Der Vorsitzende der amerikanischen Automobilarbeitergewerkschaft United Auto Workers (UAW), Shawn Fain, nahm am Mittwoch an einem Staatsdinner im Weißen Haus für den japanischen Premierminister Fumio Kishida teil. Das Dinner war Teil einer Reihe von Veranstaltungen zur Eskalation des wirtschaftlichen und militärischen Konflikts mit China. Die Beteiligung des UAW-Vorsitzenden zeigt nicht nur, wie verkommen Fain persönlich ist, sondern auch die soziale Funktion des Gewerkschaftsapparats als Ganzes.
Vor zwei Jahren kam Fain an die Spitze der Gewerkschaft mit der falschen Behauptung, er werde die UAW „demokratisieren“. Zuvor waren zahlreiche Führungsmitglieder der Gewerkschaft aufgrund von Bestechung und Unterschlagung von Mitgliedsbeiträgen zu Haftstrafen verurteilt worden. Doch Fain hat nach einem zahnlosen, begrenzten Streik im vergangenen Jahr einen schlechten Tarifvertrag durchgesetzt, der bereits Tausende von Autoarbeitern ihren Arbeitsplatz gekostet hat. Während seine verurteilten Vorgänger Steak und Zigarren im feinen Club „London Chophouse“ in Detroit genossen haben, diniert Fain nun im Weißen Haus neben Staatsoberhäuptern, Milliardären wie Jamie Dimon oder Tim Cook und Kriegstreibern.
Fains politischer Stern geht auf, während die UAW an Massenentlassungen mitwirkt – hieran zeigt sich, dass sich die herrschende Klasse, insbesondere die Demokratische Partei in den USA und die Regierung Biden, auf die Gewerkschaftsbürokratie stützt, um den Klassenkampf zu unterdrücken und eine verschärfte Ausbeutung durchzusetzen. Die Erfahrung in der Automobilindustrie hat sich in anderen Branchen unzählige Male wiederholt, so auch bei UPS, wo ein Tarifabschluss der Teamsters-Gewerkschaft dazu führt, dass Zehntausende von UPS-Beschäftigten entlassen und 200 Standorte geschlossen werden.
Fains Anwesenheit beim Empfang am Mittwoch weist jedoch auf eine noch entscheidendere Rolle hin, die der Gewerkschaftsapparat für die Kapitalistenklasse spielt: Er trägt dazu bei, den Weg zum Weltkrieg zu ebnen.
Ziel des Besuchs des japanischen Premierministers war es, die militärischen Beziehungen zwischen Japan und den USA zu stärken und sich für die Wiederaufrüstung seines Landes einzusetzen. Der Hauptgegner dieses Bündnisses ist China, denn das wirtschaftliches Wachstum Chinas wird von den USA als existenzielle Bedrohung ihrer globalen Vorherrschaft ansehen. Die Pläne für einen Krieg gegen das bevölkerungsreichste Land der Welt unter Führung der USA sind weit fortgeschritten, im US-Kongress wird der Beginn eines solchen Konflikts für das Jahr 2025 diskutiert. Dies würde unweigerlich den Einsatz von hunderttausenden, wenn nicht gar Millionen von US-Soldaten erfordern.
Die Anwesenheit von Fain beim Empfang war ganz selbstverständlich. Die Rolle des Gewerkschaftsapparats in den Kriegsplänen besteht darin, die Arbeiterklasse an der „Heimatfront“ zu disziplinieren und dadurch die fortgesetzte Produktion sowie den Einsatz von Militärgütern sicherzustellen. So soll Widerstand verhindert werden gegen den Krieg selbst und gegen die „Opfer“, die in seinem Zuge unweigerlich gefordert werden.
Der globale Krieg hat auf den Schlachtfeldern in der Ukraine und im Gazastreifen bereits effektiv begonnen. Dies sind keine separaten Konflikte, sondern Teil eines sich abzeichnenden Weltkonflikts. Die Vereinigten Staaten und ihre imperialistischen Verbündeten sind entschlossen, umfassend Krieg zu führen, um die Kontrolle über Lieferketten und natürliche Ressourcen zu erlangen.
Der Besuch war nur der letzte in einer Reihe von größeren militärischen Eskalationen der imperialistischen Mächte in den letzten Wochen. Der französische Präsident hat öffentlich über die Entsendung von Truppen in die Ukraine gesprochen, was die Gefahr von Kämpfen zwischen französischen und russischen Truppen erhöht, die schnell zu einem Atomkrieg eskalieren könnten. Deutschland, Ausgangspunkt und Urheber der schlimmsten Gräueltaten der Weltgeschichte, lässt seine militaristischen Traditionen wiederaufleben und erklärt, dass das Land innerhalb von drei bis fünf Jahren „kriegstüchtig“ sein muss.
