Ein hochrangiger Vertreter der Trump-Regierung hat diese Woche ankündigt, dass Washington den Iran mit militärischen Mitteln daran hindern wolle, Raketen an Venezuela zu verkaufen. Die Waffen sollen entweder auf hoher See konfisziert oder durch Luftangriffe zerstört werden, bevor sie das südamerikanische Land erreichen.
Diese Drohung kam von dem rechten Politiker Elliott Abrams, der gleichzeitig US-Sondergesandter für Venezuela und für den Iran ist und über jahrzehntelange politische Erfahrung verfügt. Abrams wurde in den 1980er Jahren im Zusammenhang mit der Iran-Contra-Affäre verurteilt, in der er eine zentrale Rolle beim Aufbau des geheimen und illegalen Netzwerks gespielt hatte, über das die von der CIA organisierten Terrormilizen der Contras in Nicaragua finanziert wurden. Auch danach verteidigte er in aggressiver Weise alle Verbrechen, die der US-Imperialismus auf dem Planeten begangen hat.
Abrams erklärte: „Die Vereinigten Staaten betrachten den Verkauf von Langstreckenraketen an Venezuela durch den Iran als inakzeptabel und werden ihn weder dulden noch erlauben. Wir werden alles tun, um die Lieferung der Langstreckenraketen zu verhindern. Falls sie doch irgendwie in Venezuela eintreffen, werden wir sie dort zerstören.“
Er fügte hinzu: „Jede iranische Waffenlieferung destabilisiert Südamerika und die Karibik. Besonders gefährlich sind sie für Venezuelas Nachbarstaaten wie Brasilien, Kolumbien und Guyana.“ US-Außenminister Mike Pompeo hatte die drei genannten Länder letzten Monat im Rahmen einer Kampagne gegen Venezuela und China besucht, die von der Androhung gemeinsamer Militärmanöver von US-Truppen und kolumbianischen Streitkräften begleitet wurden.
Abrams legte keinerlei Beweise dafür vor, dass sich Teheran und Caracas überhaupt auf einen Raketendeal geeinigt hätten. Im Vorfeld seiner Drohung hatten die Vereinten Nationen jedoch am 18. Oktober das im Jahr 2007 gegen den Iran verhängte Verbot des Kaufs oder Verkaufs von konventionellen Waffen aufgehoben. Diese Einschränkung wurde im Rahmen des iranischen Atomabkommens (JCPOA) zwischen Teheran und den Großmächten von 2015 aufgehoben. Gemäß dem JCPOA stimmte der Iran einer Reihe von Einschränkungen seines zivilen Atomprogramms zu, als Gegenleistung wurden Sanktionen aufgehoben.
Nachdem die Trump-Regierung im Jahr 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgestiegen war und ein Sanktionsregime des „maximalen Drucks“ verhängt hatte, das einem Akt des Krieges gleichkam, forderte sie von den UN arroganterweise die Wiedereinführung der internationalen Sanktionen und, vor allem, des Waffenembargos. Die anderen Unterzeichner des Abkommens (China, Frankreich, Deutschland, Russland, Großbritannien und die Europäische Union) unterstützten diese Forderung nicht, der UN-Sicherheitsrat lehnte sie ab.
Als Reaktion darauf verschärfte Washington sein eigenes vernichtendes System von internationalen Sanktionen. Abgesehen von Sekundärsanktionen gegen jeden, der Waffen an den Iran verkauft, weiteten die USA auch ihre Finanzblockade gegen das Land auf fast alle iranischen Banken aus, wodurch dem Iran der Import von dringend benötigten Lebensmitteln, Medizin und humanitären Gütern noch weiter erschwert wurde.
Am Montag kündigte US-Finanzminister Steven Mnuchin weitere Sanktionen gegen das iranische Erdölministerium, die National Iranian Oil Company (NIOC) und die National Iranian Tanker Company (NITC) an, die faktisch zu terroristischen Organisationen erklärt werden, weil die Einnahmen aus dem Ölgeschäft in die Finanzierung der iranischen Revolutionsgarde flossen. Auch die Revolutionsgarde wurde zur Terrororganisation erklärt – womit diese Einstufung erstmals auf die Streitkräfte eines Landes angewandt wird.
Das iranische Außenministerium verurteilte auf Twitter die unablässige Eskalation der US-Sanktionen inmitten der globalen Corona-Pandemie: „Corona hat sich überall als tödlich, gefährlich und brutal erwiesen; noch schlimmer ist jedoch, dass es im US-Regime einen grausamen Unterstützter hat. ... Die USA haben durch Gesundheitsterrorismus maximalen Druck ausgeübt und das iranische Volk mit unmenschlichen Sanktionen belastet, während es gegen die Pandemie kämpft. Wir werden es durchstehen, aber wir werden NIE vergessen.“
Am Mittwoch meldete der Iran mit 415 Todesfällen durch Covid-19 den größten Anstieg innerhalb eines Tages seit Beginn der Pandemie. Die Gesamtzahl der Toten stieg damit auf 33.714, während die Zahl der bestätigten Infektionen um 6.824 auf 558.648 anwuchs. Der Iran ist das am stärksten betroffene Land im Nahen Osten, allerdings haben die einseitigen Sanktionen der USA dem Land schon vor Beginn der Pandemie den Import von Medikamenten gesperrt, sodass es zu zahlreichen vermeidbaren Todesfällen durch Krebs und andere Krankheiten kam.
