Putins Vietnambesuch vor dem Hintergrund der US-Aufrüstung in Asien

Nach seinem Besuch in Nordkorea reiste der russische Präsident Wladimir Putin am letzten Donnerstag für einen Staatsbesuch nach Vietnam. Er besuchte die Region, um den Bestrebungen der USA entgegenzutreten, Moskau zu isolieren, während die USA und die Nato ihren Krieg gegen Russland in der Ukraine ausweiten.

Russlands Präsident Wladimir Putin und Vietnams Präsident Tô Lâm vor der Ehrengarde vor dem Präsidentenpalast in Hanoi am 20. Juni 2024 [AP Photo/Gavriil Grigorov, Sputnik]

In Hanoi traf sich Putin mit dem vietnamesischen Präsidenten Tô Lâm und anderen hochrangigen Regierungsvertretern, darunter dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Nguyen Phú Trong. Es war Putins fünfter Staatsbesuch in Vietnam; der letzte fand im Jahr 2017 statt.

Putin und Lâm veröffentlichten eine Stellungnahme zum 30. Jahrestag des „russisch-vietnamesischen Vertrags über die Grundsätze freundschaftlicher Beziehungen“. Die zwei Staatschefs unterzeichneten elf Abkommen in Bereichen wie der energiepolitischen Zusammenarbeit bei Öl- und Gasförderung, der Technologie und der Bildung. Putin lobte die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Vietnam und wies darauf hin, dass der bilaterale Handel im Jahr 2023 um 8,3 Prozent auf ein Volumen von fünf Milliarden US-Dollar zugenommen habe.

Daneben einigten sich Moskau und Hanoi auf eine Ausweitung der militärischen Zusammenarbeit. Putin erklärte: „Die Diskussion über die Lage in der asiatisch-pazifischen Region hat ein gemeinsames Interesse am Aufbau einer zuverlässigen und angemessenen regionalen Sicherheitsarchitektur gezeigt, die auf den Grundsätzen der Nichtanwendung von Gewalt und der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten beruht. Darin ist kein Platz für selektive militärisch-politische Blöcke.“ Lâm fügte hinzu, die beiden Länder „arbeiten in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen weiter zusammen, um die nicht-traditionellen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu bewältigen“.

Die beiden Regierungschefs erklärten zwar, das Abkommen richte sich „nicht gegen dritte Länder“, allerdings sind sie eindeutig besorgt über die zunehmenden geopolitischen Spannungen in der Region, die vor allem vom US-Imperialismus ausgehen. Beispielhaft dafür sind die jüngsten, von Washington angeheizten Zusammenstöße zwischen chinesischen und philippinischen Schiffen rund um das Second Thomas Shoal, ein versunkenes Riff auf den Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer. Sie einigten sich auf gemeinsame Militärübungen, die angeblich der Verbesserung von Rettungsaktionen dienen.

Lâm war sich der Reaktion bewusst, die Putins Besuch in Washington hervorrufen würde. Er betonte, Vietnam stelle sich nicht an die Seite einer bestimmten Macht, halte jedoch seine seit langem bestehenden Beziehungen zu Moskau aufrecht: „Vietnam verfolgt eine unabhängige Außenpolitik des Friedens (...) aber wir messen der Entwicklung der traditionellen Freundschaft und der umfassenden strategischen Partnerschaft mit Russland große Bedeutung bei und betrachten Russland als eine außenpolitische Priorität Vietnams.“

Solche Äußerungen werden die USA nicht beschwichtigen. Letzten September besuchte Biden Hanoi, um eine umfassende Sicherheitspartnerschaft zu unterzeichnen, die die Grundlagen für eine engere militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern schuf. Genau wie die Philippinen hat auch Vietnam territoriale Streitigkeiten mit Peking im Südchinesischen Meer, und die USA versuchen, dies für ihren Kriegskurs gegen China auszunutzen.

Vor seiner Ankunft in Vietnam verurteilte die US-Botschaft in Hanoi den Besuch des russischen Präsidenten und erklärte: „Kein Land sollte Putin ein Podium geben, auf dem er seinen Angriffskrieg propagieren kann, oder ihm auf andere Weise erlauben, seine Verbrechen zu normalisieren.“ Die Biden-Regierung schickte nur wenige Stunden nach Putins Abreise ihren stellvertretenden Staatssekretär für Angelegenheiten Ostasiens und des Pazifik, Daniel Kritenbrink, zu einem zweitägigen Besuch nach Hanoi.

