Perspektive

Trump droht dem „Feind im Inland“ mit dem Einsatz des Militärs

In einer Reihe von Interviews und öffentlichen Äußerungen seit Sonntag hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump seine Drohungen mit gewaltsamer Unterdrückung, die sich zunächst auf Migranten konzentrierten, ausgeweitet: auf breitere Teile der Arbeiterklasse und der Jugend, auf die Führung der Demokratischen Partei und auf praktisch jeden, der sich seiner faschistischen Politik widersetzt.

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im Cobb Energy Performing Arts Centre in Atlanta, 15. Oktober 2024

Die jüngsten Drohungen begannen mit Trumps Auftritt in der Fox-Sendung „Sunday Morning Futures“, in der er der Moderatorin Maria Bartiromo sagte, dass „radikale linke Wahnsinnige“ eine größere Bedrohung für die Vereinigten Staaten darstellten als jede Macht von außen, und dass die Nationalgarde oder das Militär benötigt würden, um gegen sie vorzugehen.

„Ich sage immer, wir haben zwei Feinde“, erklärte er. „Wir haben den äußeren Feind, und dann haben wir den Feind von innen, und der Feind von innen ist meiner Meinung nach gefährlicher als China, Russland und all diese Länder.“

Trump griff den kalifornischen Abgeordneten Adam Schiff und die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi an und bezeichnete sie am Dienstagabend bei einer Wahlveranstaltung als „böse“ und „gefährlich“. „Sie sind Marxisten und Kommunisten und Faschisten, und sie sind krank“, behauptete er. Der Umgang mit ausländischen Gegnern sei wichtig, erklärte er, aber: „Noch schwieriger sind, wissen Sie, die Pelosis, diese Leute, sie sind so krank und sie sind so böse.“

Die Behauptung, dass rechtsgerichtete kapitalistische Politiker wie Schiff, Pelosi, Kamala Harris und Präsident Joe Biden Befürworter des Sozialismus und Marxismus seien, könnte als Beweis für den fortschreitenden geistigen Verfall des 78-jährigen Trump erscheinen. Aber solche Anschuldigungen sind ein Grundelement des faschistischen Flügels der Kapitalistenklasse, für die selbst eine vorgetäuschte Sympathie für die Arbeiterklasse als Anstiftung zur Revolution gilt.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat wiederholte seine Drohungen am Dienstag vor einem Publikum aus Unternehmern im Economic Club of Chicago, wo er sich weigerte, sich zur Anerkennung der Wahlergebnisse zu verpflichten, und erneut seinen Willen zum Ausdruck brachte, militärische Gewalt gegen seine Gegner einzusetzen. Als der Moderator von Bloomberg News, John Micklethwait, ihn fragte, ob er einen friedlichen Machtwechsel unterstützen würde, antwortete Trump, dass es 2020 „einen friedlichen Machtwechsel gegeben“ habe. Er bezog sich auf die Tatsache, dass er Washington am 20. Januar verließ, als Biden vereidigt wurde, nachdem Trumps Putschversuch am 6. Januar gescheitert war.

Zuvor hatte Trump bei einer Kundgebung am Samstagabend in Coachella (Kalifornien), seinen Plan „Operation Aurora“ für Massendeportationen von Migranten vorgestellt. „Wir sind wie ein besetztes Land“, sagte er und fügte hinzu, dass der 5. November, der Wahltag, ein „Tag der Befreiung“ sein werde. Solche Äußerungen von Trump waren bereits früher Vorboten von Gewalt. Als er seine Anhänger während der Corona-bedingten Ausgangssperren dazu aufgerufen hatte, „Michigan und mehrere andere Bundesstaaten zu befreien“, versammelten sich Faschisten mit halbautomatischen Waffen in der Hauptstadt Lansing und an anderen Orten.

Die New York Times berichtet nun mit offensichtlicher Sorge: „Noch nie hat ein Präsidentschaftskandidat – geschweige denn ein ehemaliger Präsident – offen vorgeschlagen, das Militär gegen amerikanische Bürger einzusetzen, nur weil sie sich seiner Kandidatur widersetzen. Während er seine Drohung mit politischer Vergeltung eskaliert, bietet Trump den Wählern die Wahl einer ganz anderen und weitaus weniger demokratischen Form der amerikanischen Regierung.“

Anders als die New York Times suggeriert, bietet Trump den Wählern dies nicht als „Wahl“ an. Er signalisiert seinen Verbündeten im Apparat aus Militär und Geheimdiensten, im Obersten Gerichtshof und in faschistischen Milizen, dass sie sich darauf vorbereiten müssen, während oder unmittelbar nach der Wahl einzugreifen, um die Wahl zu manipulieren und den Wählern jegliche Wahl zu verweigern.

Trumps Äußerungen erfolgen kurz nach der Veröffentlichung des neuen Buches „War“ des langjährigen Journalisten der Washington Post, Bob Woodward, das Interviews mit einer Reihe führender Persönlichkeiten in der US-Hauptstadt über Trumps Pläne für eine Diktatur enthält. General Mark Milley, der 2019 von Trump zum Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff ernannt worden war, erklärte gegenüber Woodward, der ehemalige Oberbefehlshaber sei „durch und durch faschistisch.“

Mit seiner öffentlichen Befürwortung autoritärer Gewalt reagiert Trump auf das Drängen wichtiger milliardenschwerer Unterstützer, die kürzlich 220 Millionen Dollar in seinen Wahlkampf gepumpt haben, der in der Höhe der Spenden deutlich hinter der demokratischen Kandidatin Harris zurückgeblieben war. Dazu gehören 75 Millionen Dollar von Elon Musk, der eine Reihe öffentlicher Wahlkampfveranstaltungen für Trump initiiert hat, sowie von der zionistischen Milliardärin Miriam Adelson, der Witwe eines Kasinomoguls aus Las Vegas, und dem ultrarechten Logistikunternehmer und Milliardär Richard Uihlein.

