Der CDU-Vorsitzende und amtierende Nordrhein-Westfälische Ministerpräsident Armin Laschet ist Kanzlerkandidat der Unionsparteien bei der Bundestagswahl im Herbst. Er tritt damit die Nachfolge von Angela Merkel (CDU) an, die bei den letzten vier Bundestagswahlen für die Union kandidierte und das Land seit 2005 als Kanzlerin regiert.
Der Entscheidung war ein mehrtägiger Machtkampf zwischen Laschet und dem rechts-konservativen bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder vorausgegangen. Söder, der seinen Anspruch auf die Kandidatur mit höheren Popularitätswerten unter den Wählern und auch innerhalb der Union rechtfertigte, beugte sich letztlich der Entscheidung des CDU-Vorstands.
Vor der entscheidenden Abstimmung am Montagabend hatte sich eine ganze Reihe notorisch rechter Parteigranden, darunter Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und der frühere Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz, für Laschet stark gemacht.
In seinen ersten Statements und Interviews nach der Kandidatenkür ließ Laschet keinen Zweifel daran, dass er als möglicher Kanzler den arbeiterfeindlichen und militaristischen Kurs der Großen Koalition fortsetzen und verschärfen wird. Das gilt vor allem auch für die mörderische „Profite vor Leben“-Politik in der Pandemie, die allein in Deutschland bereits mehr als 80.000 Menschen das Leben gekostet hat.
Gegenüber der ARD-Sendung „Farbe bekennen“ verteidigte Laschet am Dienstagabend die rücksichtslose Öffnungspolitik im Interesse der Konzerne, die in den letzten Wochen erneut zu einem massiven Anstieg der Infektions- und Todeszahlen geführt hat. „Meine Linie war sehr geradlinig und sie gilt bis heute. Wenn Inzidenzzahlen zurückgehen, muss man Grundrechtseingriffe zurücknehmen“, erklärte er. Das sei auch seine „Position im letzten Frühjahr“ gewesen.
Bereits damals hatte die von Laschet geführte schwarz-gelbe Landesregierung in NRW für die unsichere Rückkehr in die Betriebe und Schulen gesorgt und dabei bewusst den Verlust von Menschenleben einkalkuliert. Es werde „Schulgemeinschaften geben, die den Tod von Lehrkräften, Schulleitungen oder Familienangehörigen zu beklagen haben, die das schulische Leben und den schulischen Alltag mitunter nachhaltig beeinflussen können“, erklärte NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) im April 2020.
Laschet selbst steht wie kaum ein zweiter deutscher Ministerpräsident für die mörderische Öffnungspolitik. Er forderte immer wieder ein schnelles Ende aller Corona-Maßnahmen. Zuletzt lobte er die Entscheidung, die von Bund und Ländern ursprünglich verkündete sogenannte Osterruhe wieder zu kippen. Man müsse aus dem „Dauerkreislauf des Lockdowns“ rauskommen und „jetzt ein neues Kapitel aufschlagen“, erklärte er. „Das reine Schließen“ sei „an sein Ende gekommen“ und seine Landesregierung werde befristete Projekte „schnell nach Ostern möglich machen“.
Welche Interessen hinter der aggressiven Öffnungspolitik stehen, sprach Laschet auf seiner ersten Pressekonferenz als Kanzlerkandidat am Dienstag offen aus. „Wir haben große haushalterische Herausforderungen nach der Pandemie.“ Man lindere „derzeit viele Herausforderungen durch die Aufnahme von Schulden. Aber Nachhaltigkeit heißt: sie nach der Krise auch im Interesse zukünftiger Generationen wieder zurückzuzahlen.“ Es dürfe „kein weiter so geben“.