Die USA und ihre Verbündeten tun alles, um Moskau im Rahmen des von der Nato angezettelten Kriegs in der Ukraine weiter zu isolieren. Sie haben beide Teile von Putins Asienreise kritisiert.

Zweifellos war Washington nicht erfreut über Putins Artikel in der Nhân Dân, der offiziellen Zeitung der Kommunistischen Partei Vietnams, in dem es heißt: „Wir sind unseren vietnamesischen Freunden dankbar für ihre ausgewogene Haltung in der Ukraine-Krise und ihren Wunsch, die Suche nach praktischen Wegen für eine friedliche Beilegung zu erleichtern.“ Genau wie China weigert sich auch Vietnam, Russlands Invasion der Ukraine zu verurteilen.

Die russische Invasion der Ukraine war zwar völlig reaktionär und zielte nur darauf ab, die Interessen der russischen Oligarchen zu verteidigen. Allerdings haben die USA und ihre Nato-Verbündeten den Krieg vorsätzlich provoziert. Sie haben 2014 den Putsch in Kiew angezettelt, durch den der prorussische Präsident abgesetzt wurde, und wollen die Ukraine in die Nato aufnehmen.

Tatsächlich versuchen die USA, den Ukrainekrieg immer stärker auf die indo-pazifische Region auszudehnen. Sie verknüpfen ihre Bestrebungen, Putin zu stürzen und Russland aufzuteilen, mit den anhaltenden Versuchen, einen Krieg gegen China zu provozieren. Die USA haben ihre Bemühungen verstärkt, die Beziehungen zu Vietnam zu verbessern, um Hanoi von Moskau und Peking abzubringen.

Anfang Juni traf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unangekündigt beim Shangri-La-Dialog in Singapur ein, wo er China beschimpfte, weil es sich nicht hinter den Krieg der USA und der Nato gegen Russland stellt. Dies richtete sich nicht nur gegen Peking, sondern auch gegen andere Staaten der Region wie Vietnam, die versuchen, eine neutrale Position in dem Konflikt einzunehmen.

In enger Absprache mit Washington erklärte der südkoreanische Nationale Sicherheitsberater Jang Ho-jin am Donnerstag, nach Putins Staatsbesuch in Pjöngjang, Seoul überdenke seine Haltung, der Ukraine nur „nicht-tödliche“ Hilfsgüter zu liefern.

Jang erklärte: „Wir planen, die Frage der Lieferung von Waffen zur Unterstützung der Ukraine zu überdenken (...) Besondere Maßnahmen werden wir später bekanntgeben.“ Seoul ist, wie die Washington Post Ende letzten Jahres enthüllte, bereits indirekt einer der größten Lieferanten von Artilleriegranaten des Kalibers 155mm an Kiew, indem es die US-Lagerbestände auffüllt, damit diese die Granaten an die Ukraine liefern können. Jang kündigte auch eine weitere Stärkung der militärischen Zusammenarbeit Südkoreas mit den USA und Japan an, was die Spannungen mit China erhöhen wird, gegen das sich die Maßnahme letztlich richtet.

Als Reaktion auf Seouls Ankündigung warnte Putin, weitere Waffenlieferungen „wären ein sehr großer Fehler. Ich hoffe, es wird nicht passieren. Wenn doch, dann werden auch wir die entsprechenden Entscheidungen treffen, die der derzeitigen südkoreanischen Führung vermutlich nicht gefallen werden.“

Genau wie in Nordkorea versuchte Putin auch in Vietnam, seine Konfrontation mit den USA in progressiv klingende Rhetorik zu kleiden. Er lobte die Hilfe der Sowjetunion für Vietnam in dessen Kämpfen gegen den französischen und den US-amerikanischen Imperialismus im 20. Jahrhundert und schrieb in Nhân Dân: „Unser Land hat einen bedeutenden Beitrag zum heldenhaften Kampf des vietnamesischen Volks gegen ausländische Invasoren geleistet.“

In Wirklichkeit hat die stalinistische Sowjetbürokratie den Kampf des vietnamesischen Volks während des Kalten Kriegs nur unterstützt, um Vietnam als Schachfigur in ihren Deals mit dem Imperialismus zu benutzen. Putin führt keinen antiimperialistischen Kampf gegen die USA, sondern sucht verzweifelt nach diplomatischer und wirtschaftlicher Unterstützung, um dem eskalierenden US-Nato-Krieg entgegenzuwirken, der Russland zerschlagen und den imperialistischen Interessen unterordnen soll.

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