Arm und Reich in Deutschland: Zahl der Milliardäre steigt auf 249

Selten war die soziale Polarisierung derart mit Händen zu greifen. Während die Armut wächst, steigt am oberen Ende die Anzahl der Superreichen. Aus dem alljährlichen Ranking des Manager Magazins geht hervor, dass die Zahl der Milliardäre in Deutschland zuletzt um 23 auf 249 angestiegen ist.

Champagner-Kühler [Photo by Harald Bischoff / Wikimedia Commons / CC BY 3.0]

Das Manager Magazin hat eine Liste der 500 reichsten Deutschen publiziert und errechnet, dass ihre privaten Vermögen und Reichtümer sich im Jahr 2023 auf den Rekordwert von 1,1 Billionen Euro beliefen, 53 Milliarden Euro mehr als im Jahr davor.

Mit dieser Summe – eintausendeinhundert Milliarden Euro, fast das Zweieinhalbfache des Bundeshaushalts im selben Jahr – könnten Tausende Schulen und Krankenhäuser gebaut, das Bahnnetz saniert und das Defizit der Pflegekasse ausgeglichen werden. Auch könnten die Löhne von Eisenbahnern, Pflegekräften und anderen öffentlich Beschäftigten, die man mit Billiglöhnen abspeist, endlich angehoben werden.

Neben den 249 Milliardären gibt es im Land über eine halbe Million Millionäre, von denen fast 3000 ihr Finanzvermögen mittlerweile auf über 100 Millionen Dollar steigern konnten, wie schon der Global Wealth Report 2022 aufzeigte. Dieser Schicht, einer winzigen Minderheit von etwa 0,6 Prozent der Bevölkerung, gehören 45 Prozent des Gesamtvermögens.

Für Arbeiter dagegen wird die Lage in Deutschland wie weltweit immer prekärer. Immer mehr Menschen rutschen in Billiglohnarbeit und Armut ab, während die Inflation wieder ansteigt. Jedes fünfte Kind und mehr als jeder vierte Jugendliche leben in Armut. Während sich die Regierung auf ihren imperialistischen Kriegskurs konzentriert, lässt sie die zivile Infrastruktur verwahrlosen und greift arrogant die sozial Schwächsten an. In ihrem Kriegshaushalt für 2024 wird das Bürgergeld um 5,5 Milliarden Euro gekürzt.

Die Liste der Superreichen im Manager Magazin ist aufschlussreich. Unter den reichsten Zehn befinden sich Erben und Großaktionäre derselben Konzerne, die gerade Massenentlassungen, Lohnkürzungen und Werkschließungen durchsetzen.

So steht Familie Porsche mit 19,3 Milliarden Euro an 8. Stelle im Ranking, während bei Volkswagen Massenentlassungen und die Stilllegung ganzer Werke angekündigt werden und viele Leiharbeiter schon entlassen sind. Auch ist die Kontinuität der Reichen seit der Zeit des Faschismus bezeichnend. Mehrere der reichsten Familien – Porsche, Klatten/Quandt, Schaeffler, Reimann, etc. – verdanken ihren Reichtum der Verstrickung ihrer Vorfahren in das Nazi-Regime.

Reichster Deutscher ist Dieter Schwarz mit 43,7 Milliarden Euro, der Gründer von Lidl und Kaufland. Hinter ihm belegen Susanne Klatten und Stefan Quandt, die BMW-Erben, mit 34,4 Milliarden Euro den zweiten Platz, gefolgt von der Familie Merck, die 33,8 Milliarden Euro besitzt. Auf die Familie Reimann (31,3 Milliarden) folgt Klaus Michael Kühne, Logistikunternehmer und Hotelier, mit 29 Milliarden. An 6. bis 10. Stelle kommen die Familien Albrecht / Heister von Aldi Süd (27 Milliarden Euro), Henkel (24,6 Mrd. Euro), Porsche, sowie Albrecht von Aldi Nord (18,9 Mrd. Euro). Allein die zehn Reichsten kommen gemeinsam auf ein Vermögen von 262 Milliarden Euro.

Die Familie Würth gehört mit 13 Milliarden Euro ebenfalls zu den Superreichen. Würth Elektronik, das zu den wichtigen Autozulieferern zählt, ist gerade dabei, seinen Standort in Schopfheim mit 300 Beschäftigten zu schließen.

