Linkenparteitag in Augsburg: Unterstützung für Gaza-Genozid, Nato-Krieg gegen Russland und Kapitalismus

In einer Situation, in der sich in Deutschland und weltweit eine Massenbewegung gegen Genozid, Militarismus und Krieg und die damit verbundenen Angriffe auf soziale und demokratische Rechte entwickelt, ist die Linkspartei verzweifelt bemüht, sich als Kraft für „Frieden“, „Gerechtigkeit“ und „Fortschritt“ darzustellen.

Die beiden Co-Vorsitzenden der Linkspartei, Martin Schirdewan und Janine Wissler, auf dem Parteitag in Augsburg [Photo by Martin Heinlein / CC BY-SA 2.0]

Auf dem Parteitag in Augsburg am Wochenende präsentierte die Parteiführung um die beiden Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler ein neues Parteilogo und verkündete einen „Aufbruch“ unter dem Motto „Zeit für Gerechtigkeit“. Die Trennung von der früheren Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht, die mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) die Gründung einer flüchtlingsfeindlichen und nationalistischen Partei vorbereitet, leite ein „neues Kapitel“ ein.

Tatsächlich steht Die Linke vor einem Scherbenhaufen. Da mit Wagenknecht neun weitere Bundestagsabgeordnete die Fraktion verlassen, verliert Die Linke ihren Fraktionsstatus im Bundestag. Unter Arbeitern und Jugendlichen ist sie aufgrund ihrer rechten Politik zunehmend verhasst und hat in den letzten elf Landtagswahlen seit 2021 massiv verloren. Im Westen ist sie nur noch in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen im Parlament vertreten.

Der Augsburger Parteitag wird diese Entwicklung nicht umkehren, sondern beschleunigen. Sowohl das verabschiedete Wahlprogramm als auch die Anträge und Reden auf dem Parteitag unterstreichen, dass Die Linke eine durch und durch pro-imperialistische und pro-kapitalistische Kraft ist. All ihre friedens- und sozialpolitischen Phrasen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in allen zentralen Fragen die Politik der Bundesregierung, der Europäischen Union und der Nato unterstützt.

Besonders deutlich wird das in Bezug auf die Kriegspolitik. Bereits in den letzten Wochen unterstützte die Linkspartei-Führung geschlossen das völkermörderische Vorgehen Israels gegen die Palästinenser im Gazastreifen. So wurde am 10. Oktober ein pro-israelischer Entschließungsantrag der Ampel-Parteien und der Union mit den Stimmen aller (!) Bundestagsabgeordneten der Linkspartei verabschiedet. Der noch amtierende Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch feierte den Antrag als „Beitrag Deutschlands im Kampf gegen den Terror“.

In der Woche darauf trat der Parteivorsitzende Martin Schirdewan, der in Augsburg zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Europawahlen gekürt wurde, auf einer pro-israelischen Kundgebung vor dem Brandenburger Tor auf. In seiner Rede stellte er sich hinter den zionistischen Staat und forderte ein härteres Vorgehen gegen den Iran und Katar als „Hauptsponsoren des Hamas-Terrors“. Die Bundesregierung müsse ihnen gegenüber „endlich deutlich machen, dass anti-semitischer Terror auch nicht indirekt finanziert werden darf“.

Mittlerweile hat der von den imperialistischen Mächten – und der Linkspartei – unterstützte genozidale Krieg des rechtsextremen Netanjahu-Regimes zu mehr als 13.000 Toten geführt, darunter mehr als 5500 Kinder und 3500 Frauen. Weite Teile des Gazastreifens sind zerstört, und täglich geschehen mit der Bombardierung und Erstürmung von Krankenhäusern, Flüchtlingslagern und Schulen fürchterliche Kriegsverbrechen. Führende israelische Politiker feiern offen den Genozid und sprechen von einer „Nakba 2023“.

Vor allem auf Grund des weltweiten wachsenden Widerstands sah sich die Linkspartei gezwungen, in Augsburg auch das Leid der Palästinenser zu benennen. Ein sogenannter „Kompromissantrag“, der am Freitag verabschiedet wurde, weist auch auf die „Entrechtung“ der Palästinenser hin und fordert einen „sofortigen Waffenstillstand“.

