Bahn-Streik: Was will Claus Weselsky?

Die Lokführergewerkschaft GDL hat ihre Mitglieder für den heutigen Freitag zu einem 24-stündigen Warnstreik bei der Deutschen Bahn sowie einigen privaten Bahnbetreibern aufgerufen. Gleichzeitig hat GDL-Chef Claus Weselsky angekündigt, dass es bis nächstes Jahr keine weiteren Streiks geben werde.

„Wir werden jetzt diese Streikaktion am Donnerstag und Freitag durchführen, und es ist für dieses Jahr die letzte“, sagte Weselsky bei MDR-aktuell. „Anschließend kommen die Urabstimmung und die Auszählung am 19. Dezember. Und es wird keine Arbeitskampfaktionen mehr geben, auch in der ersten Januarwoche nicht.“

GdL-Chef Weselsky und streikende Lokführer am Berliner Ostbahnhof

Deutlicher könnte Weselsky nicht sagen, dass der Streik rein symbolisch ist. Für das Bahn-Management bedeutet er einige Unannehmlichkeiten – es muss einen Notfallfahrplan erstellen und hinterher den Betrieb wieder in Gang bringen. Doch danach sichert ihm die GDL für einen vollen Monat Ruhe zu. Ein Arbeitskampf sieht anders aus. Selbst der Wintereinbruch vom vergangenen Wochenende, der die marode Bahn in vielen Teilen des Landes vollständig zum Erliegen brachte, hatte schwerwiegendere Folgen.

Erst für die Zeit nach dem 7. Januar erwägt die GDL neue Kampfmaßnahmen, die „länger und härter“ sein werden, wie Weselsky großspurig tönte. Doch solche Worte kennt man. Sowohl Weselsky wie die Bahn hoffen, dass die Tarifauseinandersetzung für die 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder bis dahin abgeschlossen ist und dass es dann leichter sein wird, die Lokführer zu isolieren.

Bis zum 7. Januar bleibt zudem genügend Zeit, hinter den Kulissen einen faulen Deal zu vereinbaren oder einen Moderator oder Schlichter einzuschalten, wie dies 2021 der Fall war, als die GDL trotz großer Streikbereitschaft den Tarifkampf rechtzeitig vor der Bundestagswahl ausverkaufte.

Weselskys Masche, sich als radikaler Gewerkschafter zu gebärden, das Bahn-Management zu beschimpfen und kurzfristig zu Warnstreiks aufzurufen, hat sich inzwischen abgenutzt. Sie diente in erster Linie dazu, der handzahmen Hausgewerkschaft der Bahn EVG Mitglieder abzuwerben. Doch die Tarifabschlüsse, die die GDL vereinbart hat, sind keinen Deut besser als die der EVG.

In die jetzige Tarifrunde ist die GDL mit einer Forderung gezogen, die nicht einmal die Reallohnverluste der vergangenen Jahre ausgleicht. Sie verlangt eine Lohnerhöhung von 555 Euro im Monat und 3000 Euro Inflationsprämie bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Wobei Weselsky bereits vor Verhandlungsbeginn erklärte: „Wir haben noch nie einen Abschluss gemacht, der hundert Prozent unserer Forderungen erfüllt.“

Die Bahn, deren Chef Richard Lutz im vergangenen Jahr sein Gehalt um 145 Prozent auf 2,24 Millionen Euro erhöhte, hat mit dem provokativen Angebot von 11 Prozent bei einer Laufzeit von 32 Monaten gekontert, was einer jährlichen Erhöhung von 3,7 Prozent entspricht. Dabei sind allein die Lebensmittelpreise in den vergangenen zwei Jahren um 28 Prozent gestiegen!

Da die GDL den Kampf für einen vollen Inflationsausgleich längst aufgegeben hat, stellt sie nun die Forderung nach einer Senkung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich in den Mittelpunkt. Diese Forderung ist mehr als berechtigt, wird aber von der Bahn strikt abgelehnt. Sie begründet ihre Weigerung, auch nur darüber zu verhandeln, mit den hohen Kosten und dem Mangel an ausgebildeten Lokführern.

