef James Kamsickas unsagbar bereichert; heute kassiert er zehn Millionen Dollar pro Jahr. Das Gleiche gilt für die UAW-Funktionäre, die als Lohn für die Durchsetzung der Unternehmensdiktate mit hohen Bestechungsgeldern geschmiert werden.

Wenn die gewerkschaftlichen Lakaien des Managements die Arbeiter nicht mehr herumkommandieren können, gerät die ganze kapitalistische Strategie, die für Konzerne und die Wall Street so lange funktioniert hat, plötzlich ins Wanken. Sie erweist sich als ihre größte Schwäche.

Das Harvard Business Review warnte vor Kurzem vor der Gefahr, dass das „Just-in-Time“-System der Arbeiterklasse in den Werken viel zu viel Macht verleihen könnte. Aufgrund der gestiegenen Abhängigkeit von den vernetzten globalen Lieferketten könnten Streiks relativ kleiner Gruppen von Arbeitern ganze Industriezweige lahmlegen. Die Harvard Business Review schreibt:

In den meisten Branchen haben sich die Hersteller an Lieferanten und Subunternehmer gewandt, die sich auf einen einzelnen Bereich konzentrieren, und diese Spezialisten sind wiederum von vielen anderen abhängig. Dieses Arrangement hat seine Vorteile: Man hat große Flexibilität, woraus das Produkt bestehen soll, und man kann die neueste Technologie einfließen lassen. Aber man ist angreifbar, wenn man auf einen einzigen Lieferanten für wichtige Teile oder Materialen in der Tiefe des Netzwerks angewiesen ist. Wenn dieser Lieferant das Teil nur in einem Werk oder nur in einem Land produziert, ist die Gefahr von Unterbrechungen noch höher.

Die Mikrochip-Knappheit hat gezeigt, wie empfindlich die Autoindustrie ist. Wegen der zunehmenden Lockdowns zum Schutz vor Covid-19, die die Arbeiter in Malaysia, Taiwan und anderen Ländern durchgesetzt haben, mussten GM, Ford, Toyota und weitere Autokonzerne Dutzende von Werken schließen.

Modellwechsel

Dana ist zum jetzigen Zeitpunkt durch einen Streik besonders angreifbar, denn viele Werke werden gerade für die Produktion neuer Automodelle umgebaut, und die Maschinen und Produktionsstraßen werden für die neuen Fahrzeuge Jahrgang 2022 hergerichtet. Dana-Arbeiter in Warren (Michigan), St. Clair (Michigan), Fort Wayne (Indiana) und Dry Ridge (Kentucky) berichten, dass sie momentan mit dieser Umstellung beschäftigt seien. Dieser Prozess dauert normalerweise drei bis vier Wochen, und in dieser Zeit sind Dana und die drei großen Autokonzerne in einer sehr angreifbaren Position. Wenn die Arbeiter streiken und die Produktion zum Erliegen bringen, bevor die Umstellung abgeschlossen ist, könnte sich die Auslieferung neuer Modelle stark verzögern.

Ein Dana-Arbeiter mit fast 20 Jahren Berufserfahrung erklärte:

Wir müssen verstehen, wie wichtig und wie kritisch diese Zeit bei Dana wegen der Umstellung auf neue Modelle ist. Wir müssen verstehen, wie stark das Unternehmen betroffen wäre, wenn die Produktion zum Erliegen käme. Wenn wir alle die Arbeit niederlegen, stecken sie in der Klemme. Der Modellwechsel ist der Zeitpunkt, wo wir sie treffen können. Es ist die beste Zeit, um das Unternehmen hart zu treffen. In drei bis vier Wochen wird diese Zeit vorbei sein, und sie können neue Teile produzieren. Dann werden sie unsere Arbeitszeiten verkürzen, es wird keine Überstundenzuschläge mehr geben, und unsere Einkommen werden sinken.

Die Großen Drei gehen zum Status „wichtiges Werk“ über

Der weltweite Mangel an Mikrochips hat die drei großen Autokonzerne [Ford, GM, Stellantis/Fiat-Chrysler] gezwungen, ihre verfügbaren Bestände und Arbeitskräfte auf die profitabelsten Modelle zu konzentrieren. Noch immer warten Tausende von unvollständigen Fahrzeugen in den Werken auf die Mikrochips, die installiert werden sollen, sobald sie eintreffen. Es ist eine Sache, ein Auto oder anderes Fahrzeug ohne Mikroprozessor zu bauen. Aber es ist eine ganz andere Sache – nämlich unmöglich – eins ohne Achsen, Gelenkwellen oder Dichtungen zusammenzubauen.

