Die jüngste Klimakonferenz der Vereinten Nationen, COP29, wurde am Montag in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, eröffnet. Es ist das dritte Jahr in Folge, dass das vermeindlich höchste politische Treffen zur Bekämpfung des Klimawandels in einem Land stattfindet, dessen Hauptexportgut nicht-erneuerbare fossile Brennstoffe sind, nach den Gipfeltreffen in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Jahr 2023 und Ägypten im Jahr 2022.
In den vergangenen zwei Jahrhunderten anarchischer kapitalistischer Entwicklung wurden Kohle, Erdöl und Erdgas in einem noch nie dagewesenen Tempo verbraucht, was zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um bislang ca. 1,3 ºC verglichen mit der vorindustriellen Ära geführt hat. Die Erwärmung seit 1982 ist mehr als dreimal so schnell abgelaufen wie in den Jahrzehnten zuvor.
Und das Jahr 2024 ist voraussichtlich das wärmste in der Geschichte der Menschheit. Es wird erwartet, dass die globale Erwärmung in diesem Jahr auf 1,5 ºC ansteigt. Dieser Temperaturanstieg gilt als eine der kritischen Grenzen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels aufzuhalten.
Das Ergebnis dieser Erwärmung sind extreme Wetterereignisse, die bereits enorme Schäden und Verluste an Menschenleben verursacht haben. Aus einem Bericht der International Chamber of Commerce, der am Tag der Eröffnung der COP29 veröffentlicht wurde, geht hervor, dass von 2014 bis 2023 fast 4.000 solcher Ereignisse für einen geschätzten wirtschaftlichen Schaden von 2 Billionen Dollar verantwortlich sind. Allein in den letzten zwei Jahren haben stärkere Wirbelstürme, längere Dürreperioden, starke Waldbrände, Hitzeextreme, Polarwirbel und mehr Schäden in Höhe von mindestens 451 Milliarden Dollar verursacht.
Die Auswirkungen auf die Menschen sind sogar noch heftiger: 1,6 Milliarden Menschen sind von diesen Ereignissen betroffen - von den Millionen, deren Häuser während der Wirbelstürme Helene und Milton in den letzten zwei Monaten in den USA überflutet wurden, bis hin zu den Zehntausenden, die jedes Jahr bei Hitzewellen sterben. Jedes Jahr werden im Schnitt 21,5 Millionen Menschen gewaltsam vertrieben durch Klimaveränderung und Wetterextreme, und die Zurich Insurance Group schätzt, dass es „bis 2050 1,2 Milliarden Klimaflüchtlinge geben könnte'.
Diese Zahlen sind für die Regierungen der Welt nicht neu und werden jedes Jahr aktualisiert. Sie werden jedoch von den Teilnehmern der COP29 fast vollständig ignoriert. Die Ausführungen des UN-Klimasekretärs Simon Stiell konzentrieren sich stattdessen auf die „Klimafinanzierung“. Dazu zählen auch Bemühungen um eine „Reform des globalen Finanzsystems“, damit die herrschenden Eliten „die internationalen Kohlenstoff-Märkte am Laufen halten können“.
Mit anderen Worten: Die Klimakrise ist zu einer weiteren Gelegenheit für Spekulationen an der Wall Street und Unternehmensgewinne geworden.
Die Behauptung, dass diese Treffen zur Lösung des Problems der globalen Erwärmung dienen sollten, wurde 2022 weitgehend aufgegeben, als man sich gerade noch darauf einigen konnte, „ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe“ im Zusammenhang mit Kohlekraftwerken auslaufen zu lassen. Dieses Ereignis wurde durch den von den USA und der Nato geführten Krieg gegen Russland in der Ukraine überschattet, der nur wenige Monate zuvor begonnen hatte. Der Krieg hatte den Druck auf Europa, insbesondere auf Deutschland, erheblich verstärkt, die europäische Abhängigkeit hinsichtlich Flüssiggas von Russland auf die Vereinigten Staaten zu verlagern.
