Der größte Waldbrand auf Berliner Stadtgebiet seit dem Zweiten Weltkrieg hat erneut die Verantwortungslosigkeit der Stadtregierung der Hauptstadt vor Augen geführt, einer Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen.
Lehrermangel, marode Schulen, eine dysfunktionale Verwaltung, in der der einfachste Behördengang zum Marathonlauf wird, sowie eine zerfallende Infrastruktur sind seit langem Dauerthema in der Hauptstadt. Nun kommt auch noch die verantwortungslose Lagerung von Tonnen alten Granaten, Munition und beschlagnahmten Feuerwerkskörpern mitten in einem Naherholungsgebiet und eine kaputtgesparte Feuerwehr hinzu, die die vorhersehbare Katastrophe tagelang nicht unter Kontrolle bringen konnte.
Aus bisher noch ungeklärten Gründen kam es am frühen Donnerstagmorgen auf einem Sprengplatz der Polizei mitten im Berliner Grunewald zu zahlreichen Explosionen. Auf dem Platz liegen 30 Tonnen Munition und Kampfmittel, sowie mehrere hundert Kilogramm Feuerwerkskörper.
Wöchentlich werden noch immer entdeckte Weltkriegs-Bomben aus Berlin und dem Umland zu dem Sprengplatz gebracht. Auch beschlagnahmte Pyrotechnik wird auf dem Platz gelagert. Im Abstand von mehreren Monaten finden dann kontrollierte Sprengungen statt, zuletzt im April.
Nach dem Ausbruch des Feuers entwickelte sich eine Rauchsäule, die kilometerweit über dem Wald zu sehen war. Weitere Explosionen waren zu hören. Am bisher heißesten Tag dieses Sommers weitete sich der Brand im Lauf des Tages in dem trockenen Waldgebiet aus. Rund 42 Hektar waren betroffen
Trotz Unterstützung durch Polizei, Bundeswehr und Technisches Hilfswerk war die Feuerwehr bisher nicht in der Lage, das Feuer völlig zu löschen. Noch am Sonntag kämpften Einsatzkräfte gegen die enorme Hitze, die sich entwickelt hat. Man habe aktuell die Flammen zwar unter Kontrolle, aber ein erneutes Aufflammen sei immer wieder möglich, erklärte die Feuerwehr. Einzelne Stellen am Boden seien bis zu 700 Grad Celsius heiß.
Zu dem eigentlichen Sprengplatz können die Einsatzkräfte wegen der anhaltenden Explosionsgefahr noch immer nicht vordringen. Zwei Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg wurden aus der Verankerung gerissen, die zunächst einmal heruntergekühlt werden müssen.
Die nahegelegene Regional- und S-Bahnstrecke in Richtung Potsdam blieb bis zum Samstag gesperrt, die Stadtautobahn Avus wird mindestens bis Montag nicht für den Verkehr freigegeben. In dem Naherholungsgebiet wurde ein Sperrkreis von einem Kilometer eingerichtet, den mit Ausnahme der Einsatzkräfte niemand betreten darf.
Das Feuer hat erneut ein Schlaglicht auf die desolate Situation der Feuerwehr in Berlin geworfen. Während die Anforderungen durch Brände infolge des Klimawandels immer größer werden, wird bei Ausstattung und Personal seit Jahren rabiat gespart. „Die Überlastung ist seit langem klar“, zitiert der Tagesspiegel einen Sprecher der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) Berlin-Brandenburg. Ein Gutachten des Landesrechnungshofes weise einen Mehrbedarf von 1000 Stellen auf – und das unter normalen Bedingungen.
Die Belastung ist daher enorm, was die Zahl der sogenannten Ausnahmezustände zeigt. Ein Ausnahmezustand wird dann ausgerufen, wenn die Rettungswagen zu 80 Prozent ausgelastet sind und die vorgegebene Eintreffzeit von zehn Minuten bei den Patienten kaum noch eingehalten werden kann. 2020 wurde der Ausnahmezustand noch 64 Mal ausgerufen, 2021 verdreifachte sich die Zahl auf 178. Jetzt sieht es danach auch, als ob dieser Rekord bereits zur Hälfte des Jahres gebrochen wird. Es ist völlig klar, dass ein verspätetes Eintreffen von Rettungsdienst und Feuerwehr und erschöpftes Personal das Leben betroffener Personen akut gefährdet.
Aufgrund der extremen Situation der Berufsfeuerwehr wurden am Donnerstag auch zahlreiche Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr in den Dienst versetzt, um die Dienststellen in der Stadt zu besetzen. Auch im Grunewald waren nach offiziellen Angaben in der Nacht zum Freitag mehr Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr als der Berufsfeuerwehr anwesend. Der Sprecher der Feuerwehr-Gewerkschaft berichtete von Beschwerden aus den Reihen der Freiwilligen Feuerwehr, weil sie so oft und regelmäßig für Wachbesetzungen angefordert werde.
Außerdem waren beim Großbrand im Grunewald über 50 Kräfte des Technischen Hilfswerks im Einsatz. Sie bauten mehrere 30.000-Liter-Wasserbecken auf, um die Löschfahrzeuge zu betanken, und legten ein Schlauchnetz aus umliegenden Seen, um sie zu befüllen.
