Studierendenvertretungen unterstützen Dienstaufsichtsbeschwerde gegen HU-Präsidentin und fordern Maßnahmen gegen Baberowski

Die Dienstaufsichtsbeschwerde der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) gegen die Präsidentin der Humboldt-Universität Sabine Kunst stößt auf breite Unterstützung.

In den letzten Wochen haben sich die Studierendenvertretungen der HU und der Technischen Universität Berlin, die zusammen mehr als 75.000 Studierende repräsentieren, mit der Beschwerde solidarisiert. Auch Studierendenvertretungen außerhalb von Berlin – darunter der AStA der Universität Bremen – haben sich hinter die Beschwerde gestellt.

Die Entwicklung zeigt die enorme Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen gegen Rechtsextremismus und Faschismus. Studierende akzeptieren nicht, dass rechtsextreme Professoren mit tatkräftiger Unterstützung der Universitätsleitung ausgerechnet an deutschen Universitäten wieder ihr Unwesen treiben können.

Kunst hatte sich wiederholt hinter den rechtsradikalen Humboldt-Professor Jörg Baberowski gestellt, obwohl dieser kritische Studierende und Kollegen beleidigt, bedroht und tätlich angreift. Ende Mai reichte Sven Wurm, Abgeordneter des Studierendenparlaments der Humboldt-Universität Berlin und Sprecher der IYSSE, deshalb eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Kunst beim regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, und dem Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach (beide SPD), ein.

Seitdem ist von Seiten der Berliner Regierung und der Humboldt-Universität (HU) nichts passiert, um der Beschwerde nachzugehen. Krach hat bislang lediglich bestätigt, dass die Dienstaufsichtsbeschwerde eingegangen ist und an die Zuständigkeit der Vorsitzenden des HU-Kuratoriums, Edelgard Bulmahn (ebenfalls SPD), abgegeben wurde. Auf eine weitere Nachfrage von Wurm antwortete die Universität mit der Floskel, die Dienstaufsichtsbeschwerde befinde sich „in laufender Bearbeitung“. Der Berliner Senat und die Unileitung setzen offensichtlich darauf, mit ihrer Hinhaltetaktik die Vorwürfe gegen sie zu vertuschen.

Die große Mehrheit der Studierenden ist nicht bereit, das zu akzeptieren. Am 8. Juli veröffentlichten die studentischen Vertreter des Referent_innenrats (RefRat, gesetzlich AStA) der Humboldt-Uni folgendes Statement:

Der RefRat unterstützt die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Universitätspräsidentin Sabine Kunst aufgrund ihrer Untätigkeit im Umgang mit dem rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski und solidarisiert sich mit den Opfern der Angriffe durch den Professor.

Der Regierende Bürgermeister und Senator für Wissenschaft und Forschung, Michael Müller (SPD), und der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach (SPD), haben bisher keine Maßnahmen ergriffen, um die Universitätspräsidentin (ebenfalls SPD) dazu zu veranlassen, Maßnahmen gegen das inakzeptable Verhalten des rechtsradikalen Professors zu ergreifen. Stattdessen scheinen sie, ähnlich wie Frau Kunst selbst, zu versuchen, die Dienstaufsichtsbeschwerde im Sande verlaufen zu lassen. Dass hier der Eindruck entsteht, dass Parteifreundschaften über das Ergreifen von Aufsichtsmaßnahmen entscheiden, ist inakzeptabel.

Der RefRat fordert den Regierenden Bürgermeister und den Staatssekretär auf, schnell zu handeln, damit diese Angriffe auf Studierende und die Förderung rechtsradikaler Positionen an der Humboldt-Universität sofort unterbunden werden.

Auch Fachschaften der HU und Studierendenvertretungen anderer Universitäten zeigten ihre Solidarität. Der AStA der Technischen Universität Berlin, der drittgrößten Uni Berlins mit rund 35.000 Studierenden, begrüßte auf Twitter die eingereichte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die HU-Präsidentin und erklärte seine Hoffnung, „dass der Dienstweg ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus an der Hochschule setzt“.

Der AStA der Universität Bremen brachte ebenfalls seine Unterstützung zum Ausdruck. Die Bremer Studierendenvertreter waren selbst 2017 ins Visier von Baberowski geraten, weil sie gegen einen Vortrag von ihm protestiert hatten. Daraufhin versuchte Baberowski, die studentische Kritik mit einer Klage zu unterdrücken, womit er letztlich vor Gericht scheiterte.

Wie Wurm in seiner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Unipräsidentin unterstreicht, ist Baberowski einer der bekanntesten Akademiker der extremen Rechten in Deutschland. Er betreibt einen neurechten Salon, hetzt gegen Flüchtlinge und trommelt für Krieg und Militarismus. Die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen („Hitler war nicht grausam“) zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk.

Wurm betont:

Dass dieser rechtsextreme Ideologe nun dazu übergegangen ist, als rechtsradikaler Aktivist selbst über den Campus zu ziehen, studentische Wahlwerbung zu zerstören und Studierende tätlich anzugreifen, ist auch die Verantwortung der Universitätspräsidentin Sabine Kunst. Sie hat die rechtsradikalen Strukturen, die sich an Baberowskis Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte herausgebildet haben, seit Jahren unterstützt und verteidigt.

Am 30. Januar 2020 war Wurm selbst von Baberowski tätlich angegriffen worden, nachdem er den Professor dabei ertappte, wie dieser Wahlplakate der IYSSE von einem schwarzen Brett riss und zerstörte. Das gewalttätige Auftreten des Rechtsextremisten, das auf einem Video dokumentiert ist, verteidigte Kunst als „menschlich verständlich“. In seiner Beschwerde erklärt Wurm:

Frau Kunst hat die wiederholte verbale und physische Gewalt Baberowskis gegen Studierende systematisch gedeckt und notwendige Kritik an dem rechtsradikalen Professor unterdrückt. Sie ist damit für ein Klima der Einschüchterung verantwortlich, in dem Studierende gehindert werden sollen, die rechten Ansichten von Professoren zu kritisieren. Das ist mit einer demokratischen Universität nicht vereinbar.

Die IYSSE fordern den Berliner Senat und die Kuratoriumsvorsitzende mit Nachdruck auf, der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Kunst umgehend nachzugehen und Maßnahmen gegen sie einzuleiten. Alle Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen und dem rechten Treiben an der Humboldt-Universität ein Ende gesetzt werden.

Wir rufen Studierende, Dozenten und Mitarbeiter auf, die Dienstaufsichtsbeschwerde zu unterstützen und bekannt zu machen. Gerade vor dem Hintergrund wachsender Gewalt von rechtsextremen Kräften in Deutschland und international darf nicht zugelassen werden, dass ausgerechnet an unserer Universität rechtsradikale Ideologen und Schläger hofiert und ermutigt werden.

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