Nachdem sich sämtliche Abgeordnete des Bundestags ohne Ausnahme hinter den Kriegskurs der Bundesregierung im Nahen Osten und die Unterstützung der völkermörderischen Politik des Netanjahus gestellt haben, unterdrücken sie nun mit den übelsten Polizeistaatsmaßnahmen jede Kritik daran. In ganz Deutschland geht die Polizei brutal gegen Friedensaktivisten und Migranten vor.
Die Sonnenallee in Berlin-Neukölln steht unter Belagerung. Wer dort sein Haus verlässt und die falsche Kleidung trägt, wird von der allgegenwärtigen Polizei sofort abgeführt und in Gewahrsam genommen. Dazu reicht schon das Tragen des traditionellen Palästinensertuchs oder das Zeigen der palästinensischen Fahne. Die sozialen Medien sind voll von Videos, die belegen, wie brutal die Polizei dabei vorgeht.
Demonstrationen, die sich mit den Zivilisten in Gaza solidarisieren sind in der Hauptstadt ebenso verboten wie Versammlungen, die das Massaker in Gaza kritisieren. Als Begründung führen Polizei und Regierung an, dass es auf den Protesten zu antisemitischen Äußerungen kommen könnte – während die Faschisten der NPD und der AfD ihre braunen Umzüge regelmäßig durchführen können.
Wie verlogen dieser Vorwand ist, zeigt auch das Verbot einer Demonstration unter dem Titel „Jüdische Berliner*innen gegen Gewalt in Nahost – Gegen den Mord an unseren Mitmenschen in Gaza, jüdische und palästinensische Menschen haben das gleiche Recht zu leben“. Es bestehe der Gefahr der Volksverhetzung, ließ die Polizei verlauten.
Als Iris Hefets vom Vorstand der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ nach diesem Verbot ganz allein mit einem Schild über den Hermannplatz in Neukölln spazierte und darauf bestand, als Einzelperson wohl kaum eine Versammlung darzustellen, verbot ihr die Polizei trotzdem das Tragen des Schilds mit der Aufschrift „Als Jüdin & Israelin Stopp den Genozid in Gaza“ und führte sie ab.
Es ist Jüdinnen und Juden in Deutschland somit verboten, die völkermörderische Politik der rechtsextremen Regierung in Israel zu kritisieren und das wird auch noch mit der verlogenen Behauptung gerechtfertigt, es gehe um den Kampf gegen Antisemitismus.
Dabei geht das Vorgehen weit über das Verbot von Versammlungen hinaus. Die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie teilte in einem Brief an die Schulen der Stadt mit, dass das Tragen von Palästinensertüchern oder -fahnen sowie das Rufen von „Free Palestine“ von nun an Schulen verboten werden kann, auch wenn sie „die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht erreichen“.
Bei einer Zuwiderhandlung könnten die Schulen mit „Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“ reagieren, heißt es in dem Schreiben weiter. Darüber hinaus werden die Schulen angehalten, Verdachtsfälle von Straftaten unmittelbar der Polizei zu melden.
Auch in zahlreichen anderen Städten wie München, Köln und Düsseldorf wurden Versammlungsverbote und Verbote bereits genehmigter Kundgebungen ausgesprochen, die zumeist von den Gerichten bestätigt wurden. Die Polizei ging jeweils mit enormer Brutalität gegen jeden vor, der sich den Verboten widersetzte.
In Frankfurt hatte das Verwaltungsgericht zunächst das vorangegangene Verbot einer Demonstration aufgehoben. Als daraufhin am frühen Samstagnachmittag Hunderte auf den Opernplatz strömten, erklärte die Polizei nur zwölf Minuten vor dem offiziellen Beginn des Protests, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel das Verbot bestätigt habe, und forderte die Demonstrierenden auf, den Platz sofort zu räumen. Dutzende von Einsatzwagen, schwer bewaffnete Polizisten und zwei Wasserwerfer säumten den Platz, und Polizeihubschrauber lärmten über der City.
