Das zentrale Versprechen der Labour Party an die herrschende Elite des Vereinigten Königreichs lautet, dass ihr als „Partei der Nato“ und der nationalen Sicherheit die Regierungsführung getrost anvertraut werden kann.
In seiner Grundsatzrede am 3. Juni kündigte Sir Keir Starmer an, das Militär „kampftüchtig“ zu machen, und rühmte sich, Labour habe den pazifistischen Ballast seines Vorgängers Jeremy Corbyn abgeworfen. Er trat dabei mit 10 der 14 Kandidaten der Partei für die Parlamentswahlen auf, die einen militärischen Hintergrund haben. Wie Starmer mehrfach wiederholte, sei diese Zahl ein Rekord für die Partei.
Am 11. Juni, kurz bevor Starmer das militaristische Wahlprogramm vorstellte, erklärte Labour stolz, die Zahl der Kandidaten mit militärischem Hintergrund sei auf 19 gestiegen.
Laut Labours Wahlprogramm wird jede Maßnahme der Partei in der Regierung der primären Aufgabe der nationalen Sicherheit untergeordnet sein. „Kein politisches Engagement bei der Erfüllung von Labours Aufgaben ist von Bedeutung, wenn wir nicht die erste Pflicht der Regierung erfüllen können: Die Sicherheit des Landes zu gewährleisten. Frieden und Sicherheit wurden hart erarbeitet. Sie erfordern ständige Wachsamkeit.“
Weiter wird im Manifest beklagt, dass „in den letzten 14 Jahren die geopolitischen Spannungen zugenommen haben, während die Konservativen unsere Streitkräfte geschwächt haben.“
Es folgt ein Bekenntnis zum De-facto-Krieg der Nato gegen Russland: „Jetzt versucht Putin, mit seiner groß angelegten Invasion der Ukraine die europäische Sicherheit zu zerstören. Labour wird auf diese Herausforderung mit einer Stärkung unserer Streitkräfte und dem Schutz unserer nationalen Sicherheit reagieren.“
In diesem Kontext werden alle verteidigungspolitischen Maßnahmen aufgelistet.
„Unser Engagement für die nukleare Abschreckung des Vereinigten Königreichs ist absolut. Sie erfüllt eine wichtige Schutzfunktion für das Vereinigte Königreich und unsere Nato-Verbündeten. Als die Partei, die die Nato gegründet hat, halten wir an unserem unerschütterlichen Eintreten für das Bündnis fest und werden wichtige Verteidigungsprogramme einem Nato-Test unterziehen, um sicherzustellen, dass wir unsere Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllen.“
Während Russland und China zwar nicht ausdrücklich erwähnt werden, heißt es in dem Dokument: „In den letzten Jahren haben sich die Bedrohungen für unsere Sicherheit vervielfacht und sind vielseitiger geworden. Neben größeren konventionellen Bedrohungen sind wir mit dem zunehmenden Aufkommen hybrider Kriegsführung konfrontiert, darunter Cyberangriffe und Desinformationskampagnen, die unsere Demokratie untergraben sollen. Um sicherzustellen, dass das Vereinigte Königreich auf diese miteinander vernetzten Bedrohungen umfassend vorbereitet ist, wird Labour im ersten Jahr unserer Regierung eine strategische Prüfung der Verteidigungsfähigkeit durchführen und die Grundlagen dafür schaffen, 2,5 Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben.“
Labours Bekenntnis zum britischen Atomwaffenprogramm ist mit horrenden Kosten verbunden. Die Modernisierung und Wartung einer neuen Generation von Atom-U-Booten und Sprengköpfen könnte bis zu 247 Milliarden Euro kosten – weit mehr als die gesamten Kosten für den Unterhalt des National Health Service für ein Jahr (210 Milliarden Euro für 2024–25), einschließlich der Löhne der mehr als eine Million Beschäftigten.
Die Erhöhung der Militärausgaben durch die konservative Regierung von 2,3 Prozent des BIP auf 2,5 Prozent bis zum Jahr 2030 – die Labour nach eigenen Angaben beibehalten will – wird weitere 83 Milliarden Euro kosten.
