Linksjugend ruft zu Spenden an die ukrainische Armee auf

Seit Beginn des Ukrainekriegs unterstützt die Linkspartei den Kriegskurs der Bundesregierung. Führende Vertreter – darunter der Parteivorsitzende Martin Schirdewan, der Berliner Kultursenator Klaus Lederer und der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow – trommeln offen für Waffenlieferungen an die Ukraine. Auch auf ihrem Parteitag im Juni letzten Jahres präsentierte sich Die Linke als Kriegspartei. Unter dem Applaus der Delegierten setzte sie sich für einen härteren Kurs gegen Russland ein.

Zu den Linkspartei-Organisationen, die den Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland besonders aggressiv unterstützen, zählt der Jugendverband Linksjugend [‘solid]. Zum Jahrestag des russischen Einmarsches veröffentlichte die Linksjugend auf Instagram einen Post, der unter dem Slogan „Solidariät muss praktisch werden!“ zu Spenden an „linke“ Organisationen in der Ukraine aufruft, die direkt mit der ukrainischen Armee zusammenarbeiten oder in diese integriert sind.

Spendenaufruf der Linksjugend 'solid'

Die gelisteten Organisationen umfassen:

  • Solidarity Collectives: Eine sich selbst als „anarchistisch“ bezeichnende Organisation, deren Hauptziel laut ihrer Webseite darin besteht, „Soldaten, die an die Front gegangen sind, mit allen notwendigen Ausrüstungsgegenständen auszustatten, die ihre Sicherheit und Effizienz erhöhen können beim Widerstand gegen den imperialen Ansturm der Russen“. Den Sturz des rechten Regimes in Kiew und ein Ende der Kampfhandlungen lehnt die Gruppe explizit ab. So heißt es in ihrem Manifest: „Wenn die ukrainischen Soldaten ihre Waffen niederlegen oder sie ,gegen ihre Regierung richten‘, wie einige ,Ukraine-Experten‘ vorschlagen, wird die russische Armee weitere Gebiete besetzen und weitere Kriegsverbrechen begehen.“
Kayfariki-Kämpfer
  • Kayfariki: Eine Gruppe ukrainischer Fußball-Ultras und Hooligans, die reguläre Einheiten in der ukrainischen Armee stellen.
  • Radical Aid Force: Eine Berliner Gruppe, die unter anderem regelmäßig in die Ukraine fährt, um Hilfsgüter an die Front zu bringen. Auf ihren Social-Media Kanälen wirbt sie für deutsche Panzerlieferungen und beschimpft alle, die sie ablehnen, als „Putinknechte“. Auf ihrer Webseite verbreitet sie anti-russischen Rassismus und spricht von „ruzzischen Hunden“ und „Putins willige[n] Vollstecker[n]“.
  • LGBTIQ military: Eine Organisation queerer Soldaten der ukrainischen Armee, die an der Front kämpfen. Auf ihrem Instagram Account fordert die Gruppe regelmäßig die Lieferung schwerer Waffen. Sie bezeichnet den 9. Mai als „Tag des Sieges des Kommunismus und weiterer Repressionen“ und verbreitet Zitate des berüchtigten Faschisten, Antisemiten und Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera über den „Kampf gegen den russisch-bolschewistischen Imperialismus“.
LGBTIQ military verherrlicht den ukrainische Faschisten, Antisemiten und Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera

Den Beitrag veröffentlichte die Linksjugend zusammen mit Sofia Fellinger, Sprecherin der Linksjugend Köln, die durch eine Kriegsrede auf dem Linken-Parteitag bekannt wurde. Dort attackierte sie alle Beiträge, die sich nicht explizit für Waffenlieferungen aussprachen, als „unerträglich“.

Der Spendenaufruf der Linksjugend für ukrainische Frontorganisationen, die sich teils durch rassistische Äußerungen und faschistische Sympathien auszeichnen, unterstreicht, dass sie nichts mit linker Politik gemein hat – geschweige denn mit „Sozialismus“ und „Marxismus“.