Die USA als Cockpit des Weltimperialismus haben kürzlich einen Rekord 825 Milliarden Dollar Militärhaushalt erreicht. Sie liefern anhaltend Waffen in die Ukraine und nach Israel, während der Völkermord im Gazastreifen in einen umfassenden Krieg mit dem Iran auszuarten droht.
Die gesamte amerikanische Gesellschaft muss für den Krieg mobilisiert werden. Biden bezeichnet sich selbst gerne als „arbeiterfreundlichsten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte“. Er strebt bewusst ein korporatistisches Bündnis an, das die Gewerkschaftsbürokratie mit dem kapitalistischen Staat und den großen Konzernen zusammenführt. Als er die neue Nationale Sicherheitsstrategie im Jahr 2022 ankündigte, rühmte sich Biden, dass seine Regierung „die Trennlinie zwischen Innen- und Außenpolitik überwunden“ habe.
Er beruft sich immer wieder auf das so genannte „Arsenal der Demokratie“ oder die amerikanische Kriegswirtschaft während des Zweiten Weltkriegs als Vorbild für seine eigene Politik. In Wirklichkeit war der Schlüssel zur Kriegsproduktion ein „Streikverzicht“ der Gewerkschaften, um die explosiven Klassenkämpfe, die während der Großen Depression aufkamen, unter Kontrolle zu halten, in Verbindung mit der Inhaftierung von Kriegsgegner und Sozialisten. Als die UAW öffentlich ihre Unterstützung für die Wiederwahl von Biden erklärte, reagierte der US-Präsident mit der Botschaft, dass die Arbeiter „Flugzeugträger und Panzer“ bauen würden. Gleichzeitig wurden Teilnehmende eines Protests gegen die Gräueltaten in Gaza von den Saalwächtern der Gewerkschaft aus der Veranstaltung geworfen.
Die UAW trägt dazu bei, eine moderne Version des „Streikverzichts“ zu verwirklichen. Die Gewerkschaft „vertritt“ Arbeiter, die in wichtigen Munitionsfabriken die Waffen für die Ukraine und Israel herstellen. Kürzlich hat sie einen Tarifvertrag durchgesetzt, um einen Streik bei Allison Getriebe zu verhindern, in dem Teile für israelische Kampffahrzeuge hergestellt werden, die wiederum im Gazastreifen zum Einsatz kommen.
Die Verflechtung des Gewerkschaftsapparats mit Staat und Konzernen ist nicht nur eine bevorzugte Politik, sondern eine grundlegende Tendenz in der Ära des Imperialismus. 1940 stellte Leo Trotzki fest, dass der Monopolkapitalismus auf „zentralisiertem Kommando“ fußt und dadurch die Gewerkschaften „der Möglichkeit beraubt [sind], die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Unternehmen auszunützen“. Hieraus entspringt „die Notwendigkeit, sich auch dem kapitalistischen Staate anzupassen und die Zusammenarbeit mit ihm zu erstreben.“ Trotzki sagt: „Diese Einstellung entspricht vollkommen der sozialen Lage der Arbeiteraristokratie und Arbeiterbürokratie, die beide um einen Abfallbrocken aus den Überprofiten des imperialistischen Kapitalismus kämpfen.“
Und weiter: „Die Gewerkschaftsbürokraten leisten in Wort und Tat ihr Bestes, um dem „demokratischen“ Staat zu beweisen, wie verlässlich und unentbehrlich sie im Frieden und besonders im Kriege sind. Indem der Faschismus die Gewerkschaften in Organe des Staates verwandelt, erfindet er nichts Neues; er entwickelt nur die dem Imperialismus innewohnenden Tendenzen zu ihrer letzten Schlussfolgerung.“ (Trotzki 1940: Die Gewerkschaften in der Epoche des imperialistischen Niedergangs)
Dies gilt heute noch mehr als zu Trotzkis Zeiten. Die Gewerkschaftsapparate haben die letzten 40 Jahre damit verbracht, massiv Arbeitsplätze abzubauen und Löhne zu kürzen, während ihre eigenen Vergütungen in die Höhe geschossen sind. Sie sind ganz und gar verbunden mit dem Staat und den Vorstandsetagen der Unternehmen.