Im Wahlprogramm werden dann die Pläne Labours für die Militarisierung der gesamten Wirtschaft skizziert:
„Die Stärkung der Sicherheit Großbritanniens erfordert eine langfristige Partnerschaft mit unserer heimischen Rüstungsindustrie. Labour wird eine industrielle Verteidigungsstrategie entwickeln, die unsere sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Prioritäten in Einklang bringt. Wir werden im ganzen Land für einen starken Verteidigungssektor und stabile Lieferketten sorgen, einschließlich dem Stahlbereich. Wir werden langfristige Partnerschaften zwischen der Wirtschaft und der Regierung aufbauen, Innovation fördern und die Belastbarkeit verbessern. Wir werden britische Unternehmen bei Verteidigungsausgaben Priorität einräumen und das Beschaffungswesen reformieren, um Verschwendung zu verringern. Labour wird die Industrie unterstützen, damit diese von Exportmöglichkeiten profitiert, und zwar im Einklang mit einem robusten Waffenexportregime, das der Einhaltung des Völkerrecht verpflichtet ist.“
Um dem Vereinigten Königreich den Übergang zu einer Kriegswirtschaft zu erleichtern, „wird Labour ein voll funktionsfähiges militärstrategisches Hauptquartier aufbauen und einen nationalen Rüstungsdirektor ernennen, um ein starkes Verteidigungszentrum zu schaffen, das in der Lage ist, das Vereinigte Königreich bei der Bewältigung der zunehmenden Bedrohungen, denen wir gegenüberstehen, zu führen.“
Hier werden bewusst die erklärten Ziele des neuen Oberbefehlshabers der britischen Streitkräfte, General Roland Walker, wiederholt, der Anfang Juli erklärt hatte: „Das einzige wirkliche Bewertungskriterium für eine Armee ist ihre Kampfkraft, ihre tödliche Schlagkraft angesichts sehr realer und konvergierender Bedrohungen. Meine Herausforderung für die unmittelbare Zukunft ist es, diese tödliche Schlagkraft der britischen Armee in den nächsten drei Jahren zu verdoppeln und bis Ende des Jahrzehnts zu verdreifachen.“ Da das Militär dies „nicht alleine schafft“, brauche es dafür Partner in der Industrie. Militärpersonal würde daher mit Rüstungsunternehmen zusammenarbeiten müssen, um die Waffen „von den Schützengräben zur Fabrik“ und wieder zurück zu verfolgen und sie ständig auf dem neuesten Stand zu halten.
Labour verpflichtet sich, den Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine und die weit fortgeschrittenen Vorbereitungen auf eine direkte Konfrontation zu unterstützen: „Mit Labour wird die militärische, finanzielle, diplomatische und politische Unterstützung des Vereinigten Königreichs für die Ukraine unerschütterlich bleiben. Labour wird Bemühungen unterstützen, Putins Russland für seinen illegalen Krieg zur Rechenschaft zu ziehen und unterstützt Forderungen nach einem Sondertribunal für das Verbrechen der Aggression. Wir werden mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten, um die Beschlagnahme und Umwidmung eingefrorener russischer Staatsvermögen zur Unterstützung der Ukraine zu ermöglichen. Und wir werden eine führende Rolle darin spielen, der Ukraine einen klaren Weg zur Nato-Mitgliedschaft zur Verfügung zu stellen.“
Starmer hat den Völkermord in Gaza persönlich gebilligt, und Labours Wahlprogramm sieht keine Maßnahmen gegen Israel vor, sondern erklärt nur: „Labour wird sich weiterhin für einen sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung aller Geiseln, die Einhaltung des Völkerrechts und die schnelle Aufstockung der Hilfslieferungen nach Gaza einsetzen.“
Das Wahlprogramm unterstützt den Konflikt zwischen dem US-Imperialismus und China und erklärt über das Militärbündnis zwischen den USA, dem Vereinigten Königreich und Australien: „Labour bekennt sich uneingeschränkt zu AUKUS, der trilateralen Sicherheitspartnerschaft mit Australien und den USA... Nachdem die Inkonsistenz der Konservativen gegenüber China die letzten 14 Jahre Schaden angerichtet hat, wird Labour einen langfristigen und strategischen Ansatz verfolgen, um unsere Beziehungen zu gestalten. Wir werden kooperieren, wo wir können, konkurrieren, wo wir müssen, und herausfordern, wo wir müssen. Wir werden die Fähigkeit des Vereinigten Königreichs verbessern, die Herausforderungen und Chancen, die China bietet, zu verstehen und darauf zu reagieren, indem wir unsere bilateralen Beziehungen überprüfen. Wir werden immer in unserem Interesse handeln und unsere Souveränität und demokratischen Werte verteidigen.“
