Der skrupellose und provokante Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi hat dazu geführt, dass die Beziehungen zwischen den USA und China vor dem Bruch stehen.
Als Antwort auf Pelosis Besuch hat die chinesische Regierung den Dialog mit Washington in wichtigen Bereichen beendet, darunter direkte Gesprächsformate zwischen den Streitkräften, den Bereichen Klimawandel, grenzübergreifende Kriminalität und Drogenhandel sowie die Rückführung illegaler Immigranten. Außerdem hat Peking noch nicht näher bezeichnete Sanktionen gegen Pelosi selbst verhängt.
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums erklärte: „Trotz Chinas ernsthafter Bedenken und entschiedener Ablehnung hat Pelosi auf ihrem Besuch in Taiwan beharrt, sich in ernsthafter Weise in Chinas innere Angelegenheiten eingemischt, Chinas Souveränität und territoriale Integrität mit Füßen getreten, die Ein-China-Politik missachtet und den Frieden und die Stabilität in der Taiwanstraße gefährdet.“
Zu den acht Gegenmaßnahmen, die China am Freitag ankündigte, gehörten insbesondere die Absage der Treffen zwischen chinesischen und US-amerikanischen Oberbefehlshabern, verteidigungspolitische Koordinierungsgespräche und Treffen des China-US Military Maritime Consultative Agreement. Die Website Politico schrieb, mehrere Anrufe von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und dem Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs der USA General Mark Milley seien von ihren chinesischen Amtskollegen nicht beantwortet worden.
Der Abbruch der direkten Kontakte zwischen den Militärs erhöht die Gefahr, dass in der angespannten Konfrontation zwischen den chinesischen, amerikanischen und taiwanesischen Streitkräften, die durch Pelosis Besuch ausgelöst wurde, ein Zwischenfall oder Unfall einen umfassenderen Konflikt auslöst.
Die USA haben starke Seestreitkräfte in den Gewässern nahe Taiwan stationiert, darunter den Flugzeugträger USS Ronald Reagan mit seiner vollständigen Besatzung aus Kampfflugzeugen zusammen mit den Kriegsschiffen seines Kampfverbands. Pentagon-Sprecher John Kirby kündigte weitere Provokationen gegen China an, u.a. die Durchquerung der Taiwanstraße mit amerikanischen Schiffen und Flugzeugen in „den kommenden Wochen“.
China selbst führte seine bisher größten Militärübungen in sechs Gebieten nahe Taiwan durch, die bis zum Sonntagmittag Ortszeit andauern sollen. Im Rahmen dieser Übungen werden Militärflugzeuge in die Taiwanstraße entsandt, Raketen in die Gewässer östlich von Taiwan abgefeuert (einige davon über die Insel) und Kriegsschiffe in die Gebiete geschickt. Der internationale Flug- und Schiffsverkehr wurde deshalb unterbrochen.
Als nachdrückliche Warnung an die USA und Japan feuerte China Berichten zufolge mehrere Raketen in die 200 Seemeilen umfassende ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) um Japans südliche Inseln in der Nähe von Taiwan, woraufhin Tokio Protest einreichte. Die größte US-Militärbasis in Japan befindet sich auf Okinawa, das Teil der langgezogenen südlichen Inselkette Japans ist.
Das taiwanesische Verteidigungsministerium berichtete, es habe Kampfflugzeuge starten lassen, um chinesische Flugzeuge zu warnen, die in die selbst erklärte Luftverteidigungszone (ADIZ) eingedrungen seien. Einige von ihnen sollen auch die Medianlinie der Taiwanstraße, die die Insel vom chinesischen Festland trennt, überflogen haben. Das Ministerium erklärte, insgesamt hätten sich 68 chinesische Militärflugzeuge und 13 Kriegsschiffe an Einsätzen in der Taiwanstraße beteiligt.
Die Gefahr eines militärischen Zusammenstoßes wird durch den extrem beengten Raum, in dem diese Manöver stattfinden, erhöht. Die Taiwanstraße ist an der engsten Stelle nur 130 Kilometer breit, die nächstgelegene japanische Insel, Yonaguni, liegt nur 110 Kilometer östlich von Taiwan.
Zudem grenzt die taiwanesische ADIZ, die keine völkerrechtliche Grundlage hat, nicht nur an das chinesische Festland – u.a. an stark befestigte Inseln wenige Kilometer vor wichtigen chinesischen Städten –, sondern umfasst sogar einen beträchtlichen Teil des chinesischen Festlands selbst. In vielen Fällen können chinesische Flugzeuge nicht einmal starten, ohne in die ADIZ „einzudringen“.
