Stellungskrieg bei Volvo Trucks nach 5 Wochen Streik: Arbeiter wehren sich gegen Arbeitshetze

Arbeiter von Volvo Trucks in Dublin (Virginia) haben berichtet, dass im Werk New River Valley (NRV) am Montag – dem ersten vollen Arbeitstag nach Ende des fünfwöchigen Streiks von fast 3.000 Beschäftigten – wenig bis gar keine Produktion stattgefunden habe. Arbeiter, die mit der World Socialist Web Site sprachen, beschrieben einen regelrechten Stellungskrieg zwischen der Belegschaft und dem Volvo-Management, das die während des Streiks verlorene Produktion aufzuholen sucht.

Zurückkehrende Arbeiter gerieten am Montag zudem in heftige Wortwechsel mit Funktionären des Ortsverbands Local 2069 der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW). Lokale Funktionäre hatten gemeinsam mit dem internationalen UAW-Verband letzte Woche eine neue Abstimmung über einen dritten Vorvertrag erzwungen. Denselben Vorvertrag hatten fast zwei Drittel der Arbeiter nur Tage zuvor abgelehnt. Die UAW behauptete, der Vertrag sei am Mittwoch mit einer Mehrheit von nur 17 Stimmen angenommen worden und beendete den Streik daraufhin sofort.

Wie Arbeiter der WSWS berichteten, wurden in der dritten Schicht am Sonntagabend und in der Tagschicht am Montag noch einige Lkw fertiggestellt, die sich bereits auf dem Fließband befanden. Es kamen jedoch keine neuen Fahrzeuge aus der Station Eins, wo die Lkw-Fahrerkabinen geschweißt und montiert werden. „Viele Arbeiter waren wegen der Verabschiedung des Vertrags einfach sauer, und die Bandarbeiter dort können so ziemlich alles diktieren“, sagte ein Arbeiter.

„Alle hier sind wütend“, berichtete ein anderer. „Die Leute reden miteinander und finden gerade heraus, was zum Teufel mit uns passiert ist, was uns die neuen Eigenleistungen für die Betriebskrankenkasse kosten werden, und was sonst noch im Vertrag steht, was uns die UAW nicht gesagt hatte. Es ist furchtbar, was sie uns angetan haben, sowohl die Gewerkschaft als auch das Unternehmen. Ich habe mehr Hass auf die UAW entwickelt, weil sie uns verraten hat, als auf die Firma.“

„Der Tag hat damit begonnen, dass die Manager die Argumente der Unternehmensleitung vorlasen: Dass es wegen der fehlenden Teile und des Streiks ein hartes Jahr werden würde“, so der Arbeiter weiter. „Sie hatten gehofft, uns schon vor zwei oder drei Wochen wieder in die Hallen zu bekommen. Es ist ein Stellungskrieg.“

Er fuhr fort: „Sie versuchen, die Produktion hochzufahren, aber sie haben bisher nichts auf die Reihe bekommen, was die Produktion betrifft. Die Leute schrauben hier und da an ein paar Lkws herum. Man sieht überall Auswirkungen des Streiks. Man kann Lkw auf dem Band sehen, auf denen sich der Papierkram aufrollt, weil die Fahrzeuge mehr als einen Monat in der Sonne standen. Einige rollen vom Band, aber es ist nicht so wie früher. Viele ältere Kollegen sind nach dem Streik in Rente gegangen, und auch sonst haben sie nicht mehr so viele Leute vor Ort.“

Der Arbeiter fügte hinzu, dass der Bau der neuen Anlage und andere Modernisierungen bei NRV während des Streiks fortgesetzt wurden, trotz früherer gegenteiliger Behauptungen seitens des Unternehmens. Am Vorabend der Abstimmung über den dritten Vorvertrag am 9. Juli versuchte die Volvo-Geschäftsführung, Arbeiter zu erpressen, für den von der UAW unterstützten Vertrag zu stimmen. Dazu behauptete sie, infolge des Streiks seien „die Investitionen für die Verlagerung der Kabinenausstattung in das Werk bereits gestrichen“ worden. Der Streik habe „das Risiko erhöht, dass künftige Investitionen abgelehnt würden...“

