IYSSE-Sprecher reicht Dienstaufsichtsbeschwerde gegen HU-Präsidentin Sabine Kunst ein

Sven Wurm, Abgeordneter des Studierendenparlaments der Humboldt-Universität Berlin und Sprecher der IYSSE, reichte am Montag die folgende Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Universitätspräsidentin Sabine Kunst beim regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, und dem Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach (beide SPD), ein. Kunst hatte sich zuvor wiederholt hinter den rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski gestellt, obwohl dieser kritische Studierende und Kollegen beleidigt, bedroht und tätlich angreift.

Die IYSSE treten auf Listenplatz 14 zu den diesjährigen StuPa-Wahlen an der HU an. Briefwahlunterlagen können bis zum 15. Juni um 15 Uhr per Mail beantragt werden. Am 29. Juni findet im Hauptgebäude zudem eine Urnenwahl statt. Hier geht es zum Wahlstatement der IYSSE.

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An den regierenden Bürgermeister von Berlin und den Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung

Sehr geehrter Herr Müller,

Sehr geehrter Herr Krach,

als Abgeordneter des Studierendenparlaments und Student der Geschichte an der Humboldt-Universität reiche ich hiermit Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Universitätspräsidentin Sabine Kunst ein. Frau Kunst hat sich im Akademischen Senat der Humboldt-Universität hinter einen tätlichen Angriff des rechtsradikalen Professors Jörg Baberowski gegen mich gestellt und trifft keinerlei Maßnahmen, um einen sicheren Raum für Studierende und die Autonomie der verfassten Studierendenschaft zu gewährleisten. Sie weigert sich sogar, Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Baberowski auch nur zu bescheiden.

Ich hatte Frau Kunst am 05. Februar 2020 darüber informiert, dass mich Herr Prof. Dr. Jörg Baberowski auf dem Campus der Humboldt-Universität tätlich angegriffen und vulgär bedroht hat. Als ich ihn dabei ertappte, wie er rechtmäßig angebrachte Wahlplakate der IYSSE zu den StuPa-Wahlen von einem schwarzen Brett entfernte und vernichtete, schlug er mir das Telefon aus der Hand und drohte: „Soll ich Dir was in die Fresse hauen?“ All das ist auf einem Video dokumentiert, das ich Frau Kunst zur Verfügung stellte.

Ich hatte wegen dieses Eingriffs in die Autonomie der studentischen Selbstverwaltung und dem kriminellen Verhalten mir gegenüber bei Frau Kunst am gleichen Tag Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Baberowski eingereicht und sie um eine klare Verurteilung der Gewalttat gebeten. Als ich sie am 11. Februar 2020 darauf ansprach, wies sie mich ab und erklärte, dass Sie sich zu dem Vorfall nicht äußern würde. Auf der Sitzung des Akademischen Senats des gleichen Tages erklärte sie jedoch, dass Baberowskis Angriff auf mich und die Zerstörung von Wahlwerbung an schwarzen Brettern „menschlich verständlich“ seien.

Bis heute hat sie die Dienstaufsichtsbeschwerde nicht beschieden und damit Art. 17 des Grundgesetzes verletzt. Auf meine zulässige Beschwerde hin, habe ich weder eine Eingangsbestätigung noch eine Information über die Prüfung geschweige denn einen Bescheid erhalten. Im Gegenteil: Wie oben beschrieben weigert sich Frau Kunst, sich dazu zu äußern.

Dies ist umso gravierender, als Baberowski eindeutig versuchte, durch Sachbeschädigung, Körperverletzung und Nötigung Studierende daran zu hindern, Wahlwerbung für ihre Liste bei den StuPa-Wahlen zu machen.

Dabei ignorierte Frau Kunst nicht nur meine Beschwerde, sondern auch einen offiziellen Brief des studentischen Wahlvorstands vom 16. Februar 2020, der die Universitätsleitung aufrief, ihre Rechtsaufsicht wahrzunehmen und gegen den erheblichen Eingriff in die Wahl durch Baberowski vorzugehen. Auch ein mehrheitlicher Beschluss des Studierendenparlaments vom 18. Juni 2020 blieb unbeantwortet. Der Beschluss verurteilte den „schwerwiegenden und gewaltsamen Eingriff in die diesjährigen Wahlen“ und rief das HU-Präsidium dazu auf, „ihre Unterstützung für den rechtsextremen Professor zu beenden und Baberowski zur Rechenschaft zu ziehen.“

Frau Kunst hat mit ihrer unverblümten Verteidigung professoraler Gewalt gegen Studierende deutlich gemacht, dass sie nicht um das Wohl ihrer Studierenden besorgt ist und ein sicheres Umfeld für politische Diskussion und wissenschaftliche Auseinandersetzung schaffen will. Vielmehr handelt sie als eine politische Akteurin, die jede Kritik an rechtsradikalen Lehrinhalten und Positionen unterdrücken will.