Die „America First“-Rhetorik von Donald Trump, die auch von der Demokratischen Partei inhaltlich übernommen wird, war bereits vor Jahrzehnten von der Gewerkschaftsbürokratie entwickelt worden. Während die Gewerkschaften aktiv mit den US-Konzernen bei der Vernichtung von Arbeitsplätzen auf breiter Front zusammenarbeiteten, präsentierten sie im Bündnis mit „amerikanischen“ transnationalen Konzernen Handelskriegsmaßnahmen als Lösung zur Rettung „amerikanischer“ Arbeitsplätze. Dieser Nationalismus lähmt in Wirklichkeit die Arbeiter, indem er sie gegen ihre Verbündeten in der Arbeiterklasse der verschiedenen Länder ausspielt.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Fain beim Empfang eines japanischen Premierministers anwesend ist. In den 1980er Jahren führte die UAW eine wütende rassistische Kampagne gegen japanische Fahrzeuge, die Gewalttaten gegen asiatische Amerikaner zur Folge hatte. Heute unterstützen Fains Pendants bei den United Steelworkers eine nationalistische Kampagne gegen die Fusion zwischen Nippon Steel und US Steel.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Gleichzeitig spielen die amerikanischen Gewerkschaften die Rolle von Söldnern für den US-Imperialismus in Mexiko und Lateinamerika und helfen beim Aufbau neuer „unabhängiger“ Gewerkschaften, die in Wirklichkeit von der US-Botschaft kontrolliert werden. Dies steht in Kontinuität zu ihrer jahrzehntelangen Rolle bei der Unterstützung antikommunistischer Verschwörungen durch die CIA während des Kalten Krieges.
Um nach jahrzehntelangem Ausverkauf auch nur den Anschein von Glaubwürdigkeit zu erlangen, ist die moderne Gewerkschaftsbürokratie zunehmend auf pseudolinke Kräfte wie die Democratic Socialists of America und Labor Notes angewiesen. Durch ihre Unterstützung für Fain und andere „Reform“-Kandidaten sind Gruppierungen, die von der Pseudolinken unterstützt werden, nun in die höchsten Positionen der Gewerkschaftsbürokratie gelangt.
Sie tragen auch dazu bei, den Widerstand der Arbeiterklasse gegen den Krieg auf die Mühlen der Demokratische Partei zu lenken. Im Dezember letzten Jahres verabschiedete die UAW eine „Waffenstillstands“-Resolution zu Gaza, nur um Wochen später ihre Unterstützung für „Genocide Joe“ Biden zu formulieren.
Tatsächlich spielt die Pseudolinke als Ganzes eine immer wichtigere Rolle bei der Stärkung der Glaubwürdigkeit aller Institutionen bürgerlicher Herrschaft. Dies gilt insbesondere für die Demokratische Partei, da die Unterstützung der Bevölkerung inmitten der Massenwut gegen den Krieg einbricht.
Bidens Verwendung des Begriffs „Arsenal der Demokratie“ soll auch dazu dienen, die Werbetrommel für den Krieg zu rühren, indem er die Militärproduktion als gut für Arbeitsplätze darstellt. Schließlich war in den Kriegsjahren ein starker Rückgang von Arbeitslosigkeit und ein Anstieg der Löhne in den Vereinigten Staaten zu verzeichnen.
Aber das war eine andere Zeit für den US-Imperialismus. Die Kriegshandlungen der USA - einschließlich die Internierung japanischer Amerikaner, der Einsatz von Atomwaffen und die Brandbombenangriffe auf deutsche Zivilisten - dienten nie der „Demokratie“, sondern sollten den US-Imperialismus als Weltmacht etablieren. Aber die USA waren damals noch eine aufstrebende Macht, die es sich leisten konnte, auf Zugeständnisse an die Arbeiterklasse im Austausch für den „Arbeitsfrieden“ zu verzichten. Noch dazu gab es in der Arbeiterklasse eine breite Opposition gegen den deutschen Faschismus, an die Roosevelt appellieren konnte.
Jetzt befindet sich der amerikanische Kapitalismus im Niedergang und bereitet einen Krieg vor, der den Planeten zerstören könnte. Die USA betreiben absichtsvoll eine Politik im eigenen Land, die Massenarbeitslosigkeit in die Höhe treiben soll, um die Arbeiterklasse zu schwächen. Hierbei wird die Regierung von der Gewerkschaftsbürokratie unterstützt. Dies kann jedoch nicht mit irgendeinem Anschein von „Demokratie“ geschehen, sondern nur mit diktatorischen und sogar faschistischen Mitteln durchgesetzt werden.
Das korporatistische Bündnis zwischen Staat und Gewerkschaften zielt vor allem darauf ab, das Wachstum des Sozialismus in der Arbeiterklasse zu unterdrücken. Nur durch eine Massenbewegung der Arbeiterklasse auf der Grundlage des sozialistischen Internationalismus kann der sich abzeichnende Dritte Weltkrieg aufgehalten werden.
Die Schlüsselrolle des Gewerkschaftsapparats bei der Vorbereitung des Krieges zeigt, dass die oben genannte Massenbewegung der Arbeiterklasse voll und ganz mit einer wachsenden Rebellion gegen die Gewerkschaftsbürokratie verbunden ist. Neue Kampforganisationen müssen entstehen in Form von Aktionskomitees, die bereit sind, gegen die Konzernführungen ebenso zu kämpfen wie gegen den Gewerkschaftsapparat und den kapitalistischen Staat. Sie müssen zudem verbunden sein mit einer politischen Bewegung gegen das kapitalistische Profitsystem, die Quelle des Krieges.