Das ist unmissverständlich. Die gigantischen Summen, die im Rahmen der Corona-Nothilfen vor allem auf die Konten der Großkonzerne und Superreichen geflossen sind, sollen durch heftige Sozialkürzungen und Angriffe auf Arbeitsplätze und Löhne wieder bei der arbeitenden Bevölkerung eingetrieben werden. Und das nicht nur in Deutschland, sondern – ähnlich wie nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 – in ganz Europa. „Wir wissen, wir werden als Deutschland nicht stark, wenn Europa nicht stark ist“, so Laschet. „Und deshalb: auch unsere Nachbarn werden nach der Pandemie vor großen Herausforderungen stehen, und auch die werden wir nur gemeinsam europäisch beantworten können“.
Die Politik der Durchseuchung und sozialen Angriffe im Inneren geht einher mit Laschets Forderung nach einer aggressiveren deutsch-europäischen Außenpolitik. „Unser Beitrag als Europa muss offensiver werden in einer Welt auch autoritärer Gesellschaftsmodelle. Wir müssen für unsere Werte von Freiheit und Solidarität und Gerechtigkeit, von Menschenwürde kämpfen in dieser Welt“, erklärte er auf der Pressekonferenz.
Zuvor hatte er sich bereits in einem umfassenden außenpolitischen Grundsatzinterview als Hardliner in außenpolitischen Fragen positioniert. Im Gespräch mit dem Chief Correspondent der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin, Andreas Rinke, das unter dem Titel „Ich bin Realpolitiker“ in der aktuellen Ausgabe des Magazins Internationale Politik erschien, verwehrt er sich dagegen, ein „Russlandversteher“ zu sein, und bezeichnet China „als geostrategische Herausforderung“. Im Zentrum steht die Forderung nach einer massiven Rüstungsoffensive, um die Interessen des deutschen und europäischen Imperialismus weltweit durchzusetzen – auch unabhängig von den USA.
„Wenn man eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik will, muss man auch gemeinsam die Verteidigungsmittel produzieren“, so Laschet. „Wer die Sprache der Macht sprechen will, braucht auch die Instrumente der Macht.“ Daher sei „das Erreichen des 2-Prozent-Ziels der Nato keine amerikanische Zumutung, sondern in unserem Interesse. Wir müssen unsere eigenen Fähigkeiten verbessern.“
Darunter versteht Laschet die Beschaffung der tödlichsten Waffensysteme – mit dem erklärten Ziel, Krieg zu führen. So sei etwa das „europäische Drohnenprojekt“, für das er „im Koalitionsausschuss eingetreten“ sei, ein „europäisches Leuchtturmprojekt, das für europäische Handlungsfähigkeit steht“.
Auf die Frage, ob sich Deutschland „stärker bei Auslandseinsätzen engagieren sollte“, antwortet Laschet mit einer expliziten Verteidigung der deutschen Kriegspolitik. So liege der „Einsatz mit den Franzosen“ in Mali in „deutschem und europäischem Interesse“. Und falls in Afghanistan, wo deutsche Truppen seit nunmehr zwei Jahrzehnten stationiert sind, „die weitere Präsenz nötig“ sei, werde „die Bundeswehr noch bleiben“.
Wenn Laschet die imperialistische Kriegspolitik kritisiert, dann von rechts. In Libyen sei er „damals aus humanitären Gründen für eine Intervention“ gewesen, „räume aber ein, dass sich die Situation seither nicht wesentlich verbessert hat“.
Laschets Schlussfolgerung ist nicht etwa, die mörderischen Kriege zu beenden, die in den letzten Jahren Millionen Tote gefordert und ganze Länder in Schutt und Asche gelegt haben, sondern sie effektiver zu gestalten.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
„Interventionen von außen brauchen nicht nur ein völkerrechtliches Mandat. Sie müssen auch strategisch durchdacht sein. Zu viele Interventionen mit dem Ziel des ‚Regime change‘ sind in den letzten 20 Jahren gescheitert, auch weil zu wenig über die Herausforderung der Zeit danach nachgedacht wird.“
Um die deutsch-europäische Kriegsfähigkeit zu entwickeln, plädiert Laschet für eine enge Zusammenarbeit mit Frankreich. Mit dem Aachener Vertrag würden bereits „zahlreiche Anregungen“ des französischen Präsidenten Emmanuel Macron „aufgegriffen und durch deutsche Vorschläge ergänzt – wie die Zusammenarbeit bei der Rüstungsbeschaffung, der Künstlichen Intelligenz, der Außenpolitik oder der Batterieproduktion“.