Großbritannien wird seine Rolle als Juniorpartner und oberster Provokateur des US-Imperialismus fortsetzen, egal wer nach der Präsidentschaftswahl im November im Weißen Haus sitzen wird. Dazu heißt es im Manifest: „Die Vereinigten Staaten sind ein unverzichtbarer Verbündeter. Unsere besondere Beziehung ist von entscheidender Bedeutung für Sicherheit und Wohlstand, und geht darüber hinaus, welche Partei oder Person an der Macht ist. Wir werden weiterhin auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Interessen mit den USA zusammenarbeiten, u.a. in den Bereichen der wirtschaftlichen Kooperation, Verteidigung und Geheimdienstarbeit.“
Labours Pro-Kriegs-Wahlprogramm ist schon lange in Arbeit. Im Januar 2023 enthüllte die Huffington Post, dass Labour eine „Hitliste der Sitze der Streitkräfte, die bei den Parlamentswahlen ins Visier genommen werden sollen“, erstellt hat, wobei die Partei „ihre Panzer auf dem Rasen der Tories parkt, indem sie Wahlkreise mit militärischen Verbindungen ins Visier nimmt“. Weiter heißt es:
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
„Unter der Führung des Schatten-Verteidigungsministers John Healy konzentrieren sie sich auf Wahlkreise mit aktiven Soldaten, Veteranen und Arbeitern aus der Rüstungsindustrie.“ Unter den 28 anvisierten Wahlkreisen befinden sich „der Sitz des Ministers für Veteranenangelegenheiten, Johnny Mercer, in Plymouth Moor View – sowie Hastings and Rye und Dover and Deal“.
In dem Artikel heißt es: „Labour tritt in mehreren dieser Wahlkriese mit Veteranen an, da sie dabei ist, sich in die Partei der Verteidigung und der nationalen Sicherheit zu verwandeln.“
Diese Verwandlung war zum Zeitpunkt der Ankündigung der Parlamentswahlen bereits so weit fortgeschritten, dass die Tory-Abgeordnete in Dover and Deal, der Labour ihren Sitz abjagen wollte – die immigrantenfeindliche Hetzerin Natalie Ephicke – zu Starmers Partei überlief.
Zu den Labour-Kandidaten mit militärischem Hintergrund gehören Louise Jones und Mike Tapp, die beide zuvor für den Militärgeheimdienst tätig waren. Tapp hat seit seinem Ausscheiden aus dem Militär vor zehn Jahren für die National Crime Agency und das Verteidigungsministerium gearbeitet.
Alistair Carns ist ein ehemaliger Colonel der Royal Marines. Er diente während der imperialistischen Besetzung von Afghanistan, zwischen Oktober 2010 und März 2011, im Militär.
Eine weitere wichtige Persönlichkeit unter den Militärs der Labour-Partei ist Dan Jarvis, der von 1997 bis 2011 Mitglied des Fallschirmjäger-Regiments war. Er hat einmal im Irak und zweimal in Afghanistan gedient, war von 2018 bis 2022 Bürgermeister von South Yorkshire und ist heute Abgeordneter für Barnsley Central.
Ein zentrales Anliegen bei den vorgezogenen Parlamentswahlen war, dass eine Regierung eingesetzt wird, die in der Lage ist, einen verschärften Krieg gegen Russland zu führen. Diese Pläne sollen beim bevorstehenden Nato-Gipfel in Washington DC am 9. Juli diskutiert werden, nur fünf Tage nach den britischen Wahlen am 4. Juli und zwei Tage nach der zweiten Runde der Wahlen zur französischen Nationalversammlung. Mit ziemlicher Sicherheit wird Starmer daran als britischer Kriegs-Premierminister teilnehmen.
Vor diesen Gefahren zu warnen und die politische Mobilisierung der Arbeiterklasse dagegen auf der Grundlage des Sozialismus zu beginnen, ist der wesentliche Zweck des Wahlkampfs der Socialist Equality Party. Deshalb sind wir mit Tom Scripps in Holborn und St. Pancras gegen Starmer angetreten. Es ist an der Zeit, unser Wahlprogramm zu lesen und entsprechend zu handeln.
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