Weitere Autozulieferer, die seit Jahren Entlassungen, Kurzarbeit und Werkschließungen durchsetzen, sind Schaeffler und Continental, die großenteils der Familie Schaeffler gehören. Diese steht mit 7,7 Milliarden Euro im Ranking an 25. Stelle. Dicht dahinter folgt Fam. Thiele von Knorr Bremse (7,5 Milliarden Euro), Großaktionärin bei Lufthansa. Während des Corona-Lockdowns entließ der Lufthansa-Konzern bedenkenlos tausende Piloten, Flugbegleiter und Bodenarbeiter und kürzte die Löhne.

Andere Superreiche gehören zu den so genannten „Tech-Milliardären“, allen voran die Gründer und Besitzer von SAP, Hasso Plattner (16,9 Milliarden Euro), Dietmar Hopp (15,1 Milliarden Euro) und die Erbenfamilie Klaus Tschira (5,5 Milliarden Euro). Auch der SAP-Konzern ist dabei, 10.000 Arbeitsplätze zu streichen.

Gleichzeitig breitet sich in der Gesellschaft die Billiglohnarbeit aus, und die Armut grassiert. Schon kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie schickte die Regierung – damals noch unter Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) – die Arbeiter trotz Ansteckungsgefahr zurück in die Betriebe. Gleichzeitig stopfte sie den Reichen mit ihrem milliardenschweren Corona-Notpaket die Taschen voll. Inzwischen ist Scholz Bundeskanzler, und auf die Corona-Krise folgte der Ukrainekrieg und zuletzt der Krieg im Nahen Osten.

Unmittelbar bei Ausbruch des Ukrainekriegs hat die Ampel-Regierung beschlossen, alles auf die Karte des Krieges zu setzen. Kanzler Scholz brachte das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr auf den Weg. Finanzminister Christian Lindner (FDP) legte den Spar- und Kriegshaushalt der Regierung vor, und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ernannte sich zum „Rüstungsindustrieminister“.

Der Kriegskurs hat zur Folge, dass die scharfe Energiekrise und der Handelskrieg massiven Druck auf die Industrie ausüben. Mit Hilfe der DGB-Gewerkschaften, die mit ihrer nationalistischen Standortpolitik im Lager des Imperialismus stehen, werden Lohnkürzungen ausgehandelt. Entlassungen durchgesetzt und Betriebe geschlossen. Dies betrifft allein in der Auto- und Zulieferindustrie hunderttausende Beschäftigte.

Die Arbeiterklasse steht vor der doppelten Bedrohung der sozialen Verwüstung und der Weltkriegsgefahr. Die einzige Partei, die gegen diese Bedrohung eine gangbare sozialistische Perspektive vertritt und dafür kämpft, ist die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP), die der Vierten Internationale angehört. In wenigen Tagen wird die SGP in einer Veranstaltung zur Frankfurter Buchmesse ihre Perspektiven erläutern. Unter dem Motto „Zurück in die Zukunft. Krieg, Faschismus und Klassenkampf im 21. Jahrhundert“ wird am 19. Oktober, 16:00 Uhr, David North im Frankfurter Haus Gallus sprechen.

Hier ein Absatz, den David North schon vor Ausbruch von Pandemie und Krieg im Jahr 2018 geschrieben hatte:

Alle Widersprüche, die Marx aufgedeckt hat, manifestieren sich mit beispielloser Intensität. Die Akkumulation von Reichtum geht einher mit einem ungeheuren Ausmaß an sozialer Ungleichheit. Ein paar Dutzend Menschen auf der Welt verfügen über mehr Vermögen als drei Viertel der Weltbevölkerung zusammengenommen. Der wirkliche Zustand der kapitalistischen Gesellschaft, mit ihren Ungerechtigkeiten und ihrer Fixierung auf die sinnlose Anhäufung von persönlichem Reichtum, spottet selbst den plattesten populistischen Karikaturen. In jedem wichtigen Bereich – Bildung, Gesundheitswesen, Wohnungsbau und Alterssicherung – bewegt sich die kapitalistische Gesellschaft rückwärts und schafft selbst die begrenzten Reformen des vergangenen Jahrhunderts wieder ab. (D. North, „Leo Trotzki und der Kampf für Sozialismus im 21. Jahrhundert“, S.144)

Diese Worte werden durch die Verschärfung der sozialen Polarisierung, das Anwachsen der Superreichen und das Auseinanderklaffen von Reich und Arm vollkommen bestätigt.

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