Dieser Teil der herrschenden Elite Amerikas ist offensichtlich alarmiert über die wachsende Bewegung von Arbeitern und jungen Menschen gegen die Politik des imperialistischen Krieges, der wirtschaftlichen Austerität und der Angriffe auf demokratische Rechte. Sie blicken auf Ereignisse wie den Streik der Boeing-Arbeiter und die Studentenproteste gegen den US-israelischen Völkermord in Gaza und haben aus gutem Grund Albträume von der sozialen Revolution.

Die nominelle Opposition – Harris, Biden und die Demokraten – ist dem Programm der herrschenden kapitalistischen Elite genauso entschlossen verpflichtet wie Trump und die Republikaner. Sie befürworten lediglich eine andere Taktik und verlassen sich dabei auf die Gewerkschaften, um den Klassenkampf zu unterdrücken, und auf pseudolinke Gruppen und Persönlichkeiten wie Alexandria Ocasio-Cortez, um diejenigen, die gegen imperialistischen Krieg und Völkermord sind, in die Irre zu führen und zu desorientieren.

Diese grundlegende Klassenvereinbarung erklärt die halbherzige und rückgratlose Reaktion der Demokraten auf Trumps Drohungen mit Gewalt und Massenrepression. Wochenlang, nachdem der scheidende Präsident Biden den Parteitag der Demokraten gewarnt hatte, dass Trump die Ergebnisse der Wahl 2024 nicht akzeptieren würde, hat die Harris-Walz-Kampagne die faschistische Bedrohung heruntergespielt.

Erst diese Woche, am Montag, konzentrierte sich Harris bei einer Kundgebung in Erie (Pennsylvania) auf Trumps Aufruf, die Nationalgarde oder das Militär gegen politische Gegner einzusetzen, und beschränkte ihre Kritik darauf, Trump als „verwirrt“ und psychisch instabil zu bezeichnen.

Als Harris am Dienstag bei einer Bürgerversammlung auftrat, die von dem schwarzen Talk-Radio-Moderator Charlamagne tha God einberufen worden war, wurde sie gegen ihren Willen dazu aufgefordert, Trumps politische Orientierung beim Namen zu nennen. „Das andere ist Faschismus“, sagte Charlamagne. „Warum können wir das nicht einfach sagen?“ Harris antwortete mit sichtbarer Zurückhaltung: „Ja, das können wir sagen.“

Die beiden kapitalistischen Parteien, die das Monopol auf die offizielle Politik haben, sind der Arbeiterklasse gleichermaßen feindlich gesinnt. Bei seinem Auftritt vor dem Wirtschaftspublikum in Chicago verhöhnte Trump die Autoarbeiter und behauptete, ihre Arbeit sei so einfach, dass jedes Kind sie erledigen könne. Harris ihrerseits umarmt die Funktionäre der United Auto Workers, die den Autobossen als Polizeitruppe in den Fabriken dienen.

Weniger als drei Wochen vor der Wahl am 5. November – in vielen Bundesstaaten hat die vorzeitige Stimmabgabe bereits begonnen – nähern sich die politischen Spannungen innerhalb der Vereinigten Staaten dem Siedepunkt. Trump und die Republikaner drücken in brutalster Sprache die Entschlossenheit der herrschenden Klasse aus, ihren Reichtum und ihre Macht zu erhalten. Die Demokraten zeigen die gleiche Brutalität in der Praxis, indem sie den Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine anheizen und den israelischen Völkermord in Gaza ermöglichen, der sich nun zu einem allgemeinen Krieg im Nahen Osten ausweitet.

Der 5. November wird die politische Krise nicht beenden, sondern nur eine neue Etappe markieren. Trump und die Republikaner bereiten sich darauf vor, die Stimmenauszählung in die Länge zu ziehen, falls Harris die wahrscheinliche Gewinnerin sein sollte, und Gewalt und gerichtliche Anfechtungen einzusetzen, um die Bestätigung durch die Bundesstaaten und die Wahl durch das Wahlkollegium am 17. Dezember zu verzögern. Ihr Ziel ist es, Bedingungen zu schaffen, unter denen der Oberste Gerichtshof eingreifen kann, wie er es im Jahr 2000 getan hat, um den Präsidenten zu wählen oder die Wahl an das Repräsentantenhaus zu übergeben, das jetzt von den Republikanern kontrolliert wird – oder um eine solche Instabilität zu schaffen, dass eine neue Version des Staatsstreichs von 2021 herbeigeführt werden kann, diesmal erfolgreich.

Ein eindeutiges Wahlergebnis wird nichts klären. Eine wiederhergestellte Trump-Regierung würde vom ersten Tag an mit dem Präsidenten als „Diktator“ agieren, wie es der Kandidat selbst versprochen hat. Eine Harris-Regierung sähe sich verpflichtet, die Agenda des demokratischen Parteiflügels der herrschenden Klasse umzusetzen: imperialistischer Krieg gegen Russland, den Iran und schließlich China und Krieg gegen die Arbeiterklasse im eigenen Land.

Der einzige Weg nach vorn, in Amerika und international, besteht darin, die unabhängige Stärke der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische Profitsystem zu mobilisieren. Das bedeutet, die Socialist Equality Party als neue revolutionäre Führung der Arbeiterklasse aufzubauen.

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