„Die Bauarbeiter und Subunternehmer haben nicht einen einzigen Tag gefehlt“, sagte der Arbeiter der WSWS. „Was das Management sagte, waren alles Lügen, Lügen und Lügen.“

Ein anderer Arbeiter berichtete, dass Beschäftigte der dritten Schicht am Sonntagabend einen Vertreter des UAW-Local 2069 zur Rede gestellt hätten, der der Verhandlungskommission angehört. „Der Vertreter für die dritte Schicht war die ganze Zeit über abgetaucht, und es ist das erste Mal seit Anfang Januar, dass wir ihn im Werk angetroffen haben“, sagte der Arbeiter.

„Als er sich zeigte, stürzten sich alle auf ihn. Er war Teil des Verhandlungskomitees und erzählte uns, dass es die UAW war, die Volvo eine Neuabstimmung über den dritten Vorvertrag [TA3] vorgeschlagen hatte. Es ging nicht von Volvo aus. Er sagte, dass die UAW besorgt gewesen sei, dass Volvo einfach an ihrem sogenannten letzten Angebot festhalten würde, und dass dann niemand gut wegkommen würde. Also stimmte Volvo zu, der UAW eine Neuabstimmung über TA3 zu ermöglichen. Ich schätze, sie hatten das Gefühl, dass sie zu Drohungen und Schikane greifen müssten, um es durchzudrücken“, sagte der Arbeiter.

Mit anderen Worten: Die UAW befürchtete, dass Volvos einseitige Ankündigung, das „letzte, beste und endgültige“ Angebot durchzusetzen – nachdem die Arbeiter es nur wenige Tage zuvor entschieden abgelehnt hatten – eine Explosion des Widerstands gegen das Unternehmen und die UAW hervorrufen könnte. Der UAW-Präsident Ray Curry und die übrige UAW-Spitze fürchtete wohl auch, dass eine solche Rebellion auf andere Volvo-Betriebe übergreifen könnte, einschließlich der Mack Trucks-Werke in Pennsylvania und Maryland, wo Arbeiter bereits dafür brennen, den Streik zu unterstützen, und sich geweigert haben, Komponenten aus Streikbrecherarbeit in NRV zu verarbeiten.

Unter diesen Bedingungen setzte sich die UAW mit dem Volvo-Management in Verbindung, um eine erneute Abstimmung über den abgelehnten Vertrag abzuhalten und damit dem Unternehmen einen Vorwand zu verschaffen, den Vertrag trotzdem durchzusetzen. Dies ging mit einer Lügenkampagne einher, wonach die UAW rechtlich verpflichtet sei, eine weitere Abstimmung abzuhalten. Gleichzeitig machte die UAW deutlich, dass sie den Streik aussetzen und dem Unternehmen erlauben würde, den Vertrag durchzusetzen, selbst wenn die Arbeiter ihn erneut ablehnen würden.

„Ich habe anderen Arbeitern gesagt, dass ich kein Problem mit Volvo und mit Franky [Marchand, dem Werksleiter] habe“, sagte ein anderer Arbeiter gegenüber der WSWS. „Sie machen einfach ihren Job. Ich habe ein Problem mit der Gewerkschaft und der UAW-Führung, die uns diesen Schrott aufgedrückt und uns ausverkauft haben.“