Die Bundewehr setzte einen Räumpanzer „Dachs“ ein, der fünf Kilometer lange Schneisen in den Wald legte, um das Feuer zu begrenzen. Außerdem kam ein Sprengroboter „Teodor“ zu Einsatz, der auch schon im Afghanistankrieg benutzt worden war. Sprecher der Bundeswehr ließen zynisch verlauten, die Schneisen sollten bestehen bleiben. Sie könnten „aufgrund ihrer Ausdehnung nach dieser Krise als schöne Rad- und Wanderwege durch die Berliner Bevölkerung genutzt werden“.
Die Polizei stellte Wasserwerfer zur Verfügung – eines der wenigen technischen Geräte, mit denen Berlin gut ausgestattet wird. Sie werden regelmäßig gegen Hausbesetzer und linke Demonstranten eingesetzt.
Nicht vorhanden waren dagegen Löschhubschrauber und -flugzeuge, die den Waldbrand aus der Luft hätten löschen können. Deutsche Feuerwehren verfügen über keine eigenen Löschhubschrauber. Die Löschhubschrauber der Bundeswehr sind derzeit in Sachsen im Einsatz, wo seit Wochen große Waldbrände wüten. Löschflugzeuge gibt es in Deutschland, trotz sich häufender Waldbrände, keine.
Es ist reines Glück, dass der Brand in den Nachtstunden ausbrach und keine Opfer forderte. Die Auswirkungen auf den Wald lassen sich erst nach dem Ende der Löscharbeiten seriös abschätzen.
Nach dem Vorfall betonten die Verantwortlichen die angeblich hohen Sicherheitsvorkehrungen auf dem Sprengplatz. So gebe es um das Gelände eine Brandschutzschneise im Boden und eine eigene Brandmeldeanlage. Die Munitionsdepots würden im Sommer dauerhaft beregnet, damit sich der in ihnen enthaltene Phosphor bei hohen Temperaturen nicht entzünde.
Die Berliner Polizei verstieg sich sogar zu der Aussage, der Sprengplatz inmitten eines Waldgebietes sei ein vorteilhafter Standort. Barbara Slowik, Präsidentin der Berliner Polizei, erklärte: „Aktuell ist dieser Sprengplatz die einzige genehmigungsfähige Anlage auf Berliner Grund mit 80.000 Quadratmetern, weit weg von Wohnbebauung, was der Feuerwehr auch sehr genützt hat.“
Tatsache ist, dass seit Jahrzehnten bekannt ist, dass der Sprengplatz in einem Naherholungsgebiet, das täglich tausende Menschen anzieht, im wahrsten Sinne eine tickende Bombe ist. Der Sprengplatz zur Vernichtung von Waffen existiert hier seit 1950. Verantwortlich dafür ist die Polizei, die eingestehen musste, dass es seit Langem aus Sicherheitsgründen immer wieder Diskussionen über eine Verlegung gegeben habe.
Spätestens seit der deutschen Wiedervereinigung vor 32 Jahren, als Westberlin seine Insellage mitten in der DDR verlor, wäre es möglich gewesen, den Spreng- und Lagerplatz an weniger gefährlich Orte im dünn besiedelten Brandenburg zu verlegen. Doch entsprechende Pläne versandeten immer wieder ergebnislos. 2004 wurde eine Verlegung des Sprengplatzes sogar beantragt, was der damalige Senat aus SPD und Linkspartei jedoch ablehnte. Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erklärte nun am Brandort lapidar, man werde neu darüber nachdenken müssen.
Mit derselben Gleichgültigkeit, mit der die Parteien der Sicherheit und dem Leben der Bevölkerung gegenübertreten und in der Pandemie die Bevölkerung durchseuchen, reagieren sie auch auf den Klimawandel und seine Folgen, die längst auch in der Region Berlin-Brandenburg verheerend sind.
Die Sommermonate werden jedes Jahr heißer, und es fällt weniger Regen, was den Boden austrocknet. Brandenburg gilt als eine der trockensten Regionen in Deutschland. Hier rückt die Feuerwehr in den Sommermonaten dutzende Male wegen Waldbränden aus.
Es ist abzusehen, dass der rot-rot-grüne Senat aus dem Großbrand keinerlei Konsequenzen ziehen wird. Vertreter der Regierungsparteien erklärten nach dem Brand lediglich, darüber „reden zu wollen“.
Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) sagte: „Das hat natürlich mit dem Klimawandel zu tun – nicht dieser Brand wohlgemerkt, aber die Zunahme insgesamt.“ Man müsse sich darauf einstellen. Ihre einzige Schlussfolgerung daraus ist es, mehr Mischwald statt Nadelwald aufzubauen.
SPD, Grüne und Linke setzen ihren Sparkurs in allen Bereichen der öffentlichen und sozialen Infrastruktur auch in der jetzigen Legislaturperiode fort und forcieren ihn sogar. Niklas Schrader, Innenpolitiker der Linken-Fraktion, erklärte, dass Berlin bei der Feuerwehr in den vergangenen Jahren den richtigen Weg eingeschlagen habe.
Anstatt das dringend benötigte Material und Personal aufzustocken, soll es eine „effizientere Vorgehensweise“ geben. Auch die Senatsinnenverwaltung äußerte sich in diesem Sinne: „Die Feuerwehr ist grundsätzlich für alle vorhersehbaren Einsatzlagen in der Stadt gut aufgestellt“, so eine Sprecherin.