Marxisten – in Deutschland die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Jugendorganisationen IYSSE – kämpfen für die Einheit der russischen und ukrainischen Arbeiter gegen die Kriegseskalation, die täglich hunderten Soldaten das Leben kostet und zunehmend die Gefahr eines atomaren dritten Weltkriegs heraufbeschwört. Der kapitalistischen Kriegspolitik beider Seiten setzen sie die Perspektive und das Programm des internationalen Sozialismus entgegen und kämpfen für den Aufbau einer Massenbewegung von Arbeitern und Jugendlichen gegen Krieg. Voraussetzung dafür ist ein klares Verständnis des Kriegs und der an ihm beteiligten Kräfte.

Der russische Einmarsch in Ukraine ist reaktionär, aber in letzter Konsequenz eine verzweifelte Antwort des kapitalistischen Putin-Regimes auf die imperialistische Offensive der Nato-Mächte. Diese führen seit 30 Jahren nahezu ununterbrochen Krieg und haben ganze Länder in Schutt und Asche gelegt. Russland wurde seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie systematisch eingekreist, mit dem Ziel, das rohstoffreiche und geostrategisch zentrale Land vollständig zu unterwerfen.

Bereits Anfang 2014 organisierten Washington und Berlin einen rechten Putsch in der Ukraine, um in Kiew ein russlandfeindliches Regime an die Macht zu bringen. Dabei stützten sie sich auf faschistische Kräfte wie die Swoboda-Partei und den Rechten Sektor. Anschließend wurden Armeeeinheiten und Milizen wie das Asow-Regiment, die für ihre faschistische und antisemitische Gesinnung berüchtigt sind, massiv aufgerüstet.

Mit ihrem Eintreten für die Bewaffnung der ukrainischen Armee macht sich die Linksjugend zum Handlanger dieser extrem reaktionären Kräfte und Einpeitscher der imperialistischen Kriegsoffensive. Sie käuen dabei nicht nur die offizielle Propaganda der Regierung und der bürgerlichen Medien wieder, sondern attackieren jeden, der die Kriegspolitik nicht aggressiv unterstützt.

In einer auf dem Bundeskongress (dem höchsten Organ der Linksjugend) im November 2022 beschlossenen Resolution heißt es: „Der sich auf verschiedenen Wegen artikulierende Widerstand der ukrainischen Bevölkerung gegen den russischen Angriff ist richtig, und ihm gilt unsere Solidarität und Unterstützung. Das gilt sowohl für Sabotage, zivilen Ungehorsam und Nicht-Kooperation in den besetzten Gebieten als auch für bewaffneten Kampf gegen die russischen Angriffe.“

Und weiter: „In der Partei ‚DIE LINKE‘ teilweise vertretene Forderungen danach, sich im Krieg tendenziell äquidistant zu verhalten und als Erstes alle Sanktionen gegen das russische Regime zu beenden, um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitals nicht zu gefährden, haben nichts mit linker Politik zu tun, weshalb wir sie klar ablehnen.“

Tatsächlich ist diese Resolution ein weiterer Beweis dafür, dass die Linksjugend „nichts mit linker Politik zu tun“ hat. Die Bundesregierung interveniert so aggressiv in der Ukraine, weil es um die Interessen „des deutschen Kapitals“ geht. Bereits im Ersten und Zweiten Weltkrieg hatte der deutsche Imperialismus versucht, sich die Ukraine einzuverleiben. Nun versucht er es ein drittes Mal.

Anfang April reiste Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zusammen mit führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft nach Kiew, um sich unter dem Deckmantel des „Wiederaufbaus“ einen möglichst großen Kuchen der Kriegsbeute zu sichern. Zuvor hatte bereits der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft ein Dossier veröffentlicht, das „Vorschläge der deutschen Wirtschaft für den Wiederaufbau und die Modernisierung der ukrainischen Wirtschaft“ beinhaltet. Und im Oktober 2022 hatte die Bundesregierung in Berlin eine Konferenz zum „Wiederaufbau der Ukraine“ veranstaltet.

