Bundeshaushalt 2025: Ampel-Koalition will Bürgergeld um 5,55 Milliarden kürzen

Die Kriegspolitik geht unweigerlich mit Angriffen auf soziale Rechte einher. Die Ampel-Koalition plant im Bundeshaushalt 2025 eine Kürzung des Bürgergelds um insgesamt 5,55 Milliarden Euro oder knapp elf Prozent.

Schlange vor einer Tafel in Frankfurt-Höchst

Statt 50,5 Milliarden, wie in diesem Jahr, will Finanzminister Christian Lindner (FDP) im kommenden Jahr für die Sozialhilfe nur noch 44,95 Milliarden Euro ausgeben. Im Sommerinterview der ARD versicherte er, mit ihm werde es grundsätzlich keine weitere Umverteilung und keine Steuererhöhungen, aber eine „ambitionierte Strukturreform und eine wachstumsfreundliche Politik“ geben.

Sozialhilfeempfänger beschimpfte Lindner als potentielle „Trittbrettfahrer“ und bedroht sie mit „neuen Sanktionen und Meldeverpflichtungen, neuen Karenzregelungen“. Für alle Bürgergeldbezieher kündigte er im Januar 2025 eine „Nullrunde“ an, womit er ihnen die übliche jährliche Angleichung der Bezüge an die ständig steigenden Preise verweigert.

Um das Sparziel von 5,55 Milliarden Euro zu erreichen, will die Regierung möglichst viele Menschen, die Bürgergeld (früher Sozialhilfe und „Hartz IV“) beziehen, in das große Heer der Billiglohnarbeiter einreihen. Hunderttausende sollen gezwungen werden, jede noch so schlechte Arbeit zu akzeptieren.

Laut dem Arbeitsministerium kosten je 100.000 Bürgergeldempfänger den Staat jährlich etwa 780 Millionen Euro. Demnach würde die Einsparung von 5,55 Milliarden Euro erfordern, über 700.000 (!) Bedürftige in Arbeit zu zwingen. Dies würde fast jeden fünften der aktuell 3,9 Millionen erwachsenen Bürgergeldempfänger betreffen.

Eine so hohe Zahl wurde zuletzt im Jahr 2007, nach der Einführung von „Hartz IV“, registriert, als die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer das Ende des Sozialstaats besiegelt hatte.

Bezeichnenderweise soll das Ziel nicht etwa (wie von der Ampel noch letztes Jahr versprochen) durch höhere Zuschüsse für Weiterbildung, Umschulung und notwendige Anschaffungen erreicht werden, um die Arbeitsaufnahme zu erleichtern. Ganz im Gegenteil wird auch bei den Jobcentern, die für das Bürgergeld zuständig sind, im nächsten Jahr massiv gekürzt: Ein Betrag von 1,6 Milliarden Euro soll bei den Jobcentern und von 900 Millionen Euro bei der beruflichen Weiterbildung und den Reha-Leistungen weggestrichen werden.

Wie die WSWS schon erklärt hat, ist der Haushaltsplan für 2025 „ein vom Kapital diktierter Kriegshaushalt, den die Arbeiterklasse bezahlen wird“:

Es genügt, darauf hinzuweisen, dass für Bundeswehr und Aufrüstung über 53 Milliarden und für die innere Sicherheit weitere Milliarden vorgesehen sind, während – wie Lindner prahlt – die Schuldenbremse eingehalten wird. Gleichzeitig wird der um knapp acht Milliarden verminderte Haushalt das Bürgergeld kürzen und die versprochene Kindergrundsicherung auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben, während das Kindergeld gerade mal um 5 Euro (!) angehoben wird.

Von Anfang an hat die WSWS aufgezeigt, dass es sich beim Bundeshaushalt 2025 um einen Spar- und Kriegshaushalt handelt, der noch weiter verschärft werden soll. Den großen Medien gilt dies mittlerweile schon als selbstverständlich.

So lautete im Sommerinterview mit Lindner die allererste Frage des Moderators an den Finanzminister: „Wie erklären Sie den Soldaten, dass der Verteidigungsminister und die Bundeswehr nicht die Mittel erhalten, die sie gefordert haben, sondern fünf Milliarden weniger?“ Worauf Lindner antwortete, dass schließlich er es war, der als Finanzminister von SPD-Kanzler Olaf Scholz das 100-Milliarden-Euro Sondervermögen für die Bundeswehr auf den Weg brachte.

Tatsächlich steigt der Verteidigungshaushalt in Deutschland seit einigen Jahren stärker an als in fast jedem andern Land. Insgesamt gibt die Regierung in diesem Jahr bis zu 90 Milliarden Euro für Waffen, Munition und die Befeuerung der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten aus.

Um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu halten, hat die Ampel jetzt schon beschlossen, im Jahr 2028 den Verteidigungshaushalt um einen Zuwachs von fast 30 Milliarden Euro auf rund 80 Milliarden Euro aufzustocken. Zuletzt haben Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim Nato-Gipfel in Washington zugesagt, wieder Langstreckenwaffen auf deutschem Boden zu stationieren. Das war bisher aufgrund der Massenproteste der 1980er Jahre undenkbar, und es beinhaltet ein gewaltiges Nuklearkriegs-Risiko.