Letzte Woche kündigten die UAW und Stellantis die Einführung der Sieben-Tage-Woche für alle 7.000 Arbeiter des Fertigungswerks Sterling Heights bei Detroit an, wo der hoch lukrative Pickup-Truck Ram 1.500 produziert wird. Bei der Entscheidung, so viel Arbeitskraft in diese hochprofitablen Fahrzeuge zu investieren, hofft das Unternehmen, die Fahrzeuge rechtzeitig ausliefern zu können. Das erhöht die augenblickliche Abhängigkeit der Industrie von den Teilen bei Dana. Die Dana-Arbeiter in Auburn Hills (Michigan) produzieren die Gelenkwellen für den Ram 1.500, die Arbeiter in Dry Ridge (Kentucky) die Hinterachsen.

Engpass bei Dichtungen in Danville (Kentucky)

Dana ist sogar noch angreifbarer, weil das Unternehmen die Produktion von Dichtungen nicht ausreichend erhöhen konnte, und ohne diese Dichtungen kann kein Fahrzeug fertiggestellt werden. Die Arbeiter im Dana-Werk in Danville (Kentucky) berichten, dass das Unternehmen große Schwierigkeiten hat, genug Dichtungen herzustellen, um die Nachfrage zu befriedigen.

Das Unternehmen konnte dieses für alle Fahrzeuge wichtige Bauteil aufgrund eines Mangels an Stahl und Graphit nicht in ausreichender Menge bauen. Dazu kommt ein Mangel an Arbeitern, der teilweise durch die Ausbreitung von Covid-19 in dem Werk und niedrige Löhne verursacht wurde. Deshalb ist eine Fabrik in Danville mit ihren Aufträgen ein Jahr im Rückstand, eine andere mindestens einen Monat.

Arbeiter brauchen eine Strategie für den Sieg

Es gibt so etwas wie historische Vergeltung. Die kapitalistischen Fabrikbesitzer konnten der Arbeiterklasse jahrzehntelang die Errungenschaften wegnehmen, die sie in Generationen erkämpft hatte. Sie haben die Uhr bis ins 19. Jahrhundert zurückgedreht, als Arbeiter kaum mehr waren als Sklaven der Industrie. Heute existieren sogenannte Sweatshops (Ausbeuterbetriebe) nicht nur in Mexiko, Indien und China, sondern auch in Michigan, Kentucky und Indiana, selbst in „gewerkschaftlich organisierten“ Betrieben wie bei Dana.

Überall in den USA und im Rest der Welt sagen die Arbeiter: „Genug ist genug!“ Sie haben es satt, dass der Lebensstandard sinkt, die Preise steigen, die Renten und Kassenleistungen zusammengestrichen werden und die Pandemie auf kriminelle Weise genutzt wird, um Menschenleben dem Profit zu opfern. In den USA rollt eine Welle von Arbeitskämpfen der Lehrer, Pflegekräfte, Bergarbeiter, Bauarbeiter und anderer Arbeiter heran. Sie kämpfen nicht nur gegen die Konzerne und die von ihnen kontrollierten Parteien, sondern auch gegen die gekauften Gewerkschaften. In Deutschland stehen Lokführer, Pflegekräfte und Flughafenbeschäftigte im Kampf, und die Arbeiter des Dana-Werks in Essen haben sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen in den USA solidarisch erklärt.

Die Dana-Arbeiter können und müssen ihre große industrielle Macht in Taten umsetzen. Dazu müssen sie die Kontrolle der UAW und der USW zerbrechen und das unabhängige Aktionskomitee, das Dana Workers Rank-and-File Committee (DWRFC) ausbauen. Sie müssen auf die Arbeiter der drei großen Autokonzerne, bei Deere & Co., Caterpillar und in der Zuliefererindustrie (Lear, Magna, American Axle und anderswo) in den USA und auf der ganzen Welt zugehen.

Viele Dana-Arbeiter sagen jetzt: „Streiken wir, solange das Eisen heiß ist!“ Tatsächlich war das Eisen nie heißer. Ein echter Kampf kann und muss von den Arbeitern selbst geführt werden. Dies erfordert Organisierung: Dana-Arbeiter müssen dem DWRFC beitreten und Streikkomitees in ihren Werken gründen, um Informationen weiterzugeben, ihre Forderungen auszuarbeiten und sich auf gemeinsame Aktionen vorzubereiten.

Nehmt Kontakt zum Dana Workers Rank-and-File Committee auf: DanaWRF@gmail,com oder per SMS: 001 (248) 602-0936.

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