Wenn Teile der Linkspartei um die frühere Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht ein Ende der Sanktionen gegen Russland fordern, tun sie dies ebenfalls im Interesse des deutschen Kapitals. Sie artikulieren den Standpunkt eines Flügels der herrschenden Klasse, der eine Rückkehr zu engeren wirtschaftspolitischen Beziehungen mit Moskau als Voraussetzung für eine selbständige, von den USA unabhängige Rolle des deutschen Imperialismus im Kampf um die Neuaufteilung der Welt betrachtet.

Um diese Fragen geht es, wenn sich führende Vertreter und Landesverbände der Linksjugend mit Forderungen nach mehr Waffen und einer weiteren Eskalation des Kriegs regelrecht überschlagen.

Ende Januar erklärte Jonathan Wiegers, Landessprecher der Linksjugend Brandenburg, in einem Tweet, „nach Panzerlieferungen“ sei nun „die Lieferung von Kampfjets der nächste und folgerichtige Schritt“.

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Und der Landesverband Thüringen veröffentlichte eine Erklärung, die sich mit den umfassenden Kriegszielen der führenden Nato-Mächte gemein macht: der militärischen Niederlage der russischen Armee und der Einsetzung eines pro-westlichen Marionettenregimes im Kreml.

Der Krieg könne „nur durch einen sofortigen Abzug der russischen Streitkräfte aus der Ukraine enden“ und „bisherige Verhandlungsversuche“ seien „vorrangig an der russischen Staatsführung“ gescheitert, schreibt die Linksjugend und behauptet, „anhaltenden Frieden in der Region“ könne „es nur durch eine sich erfolgreich verteidigende Ukraine“ und „ein Ende des Systems Putins“ geben.

Dabei beschränkt sich die Kriegspolitik der Linksjugend nicht auf Russland und die Ukraine. Bereits in der Vergangenheit hatte sie die Bundeswehr-Einsätze in Afghanistan, im Irak und in Syrien gerechtfertigt und die israelische Kriegspolitik gegen die Palästinenser verteidigt. Zudem beteiligt sie sich an der imperialistischen Propagandaoffensive gegen China, die darauf abzielt, die öffentliche Meinung für einen Krieg gegen Peking zu mobilisieren.

Der aggressive pro-imperialistische Charakter der Linksjugend ist nicht einfach eine vorübergehende politische Verirrung. Er ergibt sich aus ihrer sozialen und politischen Orientierung und Geschichte. Die stalinistische Vorläuferorganisation ihrer Mutterpartei, die SED/PDS, hat die Wiedereinführung des Kapitalismus in Ostdeutschland eingeleitet und damit die Grundlage für die Explosion des deutschen Militarismus in den letzten Jahren gelegt.

Die Linke – ein Zusammenschluss ehemaliger Stalinisten, abgehalfterter SPD- und Gewerkschaftsbürokraten und einiger pseudolinker Gruppen – ist seit ihrer Gründung 2007 eine bürgerliche Partei, die die Interessen des kapitalistischen Staats und wohlhabender Mittelschichten vertritt. Überall dort, wo sie auf Länderebene (mit)regiert, führt sie selbst heftige soziale Angriffe durch, privatisiert, rüstet den staatlichen Unterdrückungsapparat auf und schiebt brutal ab.

Unter dem Deckmantel einiger antikapitalistischer Phrasen hat die Linksjugend die arbeiterfeindliche Politik ihrer Mutterpartei immer unterstützt und auf dieser Grundlage extrem rechte und pro-militaristische Elemente rekrutiert, die nun eine neue Anhängerschaft für den Imperialismus bilden. „Allgemeine Begeisterung für seine Perspektiven, wütende Verteidigung des Imperialismus, seine Beschönigung in jeder nur möglichen Weise“, schrieb Lenin in seinem Klassiker „Der Imperialismus“ über die „Sozialimperialisten“ im Ersten Weltkrieg. Eine passende Charakterisierung der „linken“ Kriegstreiber von heute.

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