An der Kriegslinie der Partei ändert das nichts. Der gleiche Antrag erklärt: „Israel hat das Recht sich zu verteidigen.“ Das ist unmissverständlich: vom Standpunkt der Linkspartei hat der zionistische Staat, der als Brückenkopf des Imperialismus in der Region fungiert, auch in Zukunft das „Recht“, vernichtende Kriege zu führen und den Widerstand der Palästinenser blutig zu unterdrücken.

In der „Debatte“ über den Antrag nahm die Unterstützung für Israels Krieg teilweise hysterische Züge an. Am aggressivsten trat der frühere Berliner Kultursenator Klaus Lederer auf. Er bezeichnete den Angriff der Hamas vom 7. Oktober als „genozidale Gewaltorgie“ und „Manifestation eines eliminatorischen Antisemitismus“ mit „Bezügen zur NS-Vergangenheit“.

Das ist die Sprache und Propaganda des rechtsextremen Netanjahu-Regimes und der imperialistischen Regierungen. Sie stellen die Wirklichkeit auf den Kopf und missbrauchen den Holocaust, um selbst Methoden anzuwenden, mit denen die Nazis Aufstände gegen ihre Gewaltherrschaft niederschlugen und dabei ganze Städte und Regionen dem Erdboden gleichmachten.

Gleichzeitig dient ihnen der falsche Vorwurf des Antisemitismus dazu, jede Opposition gegen Völkermord und Krieg einzuschüchtern und zu unterdrücken. Dass auch dies von der Mehrheit der Parteiführung unterstützt wird, zeigte der Parteitag selbst. Als der Delegierte Nick Papak Amoozegar als einziger in der Debatte Israels Genozid beim Namen nannte und die „gezielte Vernichtung eines Volks“ und „ethnische Säuberungen“ verurteilte, hagelte es aus den Reihen der Delegierten Protestrufe. Die Sitzungsleitung forderte ein Ende des Beitrags.

Auch in Bezug auf die Front der imperialistischen Mächte gegen Russland in der Ukraine steht Die Linke fest im Lager der Kriegstreiber. Das Wahlprogramm zur Europawahl wiederkäut die offizielle Propaganda, Russland sei der alleinige Aggressor, und solidarisiert sich mit dem – von rechtsextremen Kräften durchsetzten – ukrainischen Widerstand und den Kriegszielen der Nato. Gleichzeitig erwähnt es die Kriegspolitik des Militärbündnisses, das Russland seit der Auflösung der Sowjetunion systematisch einkreist und den Einmarsch des Kremls provoziert hat, mit keiner Silbe.

„Wir verurteilen den verbrecherischen Angriffskrieg Putins und die begangenen Kriegsverbrechen und setzen uns für eine Bestrafung der Verantwortlichen ein. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine, die leiden, Widerstand leisten oder flüchten müssen“, heißt es im Abschnitt „Gegen den russischen Angriffskrieg – für Frieden in der Ukraine“.

Mit „Frieden“ meint Die Linke die Durchsetzung der Kriegsziele der Nato. „Der Krieg gegen die Ukraine muss beendet und die russischen Truppen müssen aus der Ukraine zurückgezogen werden. Die Souveränität der Ukraine muss wiederhergestellt werden.“ Dabei sei klar: „Es braucht mehr als Appelle. Angreifer Russland muss an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Putins imperialistische Aggression muss aufgehalten werden.“

Deutschland steht mit den USA an der Spitze der Kriegsoffensive und führt trotz seiner historischen Verbrechen de facto wieder Krieg gegen Russland. Gleichzeitig nutzt die herrschende Klasse den Krieg, um sich wieder zu einer führenden Militärmacht hochzurüsten. Das Wahlprogramm kritisiert in Worten zwar die Aufrüstung, unterstützt aber vollständig das damit verbundene Ziel, Europa unter der Führung Berlins als unabhängige Großmacht zu etablieren.

