Die World Socialist Website bezeichnete den Bundeshaushalt 2025, als einen „vom Kapital diktierten Kriegshaushalt“. Während Milliarden in die Aufrüstung und Waffenpakete an die Ukraine und Israel gesteckt werden, wird bei Gesundheit und Sozialem gekürzt. Zu den zahlreichen Einsparungen, die in Folge dessen gemacht werden, zählt auch die jetzt geplante Beendigung des epidemioligischen Abwassermonitorings.
Das „Abwassermonitoring für die epidemiologische Lagebewertung“ (Amelag) ging 2022 in Betrieb und untersucht wöchentlich die Abwasserproben aus bis zu 175 Kläranalgen bundesweit auf Genkopien von Corona-Viren. Auch wenn damit keine genaue Inzidenz festgestellt werden kann, gibt Amelag eine Aussage darüber, ob das Infektionsgeschehen am Wachsen oder am Sinken ist und wo Ausbruchsorte exisitieren. Auch Infektionswellen lassen sich bereits frühzeitig erkennen.
Insbesondere seit Abschaffung der Testpflicht und aller anderen Corona-Schutzmaßnahmen ist das Abwassermonitoring eine der aussagekräftigsten Mittel über den Stand der Pandemie. Die geplante Abschaffung verdeutlicht, mit welcher Aggressivität und Kriminalität die herrschende Klasse die „Forever-COVID“-Politik durchsetzt. Sie verbreitet nicht nur die Lüge, die Pandemie sei vorbei. Sie will auch alle Daten, die das Gegenteil belegen, eliminieren.
Zum Ende des Jahres läuft die Bundesfinanzierung von Amelag aus und eine Verlängerung ist nicht geplant. Ein Sprecher von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bestätigte: „In den Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt konnten vorerst leider keine Mittel für die Fortführung der Abwassersurveillance eingestellt werden.“ Man versuche zwar „im Rahmen der parlamentarischen Beratungen noch Finanzmittel zur Fortführung“ erhalten zu können, doch es ist völlig klar, dass das nur leere Phrasen sind. In einer Regierungsbefragung im Bundestag versuchte Lauterbach die Finanzierung auf die sowieso bereits verschuldeten Kommunen zu verlagern. „Nicht für jede sinnvolle Ausgabe ist der Bund zuständig“, erklärte er.
Bereits im letzten Jahr verkündete Lauterbach die Zusammenstreichung von Geldern zur Erforschung von Long Covid und zur Entwicklung von Therapien und Medikamenten dagegen. Begründet wurde die Kürzung von 100 Millionen auf 21 Millionen Euro mit einer „angespannten Haushaltslage“. Damit machte er deutlich, wohin dieses gestrichene Geld fließt: in die militärische Aufrüstung, deren Etat als einziger deutlich aufgestockt wird. Zum Weiterbetrieb von Amelag erklärte das Robert-Koch-Institut (RKI), dass lediglich 5 Millionen Euro pro Jahr notwendig wären – das sind 0,8 Prozent der Summe des jüngsten militärischen Unterstützungspakets Deutschlands an die Ukraine.
Eine an das Bundesgesundheitsministerium gerichtete Petition auf change.org unter dem Titel „Stoppen Sie das Ende von AMELAG! Deutschland braucht eine zeitgemäße Epidemiologie.“ hat bereits über 4.500 Unterschriften. Sie erklärt: „Zeitgemäße epidemiologische Überwachung fußt auf möglichst schneller, umfassender und unbürokratischer Erhebung von Daten. Wie die Sars-CoV-2-Pandemie zeigt, sind moderne Surveillance-Systeme in einer globalisierten und von Raubbau an natürlichen Ressourcen betroffenen Welt nötiger denn je“ und geißelt weiter das Aufheben sämtlicher Maßnahmen durch die Bundesregierung: „Entgegen der Erfahrung moderner Medizin setzen wir erstmals in der Geschichte der Menschheit darauf, eine Pandemie in individueller Eigenverantwortung überwinden zu wollen.“
Viele Unterzeichner der Petition schreiben in ihrer Begründung, dass Corona nicht vorbei ist und sie selbst bereits an Long Covid erkrankt sind. Wie dramatisch die Situation ist, belegen auch die Zahlen der weiter ansteigenden Herbstwelle. Dem letzten Wochenbericht des RKI über akute respiratorische Erkrankungen (ARE) zufolge sind derzeit 7,4 Millionen Menschen an akuten Atemwegserkrankungen erkrankt - ein für diese Jahreszeit besonders hohes Niveau.
