Der diesjährige Parteitag der Labour Party war geprägt von politischen Hexenjagden, allgegenwärtiger bewaffneter Polizei, Lobeshymen auf Tony Blair, Law-and-Order-Rhetorik und Militarismus.
Die Parteiführung befindet sich im Krieg gegen ihre eigenen Mitglieder, rückt nach rechts und geht erbarmungslos gegen jede Opposition vor.
Das Großkapital und seine Medien hatten von Labour-Parteichef Sir Keir Starmer den Beweis verlangt, dass der Geist seines Vorgängers Jeremy Corbyn und jedes Gerede von einem Linksruck der Partei endgültig ausgetrieben wurde. Er enttäuschte seine Herren nicht.
Gleich zu Beginn des Parteitags wurde die Satzung der Partei geändert, damit nie wieder ein linker Kandidat zur Wahl des Parteivorsitzenden antreten kann.
Starmers Reform bedeutet, dass ein Anwärter auf den Parteivorsitz die Unterstützung von zwanzig Prozent aller Labour-Mitglieder im Parlament haben muss, während es bislang nur zehn Prozent waren. Da es selbst nominell „linke“ Abgeordnete kaum gibt – Corbyn konnte 2015 nur nominiert werden, weil einige Abgeordnete es für klug hielten, einen Alibi-Linken als Nachfolger von Ed Miliband ins Rennen zu schicken –, wäre dieses Veto der Labour-Parlamentsfraktion gar nicht nötig. Damit wurde eine geschlossene Tür demonstrativ noch mal verriegelt. Der Antrag konnte dank der Blockabstimmung von Unison, der größten britischen Gewerkschaft, mit 53,7 Prozent gegen den Widerstand der Mehrheit der Mitglieder durchgesetzt werden.
Am gleichen Tag bezeichnete Schatten-Sicherheitsminister Conor McGinn diejenigen, die der Partei beigetreten waren, um Corbyns nominellen Linksruck zu unterstützen – 300.000 Personen und damit die überwältigende Mehrheit der Parteibasis – als „fehlgeleitet oder irregeführt“ von anderen. Allerdings könnten einige „noch zurückgeholt“ werden.
Auch die Abwahl von Labour-Abgeordneten wurde erschwert, und „registrierte Unterstützer“ dürfen bei der Wahl der Führung ihre Stimme nicht abgeben.
Weitere Änderungen gab es am parteiinternen Disziplinarprozess. Das erklärte Ziel dabei ist die Beschleunigung der Hexenjagd gegen Mitglieder wegen vorgeschobener Antisemitismus-Vorwürfe, weil sie der Unterdrückung der Palästinenser durch Israel entgegentreten. Quellen aus der Labour Party erklärten gegenüber der Times, die „Verteidigung der Partei gegen Rechtsverfahren wegen Antisemitismus“ habe sie etwa zwei Millionen Pfund gekostet; „Reaktionen auf zurückliegende Klagen hätten eine weitere Million Pfund gekostet“.
Einen Tag später verabschiedete der Parteitag mit großer Mehrheit einen Antrag, der Sanktionen gegen Israel forderte, von dem sich Schatten-Außenministerin Lisa Nandy aber sofort distanzierte. Sie machte deutlich, dass diese Position niemals offizielle Parteipolitik werden wird – genauso wenig wie ein Dringlichkeitsantrag, der die Gründung des Militärpakts AUKUS zwischen Großbritannien, den USA und Australien als „gefährlichen Schritt und Gefahr für den Weltfrieden“ bezeichnet und der mit 70,35 zu 29,65 Prozent angenommen wurde. Das Gleiche gilt für Abstimmungen über die Überführung von Energieunternehmen in öffentliches Eigentum, einen Mindestlohn von 15 Pfund oder alles andere, was der wirtschaftsfreundlichen und imperialistischen Agenda der Labour Party widersprechen würde.
Der Livestream der Parteitagsdebatte über Palästina wurde vorzeitig beendet. Am gleichen Tag erklärte die führende Zionistin Louise Ellman, die 2019 als Labour-Abgeordnete zurückgetreten war, um die Hexenjagd gegen angebliche Antisemiten zu unterstützten, sie sei am Sonntag wieder beigetreten, nachdem beschlossen worden war, ein unabhängiges Beschwerdeverfahren wegen Rassismusvorwürfen einzuführen.
Ellman, die behauptet hatte, Antisemitismus sei unter Corbyn zum „Mainstream“ in der Labour Party geworden, lobte Starmer als jemanden, in den „Großbritanniens Juden Vertrauen setzen können“. Sie nahm gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Police Federation, John Apter, am Parteitag teil.
