Perspektive

Biden gibt Nato-Angriffen auf Russland grünes Licht: Eine neue Etappe im eskalierenden imperialistischen Weltkrieg

US-Präsident Joe Biden hat den Abschuss von US-Raketen auf Russland durch das rechtsextreme ukrainische Regime gebilligt, während der französische Präsident Emmanuel Macron bereits in der nächsten Woche die Entsendung von „Militärausbildern“ in das Land ankündigen könnte.

Diese Entwicklungen unterstreichen, wie die amerikanischen und europäischen imperialistischen Mächte den Krieg mit dem atomar bewaffneten Russland rücksichtslos zu einem globalen Flächenbrand ausweiten, der nur durch die politische Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse aufgehalten werden kann.

Ein Soldat der US-Armee bereitet in Queensland (Australien) die Montage des Army Tactical Missile System (ATACMS) auf dem High Mobility Artillery Rocket System (HIMARS) vor. 26. Juli 2023 [AP Photo/Sgt. 1st Class Andrew Dickson]

„Der Präsident hat sein Team kürzlich angewiesen, dafür zu sorgen, dass die Ukraine in der Lage ist, US-Waffen für den Gegenschlag in Charkiw einzusetzen“, so ein US-Sprecher. Diese Enthüllung folgte auf die Sitzung der Parlamentarischen Versammlung der Nato am Montag in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, auf der sich das Militärbündnis verpflichtete, Russland in der Ukraine eine „strategische Niederlage“ beizubringen. Diese Entwicklungen machen deutlich, dass die Führer des amerikanischen Imperialismus den Krieg mit Russland, einem atomar bewaffneten Staat, rasch eskalieren.

Biden und seine Berater gehen offensichtlich davon aus, dass Putin keine Vergeltung üben wird und sie deshalb Russland angreifen können. Dies ist eine außerordentlich leichtsinnige Annahme, zumal sie Putin geradezu zwingt, ihnen das Gegenteil zu beweisen. Außerdem könnte Putin genauso gut davon ausgehen, dass die Nato auf einen Angriff nicht sofort mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren wird. Natürlich setzt Putin damit die Nato unter Druck, ihm das Gegenteil zu beweisen.

Auf diese Weise wird die Eskalation zum Atomkrieg vorangetrieben. Jede Seite ist gezwungen, zu beweisen, dass die strategischen Berechnungen ihrer Gegner falsch sind. Sie begeben sich damit in eine Falle, aus der sie nicht entkommen können.

Die europäischen Imperialisten sind die Hauptakteure in diesem eskalierenden Krieg. Deutschland, das mehr Waffen an die Ukraine geliefert hat als jedes andere Land außer den Vereinigten Staaten, kündigte am Donnerstag weitere 500 Millionen Euro für militärische Ausrüstung für Kiew an. Ein nicht genannter Diplomat, der mit Reuters über Macrons bevorstehende Entscheidung sprach, Truppen in die Ukraine zu schicken, kommentierte: „Die Vorbereitungen sind sehr weit fortgeschritten, und wir könnten nächste Woche etwas erwarten.“

Die Imperialisten setzen alles auf Krieg, um ihre globalen Ambitionen zu verwirklichen und einen Ausweg aus ihren unlösbaren innenpolitischen und sozialen Krisen zu finden. Wie weit sie zu gehen bereit sind, haben sie mit ihrer Komplizenschaft bei Israels Völkermord an den Palästinensern bewiesen.

David North, Vorsitzender der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, schrieb auf X: „Die Biden-Regierung, die beschlossen hat, direkte Angriffe auf Russland zu genehmigen, fordert Putin geradezu heraus, gegen die Nato zurückzuschlagen, und zwar doppelt. Es ist wahrscheinlich, dass er das tun wird, und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Konflikt bis zum Einsatz von Atomwaffen eskaliert.“

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North stellte fest, dass die Stimmung der „totalen Rücksichtslosigkeit“ in den Hauptstädten Washingtons und Europas von dem „wahnhaften“ Glauben getrieben wird, dass Putins reaktionäres nationalistisches Regime keine Vergeltung üben werde, wenn es von der Nato angegriffen wird. Es handelt sich um die jüngste in einer Reihe von katastrophalen Fehlkalkulationen von Biden, Bundeskanzler Scholz, Macron und dem britischen Premierminister Sunak seit Ausbruch des Krieges.

Die Sanktionen, die zu Beginn des Krieges gegen Russland verhängt wurden, sollten den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft bewirken, doch dieser blieb aus. Die große ukrainische „Gegenoffensive“, die von den westlichen Medien als Wendepunkt des Krieges angepriesen wurde, war ein Debakel. Sie trug wesentlich dazu bei, dass schätzungsweise 500.000 ukrainische Menschen von den imperialistischen Mächten als Kanonenfutter geopfert wurden.

Bret Stephens, der erst diese Woche eine Kolumne in der New York Times schrieb, in der er argumentierte, dass Führer heiliggesprochen werden, wenn sie in Kriegen „moralisch kompromittierte Siege“ erringen, indem sie alle Grenzen ihres Handelns beseitigen, hatte letztes Jahr geschrieben, dass die ukrainische Gegenoffensive das „Endspiel“ für Russland sein würde, das eine „vernichtende und unmissverständliche Niederlage“ zur Folge hätte.

Der breite Konsens für ungezügelte Aggression und Brutalität im Krieg mit Russland ist Ausdruck einer herrschenden Klasse, die den Kopf verloren hat.

