Sir Keir Starmer bezeichnet Labour als „Partei der Nato“ und attackiert Antikriegsdemonstranten

Labour-Parteichef Sir Keir Starmer hat bekräftigt, dass seine Partei uneingeschränkt hinter der Nato und ihren Kriegsdrohungen gegen Russland steht und dass er selbst bereit ist, die Antikriegsstimmung der Bevölkerung gewaltsam zu unterdrücken.

Am Donnerstag erklärte er in einem Interview mit der Times: „Ich möchte klar unseren Standpunkt zur Nato bekräftigen, und zwar ganz bewusst. Hierbei handelt es sich für Labour nicht um eine neue Position, da wir immer die Partei der Nato waren.

Die Botschaft lautet, dass wir die Nato energisch und geschlossen unterstützen, dass wir uns zur Geschichte und den Traditionen von Labour – der Tradition von [Ernest] Bevin –bekennen und sehr, sehr deutlich machen, dass wir das nicht nur als Teil unserer Geschichte und Tradition ansehen. Es ist Teil unserer Werte und heute so relevant, wie es immer war.“

Die Times erklärt dazu, dass Ernest Bevin ein ehemaliger Labour-Außenminister und überzeugter Antikommunist war, dessen Vision eines transatlantischen Bündnisses zur Entstehung der Nato führte.

Der Labour-Chef erklärte weiter, es sei „sehr schwierig, eine Trennlinie“ zwischen der Tory-Regierung und Labour zu finden, was die Frage des von den USA vorgegebenen Kriegskurses hinsichtlich der Ukraine angeht. Er machte deutlich, dass er von Aggressionen spricht, die einen militärischen Konflikt einschließen könnten. Er meinte, er habe „wenig Hoffnung, dass sich eine Krise an der ukrainischen Grenze verhindern lässt“. Stürmer kündigte außerdem an, er würde „die Pläne der Regierung, das Militär nach einem ,Jahrzehnt des Niedergangs‘ um 9.000 Soldaten und 79 Panzer zu verkleinern“ rückgängig machen.

Starmer gab das Interview im Vorfeld eines Treffens mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag, das erste derartige Treffen mit einem Labour-Parteichef seit zehn Jahren. Es war Teil seiner Versuche, den britischen Imperialismus davon zu überzeugen, dass er Labour mit der Umsetzung der militaristischen Politik der herrschenden Klasse betrauen kann.

Er verurteilte den vorgetäuschten Widerstand seines Amtsvorgängers Jeremy Corbyn gegen die Nato und sein Zögern, sich wegen der angeblichen Giftanschläge auf die Skripals der anti-russischen Kampagne anzuschließen. Die Times fasste Starmers Aussagen in dem Satz zusammen: Corbyn „lag falsch, was die Nato angeht, und eindeutig falsch im Fall der Giftanschläge in Salisbury, für die er Russland nicht verantwortlich machen wollte.“

Die Times begrüßte die Worte des Labour-Vorsitzenden mit dem folgenden Leitartikel: „Starmer und die Sicherheit: Eine Botschaft der Stärke ist ein willkommener Kurswechsel in der Haltung der Partei.“ Allerdings behauptete sie, Starmer habe sich mit der Aussage „geirrt“, Labour sei „immer die Partei der Nato“ gewesen. Sie verwies auf Corbyns Zeit als Parteichef und seinen geplanten Auftritt am Donnerstagabend bei der Kundgebung „Nein zum Krieg in der Ukraine: Stoppt die Nato-Erweiterung“ der Stop the War Coalition (Stoppt-den-Krieg-Koalition).

Die Redakteure forderten: „Sir Keir behauptet, die Partei habe das Konzept seines Vorgängers aufgegeben. Zu dieser Verpflichtung muss er stehen.“

Starmer veröffentlichte nur wenige Stunden später eine Kolumne im Guardian, angeblich „auf dem Weg nach Brüssel, wo er Labours entschiedene Unterstützung für die Nato bekräftigte.“

Er schrieb: „Unter meiner Führung ist das Bekenntnis Labours zur Nato unverrückbar“ und bezeichnete Elemente wie die Stop the War Coalition als „bestenfalls ... naiv, schlimmstenfalls unterstützen sie aktiv autoritäre Führer, die eine direkte Bedrohung für Demokratien darstellen.“

Starmer benutzt die Stop the War Coalition als Strohmann für Angriffe auf alle Kriegsgegner als „den Feind im Inneren“, wie es die ehemalige Tory-Premierministerin Margaret Thatcher einmal formulierte. Damit signalisiert er die Bereitschaft Labours, die führende Rolle bei der rücksichtslosen Unterdrückung jedes Widerstands der Arbeiterklasse gegen die Kriegspläne der Nato zu spielen.

Das ist das wichtigste Element seiner Versuche, zu beweisen, dass man sich auf ihn bei der Umsetzung der Interessen des britischen Imperialismus verlassen kann. Das zweite Element ist, sich als global und innenpolitisch glaubwürdigere Alternative zu Johnsons chaotischer Amtszeit als Premier zu inszenieren. Der Times gegenüber erklärte Starmer: „Es ist bemerkenswert, dass bei fast jeder Pressekonferenz im Ausland als erstes nach seiner Autorität im eigenen Land und auf der Weltbühne gefragt wird.