In einer zynischen und heuchlerischen Erklärung verurteilte US-Außenminister Antony Blinken die chinesischen Übungen: „Es gibt keine Rechtfertigung für diese extreme, unverhältnismäßige und auf Eskalation angelegte militärische Reaktion... jetzt haben sie ihr gefährliches Verhalten auf ein neues Niveau gehoben.“
Gleichzeitig bekräftigte Blinken, dass die USA weitere Provokationen inszenieren wollen, indem sie ihr Militär durch die Meerenge zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland schicken und ihre Verbündeten ermutigen, dasselbe zu tun.
Trotz anfänglicher Bedenken wegen des provokanten Charakters von Pelosis Reise unterstützte die Biden-Regierung sie und ordnete die Mobilisierung von US-Militärflugzeugen und Kriegsschiffen als Teil des Besuchs an. Jetzt wiederholen das Weiße Haus, seine Verbündeten wie Japan und Australien sowie die amerikanischen und internationalen Medien die Lüge, der Besuch habe den Status quo in Bezug auf Taiwan in keiner Weise verändert.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
In Wirklichkeit ist der Besuch ein weiterer wichtiger Nagel im Sarg der Ein-China-Politik, die seit 1979 die Grundlage für die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China bildete. Peking beharrt darauf, dass Taiwan ein integraler Bestandteil des vereinten Chinas ist, als dessen legitime Regierung es sich betrachtet. Diese Position hatten die USA de facto akzeptiert, als sie die diplomatischen und militärischen Beziehungen zu Taiwan abbrachen und ihre Botschaft sowie ihre Streitkräfte von der Insel abzogen.
Peking hat immer wieder gewarnt, dass es Taiwan gewaltsam wieder eingliedern werde, wenn Taipeh jemals formell seine Unabhängigkeit von China erklären sollte. Der Besuch der ranghöchsten US-Vertreterin seit 25 Jahren ist nur der letzte einer ganzen Reihe von Schritten, mit denen erst die Trump- und danach die Biden-Regierung die Ein-China-Politik in Frage gestellt haben. Unter anderem wurde letztes Jahr öffentlich die Präsenz von US-Truppen auf Taiwan zugegeben, obwohl die USA die Insel als Teil Chinas anerkennen.
Ohne den US-Imperialismus wäre Taiwan heute bereits Teil Chinas. Die Protokolle, auf die sich die USA und ihre Verbündeten zum Ende des Zweiten Weltkriegs geeinigt hatten, erkannten Taiwan, das seit 1895 die japanische Kolonie Formosa war, als Teil des chinesischen Staatsgebiets an. Nach der chinesischen Revolution von 1949 flohen die geschlagenen Kuomintang-Truppen nach Taiwan, wo Generalissimus Chiang Kai-shek eine brutale Militärdiktatur anführte.
Fast ein Vierteljahrhundert lang hielten aufeinanderfolgende US-Regierungen die Behauptung aufrecht, Chiang Kai-sheks Diktatur sei die legitime Exilregierung von ganz China. Das änderte sich erst 1972, als Präsident Nixon China besuchte und mit Peking ein Quasi-Bündnis gegen die Sowjetunion schloss. Taiwan und die Ein-China-Politik waren von zentraler Bedeutung bei den langwierigen Verhandlungen, die 1979 schließlich zur Aufnahme offizieller amerikanisch-chinesischer Beziehungen führten.
Die Biden-Regierung untergräbt diese Grundlagen jetzt bewusst. Damit versucht sie, Peking zu einer Militäraktion zu provozieren, die das Ziel hätte, Taiwan wieder mit Festlandchina zu vereinen und zu verhindern, dass die Insel in Washingtons Netz von antichinesischen Bündnissen im indopazifischen Raum hineingezogen wird. Taiwan ist nicht nur für China von größter strategischer Bedeutung, hier befindet sich auch die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, die nahezu ein Monopol auf die Produktion modernster Halbleiter innehält, die für zahllose kommerzielle und militärische Anwendungen unverzichtbar sind.
Der US-Imperialismus nutzt Taiwan bewusst aus und bringt die taiwanesische Bevölkerung in Gefahr, wie er zuvor bereits die Ukraine benutzt hat, um einen Krieg mit Russland zu provozieren. Jetzt versucht er, einen Konflikt um die Insel auszulösen und China in eine militärische Zwickmühle zu ziehen, die das Land schwächen und spalten soll – ein Land, das Washington als größte Bedrohung für die „internationale regelbasierte Ordnung“ betrachtet, auf der seine globale Vorherrschaft beruht.
Der Besuch von Pelosi in Taiwan stellt eine dramatische Eskalation der US-Provokationen gegen China dar, aber Washington wird es nicht dabei belassen. Während Washington die Ein-China-Politik immer weiter untergräbt, bewaffnet es Taiwan bis an die Zähne. Dies ist Bestandteil seines jahrzehntelangen militärischen Aufmarsches in der gesamten indopazifischen Region für einen Krieg gegen China – mit potenziell katastrophalen Folgen.