Liebe Kolleginnen und Kollegen der GDL,
das Aktionskomitee Bahn steht im aktuellen Tarifkampf fest an eurer Seite. Unser Aktionskomitee ist ein Zusammenschluss von Bahnbeschäftigten mit und ohne Gewerkschaftsbuch, das während des EVG-Streiks gegründet wurde, weil wir nicht länger bereit sind, die Vorherrschaft des EVG-Apparates zu akzeptieren. An unseren ersten Treffen im Zuge unseres Tarifkampfes nahmen auch GDL-Mitglieder teil, um ihre Solidarität auszudrücken.
Wir laden euch daher ein, am kommenden Dienstagabend um 19 Uhr an unserem Online-Treffen teilzunehmen, um gemeinsam zu besprechen, wie wir gemeinsam für uns alle bessere und vor allem sichere Arbeitsbedingungen sowie angemessene Löhne durchsetzen können.
Denn trotz der raschen Eskalation der Verhandlungen zwischen GDL und Deutscher Bahn könnt auch ihr eure berechtigten Forderungen nicht mit, sondern nur gegen die Gewerkschafts-Spitze durchsetzen.
Die von der GDL geforderte Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich und 555 Euro mehr Tariflohn für alle bei einer Laufzeit von zwölf Monaten sind das absolut Mindeste, was durchgesetzt werden muss. Die Arbeitsbedingungen werden immer schlimmer, die Inflation in den letzten beiden Jahren beträgt schon offiziell rund 13 Prozent und der Tarifabschluss der GDL für die vergangenen Jahre war miserabel. 555 Euro würden nicht einmal die Reallohnverluste der letzten Jahre ausgleichen.
Das Angebot der Bahn, elf Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von 32 Monaten und die kategorische Ablehnung der Arbeitszeitverkürzung, ist vor diesem Hintergrund eine offene Provokation. Dahinter steht die Bundesregierung, der die Deutsche Bahn AG zu 100 Prozent gehört.
Das Problem ist, dass sich in einer grundlegenden Frage die Vorstände von EVG und GDL nicht unterscheiden: Beide ordnen unsere Interessen – die aller Bahnbeschäftigten – den wirtschaftlichen Interessen des Bahnkonzerns und den politischen Interessen der Bundesregierung unter.
Die EVG macht das ganz offen und hat uns bei der letzten Tarifauseinandersetzung verraten und verkauft. Sie hat dazu die einzelnen Belegschaften der Tochterkonzerne und vor allem der unterschiedlichen Berufsgruppen gespalten. Insbesondere die unteren Tarifgruppen hatte sie zusätzlich mit der Einmalzahlung (Inflationsausgleichszahlung) unter Druck gesetzt.
Doch auch die GDL und ihr Chef Claus Weselsky suchen in Wirklichkeit einen Deal, den sie als Erfolg verkaufen können und der die „Wirtschaftlichkeit der Bahn“ nicht gefährdet. Im Rahmen des absurden Vorschlags, eine eigene Leiharbeitsfirma namens Fair Train eG zu gründen, betonte CDU-Mitglied Weselsky, dass jedes Unternehmen wirtschaftlich arbeiten müsse.
Diese Haltung bestimmt die Tarifverhandlungen. Schon vor Verhandlungsbeginn hatte er erklärt: „Wir haben noch nie einen Abschluss gemacht, der hundert Prozent unserer Forderungen erfüllt.“ Und letzte Woche versicherte er gegenüber der Leipziger Volkszeitung: „Die GDL hat noch nie über Weihnachten gestreikt und wird es auch dieses Jahr nicht tun. Die Weihnachtszeit ist eine friedliche – und das wird sie auch bleiben.“
Die GDL ist weder bereit noch fähig, einen prinzipiellen Kampf zu führen. Weselsky versichert: „Wir sind nicht im Klassenkampf unterwegs, sondern in der Marktwirtschaft.“
Genau das ist die Argumentation der Bahn und ihres Verhandlungsführers, Personalchef Martin Seiler. Die Verkürzung der Arbeitszeit würde zehn Prozent mehr Lokführer erfordern, sagt er, das sei weder zu finanzieren noch möglich beim aktuellen Fachkräftemangel. „Wenn wir die Forderungen der GDL erfüllen würden, würden unsere Personalkosten um über 50 Prozent steigen“, ergänzt er, das sei „durch nichts, aber auch durch gar nichts zu rechtfertigen“.