Covid macht dabei direkt etwa 22 Prozent der Erkrankungen aus. Es ist aber völlig klar, dass die ungehinderte Ausbreitung des Corona-Virus in letzten Monaten und Jahren das Immunsystem von Millionen von Menschen geschwächt hat. In der Folge erkranken sie auch leichter an anderen Formen von ARE.
Bei der Zahl der schweren ARE-Fälle macht Covid derzeit 17 Prozent aus, wobei es deutliche Altersunterschiede gibt: Bei den über 80-Jährigen ist Covid für 30 Prozent der schweren respiratorischen Erkrankungen verantwortlich.
Die Viruslast im Abwasser zeigt seit Mitte September einen starken Anstieg des Corona-Infektionsgeschehens. Für die letzte Woche wurden 239.000 Genkopien pro Liter Abwasser gemessen. In der Vorwoche waren es noch 185.000. Innerhalb der letzten vier Wochen hat sich die Viruslast verdoppelt. Nach Angaben des GrippeWeb, dass auf Grundlage der Angaben einer Testgruppe freiwilliger Teilnehmender Daten über das Infektionsgeschehen ermittelt, liegt die geschätzte Covid-Inzidenz derzeit bei etwa 1100.
Auch die Zahl der Hospitalisierungen steigt leicht an und liegt jetzt bei einer 7-Tage-Inzidenz von 4 Hospitalisierungen pro 100.000 Einwohner. Die Zahl der Todesfälle stieg in der vergangenen Woche auf 129. In den Wochen zuvor lag sie offenbar noch bei etwa 80 pro Woche.
Dominiert wird das Infektionsgeschehen derzeit von den Varianten KP.3.1.1, die 41 Prozent ausmachen und den rekombinanten Sublinien, die 27 Prozent ausmachen. Virologen schätzen, dass XEC etwa einen doppelt so hohen Wachstumsvorteil hat wie KP.3.1.1 und im Winter die dominante Variante sein wird.
In Großbritannien berichtete die englische Allgemeinmedizinerin Helen Wall in einem jüngsten Interview mit den Manchester Evening, dass sie in ihrer Praxis einen Unterschied von XEC zu früheren Infektionen beobachtet. Jeder, der sich mit dieser Variante infiziere, solle darauf vorbereitet sein, sich „ausgeknockt“ zu fühlen. Sie erklärte: „Frühere Symptome waren eher Husten- und Erkältungssymptome, aber im Moment scheint Covid die Menschen richtig auszuknocken.“
Auch die Langzeitfolgen von Covid werden stärker thematisiert. Jüngst veröffentlichte der SWR einen Bericht zum einjährigen Bestehen der Post-Covid-Ambulanz in Mainz. Der interviewte Internist Christoph Lembens berichtet, dass in diesen zwölf Monaten bereits mehr als 1.000 Patienten behandelt wurden. Der Terminkalender sei noch bis weit in das kommende Frühjahr ausgebucht.
Und dabei schätzt Lembens, dass sich rund ein Fünftel seiner Patienten nicht von Post-Covid erholt hat. Dies beträfe nicht nur ältere, vorerkrankte Menschen, sondern auch viele jüngere. Die Betroffenen litten unter Erschöpfungszuständen bis hin zum Fatigue-Syndrom. Zum Teil hätten sie auch starke Kreislaufschwankungen, zum Beispiel einen extremen Blutdruckabfall, sobald sie aufstünden. Das führe dazu, dass diese Menschen einfach umkippten.
Für viele kommt es noch schlimmer: Sie hätten auch große muskuläre Probleme, sodass einige der Erkrankten auf den Rollstuhl angewiesen seien. Und bei einigen gibt es kognitive Einschränkungen, den sogenannten „brain fog“. Diesen Menschen falle es extrem schwer, sich zu konzentrieren oder sich Dinge zu merken.
Diese Berichte verdeutlichen den kriminellen Charakter der „Forever COVID“-Politik der herrschenden Klasse. Millionen von Menschen sollen langfristig gesundheitlich geschädigt werden, damit es zu keiner Einschränkung der kapitalistischen Profitmaximierung kommt.