Im Gegensatz dazu wurden mindestens 20 Delegierte wegen angeblicher Mitgliedschaft in den vor Kurzem intern verbotenen Gruppen Socialist Appeal, Labour in Exile Network, Labour Against the Witchhunt und Resist ausgeschlossen. Das Verbot führte auch zur Abspaltung der kleinen, 17.000 Mitglieder umfassenden Gewerkschaft Bakers, Food and Allied Workers Union von der Labour Party. Ihr Präsident Ian Hodson wurde wegen seiner angeblichen Beziehungen zu den geächteten Gruppen und wegen fingierten Antisemitismusvorwürfen aus der Partei ausgeschlossen. Der Hintergrund für Letztere war, dass er darauf hingewiesen hatte, dass die zionistische Jewish Labour Movement mit der israelischen Botschaft zusammengearbeitet hatte, um Corbyns Führung der Partei zu schwächen.
Nach dem Ende des Parteitags kündigte Labour die Suspendierung von einigen Mitgliedern an, die Starmer während seiner Rede mit Zwischenrufen unterbrochen hatten. Seine lächerliche Rede war ein passendes Ende für das Debakel des Parteitags.
Während er sprach, positionierten sich bewaffnete Polizisten in einschüchternder Weise in den Gängen zwischen den Delegierten. Ein Teil der Halle wurde gesperrt, zusätzliche Tagesbesucher wurden mit Bussen hergebracht, um die Illusion von Rückhalt in der Bevölkerung zu verbreiten.
Als erstes wandte Starmer sich an Ellman mit den Worten „willkommen zu Hause“. Darauf folgte seine übliche abgedroschene Predigt darüber, wie seine „bescheidene“ Herkunft aus der Arbeiterklasse angeblich dazu beigetragen habe, seine rechte Politik zu formen. Er versprach unzweideutig, dass Labour als potenzielle Regierungspartei der britischen herrschenden Klasse „wieder im Geschäft“ ist.
Unmittelbar an Corbyns Adresse erklärte er: „An die Wähler, die uns für unpatriotisch oder verantwortungslos gehalten oder geglaubt haben, wir würden auf sie herabsehen, richte ich diese einfachen, aber eindringlichen Worte: Unter meiner Führung werden wir nie wieder mit einem Programm in eine Wahl gehen, das kein ernsthafter Plan für eine Regierung ist.“
Er erklärte, Labour habe „diese Woche das eigene Haus in Ordnung gebracht“ und betonte, er habe „die große Ehre gehabt, als Chefankläger dieses Landes eine große Organisation zu leiten: den Crown Prosecution Service. Drei sehr wichtige Worte.“
Starmer werde die „zwei Millionen Fälle von anti-sozialem Verhalten in diesem Jahr“, sowie Messerkriminalität, ungeklärte Verbrechen und den Verlust von 8.000 Polizeibeamten unter den Tories nicht tolerieren.
Seine nebulösen Pläne für den National Health Service waren nur eine Überleitung zu dem Versprechen, mit den Pharmakonzernen, Materialherstellern, der Rüstungs- und Chemieindustrie, der Verbrauchsgüter- und Umwelttechnikindustrie, der Verkehrs- und Biotechnologiebranche unter dem „Labour-Programm: ‚Kaufen, herstellen, verkaufen in Großbritannien‘ zusammenzuarbeiten... Gute Wirtschaft und gute Regierung gehören zusammen.“
Alle öffentlichen Ausgaben würden von „einem Büro für Preis-Leistungs-Verhältnisse geprüft werden... Es wird keine Versprechen geben, die wir nicht halten können, und keine Verpflichtungen, die wir nicht bezahlen können.“ Zudem solle Labour nach dem Vorbild von Tony Blair „einen Gang hochschalten“. „Ihr wollt einen Aufschwung? Das ist er.“
Starmer erklärte: „Wir in dieser Partei sind Patrioten.“ In Bezug auf „Unser Militär“ erklärte er: „Labour ist die Partei der Nato [und] wird durch die Briten, die in unseren Streitkräften dienen, das Richtige tun.“
Die Blair-Fraktion reagierte begeistert auf den Parteitag.