Jetzt sollen die iranischen Krankenhäuser, Berichten zufolge, überlastet und unterversorgt sein. Auf der Suche nach freien Betten führen die Krankenwagen Patienten von einer Einrichtung zur nächsten. Abgesehen von dem US-Sanktionsregime hat auch die Politik des bürgerlichen iranischen Regimes die Pandemie verschärft, in deren Rahmen Schulen und die Wirtschaft wieder in Betrieb genommen wurden, obwohl die Ausbreitung des Virus noch immer außer Kontrolle ist.
Der Iran verteidigte am Sonntag das Recht des Landes, trotz der einseitigen Sanktionen Washingtons Waffen zu verkaufen. Der iranische Verteidigungsminister, Brigadegeneral Amir Hatami, erklärte, das Land sei bereit, Waffen an Länder zu verkaufen, die von Washington attackiert werden.
Weiter erklärte Hatami: „Viele Länder sind bereits auf uns zu gekommen. Wir haben mit einigen Ländern verhandelt und die Grundlagen für den Austausch [von Waffen] sind gelegt. Dies betrifft sowohl den Verkauf als auch für die Bereitstellung bestimmter Leistungen [für das iranische Militär].“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Venezuela und der Iran haben bereits Handel betrieben, vor allem beim Kauf von Treibstoff und Ölprodukten aus dem Iran, obwohl die USA gedroht hatten, diese Lieferungen auf hoher See zu beschlagnahmen. Die Konfiszierung einer Schiffsladung iranischer Waffen an das südamerikanische Land hätte das Potenzial, Vergeltungsmaßnahmen auszulösen und den ganzen Nahen Osten in den Krieg zu stürzen.
Anfang des Jahres hätte Washington einen solchen Konflikt durch den Drohnenmord an dem iranischen General Qassem Suleimani, einem hohen Vertreter des Regimes, der sich im Rahmen eines offiziellen Staatsbesuchs auf dem internationalen Flughafen von Bagdad befand, beinahe provoziert.
Seither haben die USA ihre Sanktionen und ihre militärischen Provokationen stetig verschärft, u. a. durch die erste Entsendung einer Flugzeugträgerkampfgruppe in den Persischen Golf seit einem Jahr und offene Drohungen mit Militärschlägen gegen Milizen im Irak, die dem Iran nahestehen.
Eine ähnliche Eskalation der militärischen Drohungen fand gegenüber Venezuela statt. Unter anderem wurden die zahlenmäßig größten US-Truppenkontingente seit dem Überfall auf Panama 1989 in die Region entsandt – unter dem Vorwand des Kampf gegen Drogenhandel. Trotz des kläglichen Scheiterns von Washingtons Marionette, dem selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó, bei dem Versuch, die Regierung von Nicolas Maduro u. a. durch einen versuchten Militärputsch und einen Überfall von US-Söldnern zu stürzen, hält die Trump-Regierung an ihrem Ziel eines Regimewechsels fest.
Laut Bloomberg hat Washington letzten Monat den ehemaligen Botschafter in Deutschland Richard Grenell zu einem Treffen mit dem venezolanischen Vizepräsidenten Jorge Rodriguez nach Mexiko geschickt, um über Maduros Sturz zu verhandeln. Berichten zufolge endeten die Verhandlungen ohne Ergebnis. Die Trump-Regierung hatte gehofft, einen außenpolitischen Coup zu landen, vor allem im Hinblick auf die Wählerstimmen kubanischer und venezolanischer Exilanten in Florida.
Da die Präsidentschaftswahl in den USA weniger als eine Woche entfernt ist und sich Trumps Wahlkampf in der Krise befindet, besteht eine eindeutige und akute Gefahr, dass die Regierung absichtlich einen Krieg provoziert. Eine solche Aktion wird in der amerikanischen Politik im Allgemeinen als „Oktoberüberraschung“ bezeichnet, doch da Trump angekündigt hat, er werde eine Wahlniederlage ignorieren, könnte eine solche tödliche „Überraschung“ auch im Dezember oder Januar erfolgen, um eine Machtübergabe zu verhindern und den Vorwand für die Ausrufung des Kriegsrechts zu schaffen. Bei einem derartigen Manöver könnte er sich darauf verlassen, dass sich die Demokraten im Kriegsfall dem Militär unterordnen werden.
Die Arbeiterklasse muss sich darauf vorbereiten, ihren eigenen Kampf gegen die Kriegsgefahr zu führen. Zu diesem Zweck muss sie eine unabhängige Massenbewegung für eine sozialistische Strategie und gegen alle Parteien der kapitalistischen herrschenden Elite und das Profitsystem aufbauen. Nur die Socialist Equality Party kämpft für eine solche Perspektive.