Während des Kalten Krieges erkannte der amerikanische Imperialismus gewisse Grenzen für sein Handeln an, um ein nukleares Armageddon zu vermeiden. General Douglas McArthur wurde während des Koreakriegs entlassen, weil er den Einsatz einer Atombombe gegen chinesische Truppen befürwortete. Während der Kubakrise 1962 wurde der Wunsch der obersten militärischen Befehlshaber, Kuba zu bombardieren, beiseite geschoben. Doch jetzt, angesichts der sich überschneidenden innenpolitischen und globalen Krisen, auf die sie keine fortschrittlichen Antworten hat, hat die Kapitalistenklasse beschlossen, einen Kurs einzuschlagen, der zum totalen Krieg führt.

North fuhr fort und stellte die entscheidende Frage: „Jetzt kommt die größte und katastrophalste Fehlkalkulation von allen: dass die Nato Angriffe auf russisches Territorium starten kann, ohne Gegenangriffe befürchten zu müssen. Wie werden Biden, Scholz, Macron, Sunak oder Starmer reagieren, wenn sie eines Besseren belehrt werden?“

Keiner der imperialistischen Führer in Nordamerika oder Europa fühlt sich verpflichtet, der Bevölkerung zu sagen, wie viele Menschenleben sie noch für die Wall Street und die Börsen in Frankfurt, Paris und London zu opfern bereit sind. In einer außergewöhnlichen Passage in einem Artikel der New York Times, der vor Bidens Entscheidung veröffentlicht wurde, schrieb David Sanger:

Aber wenn Herr Biden seinen Kurs ändert, wird er das höchstwahrscheinlich nicht ankündigen, räumen Beamte ein: Stattdessen werden amerikanische Artilleriegranaten und Raketen einfach auf russischen Militärzielen landen.

Der Wahnsinn der imperialistischen Politik hat ganz klare objektive Wurzeln. Ausgehend vom historischen Bankrott des Weltkapitalismus, der von Widersprüchen zerrissen ist, für die sie keine Lösung haben, sind sie gezwungen, den Krieg mit Russland als Teil einer globalen Neuaufteilung der Welt massiv zu eskalieren. Im 20. Jahrhundert stürzten die imperialistischen Wahnsinnigen des Ersten und Zweiten Weltkriegs die Menschheit in eine noch nie dagewesene Barbarei, um den Konflikt zwischen den nationalen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen der herrschenden Klasse eines jeden Landes und dem globalen Charakter des Wirtschaftslebens zu überwinden.

Dieselben Klasseninteressen, die Millionen von Toten in den Schützengräben an der Westfront und in den Gaskammern der Nazis während des Holocausts forderten, treiben heute die imperialistischen Mächte dazu, das Überleben der Menschheit in einem Atomkonflikt zu riskieren, um ihre räuberischen globalen Ambitionen durchzusetzen. Diese Interessen sind die Unterwerfung Russlands in den Status einer Halbkolonie, um seine natürlichen Ressourcen zu plündern, die Unterstützung der israelischen „Endlösung“ der palästinensischen Frage im Rahmen der Vorbereitung eines Krieges gegen den Iran, und die Vorbereitung eines Krieges mit China um die Kontrolle über die eurasische Landmasse.

Die unerbittliche Eskalation des imperialistischen Krieges gegen Russland muss durch den Kampf für die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen den Krieg und das kapitalistische Profitsystem, das ihn produziert, abgewendet werden. Wie die World Socialist Web Site zu Beginn des Jahres schrieb:

Die Aussichten für die Menschheit wären düster, gäbe es nicht die historisch nachgewiesene Tatsache, dass die Widersprüche, die den Kapitalismus in den Untergang treiben, auch die Bedingungen für seinen Sturz und die Neuordnung der Gesellschaft auf einer neuen und fortschrittlichen, d. h. sozialistischen Grundlage in Gang bringen. Das Potenzial für diese Neuordnung ist im objektiven Sein der Arbeiterklasse verwurzelt. Der Klassenkampf ist das Mittel, mit dem die objektive Möglichkeit der sozialistischen Umgestaltung in der Praxis umgesetzt wird.

Die Richtigkeit dieser Analyse wurde durch das rasche Anwachsen des Widerstands gegen den Völkermord im Gazastreifen bewiesen, einschließlich des laufenden Streiks der Hochschulbeschäftigten an der University of California, um gegen das harte Vorgehen der Polizei gegen die Anti-Völkermord-Demonstranten zu protestieren.

Die dringende politische Aufgabe, vor der die Arbeiter international stehen, besteht darin, ihre Kämpfe gegen die kapitalistischen Sparmaßnahmen und die Angriffe auf ihre Löhne und Arbeitsbedingungen zur Finanzierung des Krieges mit den aufkeimenden Anti-Kriegs-Protesten an den Universitäten und darüber hinaus zu verbinden.

Es ist die Arbeiterklasse, die den gesamten gesellschaftlichen Reichtum produziert, die die imperialistische Kriegsmaschinerie stoppen kann und muss, indem sie die Rüstungsproduktion stilllegt und die Arbeiter in allen Ländern, einschließlich Russland und der Ukraine, in einem politischen Kampf für die sozialistische Umwandlung der Gesellschaft vereint.

Alles hängt jetzt davon ab, das Internationale Komitee der Vierten Internationale aufzubauen, die revolutionäre sozialistische Führung, die dafür kämpft, das Wachstum der sozialen Opposition in der Arbeiterklasse zu einer bewussten Bewegung für den Sozialismus zu entwickeln.

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