Die zionistische ehemalige Abgeordnete Ruth Smeeth, erklärte unter Beifall aus den entsprechenden Kreisen: „Heute müssen wir eine Botschaft an die üblen Rassisten und Mobber senden, die gedacht haben, in unserer Partei sei Platz für Judenhass.“
Schatten-Verteidigungsminister John Healey erklärte: „Die Nato und die nukleare Abschreckung wurden von Labour aufgebaut. Mit Labour und Keir Starmer wird das Land die notwendige Führung bekommen, damit Großbritannien eine neue und wichtige Rolle in der Welt spielen kann. Wir werden darauf beharren, dass Großbritannien ein Mitspracherecht hat, mit den USA als unser wichtigster Verbündeter, und wir werden Großbritanniens Führungsrolle in der Nato ausbauen.“
Ian Dunt erklärte in einem Artikel in der Zeitung i: „Es war ein umfassender Angriff auf den Corbynismus: eine Verpflichtung zur Verbrechensbekämpfung, eine Feier des Patriotismus, des Vorrangs der Verteidigung und ein Bekenntnis zu den Leistungen von New Labour. Alles, weswegen sich die Wähler von Labour abgewandt haben, wurde angesprochen. Man hatte das Gefühl, man beobachte das Begräbnis des Corbynismus.“
Doch für diejenigen außerhalb der politischen Blase, in der die Labour Party agiert und in der es nur die Meinungen von Gleichgesinnten und rechten Medien gibt, wird immer klarer, dass nicht nur der „Corbynismus“ begraben wird, sondern die gesamte Labour Party.
Der Abgeordnete Wes Streeting, der in einigen Kreisen als zukünftiger Parteichef gehandelt wird, kündigte einen Kampf gegen die „Linke“ an. Doch der „Sieg“ der Blair-Fraktion war nur möglich, weil die Corbyn-Fraktion ihnen in keiner Frage entgegengetreten ist. Corbyn und seine Verbündeten kapitulierten in allen Fragen, einschließlich der Nato-Mitgliedschaft, Trident und des Kriegs gegen Syrien. Sie lehnten alle Versuche ab, die Blairisten aus der Partei zu vertreiben, und ließen stattdessen zu, dass ihre eigenen Anhänger vertrieben wurden.
Ohne das Feigenblatt, das Corbyn geliefert hat, steht Labour und der Gewerkschaftsbürokratie eine direkte Konfrontation mit der Arbeiterklasse bevor, von der sich erstere nie mehr erholen werden.
Corbyn, der von Starmer als Vorsitzender abgesetzt wurde, war jedoch immer noch damit beschäftigt, Treffen am Rande des Parteitags zu besuchen wie The World Transformed von Momentum, wo er sich mit seinem inneren Kreis von Anhängern und den unkritischsten Fans aus den pseudolinken Tendenzen traf. Aber er hatte nichts zu sagen. In einer Kolumne in der i vom 28. September bezeichnete er den Parteitag als „Zeit für unsere Bewegung, zusammenzukommen“. Seine einzige verhohlene Kritik an Starmer und Konsorten war: „Bisher hat die Labour-Führung in dieser Woche gezeigt, dass sie die Reichen und Mächtigen nicht herausfordern, sondern stärken will.“
Corbyns wichtigster Verbündeter, der ehemalige Schatten-Finanzminister John McDonnell, veröffentlichte zu Beginn des Parteitags eine Kolumne im Guardian, in der er Starmer Ratschläge erteilte.
Um seine und Corbyns Entschlossenheit zu bekunden, keinen Staub aufzuwirbeln, rief er ins Gedächtnis: „Als Jeremy Corbyn und ich von den führenden Positionen in der Labour Party zurücktraten, waren wir uns einig, dass Keir Starmer nicht so behandelt werden sollte, wie wir von einigen Labour-Abgeordneten behandelt wurden, die alles getan hatten, um uns zu schädigen.“ Er riet Starmer davon ab, „grobe Fehler zu machen und interne Streitigkeiten zu schüren“. Stattdessen solle er an der Spitze einer vereinten Partei „für radikalen Wandel argumentieren“.
Nichts, was Starmer tut, wird die sklavische Loyalität Corbyns und seiner Anhänger zu Labour und der Gewerkschaftsbürokratie erschüttern, da sie selbst ein integraler Teil davon sind. Das war die zentrale Lehre aus Corbyns fünf Jahren als Parteichef, die auf nachdrückliche Weise die Behauptungen der pseudolinken Gruppen widerlegt haben, er könne die Partei in progressiver Weise verändern.
Die Widerlegung dieser Lüge hat die Socialist Workers Party (SWP) und die Socialist Party gezwungen, ihre Rhetorik zu ändern.