Mitglieder der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), die den Kundgebungsort verlassen hatten und an anderer Stelle Flugblätter „Nieder mit der Netanjahu-Regierung! Stoppt die vom Imperialismus unterstützte zionistische Offensive gegen Gaza!“ an Passanten verteilten, wurden von der Polizei gestoppt. Sämtliche Flugblätter wurden mit der Begründung beschlagnahmt, dass sie zunächst überprüft werden müssten - eine eindeutige Form der Zensur einer politischen Partei.
Das Ausmaß der Unterdrückung der grundlegendsten demokratischen Rechte ist in der bundesrepublikanischen Geschichte beispiellos und nimmt offen diktatorische Formen an. Die Regierung reagiert damit auf die enorme Opposition, die sich gegen ihre rücksichtslose Kriegspolitik aufbaut.
Allein Frankfurt trotzten 6000 Menschen dem Demo-Verbot und versammelten sich spontan am Rathenauplatz und an der Hauptwache, wo sie von der Polizei angegriffen wurden. In Stuttgart versammelten sich rund 2000 Gegner des Massakers in Gaza, 600 in Braunschweig, 700 in Düsseldorf und über 200 in Köln.
In Berlin wuchs die für Samstag von den Behörden verbotene Pro-Palästina-Kundgebung von rund 150 auf bis zu 1.000 Teilnehmer in den Abendstunden an. Gestern versammelten sich in Berlin dann laut offizieller Schätzung mehr als 1.000 Teilnehmer auf dem Potsdamer Platz, um gegen das Versammlungsverbot und die Einschränkung der Meinungsfreiheit sowie den Krieg gegen die Palästinenser zu protestieren. Den Polizeikräften gelang es erst mit Hilfe von Verhaftungen und dem Einsatz von Pfeffergriffen und „Schmerzgriffen“ die Kundgebung aufzulösen.
Die SGP hat am Samstag eine Kundgebung zu den Europawahlen auf dem Hermannplatz in Berlin-Neukölln genutzt, um gegen das Massaker in Gaza zu protestieren und die sozialistische Perspektive zur Befreiung der palästinensischen Bevölkerung und die Vereinigung der arabischen und israelischen Arbeiter zu erläutern. Die Polizisten vor Ort reagierten sichtlich nervös, wagten es aber nicht, die Kundgebung zu stoppen.
Der Herausgeber der deutschen Ausgabe der World Socialist Web Site, Johannes Stern, verurteilte in scharfen Worten den Krieg der faschistischen Netanjahu-Regierung gegen die Palästinenser sowie die Komplizenschaft der Bundesregierung und der übrigen imperialistischen Mächte.
In Hinblick auf den Vorwurf des Antisemitismus erklärte Stern: „Es sind nicht die unterdrückten Palästinenser und die Hunderten Millionen Menschen weltweit, die sich mit ihnen solidarisieren, die den Antisemitismus fördern, sondern die imperialistischen Mächte.“ In Deutschland würden Antisemitismus und die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen von den gleichen Parteien vorangetrieben, die jetzt das Massaker an Palästinensern unterstützen.
Viele der Passanten, die die Rede hörten, suchten das Gespräch mit den SGP-Mitgliedern. Arbeiter, Studierende, Schüler und Rentner begrüßten die internationalistische und sozialistische Perspektive der SGP und unterschrieben für ihre Wahlteilnahme und forderten sie mit starken Worten eine Ende des Massakers.
Um den Kampf gegen Krieg und Unterdrückung sowohl in Gaza als auch weltweit aufzunehmen, betonte Stern zum Abschluss seiner Rede: „Das dringende Gebot der Stunde ist die Entwicklung einer vereinten Massenbewegung der internationalen Arbeiterklasse gegen die kapitalistischen Kriegstreiber und für den Sozialismus. Dafür kämpfen die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Schwesterparteien der Vierten Internationale und das ist die Bedeutung unserer Teilnahme bei den Europawahlen.“