Auch die Frage einer „gemeinsamen Armee“ könne „sicher eine langfristige Perspektive sein“. Man müsse „aber zunächst einmal dafür sorgen, dass Europa bei der Sicherheit gemeinsam agiert. Wir müssen PESCO stärken und gemeinsame Projekte vorantreiben.“
Bezeichnenderweise spricht sich Laschet im IP-Interview gerade in der Außen- und Verteidigungspolitik für einen möglichen „Konsens“ mit den Grünen aus. Bereits „bei den Jamaika-Sondierungen 2017“ sei man „in den außenpolitischen Feldern sehr weit“ gewesen. Diejenigen, die eine Zusammenarbeit mit den Grünen skeptisch sähen, erinnere er „an die Bundestagswahl 1998: Damals sagte man auch, dass gerade die Außenpolitik ein Bündnis mit den Grünen schwierig machen würde. Und dann erlebte die Öffentlichkeit, dass der erste deutsche Kriegseinsatz nach 1945 mit der Bombardierung Belgrads ausgerechnet unter einer rot-grünen Regierung geschah.“
Tatsächlich wird die Politik des Militarismus, der sozialen Angriffe und der Durchseuchung von den nominell linken Bundestagsparteien vehement unterstützt. Der Kanzlerkandidat der SPD und amtierende Finanzminister Olaf Scholz hat den Militärhaushalt erst vor wenigen Wochen um weitere fünf Prozent auf nunmehr fast 50 Milliarden Euro erhöht. Und mit Annelena Baerbock haben die Grünen am Montag ebenfalls eine ausgesprochene Militaristin zur Kanzlerkandidatin gekürt.
Auch die Linkspartei hat deutlich gemacht, dass sie als Teil einer möglichen rot-rot-grünen Regierungskoalition auf Bundesebene den reaktionären Kurs voll unterstützen würde. In Interviews signalisierten die neuen Parteivorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler ihre Unterstützung für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Auf Landesebene setzt Die Linke bereits jetzt mit den Hartz-IV- und Kriegsparteien SPD und Grüne die „Profite vor Leben“-Politik in die Tat um.
In der ARD-Sendung „Farbe bekennen“ erklärte Laschet, die AfD dürfe keinen „Einfluss auf die Gestaltung der deutschen Politik haben“. Tatsächlich haben alle etablierten Parteien nach den Bundestagswahlen 2017 zunehmend das Programm der extremen Rechten übernommen und sie ins politische System integriert. Laschet selbst betrieb während der Pandemie ausländerfeindliche Hetze. Als es im vergangenen Jahr zu Masseninfektionen in den Schlachtbetrieben des Fleisch-Milliardärs Clemens Tönnies kam, kritisierte er nicht etwa die sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen, sondern behauptete, „Rumänen und Bulgaren“ hätten das Virus aus ihrer Heimat eingeschleppt.
Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) ist die einzige Partei, die der Hinwendung der herrschenden Klasse zu Faschismus, Krieg und Diktatur entgegentritt und die wachsende soziale und politische Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen mit einem internationalen sozialistischen Programm bewaffnet. „Leben statt Profite!“, „Verteidigt alle Arbeitsplätze!“, „Stoppt den Militarismus!“, „Nie wieder Faschismus!“ und „Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!“ lauten die zentralen Forderungen in ihrem Wahlprogramm. Unterschreibt noch heute für die Wahlteilnahme der SGP und werdet Mitglied der deutschen Sektion der Vierten Internationale.