Die GDL wird sich dieser Begründung nicht verschließen, auch wenn Weselsky jetzt noch erklärt, das dringend erforderliche neue Personal könne nur durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen gewonnen werden.

Der Grund ist, dass Weselskys GDL und der konservative Beamtenbund dbb, dem sie angehört, genauso wie die EVG und der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB eine Politik der Sozialpartnerschaft verfolgen. Weselsky hat mehrfach betont, er sei „nicht im Klassenkampf unterwegs, sondern in der Marktwirtschaft“. Er ist sogar Mitglied der CDU, deren Chef Friedrich Merz vehement die Schuldenbremse verteidigt und die mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht den Klimafonds zu Fall gebracht hat, aus dem Milliarden in die Sanierung der Infrastruktur der Bahn fließen sollten.

Die Politik der Sozialpartnerschaft hat sämtliche Gewerkschaften in eine Hilfspolizei der Konzerne und der Regierung verwandelt. Sie senken im Namen von „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Standortverteidigung“ die Löhne, verschärfen die Arbeitshetze und bauen Arbeitsplätze ab. Bei der Bahn sind die Folgen dieser Politik besonders deutlich zu spüren. Die kaputtgesparte Infrastruktur, Personalmangel, schlechte Löhne und die Häufung tödlicher Unfälle machen die Arbeitsbedingungen unerträglich.

Nun verschärft die Bundesregierung, die als Eigentümerin hinter der Bahn steht, ihre Angriffe auf die Arbeiterklasse. Sie steckt im kommenden Jahr 89 Milliarden Euro in die Aufrüstung, liefert Waffen und Munition im Wert von 8 Milliarden in die Ukraine, damit sich ukrainische und russische Soldaten weiter gegenseitig abschlachten, und unterstützt kaltblütig den Völkermord an den Palästinensern in Gaza. Mit derselben Brutalität senkt sie die Löhne und die Sozialleistungen im eigenen Land.

Das ist der Gegner, mit dem es die Belegschaft der Bahn zu tun hat. Er kann nicht durch symbolische Streiks und radikale Phrasen besiegt werden, sondern nur durch eine breite Offensive, die alle Teile der Arbeiterklasse vereint und von einer sozialistischen Perspektive geleitet wird, die die gesellschaftlichen Bedürfnisse über die Profitinteressen stellt.

Das lehnt die GDL wie alle Gewerkschaften kategorisch ab. Weselsky betont, dass jedes Unternehmen, auch die Bahn, wirtschaftlich arbeiten müsse. Er hat sogar eine gewerkschaftseigene Leiharbeitsfirma namens Fair Train eG gegründet, die Lokführer an die Bahn verleihen soll.

Was er als schlauen Trick verkauft, um der Bahn angesichts des Personalmangels höhere Löhne für eine Berufsgruppe abzutrotzen, läuft in Wirklichkeit auf die Spaltung der Belegschaft und, wie wir geschrieben haben, „eine Art Ryan-Air-isierung der Bahn“ hinaus. Die Billigfluglinie Ryan Air hat das System der Auslagerung und Leiharbeit perfektioniert und beschäftigt Piloten und Crews zu Niedrigstlöhnen.

Der Kampf für bessere Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze erfordert einen Bruch mit den Gewerkschaften, der GDL wie der EVG, und den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees, die von den Mitgliedern kontrolliert werden und die sich bundesweit und international vernetzen. Wir rufen alle Beschäftigten der Bahn auf, mit dem Aktionskomitee Bahn Kontakt aufzunehmen und sich ihm anzuschließen.

Meldet euch per Whatsapp unter +49-163-337 8340 und registriert euch auch über das unten stehende Formular, wenn ihr beim Aktionskomitee mitmachen wollt.

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