Darüber hinaus gibt es in diesem Jahr eine große Anzahl von Lobbyisten der fossilen Brennstoffindustrie, die mit mehr als 600 Teilnehmern die Gesamtzahl aller Delegierten der pazifischen Inselstaaten übertreffen. Am Gipfel 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten nahmen mindestens 2.456 Öl- und Gaslobbyisten teil - was nicht auf eine Diskussion über den Klimawandel hinausläuft, sondern auf eine Möglichkeit für die Führungsriege aus dem Geschäftsfeld fossiler Brennstoffe, ihre Interessen zu fördern.
Zweifellos finden auf der COP29 ähnliche Treffen statt. Der Präsident des Gipfels, Mukhtar Babayev, ist der Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen von Aserbaidschan. Er ist auch ein ehemaliger leitender Angestellter von SOCAR, der staatlichen Ölgesellschaft Aserbaidschans. Das Unternehmen ist eine dominierende Kraft in der aserbaidschanischen Wirtschaft: Gas und Öl machen 90 Prozent der Exporte des Landes und zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts aus.
Ein Gespräch wurde von der Aktivistengruppe Global Witness aufgezeichnet, bei dem Elnur Soltanow, Aserbaidschans stellvertretender Energieminister und einer der Regierungsvertreter, die während der COP29 mit Babajew zusammenarbeiten, erklärt, dass „wir viele Gasfelder haben, die erschlossen werden müssen“. Dazu gehören wahrscheinlich auch Bohrungen im Kaspischen Meer, an das Aserbaidschan grenzt und in dem mindestens 15,31 Milliarden Barrel Öl und bis zu 360 Billionen Kubikfuß Erdgas vermutet werden.
Soltanov sagte dem Undercover-Team dann, dass sie „Ihre Aktivitäten mit den Aktivitäten von SOCAR während der COP verbinden sollten, damit Sie ... mit ihnen über Geschäfte sprechen und auch am COP29-Prozess teilnehmen können.“
Im letzten Jahr war der Präsident der COP28 Sultan al-Jaber, der Vorstandsvorsitzende der staatlichen Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC). Unter seiner Führung bemühte sich ADNOC, neue Verträge über fossile Brennstoffe im Wert von 100 Milliarden Dollar abzuschließen.
Die Tatsache, dass die UN-Klimakonferenzen die Form von Business-Mixern für die Magnaten der fossilen Brennstoffe angenommen haben, ist kein Irrweg, sondern das logische Ergebnis des Versuchs, die ökologische Krise im Kapitalismus zu lösen. Kohle, Erdöl und Erdgas sind und bleiben enorm profitable Industrien. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 meldete Shell trotz eines Rückgangs der weltweiten Energiepreise einen Gewinn von 14 Milliarden Dollar. Allein im dritten Quartal 2024 meldete Saudi Aramco Gewinne in Höhe von 27 Milliarden Dollar. Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass die Investitionen in fossile Brennstoffe in diesem Jahr 1 Billion Dollar übersteigen werden.
Und wie könnte es eine weltweit koordinierte Anstrengung zur Bekämpfung des Klimawandels geben, wenn die herrschenden Eliten der Welt nicht in der Lage waren, gemeinsam eine tödliche Pandemie zu stoppen? Als der noch amtierende US-Präsident Joe Biden sein Amt antrat, geschah dies unter anderem aufgrund von Wahlkampfversprechen, die Covid-19-Pandemie zu beenden und den Klimawandel zu bekämpfen.
Diese Versprechen wurden fast sofort nach Bidens Amtsantritt zugunsten des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 fallen gelassen, zu dem später noch der anhaltende, von den USA unterstützten israelische Völkermord im Gazastreifen hinzukam. Und nun, da die Erde weiter in Flammen steht, sind die USA und Russland näher als je zuvor an einem direkten Konflikt, bis hin zu einem nuklearen Schlagabtausch, der die menschliche Zivilisation auslöschen würde. Wie bei allen großen sozialen Problemen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, sind die beiden Haupthindernisse für ihre Lösung das die Welt spaltende nationalstaatliche System und das kapitalistische Profitstreben.