Der Deutschlandtag der Jungen Union, der am Wochenende in Münster stattfand, war das erste bundesweite Treffen von Unions-Politikern seit der historischen Wahlniederlage bei der Bundestagswahl. Die ursprüngliche Hoffnung, sie könne trotz ihrer Niederlage eine sogenannte Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen bilden, hat die CDU mittlerweile aufgegeben. Stattdessen beginnt sie, sich neu aufzustellen und zu orientieren.
CDU-Chef Armin Laschet stimmte den Parteinachwuchs von CDU und CSU auf eine Rolle in der Opposition ein und nahm die gesamte Verantwortung für die Niederlage auf sich: „Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt. Und die Verantwortung für dieses Ergebnis, die trage ich, als Vorsitzender und als Kanzlerkandidat.“ Auch CSU-Generalsekretär Markus Blume – CSU-Chef Markus Söder war nicht nach Münster gekommen – erklärte: „Wir müssen jetzt die Realität anerkennen: Wir sind Opposition.“
Wie die zukünftige Führung der CDU aussehen und wie sie sich politisch ausrichten wird, zeichnet sich erst in Umrissen ab. Doch eines ist bereits deutlich: Sie wird die Zeit in der Opposition nutzen, um weiter nach rechts zu rücken.
Am deutlichsten zeigte dies der Auftritt von Rick Loughery, dem Vorsitzenden der amerikanischen Young Republicans. Loughery ist ein bekennender Anhänger Donald Trumps, der am 6. Januar versucht hat, die Wahl Joe Biden zu seinem Nachfolger als amerikanischer Präsident durch einen gewaltsamen Putsch zu verhindern, und sich seither bemüht, die Republikanische Partei in eine faschistische Bewegung zu verwandeln.
Trotzdem durfte Loughery als Gastredner zum Deutschlandtag sprechen. Im Namen ihrer „Brüder und Schwestern in den USA“ rief er die Delegierten auf, „Demokratie und Freiheit zu schützen“ und „im Kampf gegen den Sozialismus“ zusammenzustehen. Der Sozialismus sei weltweit im Kommen und „wir müssen ihn bekämpfen“, betonte er.
Unter „Sozialismus“ verstehen Trump und Loughery alle, die ihren eigenen faschistischen Kurs nicht bedingungslos unterstützen. Selbst die Demokraten, die Partei der Wallstreet und des militärischen Establishments, denunziert Trump regelmäßig als Sozialisten.
Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, der als möglicher Kandidat für Laschets Nachfolger als CDU-Vorsitzender gilt, malte ein linkes Schreckgespenst an die Wand. Bei dem Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP handle sich um „die strammste Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten in Deutschland gehabt haben“. In AfD-Manier beschuldigte er SPD, Grüne und FDP, die die brutale Abschottungspolitik der Großen Koalition fortsetzen wollen, zur illegalen Migration einzuladen.
Wie in den USA sind solche Angriffe fern jeder Realität. Tatsächlich haben sich die Ampel-Partner dazu verpflichtet, den rechten Kurs der großen Koalition aus SPD und CDU zu verschärfen. Sie schließen höhere Steuern für Reiche aus, halten an der Schuldenbremse fest und schreiben die horrende Aufrüstung fort.
Wenn Vertreter der CDU gegen den Sozialismus oder eine Linksagenda wettern, richtet sich das gegen den wachsenden Widerstand in der Arbeiterklasse, der sich gegen eben diese Politik entwickelt. Sie bereiten sich darauf vor, die rechte Ampel-Agenda in der Opposition zu unterstützen und die rechtesten Kräfte zu ihrer Durchsetzung zu mobilisieren.