Man streite „für eine EU, die weder Spielball noch imperialer Akteur in der neuen Welt(un)ordnung ist. Für eine EU, die sich strategisch unabhängig vom Rüstungswettlauf und der Blockkonfrontation zwischen den USA auf der einen und China und Russland auf der anderen Seite macht. Eine EU, die dem Frieden und der globalen Gerechtigkeit verpflichtet ist.“

Das würde auch die Bundesregierung unterschreiben. Dabei weiß Die Linke genau, dass es der EU um die Durchsetzung eigener globaler geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen im „Konflikt um die Vorherrschaft in der Welt“ geht. So zeugten etwa „die Handelsstrategien der EU im Indopazifik und Afrika … von Bestrebungen, wirtschaftliche Einflusssphären und Absatzmärkte zu sichern“, schreibt sie in Kapitel 4. Die „Orientierung von Regierenden und führenden Kapitalfraktionen in der EU“ sei die „wirtschaftliche wie militärische Konfrontation“.

Genauso verlogen ist es, wenn Die Linke versucht, sich in Bezug auf die Flüchtlings- und Sozialpolitik und den Kampf gegen rechts ein linkes Deckmäntelchen umzuhängen. Die Nominierung der parteilosen Seenotretterin Carola Rackete als EU-Parlamentskandidatin ändert nichts daran, dass Die Linke überall dort, wo sie (mit)regiert, die flüchtlingsfeindliche Agenda aktiv umsetzt. Vor allem Thüringen, das vom einzigen linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow regiert wird, ist berüchtigt für seine brutalen Deportationen und hohen Abschiebequoten.

Das Gleiche gilt für die Sozialpolitik. Wo immer sie an der Macht war bzw. ist, setzt Die Linke die heftigsten Angriffe durch und privatisiert und organisiert genau die Umverteilung von unten nach oben, die sie in Parteitagsreden und Programmen beklagt. Die Stärkung rechtsextremer und faschistischer Kräfte ist dabei nicht nur eine Folge dieser Politik, sondern wird von der Linken auch aktiv gefördert. So verhalf Ramelow 2020 dem AfD-Kandidaten Michael Kaufmann mit seiner Stimme zum Amt eines Vizepräsidenten des thüringischen Landtags. In den Parlamentsausschüssen des Landtags und auf kommunaler Ebene kooperieren auch Vertreter der Linken längst mit der AfD.

Es ist wichtig zu verstehen, dass der arbeiterfeindliche Charakter der Linkspartei letztlich seine Ursache in der sozialen und politischen Orientierung sowie in der Geschichte der Partei hat. Sie war immer eine bürgerliche Partei, die die Interessen des kapitalistischen Staats und der von ihm abhängigen wohlhabender Mittelschichten artikuliert hat. Ihre stalinistische Vorgängerorganisation, die SED/PDS, hat die Restauration des Kapitalismus in der DDR auf den Weg gebracht und damit erst die Voraussetzung für die reaktionäre Entwicklung seither geschaffen.

In einer Situation in welcher der Kapitalismus erneut Weltkrieg, Völkermord und Faschismus produziert und sich auf der anderen Seite der revolutionäre Widerstand unter Arbeitern und Jugendlichen entwickelt, positioniert sich Die Linke als aggressive Verteidigerin dieses bankrotten Systems. Bezeichnenderweise findet sich das Wort „Sozialismus“ im gesamten Programm kein einziges Mal. Und als ein Delegierter vorschlug, die Forderung nach der Überführung aller Energie-Konzerne in öffentliches Eigentum ins Programm aufzunehmen, intervenierte für den Vorstand Bundesschatzmeister Harald Wolf gegen diesen „Schlagwortsozialismus“.

Arbeiter und Jugendliche müssen daraus klare politische Schlussfolgerungen ziehen. Im Kampf gegen Kapitalismus und Krieg ist Die Linke ihr Gegner. Die einzige Partei, die konsequent gegen den Genozid in Gaza, den sich entwickelnden Dritten Weltkrieg und die Rückkehr von Faschismus und Militarismus in ganz Europa und international kämpft, ist die Sozialistische Gleichheitspartei. Sie tritt mit eigenen Kandidaten zur Europawahl an und kämpft zusammen mit ihren Schwesterparteien in der Vierten Internationale für die Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.

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