Der „Friedensplan“ der Linkspartei: Nato-Kriegstreiberei im pseudo-pazifistischen Gewand

In einer Situation, in der die Nato den Stellvertreterkrieg in der Ukraine immer weiter eskaliert, ist die Linkspartei verzweifelt bemüht, sich als Partei des „Friedens“ und der „Diplomatie“ darzustellen.

Am Wochenende verabschiedete der Parteivorstand einen Beschluss mit dem Titel „Waffenlieferungen stoppen – Abrüstung statt Eskalation“, der „eine Verhandlungsperspektive“ und „Schritte zur Deeskalation im Ukraine-Krieg“ fordert. Am Montag stellte der Parteivorsitzende Martin Schirdewan auf einer Pressekonferenz den sogenannten „Friedensplan“ vor. Es gehe „einzig und allein darum, das Leiden der Zivilbevölkerung zu verhindern“, behauptete er.

Der Co-Vorsitzende der Linkspartei, Martin Schirdewan, auf dem Erfurter Parteitag (Martin Heinlein, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons) [Photo by Martin Heinlein / CC BY 2.0]

Tatsächlich hat der Plan nicht das geringste mit „Deeskalation“, dem Retten von Menschenleben oder gar einer sofortigen Beendigung des Kriegs zu tun. Er dient im Wesentlichen zwei Zielen: zunächst soll er die Interessen des deutschen Imperialismus durchsetzen. Gleichzeitig ist Die Linke bemüht, ihre eigene Unterstützung der imperialistischen Kriegsoffensive gegen Russland zu verschleiern und so die wachsende Antikriegsstimmung in der Bevölkerung aufzufangen und zu kanalisieren.

Das Projekt ist zum Scheitern verurteilt. Zu offensichtlich ist die Kriegstreiberei der Partei. Von Anfang an hat sie die von der Nato provozierte, aber deshalb nicht minder reaktionäre russische Invasion von rechts, d.h. vom Standpunkt des Imperialismus angegriffen und sich hinter den Nato-Kriegskurs gestellt.

Führende Vertreter – darunter der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow und der Berliner Bürgermeisterkandidat Klaus Lederer – treten offen für Waffenlieferungen an Kiew ein. Auf dem Linken-Parteitag in Erfurt Mitte Juni hatten sich ebenfalls zahlreiche Redner für Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die mit rechtsextremen Kräften durchsetzte ukrainische Armee stark gemacht.

Bei Lichte betrachtet, liegt auch der aktuelle „Friedensplan“ auf dieser Linie. Sein Inhalt entspricht im Wesentlichen dem Kriegsziel der führenden Nato-Mächte: Russland in der Ukraine zu besiegen. Wörtlich heißt es im Linkspartei-Beschluss: „Ein Ende des Krieges durch eine vollständige militärische Niederlage Russlands [ist] weder kurz- noch mittelfristig zu erwarten. Friedensverhandlungen sind deshalb dringend notwendig, wenn auch sehr schwierig.“

Das ist unmissverständlich: die von der Linkspartei vorgeschlagenen Verhandlungen sollen dazu dienen, Russland den von der Nato angestrebten, aber militärisch noch lange nicht erreichten „Siegfrieden“ aufzuzwingen. De facto verlangt der Linkspartei-Beschluss die vollständige Kapitulation Russlands. „Das russische Militär“ müsse sich „auf seine (offiziellen) Positionen vom 23. Februar“ zurückziehen. Und „die völkerrechtswidrigen ‚Volksrepubliken‘ Donezk und Luhansk müssen für die Zeit der Friedensverhandlungen demilitarisiert werden“.

Im Gegenzug würden die europäischen Mächte sich verpflichten, „alle nach dem 24. Februar beschlossenen EU-Sanktionen“ aufzuheben, heißt es weiter. Zudem müsste es eine „gegenseitige Garantieerklärung des Nichteinsatzes von Atomwaffen“ geben, „sowie des Ausschlusses einer militärischen Ausweitung des Krieges auf andere Länder seitens Russlands und des Nichteintritts der Nato in diesen Krieg“.

Das ist ein durchsichtiger Versuch, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Es ist offensichtlich, dass die Nato de facto Krieg gegen Russland führt und diesen bis hin zur Gefahr einer nuklearen Eskalation weiter anheizt. Am Mittwoch verkündeten die USA, der Ukraine Patriot-Raketen zu liefern, die in der Lage sind, Ziele tief im russischen Kernland anzugreifen. Putin kündigte im Gegenzug die Stationierung von Hyperschall-Atomraketen auf russischen Kriegsschiffen an.

Die Eskalation wird auch von den europäischen Nato-Mächten – allen voran Deutschland – unterstützt. So bezeichnete der Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Reise des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij nach Washington als „sehr gutes, hoffnungsfrohes Zeichen“ und begrüßte die Patriot-Lieferung im Namen der Ampel-Regierung. Die Lieferung sei mit „engen Verbündeten“ wie Deutschland abgesprochen. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an dem System könnte „womöglich in Europa und noch womöglicher auch in Deutschland“ passieren.

Deutschland ist seit langem führende Kriegspartei. Sie überschwemmt die Ukraine mit Waffen und hat u.a. eigene Flugabwehrsysteme, Haubitzen und Panzer geliefert. Gleichzeitig nutzt die herrschende Klasse den Krieg, um sich trotz ihrer historischen Verbrechen in zwei Weltkriegen wieder zu einer militärischen Führungsmacht aufzuschwingen. Seit langem ausgearbeitete Pläne, massiv aufzurüsten und Europa auch militärisch unter deutsche Führung zu bringen, werden nun aggressiv in die Tat umgesetzt.