Das sollte für einen britischen Premierminister, egal von welcher Partei, niemals die erste Frage sein.“

Dieser Punkt wurde am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Johnson und Stoltenberg in Brüssel deutlich. Der Premierminister wiederholte haltlose Behauptungen über „bedrohliche“ Geheimdienstinformationen, laut denen ein russischer Einmarsch in der Ukraine unmittelbar bevorstehe. Daraufhin kündigte er an, weitere 1.000 britische Soldaten für eine schnelle Stationierung in Osteuropa in Bereitschaft zu versetzen.

Er attackierte die anderen EU-Mächte im Auftrag der US-Regierung, besonders den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem die britische Presse nach seinen Gesprächen mit Putin unterstellte, er wolle der Ukraine einen „vergifteten Friedensplan“ anbieten. Johnson wetterte, Großbritannien behandele „die Staaten im Herzen unseres Kontinents nicht als Schachfiguren, um die man feilscht oder die man opfert.“

Doch sein Versuch, staatsmännische Autorität auszustrahlen, wurde schnell von der Frage zunichte gemacht: „Würden Sie zurücktreten, wenn sich herausstellt, dass Sie das Gesetz gebrochen haben?“ Damit war das derzeitige Ermittlungsverfahren gemeint, das die Partys in der Downing Street während der landesweiten Lockdowns untersucht, an denen Johnson teilweise selbst teilgenommen hatte.

Während Johnson sich drehte und wand, behandelte der russische Außenminister Sergei Lawrow seine britische Amtskollegin Liz Truss bei einer Pressekonferenz in Moskau mit unverhohlener Verachtung. Er bezeichnete das Gespräch offen als eine Unterhaltung „zwischen einem Stummen und einem Tauben“ und erklärte, an Truss seien „alle Tatsachen, die wir vorgelegt haben, abgeprallt.“ Einmal wies er seine Dolmetscher an, Truss' Äußerungen nicht mehr zu übersetzen, und verschwand sofort nach dem Ende der Pressekonferenz.

Starmer erklärt sich im Unterschied zu Johnson als für so zuverlässig, das ihm der Staat für fünf Jahre die Leitung des Crown Prosecution Services (Strafverfolgungsdienst der Krone) anvertraut hat und, wie er selbst erklärt, „in aktiven Operationen mit den Geheimdiensten zusammengearbeitet hat.“

Starmers Appell richtet sich an die Bourgeoisie, wobei er den Umweg über die unverhohlensten Vertreter der Tories macht. Seine erste nennenswerte Äußerung zur Ukraine war eine Kolumne im Daily Telegraph, dem Sprachrohr der Tory-Rechten, mit dem Titel „Großbritannien muss entschlossen gegen die russische Aggression auftreten.“ Seine zweite öffentliche Erklärung veröffentlichte er in der Times, einem der wichtigsten Organe der Murdoch-Presse.

Starmer machte erneut deutlich, dass er an nationale Einheit statt Zwietracht appelliert. Er lobte Johnsons größte Rivalen um die Führung der Tories. Er bezeichnete sich als „erfreut“ über den „moralischen Mut“ von Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid, die Johnson kritisiert hatten wegen Johnsons Vorwurf gegenüber Starmer, dieser habe den notorischen Pädophilen Jimmy Savile vor Strafverfolgung geschützt.

Sunak, ein Multimillionär, steht an der Spitze der Forderungen nach verheerenden Austeritätsmaßnahmen zu Lasten der Arbeiterklasse, um die Rettungsaktionen für die Konzerne und Superreichen während der Pandemie zu bezahlen. Javid, ein einfacher Millionär, hat die Abschaffung aller Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19 angeführt.

Starmer gibt eindeutig zu verstehen, dass Labour diesen Kurs und die Kriegstreiberei gegen Russland weiterhin uneingeschränkt unterstützen wird, ob als loyale Opposition, als Partner in einer Regierungskoalition oder in einer eigenen Regierung.

Sein Vorgehen ist ein verheerendes Armutszeugnis für Corbyn und die „linke“ Basis von Labour. Was haben sie vorzuweisen, nachdem sie die Partei fünf Jahre lang angeführt haben? Seine Untätigkeit gegenüber der Blair-Fraktion hat dazu geführt, dass die Partei heute noch weiter rechts steht als unter Blair, die Politik der Tories bedingungs- und vorbehaltslos unterstützt, selbst wenn sie einen Krieg gegen die Atommacht Russland schürt und Antikriegsdemonstranten als Agenten feindlicher Despoten bezeichnet.

Demonstranten vor dem britischen Parlament in Whitehall ziehen am 15. Februar 2003 in den Londoner Hyde Park, um gegen den drohenden Irakkrieg zu demonstrieren. (AP Photo/Alastair Grant, Archiv)

Die Socialist Equality Party schrieb in ihrer Erklärung „Die Arbeiterklasse muss sich erheben, um die Johnson-Regierung zu stürzen!“: „Die Arbeiter müssen sich der politischen Realität stellen, dass die Tories und Labour eine Einheit bilden: eine Partei der Durchseuchung, der sozialen Reaktion, von Militarismus und Krieg.“

Die dringliche Aufgabe, eine Antikriegsbewegung gegen die Aggression des britischen und des US-Imperialismus aufzubauen, ist nur auf der Grundlage einer neuen sozialistischen, internationalistischen Bewegung der Arbeiterklasse unter Führung der SEP möglich.

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