Bei Baberowski handelt es sich um den bekanntesten Akademiker der extremen Rechten. Im Jahr 2015 gründete er den „Salon Baberowski“ (Die Zeit), in dem sich mindestens halbjährlich alles trifft, was in der neu-rechten Szene Rang und Namen hat. Er selbst hetzt regelmäßig gegen Flüchtlinge, trommelt für brutale Kriege und verharmlost vor allem die Verbrechen der Nazis.

Im Januar letzten Jahres wiederholte Baberowski gegenüber der FAZ die zentrale Lüge vieler Holocaust-Leugner, dass Hitler „nichts von Auschwitz habe wissen wollen“. Damit versuchte er seine frühere Aussage zu rechtfertigen, dass Hitler „nicht grausam“ gewesen sei. Die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen zieht sich wie ein roter Faden durch sein akademisches Werk.

Dass dieser rechtsextreme Ideologe nun dazu übergegangen ist, als rechtsradikaler Aktivist selbst über den Campus zu ziehen, studentische Wahlwerbung zu zerstören und Studierende tätlich anzugreifen, ist auch die Verantwortung der Universitätspräsidentin Sabine Kunst. Sie hat die rechtsradikalen Strukturen, die sich an Baberowskis Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte herausgebildet haben, seit Jahren unterstützt und verteidigt.

Schon als ich Frau Kunst vor über vier Jahren, am 12. Februar 2017, darüber informierte, dass Herr Baberowski mich in einer offiziellen Vorlesung vulgär beleidigte und Studierende aufrief, die Veranstaltungen der IYSSE zu stören, verteidigte sie den rechtsradikalen Professor und bezeichnete „mediale Angriffe“ auf ihn als „inakzeptabel“. Auch als Baberowski dazu überging, andere Professoren der Humboldt-Universität zu beleidigen und zu bedrohen, weil sie eine rechte Petition kritisiert hatten, stellte sich Kunst hinter ihn.

Im Dezember 2018 folgten dann etwa zwei Dutzend Rechtsextremisten einem Aufruf Baberowskis, eine Veranstaltung der IYSSE an der Humboldt-Universität zu stören. Die anwesenden AfD-Funktionäre unterbrachen die Vortragenden, bedrohten Anwesende und versuchten das Deutschlandlied anzustimmen. Während das Studierendenparlament diesen rechtsextremen Angriff auf eine studentische Veranstaltung an der HU einstimmig verurteilte, weigerte sich Kunst erneut, gegen diese Umtriebe Stellung zu beziehen.

Als Baberowski die beiden Senatorinnen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler auf seiner Facebook-Seite als „unfassbar dumm“ und als „linksextreme Fanatiker“ beleidigte, weil diese ein von ihm geplantes Diktaturen-Zentrum kritisiert hatten, weigerte sich Frau Kunst widerrechtlich, eine Dienstaufsichtsbeschwerde der beiden Studentinnen zu bescheiden, geschweige denn gegen den ausfälligen Professor vorzugehen.

Ende letzten Jahres informierte ich Frau Kunst schließlich darüber, dass ein enger Mitarbeiter Baberowskis in seiner Jugend ein in Hannover stadtbekannter Neonazi war, der unter anderem zusammen mit Rechtsterroristen auf einer Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung teilgenommen hatte. Die Pressestelle der Universität antwortete mir einsilbig, dass sie sich zu Personalangelegenheiten öffentlich nicht äußern könnte. Kunst unternahm nicht das Geringste, um uns Studierende vor solchen Lehrenden zu schützen.

Es gibt für diese eindeutige Chronologie keine harmlose Erklärung. Frau Kunst hat die wiederholte verbale und physische Gewalt Baberowskis gegen Studierende systematisch gedeckt und notwendige Kritik an dem rechtsradikalen Professor unterdrückt. Sie ist damit für ein Klima der Einschüchterung verantwortlich, in dem Studierende gehindert werden sollen, die rechten Ansichten von Professoren zu kritisieren. Das ist mit einer demokratischen Universität nicht vereinbar.

Am 29. Juni finden die nächsten Wahlen zum Studierendenparlament statt, bei denen Studierende das Recht haben müssen, ohne Einschüchterungen und Drohungen für ihre Listen zu werben und ihre Positionen zu vertreten. Ich fordere Sie deshalb auf, meine Beschwerde umgehend zu bearbeiten, sicherzustellen, dass die Wahlen ohne Störungen ablaufen und Disziplinarmaßnahmen gegen Frau Kunst und Herrn Baberowski einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Wurm

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