Zur Aggression der Nato, die Russland seit der Auflösung der Sowjetunion systematisch einkreist und den russischen Einmarsch provoziert hat, findet sich im Linkspartei-Beschluss kein Wort. Stattdessen wird die offizielle Propaganda von Russland als alleinigem Aggressor und Ausgeburt des Bösen eins zu eins übernommen.

Der gesamte Aufruf ist ein Appell an die imperialistischen Kriegstreiber, den Druck auf Russland zu erhöhen. „Wir fordern diplomatische Initiativen von Bundesrepublik und EU gegenüber Staaten wie China und Indien, die Einfluss auf Russland ausüben können“, heißt es dort. Gleichzeitig fordert er „die Durchsetzung von Sanktionen, die gezielt die Fähigkeit Russlands zur Kriegsführung beeinträchtigen“.

Wenn Die Linke die Bundesregierung kritisiert, dann im Wesentlichen vom Standpunkt, die deutschen und europäischen Interessen nicht selbstbewusst genug durchzusetzen. Auf seiner Pressekonferenz forderte Schirdewan, die Bundesregierung müsse sich für einen Schuldenschnitt für die Ukraine einsetzen, „um den Wiederaufbau unabhängig von den internationalen Kreditgebern zu ermöglichen“.

Mit anderen Worten: Deutschland muss sich stärker in Stellung bringen, wenn es um die Aufteilung der Kriegsbeute unter den imperialistischen Mächten geht. Die Bundesregierung hatte zu diesem Zweck bereits im Oktober in Berlin eine Konferenz zum „Wiederaufbau der Ukraine“ organisiert – bezeichnenderweise ohne Teilnahme der USA.

Wenn Vertreter der Linkspartei wie die frühere Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht den Nato-Kriegskurs gegen Russland kritisieren, tut sie dies ebenfalls vom Standpunkt des deutschen Imperialismus. Sie sprechen für einen Teil der herrschenden Klasse, die eine Rückkehr zu engeren wirtschafts- und energiepolitischen Beziehungen mit Moskau als Voraussetzung für eine größere politische und militärische Unabhängigkeit von Washington betrachtet.

Beide Fraktionen sind Sprachrohre des deutschen Imperialismus und Kapitalismus, was sich letztlich aus der sozialen und politischen Orientierung und Geschichte der Partei ergibt. Sie ist keine linke oder gar sozialistische Kraft, sondern eine bürgerliche Partei, die die Interessen des Staatsapparats und wohlhabender Mittelschichten vertritt. Die stalinistische Vorgängerorganisation der Linkspartei, die SED/PDS, hat die Restauration des Kapitalismus in Ostdeutschland mitorganisiert und damit auch der Rückkehr des deutschen Militarismus den Weg bereitet, den sie seitdem aktiv unterstützt.

Vor allem im letzten Jahrzehnt wurde das immer deutlicher. Mit ihrem damaligen außenpolitischen Sprecher Stefan Liebich war Die Linke 2013 direkt an der Ausarbeitung des Papiers „Neue Macht – Neue Verantwortung“ beteiligt. Das Papier war die Blaupause für die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik, die dann von Steinmeier, Gauck und von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 öffentlich verkündet wurde.

Als Washington und Berlin gestützt auf faschistische Kräfte wie die Swoboda-Partei und den Rechten Sektor im Februar 2014 einen Putsch in der Ukraine organisierten, um dort ein anti-russisches Regime zu installieren, wurde dies von der Linkspartei unterstützt. Teile der Partei – wie das pseudolinke Netzwerk Marx 21, der die Co-Parteivorsitzende Janine Wissler entstammt – feierten den rechten Umsturz als „demokratische Revolution“.

Anschließend stellte sich die Linkspartei hinter den aggressiven außenpolitischen Kurs der damaligen Großen Koalition. Anfang 2015 begrüßte etwa der damalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger „ausdrücklich die diplomatische Offensive von Kanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Hollande“. Mittlerweile hat Merkel selbst zugegeben, dass das Abkommen von Minsk dazu diente, Zeit zu gewinnen, um die Ukraine aufzurüsten. Den gleichen kriegerischen Charakter trägt die aktuelle „diplomatische Offensive“ der Linkspartei.

Arbeiter und Jugendliche, die gegen Krieg kämpfen wollen, müssen mit dieser Politik abrechnen und sich der Sozialistischen Gleichheitspartei anschließen. Sie ist die einzige Partei, die den Krieg vom Standpunkt der internationalen Arbeiterklasse verurteilt und den Widerstand dagegen mit einer sozialistischen Perspektive bewaffnet. In ihrer Wahlerklärung zur Berlinwahl 2023, die sie zu einem Referendum gegen die verhasste Kriegspolitik aller Regierungsparteien macht, schreibt die SGP:

Die einzige gesellschaftliche Kraft, die einen weiteren Weltkrieg verhindern kann, ist die internationale Arbeiterklasse – also die große Mehrheit der Weltbevölkerung, die heute größer und vernetzter ist als je zuvor. Die SGP baut zusammen mit ihren Schwesterparteien in der Vierten Internationale eine weltweite sozialistische Bewegung gegen Krieg und seine Ursache, den Kapitalismus auf. Der Krieg kann nicht gestoppt werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen.

• Stoppt den Nato-Krieg in der Ukraine! Keine Sanktionen und Waffenlieferungen!

• Zwei Weltkriege sind genug! Stoppt die Kriegstreiber!

• 100 Milliarden für Kitas, Schulen und Krankenhäuser statt für Rüstung und Krieg!

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