Deshalb waren viele Spitzenvertreter der Partei auch voll des Lobs für das Programm der Ampelkoalition. Laschet erklärte auf dem JU-Tag: „Das Papier, was da vorgelegt wurde, ist in Ordnung. Da hätten manches wir auch mitmachen können.“ Und auch Friedrich Merz, der dem äußerst rechten Parteiflügel zugeordnet wird, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Sie haben, wie ich finde, ein beachtliches Papier vorgelegt. Das ist ein Anlass zum Respekt und zur kritischen Selbstüberprüfung: Das hätten wir auch haben können.“
Der JU-Tag war davon geprägt, diese Politik weiter zu verschärfen. So forderte Johannes Winkel, der Vorsitzende des großen JU-Landesverbandes NRW, eine Verlangsamung des längst beschlossenen Ausstiegs aus der Kernenergie und Kürzungen bei den Altersrenten. Obwohl es ein Umlagesystem sein solle, flössen ein Drittel des gesamten Bundeshaushalts in das Rentensystem, klagte er. „Das sind 100 Milliarden Euro, die meiner Generation für Investitionen in Bildung, Forschung oder Digitalisierung fehlen.“
Wenn die „Boomergeneration“ in Rente gehe, sei der „Kipppunkt“ erreicht, warnte Winkel. Er drohte mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht, falls die nächste Bundesregierung an der bisherigen Rentenfinanzierung festhalte.
Bejubelt wurde auch der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Carsten Linnemann, der ebenfalls als möglicher Kandidat für den CDU-Vorsitz gilt. Der 44-Jährige ist ein überzeugter Wirtschaftsliberaler und rechter Kritiker der Politik von Kanzlerin Merkel. Er rief die Delegierten auf, „auch die ganz heißen Eisen anzupacken“, darunter das künftige Rentensystem und die Verbeamtungen, die einer schwindenden Zahl von Beschäftigten des öffentlichen Diensts ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit garantieren.
Linnemann plädierte dafür, den nächsten CDU-Vorsitzenden durch eine Mitgliederbefragung – statt wie üblich durch einen Parteitag – zu bestimmen. Er wolle, „dass künftig nicht das Kanzleramt entscheidet, sondern die Partei“, sagte Linnemann und nannte als negative Beispiele die Abschaffung der Wehrpflicht und den Ausstieg aus der Atomkraft durch die Regierung Merkel.
Ähnlich äußerte sich auch der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der auf dem äußersten rechten Flügel der CDU steht und offen mit der AfD sympathisiert. Auf einem CDU-Landesparteitag in Thüringen verlangte er den Rücktritt des gesamten Bundesvorstands. „Ein neues Profil einer neuen CDU kann es auch nur mit neuen Leuten geben – und Leuten, die nicht zu den Kadern gehören, die bisher für das Weiterso verantwortlich sind,“ sagte Maaßen.
Der Auftritt des Trump-Anhängers Loughery und die rechten Tiraden auf dem Deutschlandtag der Jungen Union sind eine ernste Warnung. Die Arbeiterklasse ist mit einer allseitigen Bedrohung konfrontiert: Während die Ampel aus SPD, Grünen und FDP neue soziale Angriffe und eine massive innere und äußere Aufrüstung vorbereitet, mobilisieren Union und AfD ultrarechte Kräfte, um dieses Programm gegen die Arbeiterklasse durchzusetzen.
Im Rahmen der etablierten Parteien finden die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung keinen Ausdruck mehr. Weil sie den Kapitalismus und die Profitwirtschaft verteidigen, reagieren sie auf die Zuspitzung des Klassenkampfs alle mit einer scharfen Rechtswendung. Das zeigt sich am deutlichsten in der Frage der Pandemie, wo inzwischen alle etablierten Parteien eine Politik der gezielten Durchseuchung der Jugend verfolgen – mit einer hohen Zahl von Todesopfern und unkalkulierbaren Spätfolgen.
Um ihre Interessen zu verteidigen, muss die Arbeiterklasse ihre eigene Partei aufbauen, die den Kampf gegen Sozialabbau, Entlassungen, Faschismus und Krieg mit einem internationalen, sozialistischen Programm verbindet – die Sozialistische Gleichheitspartei.