Während Seiler euch eine Realohnsenkung anbietet, hat sich der Bahn-Vorstand im letzten Jahr Gehälter von über 8,5 Millionen Euro genehmigt, davon allein 2,2 Millionen Euro für DB-Chef Richard Lutz. Seiler selbst hat im letzten Jahr seine Bezüge auf 1,394 Millionen Euro mehr als verdoppelt.
Seit Jahren lässt der Vorstand zudem die Bahn verkommen, vernachlässigt uns Beschäftigte und bürdet uns immer stärkere Lasten auf. Die maroden Strecken und den steigenden Druck zahlen wir mit unserem Einkommen und immer häufiger mit unserem Leben.
Ihr seid in der GDL mehrheitlich Lokführer. Als solche besitzt ihr eine enorme Kraft, ihr wisst das selbst nur zu gut. Euer 20-stündiger Warnstreik in der vorletzten Woche hat einmal mehr gezeigt: Wenn ihr wollt, steht der Bahnverkehr still. Und dass ihr wollt, habt ihr bewiesen!
Genau deshalb reagiert GDL-Chef Claus Weselsky jetzt so eskalierend. Bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde am Donnerstag letzter Woche hat er die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt. Schon zuvor hatte die GDL die Urabstimmung über unbefristete Streiks eingeleitet. Das sind, genauso wie die Warnstreiks, Manöver, die einen Vollstreik verhindern sollen, statt ihn vorzubereiten. Die GDL erklärt, das Ergebnis der Urabstimmung werde erst kurz vor Weihnachten vorliegen, aber gleichzeitig versichert Weselsky zu Weihnachten werde nicht gestreikt.
Genauso wie bei der Deutschen Post/DHL, wo Verdi trotz einer Zustimmung von knapp 86 Prozent in der Urabstimmung anschließend keinen Streik führte, dient die Urabstimmung bei der GDL vor allem als Verhandlungsmasse im Streben nach einem faulen Kompromiss.
Damit muss nun Schluss sein, so darf es nicht weitergehen. Das Prinzip muss sein, dass die Interessen der Beschäftigten über den Profitinteressen der Bahn und den Sparvorgaben der Bundesregierung stehen.
Denn die Ampel-Koalition ist gerade dabei, mit Unterstützung sämtlicher Bundestagsparteien – von AfD und CDU/CSU bis hin zur Linken – den Bundeshaushalt auf Kriegswirtschaft umzustellen. Sie haben ohne jedes Zögern 100 Milliarden Euro für die militärische Aufrüstung bereitgestellt und beliefern die Ukraine und nun auch Israel, um mörderische Kriege und Kriegsverbrechen anzuheizen. Jeder Konzern, der hohe Energiekosten oder Lieferkettenengpässe beklagt oder wie die Chip-Hersteller einfach frech Subventionen einfordert, erhält Milliarden Unterstützung.
Wir sollen das über sinkende Reallöhne, Sozialabbau und Einsparungen bei der Infrastruktur – auch bei der Bahn – zahlen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum 60 Milliarden Euro Klimafonds der Bundesregierung wird das weiter forcieren.
Dagegen müssen wir das Aktionskomitee Bahn aufbauen, das die Spaltung zwischen uns und den Bahnbeschäftigten in aller Welt, die mit den gleichen Problemen konfrontiert sind, überwindet.
Ein umfassender Streik zur Durchsetzung eurer Forderungen kann nur von euch selbst – den Gewerkschaftsmitgliedern – durchgesetzt werden. Genau das gilt es nun vorzubereiten. Wir laden deshalb alle Bahnbeschäftigten ein, insbesondere die GDL-Lokführer, sich unserem Aktionskomitee Bahn anzuschließen. Meldet euch per Whatsapp unter +49-163-337 8340 und registriert euch auch über das unten stehende Formular, wenn ihr beim Aktionskomitee mitmachen wollt.
Nehmt an unserem Online-Treffen am Dienstagabend um 19 Uhr teil.