Die Socialist Party ist zu der Position zurückgekehrt, die sie vor Corbyn vertreten hat, und fordert die Gewerkschaften auf, „für eine neue Arbeiterpartei zu kämpfen“, während sie den „Corbynismus“ weiterhin als „Bedrohung“ für die „Verteidiger des Kapitalismus“ darstellt. Sie arbeitet weiterhin mit der Führung der „Eisenbahnergewerkschaft RMT und anderen Mitgliedern der Trade Unionist and Socialist Coalition zusammen, um Schritte in diese Richtung zu machen“ – winzige Schritte, mit denen sie nie am erklärten Ziel der SP ankommen wird.
Der Socialist Worker der SWP kommentierte: „Die Frage für die Labour-Linken ist, ob das eine Partei ist, in der sie bleiben wollen.“ Charlie Kimber schrieb letzten November: „Wir brauchen eine Partei, die den Kampf an erste Stelle stellt und erkennt, dass die Straßen und Arbeitsplätze wichtiger sind als Wahlen.“ Allerdings nannte die Partei nur die Teilnahme an diversen Protestbewegungen als Grundlage für eine „Politik des Kampfs und des revolutionären Sozialismus, um das ganze System zu ändern“.
Ihr rhetorischer Kurswechsel hat jedoch eine umfassendere Bedeutung. Das Bekenntnis der Pseudolinken zu Corbyn war ein verzweifelter Versuch, die Kontrolle der Labour- und Gewerkschaftsbürokratie über die Arbeiterklasse zu stärken. Corbyn gehörte zu einer Reihe von ähnlichen Figuren, die unablässig als Vertreter einer „breiten linken“ Alternative zum Aufbau einer wirklich sozialistischen Führung in der Arbeiterklasse propagiert wurden.
Jetzt stellt Kimber sie als die Aneinanderreihung von Katastrophen dar, die sie in Wirklichkeit waren.
Er schreibt: „Es war sicherlich außergewöhnlich, als Corbyn, der noch so kurz zuvor Parteichef war, ausgeschlossen wurde... Ein Großteil der Labour-Linken wird jetzt in der Partei bleiben und sich für seine Wiederaufnahme einsetzen, [aber es gibt] einiges Gerede über eine Abspaltung von Labour, vielleicht von einigen Ratsmitgliedern und Gewerkschaftsfunktionären.“ Sollte dieses Gerede, laut Kimber, jedoch „in die Tat umgesetzt werden... wäre es keine Lösung, eine Labour Party 2.0 zu gründen, als gleiches Tier mit anderem Fell.“
Die Partei Podemos, die 2014 in Spanien gegründet wurde, war „höchst erfolgreich... sitzt jetzt aber in einer Regierung mit der rechten sozialdemokratischen PSOE“ und ist verantwortlich für eine „katastrophale Coronavirus-Strategie, in der Profite Vorrang vor Menschenleben haben“. In Griechenland hat Alexis Tsipras‘ Syriza „einen brutaleren Austeritätskurs durchgesetzt als seine konservativen Vorgänger“.
„In den USA wurde große Hoffnung auf Bernie Sanders gesetzt. Doch durch seine Tätigkeit in der Demokratischen Partei wurde er schließlich zum Strohmann für den neoliberalen Joe Biden.“
Aus diesen Zeilen würde man nie schließen, dass die SWP und Konsorten alle diese politischen Bankrotteure unterstützt und propagiert hat. Sie distanzieren sich erst nachträglich von Corbyn, Tsipras, Sanders und ihresgleichen, weil viele Arbeiter und Jugendliche bereits erkannt haben, dass sie wertlos sind.
Heute dient ihr Gerede über mögliche „linke“ Abspaltungen von Labour nur dazu, die Arbeiterklasse angesichts der drohenden Gefahren durch ein faktisches Bündnis zwischen der Tory-Regierung und Starmers Labour Party zu entwaffnen, die zusammen eine Pandemiepolitik der bewussten Massendurchseuchung, von Krankheit und Tod umsetzen und die Spannungen mit China und Russland verschärfen würden.
Nur die Socialist Equality Party (SEP) hat die konzertierten Versuche bekämpft, die Arbeiterklasse Corbyn und anderen „linken“ Verteidigern des Kapitalismus unterzuordnen. Wir vertraten eine Kritik auf der Grundlage eines historisch begründeten Verständnisses der Labour Party und der Sozialdemokratie, des Stalinismus und der pseudolinken Gruppen, die als letzte Verteidigungslinie der Kontrolle der Labour- und Gewerkschaftsbürokratie über die Arbeiterklasse dienen. Es ist wichtig, dass diese Geschichte – die auf der World Socialist Web Site festgehalten wurde – sorgfältig studiert und assimiliert wird. Die Schlussfolgerung muss darin bestehen, die SEP als die wirklich revolutionäre, sozialistische und internationalistische Führung aufzubauen, die die Arbeiterklasse braucht.
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