Bezahlen soll dafür die Arbeiterklasse und zu allererst ihr schwächster Teil, die Bürgergeldempfänger. Sie sollen gefälligst arbeiten oder verhungern, solche Töne sind immer häufiger zu hören.

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat zuletzt gefordert, denjenigen, die „sich weigern, zu arbeiten“, das Bürgergeld komplett zu streichen. Das könne er sich „für eine sechsstellige Zahl von Personen“ vorstellen. Auch in der SPD werden verwandte Stimmen laut. Hubertus Heil hat schon im Mai angekündigt, Bürgergeldbeziehern die Bezüge zwei Monate lang ganz zu streichen, falls sie bei Schwarzarbeit erwischt würden.

Die Angriffe kommen in einer Situation der extremen sozialen Polarisierung. Für die Superreichen kam das Inflationsjahr 2023 einer großen Bereicherungsorgie gleich, wie der Global Health Report enthüllte. Deutschland weist demnach 2,8 Millionen Millionäre auf, viermal so viele wie vor 20 Jahren. Damit steht es im Millionärs-Ranking der Welt an sechster Stelle. Was die Super-Superreichen angeht, im Finanzjargon die „Ultra High Net Worth Individuals“, so kommt Deutschland hinter den USA und China trotz viel geringerer Bevölkerungszahl sogar an dritter Stelle. Zu den 3000 Superreichen sind im letzten Jahr 300 hinzugekommen.

Ihnen allen garantiert Lindner, dass es keine Steuererhöhungen geben wird. Er ist ja selbst einer von ihnen. Berüchtigt wurde vor zwei Jahren die dreitägige Luxushochzeit des Finanzministers auf Sylt, als die Steuerzahler für den gesamten Personenschutz der geladenen Politiker und die Dienstfahrzeuge aufkommen mussten.

Heute zeigt Lindner mit dem Finger auf die Bürgergeldempfänger. Im Sommerinterview drohte er arrogant: „Wir werden über unseren Sozialstaat sprechen müssen… Wer nicht arbeitet, wer vorsätzlich Angebote ausschlägt oder wer sich irregulär, illegal in Deutschland aufhält und eigentlich das Land verlassen muss, diese Menschen können nicht von unserem Sozialstaat leben.“

Schon bisher kommt das Bürgergeld gerade mal einem Almosen gleich, obwohl Langzeitarbeitslose, Bedürftige und Menschen in prekärer Lebenssituation einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch darauf haben.

Das Bürgergeld beträgt aktuell 563 Euro im Monat für Alleinstehende und 502 Euro für Menschen, die mit einem Partner zusammenleben. Das ist weniger, als eine einzige Übernachtung im Luxushotel auf Westerland/Sylt oder ein einziges Diner oder ein Golf- oder Segelturn kostet. Bürgergeldbezieher haben von dem Betrag 30 Tage lang sämtliche Lebenskosten außer der Wohnung zu bestreiten – ein fast unmögliches Unterfangen.

Bewusst schürt Lindner Ressentiments gegen Migranten und Geflüchtete, um die arbeitende Bevölkerung zu spalten. Er sagte: „Wir haben nicht zu wenig Geld, sondern zu hohe Ausgaben. ... Wir haben stark steigende Sozialabgaben; das hängt auch mit der irregulären Einwanderung nach Deutschland seit 2015 zusammen.“ Die Einwanderer, nicht die superreichen Schmarotzer, sind also daran schuld, dass der Sozialstaat „neu aufgestellt“ werden muss.

Es macht deutlich, wie sehr die Ampel-Koalition mit ihrer Politik der AfD den Weg bereitet, speziell im Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die Regierung weiß, dass sie auf einem Pulverfass sitzt.

Als vor drei Jahren in Thüringen Thomas Kemmerich (FDP) mit den Stimmen der AfD gewählt wurde, war der soziale Protest so groß, dass der neue Ministerpräsident nach drei Tagen zurücktreten musste. Heute tut die Ampel-Koalition alles in ihrer Macht Stehende, um die AfD zu befördern: Um ihre Kriegspolitik zu intensivieren und jeden Widerstand im Keim zu ersticken, stärkt sie den Polizeistaat und setzt immer neue Razzien und Verbotsverfahren durch. In der Sozialpolitik, beschließt sie eine Sparorgie, die die Arbeiterinnen und Arbeiter nur als direkte Provokation verstehen können.

Es ist höchste Zeit, die Arbeiterklasse gegen derartige Angriffe zu mobilisieren, sie in unabhängigen Aktionskomitees zusammenzuschließen und die politische Kraft aufzubauen, die dieser Politik mit einem internationalen und sozialistischen Programm erfolgreich entgegentreten wird: die Sozialistische Gleichheitspartei, Sektion der Vierten Internationale.

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