Ein anderer Arbeiter fügte hinzu: „Die meisten Arbeiter sagten, sie hätten es der UAW gar nicht zutraut, mit Volvo noch viel an dem ‚letzten, besten und endgültigen‘ Deal zu arbeiten. Der UAW-Vertreter hat auch zugegeben, dass die paar zusätzlichen Dollar, die die UAW den Arbeitern, die zwischen 2011 und 2015 eingestellt wurden, jetzt zugesteht, der UAW 190.000 Dollar pro Monat an zusätzlichen Gewerkschaftsbeiträgen einbringen. Ein Arbeiter, dessen Sohn auch bei uns angefangen hat, hat neulich seinen ersten Gehaltsscheck aus den 1990er Jahren mitgebracht. Er hat in den '90er Jahren mit 15 Dollar pro Stunde angefangen, praktisch genau das Gleiche oder vielleicht ein Dollar weniger, als sein Sohn heute verdient – und das mit all der Inflation der letzten 30 Jahre.“

„Manche Leute sagen, die UAW wird damit einfach so durchkommen, aber das Volvo Workers Rank-and-File Committee hat gezeigt, dass wir sie bekämpfen können, und jetzt müssen wir den Kampf fortsetzen“, sagte der Arbeiter.

Im Gegensatz zu zahllosen früheren Kämpfen, die von der UAW verraten wurden, hatten die Arbeiter im diesjährigen Volvo-Streik eine neue Stimme und Führung: Das Aktionskomitee der Volvo-Arbeiter (Volvo Workers Rank-and-File Committee, VWRFC). Es hat die Lügen der UAW entlarvt. Das VWRFC entwickelte eine Strategie, um die Isolation des Streiks durch die UAW zu durchbrechen, und rief dazu auf, Arbeiter bei Mack Trucks, Autoarbeiter in Detroit und anderen Städten sowie Volvo-Arbeiter in Belgien, Australien, Kanada und anderen Ländern zu mobilisieren.

In einer Erklärung, die am Sonntagabend veröffentlicht wurde, zog das VWRFC die Lehren aus dem monatelangen Kampf. Dort heißt es, dass die UAW „die Unternehmen vertritt, nicht die Arbeiter, und kein noch so großer Druck wird daran etwas ändern. Weit davon entfernt, auf unsere überwältigende Ablehnung ihres Deals mit Volvo mit einer Kurskorrektur zu reagieren und an der Erfüllung unserer Forderungen zu arbeiten, reagierte die UAW stattdessen mit einem doppelt so starken medialen Blackout und einer Vertiefung ihrer Verschwörung mit dem Unternehmen. Dies gipfelte in der Unterstützung, die sie Volvo bei der Durchsetzung der dritten TA durch die Neuabstimmung von letzter Woche gewährte.“

Die Erklärung fährt fort: „Die UAW hat zwar gezeigt, dass sie nicht in der Lage ist, unsere grundlegenden Forderungen zu erfüllen. Aber das schmälert oder beseitigt nicht die Notwendigkeit einer kollektiven Organisation von Arbeitern, die für unsere Interessen kämpfen und sie verteidigen. Das Volvo Workers Rank-and-File Committee hat während des gesamten Kampfes versucht, alle Arbeiter zu vereinen, den Bedürfnissen aller Generationen eine Stimme zu geben, die Lügen von Volvo und der UAW zu bekämpfen und den Weg zu finden, mit dem der Streik gewonnen werden kann.“

Die Erklärung schließt mit einem Aufruf zum Handeln: „Den Volvo-Arbeitern bei NRV sagen wir: Der Kampf geht weiter. Widerstand und Wut werden unweigerlich wieder aufflammen, sobald die volle Tragweite dieses neuen Vertrags ans Licht kommt und sobald das Unternehmen versucht, eine Arbeitsbeschleunigung durchzusetzen, um die verlorene Produktion auszugleichen. Wir rufen euch auf, unserem Komitee beizutreten und uns dabei zu helfen, es als die Organisation aufzubauen, die die kommenden Kämpfe anführen wird.“

Volvo-Arbeiter können das Volvo Workers Rank-and-File Committee unter volvowrfc@gmail.com oder per SMS an 001 540 307-0509 kontaktieren.

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